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Mandantenbrief 01/2021

Inhalt:
  1. Für alle Steuerpflichtigen: Kosten zur Behandlung eines Lipödems als außergewöhnliche Belastung?
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Steuerliche Behandlung von Aufwendungen zur Abwehr von Rückforderungen eines Wirtschaftsgutes aufgrund eines Widerrufs einer Schenkung
  3. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Führt die Zahlung von Verwarngeldern zu steuerpflichtigem Arbeitslohn?
  4. Für GmbH-Gesellschafter: Steuerliche Behandlung bei Forderungsverzicht
  5. Für Kapitalanleger: Gewinne aus XETRA-Gold Inhaberschuldverschreibungen können steuerfrei sein!
  6. Für Vermieter: Verschlimmbesserung bei der verbilligten Vermietung
  7. Für (beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer: Zum Zufluss von Tantiemen bei verspäteter Feststellung des Jahresabschlusses

1. Für alle Steuerpflichtigen: Kosten zur Behandlung eines Lipödems als außergewöhnliche Belastung?

Im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen können Steuerpflichtige noch unter Umständen erhebliche private Aufwendungen steuermindernd berücksichtigen. Insoweit ist es nicht verwunderlich, dass die Regelungen rund um die Abzugsfähigkeit der außergewöhnlichen Belastungen nach wie vor stark umstritten sind und immer wieder in der Finanzrechtsprechung auftauchen. So geht es aktuell um die Frage, ob die Kosten für eine Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen steuermindernd anerkannt werden können.

Aufgrund der Regelung in § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. In diesem Fall spricht man dann von außergewöhnlichen Belastungen. Diese Aufwendungen erwachsen einem Steuerpflichtigen immer dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Krankheitskosten grundsätzlich ohne Rücksicht auf Art und Ursache der Erkrankung dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig entstanden. Es können aber dennoch nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt werden, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen. Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung sind typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall einer Prüfung der Zwangsläufigkeit bedarf. Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt sind und vorgenommen werden. Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Kosten medizinisch indiziert sein müssen.

Ausweislich der gesetzlichen Regelung des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit den Normen der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) muss der Steuerpflichtige den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall durch eine ärztliche Verordnung erbringen. Gemäß § 64 Absatz 1Satz 1 Buchstabe f EStDV hat der Steuerpflichtige den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu führen. Besonders wichtig für die Praxis dabei: Ausweislich der Regelung in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung muss dieser Nachweis vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein.

Der Frage, ob eine Behandlungsmethode wissenschaftlich anerkannt ist, kommt somit in steuerrechtlicher Betrachtungsweise erhebliche Bedeutung zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine Behandlung wissenschaftlich anerkannt, wenn im Zeitpunkt der Behandlung Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (und auch des Bundessozialgerichts) dann der Fall, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute die Behandlungsmethode befürwortet und über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass bei Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein, wie der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 18.06.2015 unter dem Aktenzeichen VI R 68/14 dargelegt hat.

Um zu beurteilen, ob eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode vorliegt, ist es Aufgabe des Finanzamtes, diese Voraussetzungen aufgrund der ihm obliegenden Würdigung des Einzelfalles, und zwar bezogen auf den Zeitpunkt der zu beurteilenden Behandlung, zu prüfen. Das Finanzamt und das Gericht können sich hierfür auf allgemein zugängliche Fachgutachten stützen. Will das Finanzgericht von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, muss es die Beteiligten auf diese Absicht hinweisen und ihnen die entsprechenden Unterlagen zugänglich machen.

Auf dieser Grundlage kommt das Sächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 10.09.2020 unter dem Aktenzeichen 3 K 2498/18 zu dem Schluss, dass die Liposuktion zumindest nicht als nicht wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode anzusehen ist. So die aufgrund der doppelten Verneinung komplizierte Formulierung des Sächsischen Finanzgerichtes. Im Ergebnis muss man also zu dem Schluss kommen, dass es eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode ist. Dies bedeutet wiederum im Ergebnis: Das Fehlen eines vor der Operation erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung steht der Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastung nicht entgegen.

Hinweis: Auch wenn das Sächsische Finanzgericht seine positive Entscheidung durchaus nachvollziehbar und gut begründet hat, so ist die Finanzverwaltung damit offensichtlich nicht zufrieden und hat den Revisionszug zum Bundesfinanzhof nach München bestiegen. Unter dem Aktenzeichen VI R 36/20 muss daher nun noch der Bundesfinanzhof klären, ob entsprechende Aufwendungen tatsächlich als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Nicht zuletzt aufgrund der durchaus gut begründeten erstinstanzlichen Entscheidung, sollten Betroffene sich daher an das Musterverfahren anhängen und den eigenen Einkommensteuerbescheid offenhalten, wenn der Fiskus hier die Kosten nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastung zugelassen hat.

2. Für alle Steuerpflichtigen: Steuerliche Behandlung von Aufwendungen zur Abwehr von Rückforderungen eines Wirtschaftsgutes aufgrund eines Widerrufs einer Schenkung

Schenkungsverträge sehen insbesondere bei Immobilien regelmäßig auch Rückforderungsrechte vor. Ebenso kann die komplette Schenkung widerrufen werden. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass der Beschenkte davon regelmäßig nicht erfreut sein wird und sich dementsprechend gegebenenfalls juristisch gegen den Widerruf der Schenkung und die Rückforderung wehren wird. In diesem Fall stellt sich dann insbesondere mit Blick auf eine Vermietungsimmobilie die Frage, ob die Kosten für eine solche Abwehr steuerlich berücksichtigt werden können.

Insbesondere bei einer Immobilienschenkung wird man sicherlich als erstes an die Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung denken, um eine steuermindernde Berücksichtigung solcher Kosten zu erreichen. In diesem Zusammenhang gilt ganz generell: Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch diese veranlasst sind. Dies bedeutet: Sie müssen objektiv mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit zusammenhängen und subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden, so die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie er sie (soweit ersichtlich) zuletzt mit Urteil vom 03.08.2016 unter dem Aktenzeichen IX R 14/15 wiederholt hat.

Unter diesen Voraussetzungen sind auch Anschaffungskosten des Vermietungsobjektes als Abschreibung abzusetzen. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungskosten zählen, bestimmt sich für die steuerrechtliche Beurteilung und insbesondere auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach den Regelungen des Handelsgesetzbuches in § 255 Abs. 1 HGB. Anschaffungskosten sind danach Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Erwerben bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dabei das Überführen eines Gegenstandes von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht. Dies ist der Fall, wenn Eigentum und Besitz auf den Steuerpflichtigen übergegangen sind.

Nachträgliche Anschaffungskosten sind Ausgaben, die nach Abschluss des ursprünglichen Beschaffungsvorgangs anfallen, um die Verwendbarkeit eines Vermögensgegenstandes zu ändern oder zu verbessern. Sie müssen in einem ursächlichen Veranlassungszusammenhang mit der Anschaffung stehen, also durch das Anschaffungsgeschäft veranlasst sein. Wenn die Ausgaben durch den Inhaber des Wirtschaftsgutes selbst erfolgt sind und daher zu Aufwendungen geführt haben, liegen nachträgliche Anschaffungskosten nur vor, wenn die Art und/ oder die Qualität des Wirtschaftsguts unverändert geblieben ist.

Steht einem Dritten ein dingliches Recht an einem Grundstück zu und löst der Eigentümer das dingliche Recht ab, sind die Ablösezahlungen nachträgliche Anschaffungskosten, wenn durch das dingliche Recht die Befugnisse des Eigentümers beschränkt waren und der Eigentümer durch die Ablösezahlungen die Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse beseitigt und sich die vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht einem Grundstück verschafft. Denn erwirbt ein Steuerpflichtiger einen mit einem dinglichen Nutzungsrecht belasteten Gegenstand, so erhält er zunächst das durch das Nutzungsrecht geminderte Eigentum. Seine Nutzung als Eigentümer ist durch das Nutzungsrecht begrenzt. Löst er das Nutzungsrecht ab, so verschafft er sich die vollständige Eigentümerbefugnisse an dem Gegenstand. Daher sind Aufwendungen zur Befreiung von einem Nießbrauch als nachträgliche Anschaffungskosten einzustufen, wie bereits der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 21.12.1982 unter dem Aktenzeichen VIII R 215/78 entschieden hat.

Sogenannte Abwehrkosten sind daher dann als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Das praktische Problem: Dies setzt voraus, dass die Abwehrkosten durch die Einkünfteerzielung als solche veranlasst sind, derartige Aufwendungen sind indes mangels Veranlassungszusammenhangs mit der Einkünfteerzielung nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn die Zugehörigkeit eines der Einkünfteerzielung dienen Wirtschaftsguts zum Vermögen des Steuerpflichtigen bedroht ist. Denn in einem solchen Fall steht nicht die Absicht der Einkünfteerzielung, sondern die Verhinderung der Beeinträchtigung des Vermögens des Steuerpflichtigen im Vordergrund, wie der Bundesfinanzhof bereits einmal in einer Entscheidung vom 01.10.2014 unter dem Aktenzeichen IX R 7/14 herausgearbeitet hat.

Demnach stellen sich etwa Zahlungen wegen eines Rückgewähranspruchs im Sinne des Anfechtungsgesetzes als nicht abziehbar dar. Sie betreffen nicht die Einkünfteerzielung, also die Vermietungstätigkeit, sondern die nichtsteuerbaren Vermögenssphäre. Gleiches gilt für Zahlungen aufgrund eines Rückforderungsanspruches gemäß § 528 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese sind nicht durch die Verwendung des geschenkten Gegenstands (also des Grundstücks) zur Einkünfteerzielung veranlasst, sondern beruhen auf einem Rückforderungsanspruch wegen Bedürftigkeit und damit auf einem Unterhaltsbedarf des Schenkers. Soweit mit den Zahlungen vermieden wird, dass die Immobilie zur Erfüllung des Anspruchs aus § 528 BGB verwertet wird, handelt es sich ebenfalls um Aufwendungen zur Abwehr von Gefahren für das der Einkünfteerzielung dienende Vermögen. Auch Aufwendungen zur Abwehr eines Anspruchs aus dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz stellen keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar, sofern sie das Eigentum an dem Objekt bewahren und eine Gefahr für das künftig zur Einkünfteerzielung vorgesehene Vermögen abwehren sollen. Selbst wenn die Aufwendungen zugleich bewirken, die Grundstücke künftig durch Vermietung und Verpachtung nutzen zu können, ist dies lediglich die Folge und Ausprägung der Eigentümerstellung. Ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang der Zahlung mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung lässt sich allein damit nicht begründen, wie die Rechtsprechung leider schon mehrfach klargestellt hat.

Im Gegensatz dazu kommt ein Veranlassungszusammenhang entsprechender Kosten mit der Erzielung von Einkünften (aus Vermietung und Verpachtung) dann in Betracht, wenn die abzuwehrende Gefahr durch die Einkünfteerzielung begründet ist. Dies gilt beispielsweise dann, wenn die Verwendung eines Wirtschaftsguts zur Einkünfteerzielung bedroht ist.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof daher in einer Entscheidung vom 10.12.2019 unter dem Aktenzeichen 9 R 19/19 klargestellt, dass Aufwendungen zur (im Urteilsfall im Ergebnis gescheiterten) Abwehr einer Rückforderung des Miteigentumsanteils an einem vermieteten Grundstück aufgrund eines Widerrufs der Schenkung weder nachträgliche Anschaffungskosten noch sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung darstellen. Unter dem Strich daher mal wieder eine Entscheidung aus der Abteilung: Ist das Urteil noch so schlecht, der Bundesfinanzhof hat immer Recht!

3. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Führt die Zahlung von Verwarngeldern zu steuerpflichtigem Arbeitslohn?

In einem Urteil vom 14.11.2013 hatte der Bundesfinanzhof zu der Frage, ob die Übernahme von Bußgeldern zu Arbeitslohn führt, unter dem Aktenzeichen VI R 36/12 wie folgt entschieden: Übernimmt der eine Spedition betreibende Arbeitgeber die Bußgelder, die gegen bei ihm angestellte Fahrer wegen Verstößen gegen die Lenk-und Ruhezeiten verhängt worden sind, handelt es sich dabei um Arbeitslohn. Die nicht unerhebliche Folge: Die Übernahme führt zur Steuerpflicht bei der Lohnsteuer sowie zur Sozialversicherungspflicht.

Entsprechend gewährte Vorteile haben nur dann keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Das ist dann der Fall, so der Bundesfinanzhof seinerzeit, wenn sie aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Ein rechtswidriges Tun ist hingegen keine und niemals eine beachtliche Grundlage einer solchen betriebsfunktionalen Zielsetzung.

In Abgrenzung zu dieser höchstrichterlichen Entscheidungen hatte bereits mit Urteil vom 04.11.2016 das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 1 K 2470/14 L klargestellt, dass die Zahlung der gegenüber einem Paketzustelldienst als Halter der Fahrzeuge festgesetzten Verwarngelder wegen Falschparkens seiner Arbeitnehmer bei der Zustellung der Pakete nicht zu steuerlichem Arbeitslohn führt. Die einfache Begründung: Die Übernahme erfolgt hier in einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse.

Mit aktueller Entscheidung vom 13.08.2020 sind die obersten Richter der positiven Auffassung der Düsseldorfer Erstinstanzler nun unter dem Aktenzeichen VI R 1/17 gefolgt. Aufgrund dieser Entscheidung ist nun folgende Einordnung bei der Thematik möglich:

Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung (egal ob öffentlicher oder privater Dienst) gewährt werden .Diese Einordnung als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ist vollkommen unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf die Bezüge und Vorteile besteht, und ob es sich um laufende oder einmalige Bezüge handelt.

Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zuwendungsempfänger Arbeitnehmer des Arbeitgebers ist, die Einnahmen dem Empfänger also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen, und sich als Ertrag der nichtselbstständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das zur Verfügung stellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Diese Darlegung entspricht insoweit der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

Danach kann auch ein Erlass einer Forderung, die dem Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer zusteht, Arbeitslohn im Sinne der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit darstellen. Auch dies hatte der BFH bereits in einem Urteil vom 27.03.1992 unter dem Aktenzeichen VI R 145/89 klargestellt.

Insoweit bestätigen die obersten Richter schon einmal die erstinstanzliche Entscheidung, wonach zutreffend ist, dass den Arbeitnehmern nicht schon deshalb Arbeitslohn zugeflossen ist, weil der Arbeitgeber die Verwarngelder an die zuständige Verwaltungsbehörde gezahlt hat. Im entschiedenen Sachverhalt sind die Verwaltungsbehörden im Hinblick auf die streitgegenständlichen, von den Fahrern begangenen Parkverstöße jeweils an die Arbeitgeber als Halter der maßgeblichen Zustellerfahrzeuge herangetreten. Dabei wurde den Arbeitgebern entweder im Rahmen einer schriftlichen Verwarnung mit Verwarngeld und Anhörung selbst vorgeworfen, als Halter der betreffenden Fahrzeuge den Parkverstoß begangen zu haben. Oder den Arbeitgebern wurde ein Zeugen-Fragebogen mit einem Überweisungsvordruck der Aufforderung übersandt, den verantwortlichen Fahrzeugführer zu benennen oder das Verwarngeld innerhalb einer Woche zu entrichten.

Folglich wird daran schon klar, dass die Arbeitgeber die geleisteten Zahlungen auf eine eigene Verbindlichkeit gezahlt haben. Das Wesen des Verwarngeldverfahrens besteht darin, dass das Fehlverhalten bei einer geringfügigen Ordnungswidrigkeit mit der Verwarnung nur vorgehalten wird, ohne darüber zu entscheiden. Das Verfahren will die Durchführung eines Bußgeldverfahrens mit einer förmlichen Entscheidung im äußersten Bagatellbereich ersparen sowie eine geringfügige präventive Maßnahme genügen lassen, sofern der Betroffene sich einsichtig zeigt und von sich aus daran mitwirkt, also nichts anderes tut, als die Verwarnung durch Zahlung wirksam werden zu lassen.

Dementsprechend ist die Verwarnung mit Verwarnungsgeld ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt aus Anlass einer Ordnungswidrigkeit, die auf dem Einverständnis des Betroffenen mit einer geringen präventiven Maßnahme in einem zusätzlichen Verfahren beruht. Dabei ist die Zahlung des Verwarngeldes eine freiwillige Leistung, die nicht erzwungen werden kann. So komplex kann die juristische Einordnung eines schlichten Parkknöllchens sein. Damit aber noch nicht genug.

Betroffener im Sinne des Gesetzes über die Ordnungswidrigkeiten ist ungeachtet eines Tatbeitrags immer auch der Halter des Fahrzeugs. Dies gilt zumindest, soweit ihm gegenüber ein Verwarnungsgeld erhoben wird. Ist der Halter nach Belehrung über sein Verweigerungsrecht mit der Verwarnung einverstanden und zahlt das Verwarnungsgeld, wird die Verwarnung wirksam. Das Einverständnis bezieht sich nur auf die Art der verfahrensgemäßen Erledigung im Verwaltungsverfahren, nicht aber auf das Vorliegen des Bußgeldtatbestandes. Die Verwarnung kann daher nach erfolgter Zahlung nicht mehr wegen ihres materiellen Inhalts angefochten werden. Der Betroffene, im vorliegenden Fall also der Halter der Fahrzeuge, kann sich nach erklärtem Einverständnis daher auch nicht darauf berufen, eine Verwarnung hätte nicht erteilt werden dürfen, da eine Ordnungswidrigkeit nicht vorgelegen habe bzw. nicht von ihm begangen worden sei. Eine Entscheidung, wer für den Verkehrsverstoß verantwortlich ist, wird nicht mehr getroffen, eine Zuweisung von Schuld findet nicht statt. Mit der Wirksamkeit der Verwarnung entsteht insoweit ein Verfolgungshindernis eigener Art. Die Tat darf nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden, was durchaus auch für die steuerliche Würdigung Folgen hat.

Insoweit wird nämlich untermauert, dass die Zahlung des Verwarngeldes auf eine eigene Schuld der Klägerin erfolgt ist und daher nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn bei dem Arbeitnehmer führen kann, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat. Der Arbeitgeber hat als Betroffener die Verwarnung durch Zahlung des Verwarnungsgeldes gegen sich wirksam werden lassen. Da dem Arbeitgeber die Verwarnung ungeachtet seines fehlenden Tatbeitrages erteilt wurde, war nur der Arbeitgeber beteiligter des Verfahrens und nicht der Fahrer selbst, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat. Unerheblich ist daher in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber durch die Zahlung des Verwarnungsgeldes und die Nichtbenennung des Fahrzeugführers die Erteilung einer Verwarnung verbunden mit der Erhebung eines Verwarnungsgeldes bzw. die Einleitung eines Bußgeldverfahrens gegen den Fahrzeugführer vermieden hat.

Insoweit ist für die steuerliche Beurteilung zu unterscheiden, gegen wen das Verwarngeld erhoben wurde. Wurde nämlich ein Verwarngeld direkt gegen den Arbeitnehmer als Fahrer des Fahrzeuges verhängt und diese später vom Arbeitgeber übernommen, kann sehr wohl Arbeitslohn vorliegen. Einen geldwerten Vorteil und damit Arbeitslohn stellt es auch dar, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine realisierbare Forderung erlässt. Der Arbeitslohn fließt in einem solchen Fall in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber zu erkennen gibt, dass er keinen Rückgriff nehmen wird und sich der Arbeitnehmer hiermit einverstanden erklärt.

Vor diesem Hintergrund kommen die obersten Finanzrichter der Republik daher schließlich zu dem Schluss, dass, wenn der Arbeitgeber als Halter eines Fahrzeugs die Zahlung eines Verwarnungsgeldes wegen einer ihm selbst erteilten Verwarnung auf eigene Schuld hin zahlt, darin niemals Arbeitslohn des die Ordnungswidrigkeit begehenden Arbeitnehmers gesehen werden kann.

4. Für GmbH-Gesellschafter: Steuerliche Behandlung bei Forderungsverzicht

In der Praxis und gerade im mittelständischen Bereich ist es nicht selten, dass der Gesellschafter seiner GmbH ein Darlehen zur Verfügung stellt. Leider kommt es auch häufig vor, dass der Gesellschafter dieses Geld tatsächlich nicht mehr wiedersieht und im Endeffekt sogar auf seine Forderung verzichten muss.

In diesem Fall stellt sich regelmäßig die Frage, wie ein solcher Sachverhalt steuerlich zu würdigen ist. Immerhin fällt auf Ebene der GmbH eine Verbindlichkeitsposition ersatzlos weg. Auch wenn sich dieser Sachverhalt daher zunächst denkbar einfach anhört, sind die praktische Würdigung und die Ziehung der richtigen Schlussfolgerungen durchaus problembehaftet. Einfacher wird es zudem nicht dadurch, dass daran auch regelmäßig eine entsprechende Steuerbelastung hängt. Nicht zuletzt aus diesem Grund soll im Weiteren ein entsprechender Fall einmal dargelegt werden, damit GmbH-Gesellschafter, die auf eine Forderung gegenüber der eigenen GmbH verzichten müssen, kein böses Erwachen erleben.

Zunächst einmal muss daher klargestellt werden, was für eine Art von Forderungsverzicht überhaupt vorliegt. Auf der ersten Ebene wird nämlich insoweit zwischen einer betrieblichen Veranlassung des Forderungsverzichtes oder einer gesellschaftlichen Veranlassung des Forderungsverzichtes unterschieden.

Sofern eine betriebliche Veranlassung gegeben ist, dient der Erlass ganz klar der Sanierung der Gesellschaft. Typisch für diesen Fall der betrieblichen Veranlassung ist dann allerdings auch, dass andere Gläubiger ebenso auf Forderungen gegenüber der GmbH verzichtet haben. Ist dies der Fall, muss die Verbindlichkeit auf Ebene der Gesellschaft immer und grundsätzlich als außerordentlicher Ertrag gewinnerhöhend (und dementsprechend in der Folge auch steuererhöhend) ausgebucht werden. Die Werthaltigkeit der Forderung an sich ist insoweit bei der betrieblichen Veranlassung eines Forderungsverzichtes vollkommen irrelevant.

Etwas anders sieht es aus, wenn der Forderungsverzicht gesellschaftlich veranlasst ist. Diese Kategorie des Forderungsverzichtes ist immer dann gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter auch nicht auf seine Forderung gegenüber der Gesellschaft verzichtet hätte. Somit liegen die Beweggründe des Forderungsverzichtes durch den Gesellschafter eindeutig in seiner gesellschaftlichen Verbundenheit zur GmbH. In der weiteren Folge ist es nun durchaus von Bedeutung, ob bzw. inwieweit die Forderung werthaltig war oder eben nicht.

Ist die Forderung nämlich zumindest noch teilweise werthaltig, muss auch auf Ebene der Kapitalgesellschaft gewinnerhöhend ausgebucht werden, jedoch ist hinsichtlich des werthaltigen Teils im Weiteren eine steuerneutrale Einlage des Gesellschafters zu sehen. Dies bedeutet: Der Nennwert der Forderung ist innerhalb der Bilanz als gewinnerhöhender und steuererhöhender Ertrag zu erfassen, während er außerbilanziell wieder neutralisiert werden kann. Eine Steuerbelastung entsteht in diesem Fall nicht.

Ganz anders sieht es hingegen aus, wenn es sich um eine nicht (mehr) werthaltige Forderung handelt. Soweit die Werthaltigkeit nicht mehr besteht, muss zwar ebenso auf Ebene der GmbH in der Bilanz eine gewinnerhöhende Ausbuchung zum entsprechenden Nennwert bzw. Nennwertteil der Wertlosigkeit vorgenommen werden und ebenso liegt auch im Weiteren eine steuerneutrale Einlage vor. Allerdings ist die Einlage dann mit dem Teilwert (und nicht mit dem Nennwert) der Forderung zu bewerten, sodass bei einer komplett nicht mehr werthaltigen Forderung ein Teilwert von null vorliegt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die gewinnerhöhende Ausbuchung innerhalb der Bilanz definitiv wird und insoweit auch eine Steuerbelastung eintritt.

So sieht es leider auch die Rechtsprechung. In diesem Zusammenhang hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Beschluss vom 09.06.1997 unter dem Aktenzeichen GrS 1/94 entschieden, dass eine verdeckte Einlage in Form eines Verzichtes auf die Forderung gegenüber der Gesellschafter durch den Wegfall der zuvor passivierten Verbindlichkeit bei der Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensminderung führt, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen als Gewinn ausgewiesen werden kann. Dem ist steuerrechtlich jedoch durch den Abzug einer verdeckten Einlage außerhalb der Bilanz zu begegnen, wenn der Gesellschafter den Erlass im Hinblick auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt hat. Der Verzicht des Gesellschafters kann sich auch auf eine Forderung erstrecken, die angesichts der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft nicht als vollwertig angesehen werden kann. In diesem Fall hat die Kapitalgesellschaft als Wert der Einlage den tatsächlichen Wert der Forderung, nicht ihren Nennbetrag und auch nicht den als Verbindlichkeit passivierten Betrag anzusetzen. Ausweislich der gesetzlichen Bestimmungen sind Einlagen bei der Kapitalgesellschaft nämlich mit dem Teilwert der zugeführten Wirtschaftsgüter anzusetzen. Für die Bewertung der Forderung ist es dabei gleichgültig, ob der Gesellschafter eine gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung an die Gesellschaft abtritt oder er die entsprechende Schuld erlässt. Beide Vorgänge können nicht unterschiedlich bewertet werden, weil die abgetretene Forderung durch die Vereinigung mit der Verbindlichkeit untergeht, das Ergebnis also demjenigen eines Forderungsverzichtes entspricht. Der Wert des Vermögenszugangs ist in beiden Fällen mit dem Betrag zu bemessen, den der Betriebsinhaber für den Erwerb der Forderung oder die Herbeiführung des Verzichts hätte aufwenden müssen. Der Wert entspricht insoweit dem noch werthaltigen Teil der Forderung.

Dieser Auffassung hat sich auch das Finanzgericht München in einer Entscheidung vom 09.04.2018 unter dem Aktenzeichen 7 K 729/2 17 angeschlossen. Auch aus dieser gerichtlichen Entscheidung (welche zahlreiche weitere Nennungen in der Rechtsprechung aufführt) ist zu entnehmen, dass die Einlage mit dem Teilwert der Forderung, auf die verzichtet wurde, im Zeitpunkt der Zuführung zu bewerten ist. Soweit die Forderung im Zeitpunkt des Verzichtes nicht (mehr) werthaltig war, bleibt es bei der durch den Wegfall der Verbindlichkeit ausgelösten Gewinnerhöhung. Diese Grundsätze gelten auch im Fall eines Darlehensverzichtes mit eigenkapitalersetzendem Charakter.

Insoweit bekommt die Ermittlung des Teilwertes in der Praxis eine besonders wichtige Bedeutung. Der Große Senat stellt seiner oben genannten Entscheidung für die Ermittlung des Teilwerts der erlassenen Forderung auf den Wert ab, den der Betriebsinhaber für den Erwerb der Forderung oder die Herbeiführung des Verzichts hätte aufwenden müssen.

Der Teilwert einer Darlehensforderung ist im Wege der Schätzung aufgrund der am Bilanzstichtag gegebenen objektiven Verhältnisse zu ermitteln und wird durch die Zahlungsfähigkeit und Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (also der Gesellschaft) und durch ihre Verzinslichkeit beeinflusst. Maßgebend ist, ob nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufgrund der Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsfähigkeit des Schuldners mit einem (gegebenenfalls teilweisen) Forderungsausfall zu rechnen ist, wie auch schon der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 20.08.2003 unter dem Aktenzeichen I R 49/92 dargelegt hat.

Vor dem Hintergrund der Ermittlung des Teilwerts einer verdeckten Einlage bei einem Forderungsverzicht des Gesellschafters ist insbesondere auch die rechtskräftige Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg vom 12.02.2014 unter dem Aktenzeichen 6 K 203/11 hervorzuheben. Das Besondere an dieser zwar rechtskräftigen, aber (nur) erstinstanzlichen Entscheidung ist, dass die Richter quasi ein Prüfschema zur Feststellung der Werthaltigkeit von Gesellschafterforderungen entwickelt haben. Dieses mehrschichtige Prüfschema gestaltet sich wie folgt:

Ausgangspunkt ist der Vermögenstatus der Gesellschaft laut Handelsbilanz. Liegt eine bilanzielle Überschuldung vor, so ist zu prüfen, ob auch eine wirtschaftliche Überschuldung gegeben ist. Dies bedeutet vereinfacht gesagt: Es muss ermittelt werden, ob die stillen Reserven die bilanzielle Überschuldung ausgleichen können.

Liegt keine wirtschaftliche Überschuldung vor, ist abzuschätzen, ob eine positive Gewinn- und Liquiditätsprognose besteht. Insoweit stellt auch das Finanzgericht Hamburg klar, dass sich der Teilwert der Forderung aus dem Wert ergibt, den ein gedachter Erwerber der Forderung bereit ist zu zahlen. Hierbei kommt es auf die Zahlungsunfähigkeit und Zahlungsfähigkeit des Schuldners an, wie oben bereits ausführlich dargestellt. Insoweit wird anhand einer Prognoseberechnung zu prüfen sein, ob die Gesellschaft in der Zukunft aller Voraussicht nach genügend Gewinne und Cashflow erwirtschaften wird, um die Verbindlichkeit zu bedienen. Kann diese Frage mit Ja beantwortet werden, ist die Forderung, auf die verzichtet wurde, vollständig werthaltig.

Muss diese Frage jedoch mit Nein beantwortet werden, ist auch die funktionale Bedeutung des Schuldners (gegebenenfalls im Konzernverbund) ausschlaggebend. Ein bestehender Rückhalt im Konzern ist insoweit als ausreichende Sicherheit für das Darlehen anzusehen, sodass in der Folge wieder von einer Werthaltigkeit ausgegangen werden darf, soweit in diesem (Konzern-) Fall die Tochtergesellschaft ihren Außenverpflichtungen vollumfänglich nachkommt.

Insgesamt zeigt die vorstehende Darstellung der Problematik, welche Schwierigkeiten bei einem Forderungsverzicht durch den Gesellschafter gegenüber seiner GmbH auftreten können. Vor diesem Hintergrund erlangt daher auch eine aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 23.07.2020 eine besondere Bedeutung. Unter dem Aktenzeichen 10 K 2222/19 K, G stellen die erstinstanzlichen Richter klar, dass eine Verbindlichkeit einer GmbH gegen ihren Alleingesellschafter nach Einstellung des aktiven Geschäftsbetriebs und nach Liquidation nicht einfach gewinnerhöhend ausgebucht werden darf, sofern der Gesellschafter auf die Forderung nicht ausdrücklich oder konkludent verzichtet hat. In Abgrenzung zu der bisherigen Darlegung des Forderungsverzichtes kam es in diesem Urteilsfall also gerade nicht zu einem Forderungsverzicht.

Vielmehr gestaltet sich der zugrunde liegende Sachverhalt wie folgt: Vereinfacht gesagt, war hier eine Forderung gegenüber der GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung in Besitzunternehmen gegeben. Die GmbH hatte mittlerweile ihren Geschäftsbetrieb komplett eingestellt, Inventar (teilweise) verkauft und befand sich in Liquidation. Der Alleingesellschafter sah insoweit keine Chance mehr, dass seine im Besitzunternehmen der Betriebsaufspaltung vorhandene Forderung gegenüber der GmbH noch bedient wird, weshalb er diese im Besitzunternehmen schon gewinnmindernd abgeschrieben hat. Ein Verzicht auf die Forderung wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen.

Aufgrund der Teilwertabschreibung der Forderung im Besitzunternehmen wollte das Finanzamt die dazu korrespondierende Verbindlichkeit in der GmbH ebenfalls gewinnerhöhend ausbuchen. Dagegen richtete sich die Klage, die schließlich auch Erfolg hatte. Tatsächlich muss nämlich auf Ebene der GmbH die Verbindlichkeit weiter passiviert werden, wenn ein Verzicht durch den Alleingesellschafter als Gläubiger der Forderung weder ausdrücklich erklärt, noch aufgrund der Liquidation konkludent anzunehmen ist.

Tatsächlich hält es das Gericht für irrelevant, dass der Geschäftsbetrieb der GmbH insoweit schon eingestellt ist, da die Begleichung der Forderung auch nur durch Aufnahme eines Bankdarlehens, durch Einlage oder im Rahmen einer Nachtragsliquidation erfolgen kann. Insbesondere legt das Finanzgericht klar dar, dass es kein Korrespondenzprinzip zwischen der Teilwertabschreibung der Forderung im Besitzunternehmen und der gewinnerhöhenden Ausbuchung im Betriebsunternehmen (GmbH) gibt.

Leider hat das Gericht diesen Fall jedoch nicht zu Ende gespielt. Ausdrücklich weisen die Richter nämlich auch darauf hin, weil sie dies nicht zu entscheiden hatten, dass es im vorliegenden Fall unerheblich ist, ob eine Verbindlichkeit einer GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter im Rahmen der Liquidationsschlussbilanz weiterhin auszuweisen ist, da im vorliegenden Fall die Liquidation schlicht noch nicht abgeschlossen war.

In der Praxis könnte man daher überlegen, dass schließlich die GmbH auch ohne Ausbuchung der Verbindlichkeit wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wird. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird jedoch an dieser Stelle das Finanzamt sich immer noch quer stellen und die gewinnerhöhende Ausbuchung der Forderung verlangen.

5. Für Kapitalanleger: Gewinne aus XETRA-Gold Inhaberschuldverschreibungen können steuerfrei sein!

Seit Einführung der Abgeltungssteuer geht die Finanzverwaltung vehement davon aus, dass der Gewinn aus der Einlösung oder Veräußerung einer XETRA-Gold Inhaberschuldverschreibung Einkünfte im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellt. Die Motivation der Finanzverwaltung: Zumindest wird dann der Gewinn schon einmal mit der 25-prozentigen Abgeltungssteuer herangezogen. Fraglich ist jedoch, ob dies tatsächlich richtig ist. In der Realität musste die Finanzverwaltung an dieser Stelle nämlich mehrfach Niederlagen einstecken.

So erstmals mit Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.05.2015 unter dem Aktenzeichen III R 4/15. In der Entscheidung stellten die obersten Finanzrichter der Republik fest, dass der Gewinn, der dadurch entsteht, dass eine an der Börse gehandelte Inhaberschuldverschreibung, die einen Anspruch auf Lieferung von Gold verbrieft, eingelöst wird (also das Gold physisch ausgehändigt wurde), keine Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellt.

Das oberste Finanzgericht der Republik hat in diesem Urteil seine Entscheidung wunderbar durchsubsumiert. So stellen die Richter zunächst klar, dass es sich bei der eingelösten Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibung nicht um eine Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nummer 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) handelt, da sie auf die Lieferung einer Sache gerichtet ist. Nach den Emissionsbedingungen hatte der Kläger nämlich gegen die Emittentin der Inhaberschuldverschreibung ausschließlich einen Anspruch auf Lieferung von Gold, der im Streitjahr physisch erfüllt worden ist. Es handelt sich danach nicht um die Einlösung einer Kapitalforderung im Sinne des Gesetzes. Der Anspruch des Klägers auf die Lieferung von Gold wird auch nicht dadurch zu einer Kapitalforderung, dass er nach den Emissionsbedingungen die Möglichkeit hatte, Xetra-Gold am Sekundärmarkt zu veräußern.

Weiterhin handelt es sich nicht um ein Termingeschäft im Sinne der einkommensteuerlichen Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 EStG. Der Begriff des Termingeschäfts folgt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs den Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes. Termingeschäfte in diesem Sinne sind unter anderem Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines bestimmten Basiswertes ableitet. Dies ist bei der Einlösung der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibung nicht der Fall. Für ein Optionsgeschäfte fehlt es an einem festgelegten Ausübungspreis, durch welchen die Option erst eine Hebelwirkung erhalten kann. Der Kläger hat bei der Einlösung der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibung lediglich den Goldwert des Ausgabebetrages erhalten. Auch mangelt es an der Vereinbarung eines festen Zeitraums, innerhalb dessen bzw. bis zu dessen Ende die Option hätte ausgeübt werden können. Im übertragenen Sinne zum Vergleich der vorgenannten Entscheidung gilt auch hier der Gewinn aus der Veräußerung einer an der Börse gehandelten Schuldverschreibung, die einen Anspruch gegen die Emittentin auf Lieferung physischen Goldes verbrieft und den aktuellen Goldpreis abbildet, jedenfalls dann nicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen als steuerpflichtig, wenn die Emittentin verpflichtet ist, das zur Verfügung gestellte Kapital nahezu vollständig zum Erwerb von Gold einzusetzen. Auch in diesem Fall kann daher allenfalls ein privates Veräußerungsgeschäft im Rahmen der Regelung des § 23 EStG gegeben sein, sodass auch hier eine Besteuerung nach einer Haltefrist von einem Jahr nicht mehr eintritt.

Da insoweit zunächst einmal geklärt ist, dass keine Einkünfte aus Kapitalvermögen gegeben sein können, stellt sich noch die Frage, wie denn konkret die Besteuerung im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes aussehen könnte. Auch an dieser Stelle hat die Finanzverwaltung eine schallende Niederlage einstecken müssen. Der Fiskus vertrat nämlich die Auffassung, dass schon der Eintausch der börsengehandelten Inhaberschuldverschreibung in den Sachleistungsanspruch, also in Gold, dazu führt, dass ein privates Veräußerungsgeschäft erfüllt wird. Wer daher die Inhaberschuldverschreibung erworben hat und innerhalb eines Jahres diese in Gold getauscht hat, wurde von der Finanzverwaltung zur Kasse gebeten.

Mit Urteil vom 06.02.2018 hat der Bundesfinanzhof jedoch unter dem Aktenzeichen IX R 33/17 auch diese Praktiken der Finanzverwaltung für Unrecht erklärt. Die Einlösung einer Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibung, indem diese auf ein Sperrkonto übertragen wird und das Gold in Erfüllung des Sachleistungsanspruchs an den Steuerpflichtigen ausgeliefert wird, stellt nämlich keine entgeltliche Veräußerung des Steuerpflichtigen im Sinne eines privaten Veräußerungsgeschäftes dar. Erst wenn auch das Gold innerhalb der Jahresfrist seit Anschaffung der Inhaberschuldverschreibung veräußert werden würde, kann auch eine Besteuerung im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes durchgeführt werden.

Es ist nicht schwer vorzustellen, dass diese Rechtsprechung der Finanzverwaltung nicht in den Kram passt. Es wundert daher nicht sonderlich, dass sich die Finanzverwaltung mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 18.01.2016 (Az: IV C 1 - S 2252/08/10004 :017) gegen die vorgenannte Rechtsprechung stellt. So heißt es in der vorgenannten Verwaltungsauffassung unter Rz. 57: Werden Inhaberschuldverschreibungen veräußert oder eingelöst, die einen Lieferanspruch auf Gold oder einen anderen Rohstoff verbriefen und durch Gold oder einen anderen Rohstoff in physischer Form nicht gedeckt sind, sind die Einnahmen Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ebenso sollen Einkünfte aus Kapitalvermögen bei der Veräußerung oder der Einlösung Anwendung finden, wenn die jeweiligen Vertrags-/Emissionsbedingungen vorsehen, dass der Anspruch des Forderungsinhabers nicht nur durch die Lieferung des Basiswertes erfüllt werden kann, sondern entweder der Forderungsschuldner den Lieferanspruch des Forderungsinhabers auch durch eine Geldzahlung befriedigen oder der Forderungsinhaber vom Schuldner statt der Lieferung des Rohstoffs auch die Erfüllung durch Geld verlangen kann.

Erfreulicherweise hat jedoch auch diese Auffassung der Finanzverwaltung in der Rechtsprechung keinen Bestand gehabt. Mit Urteil vom 16.06.2020 stellen die obersten Finanzrichter der Republik unter dem Aktenzeichen VIII R 7/17 klar: Der Gewinn aus der Veräußerung an der Börse gehandelter Inhaberschuldverschreibungen, die einen Anspruch gegen die Emittentin auf Lieferung physischen Goldes verbriefen und den aktuellen Goldpreis abbilden, ist jedenfalls dann nicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig, wenn die Emittentin verpflichtet ist, das ihr zur Verfügung gestellte Kapital nahezu vollständig zum Erwerb von Gold einzusetzen. Im Urteilsfall ging es dabei um die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung von „Gold Bullion Securities“.

Die Richter werden dabei sogar noch konkreter, indem sie ausdrücklich darauf hinweisen, dass dies auch dann gilt, wenn nach den Emissionsbedingungen der Inhaber bei der Kündigung der Schuldverschreibung statt der Lieferung des verbrieften Goldes die Auszahlung des Erlöses aus dem Verkauf des für ihn hinterlegten Goldes verlangen kann. Auch in diesem Fall gehen die Richter davon aus, dass primär eine Sachleistung geschuldet wird, weshalb entgegen der Auffassung im oben zitierten Schreiben des Bundesfinanzministeriums keine Einkünfte aus Kapitalvermögen gegeben sind.

Hinweis: Tatsächlich wollte an dieser Stelle der Gesetzgeber, inspiriert durch den Willen der Finanzverwaltung, jedoch nachlegen, weshalb im Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2020 zunächst vorgesehen war, die positiven Entscheidungen des Bundesfinanzhofs mittels ausdrücklichen Gesetzestextes auszuhebeln. Vereinfacht gesagt, sollte insoweit ausdrücklich geklärt werden, dass auch Gewinne aus entsprechenden Inhaberschuldverschreibungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert werden.

Das nun Erfreuliche: Auch wenn diese fiskalische Regelung im Referentenentwurf des Gesetzes vorhanden war, hat sie keinen Eingang in den Regierungsentwurf vom 02.09.2020 gefunden, sodass die geplante und rein fiskalisch motivierte Gesetzesänderung insoweit vom Tisch zu sein scheint.

Gegebenenfalls hat man sich im Finanzministerium jedoch auch mal den Goldpreis angeschaut. Dieser ist aktuell sehr hoch. Würden daher entsprechende Inhaberschuldverschreibungen gekauft und der Goldpreis fällt, müsste der dann bei Einlösung oder Veräußerung erlittene Verlust zumindest auch im Rahmen der entsprechenden Verlustverrechnungstöpfe bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuermindernd berücksichtigt werden. Dies wäre beim privaten Veräußerungsgeschäft anders, denn nach Ablauf der Jahresfrist muss weder der Gewinn versteuert werden, noch kann ein Verlust an anderer Stelle verrechnet werden.

Tipp: Tatsächlich wollen wir der Praxis jedoch keine Verluste machen, weshalb Anleger durchaus entsprechende Zertifikate kaufen können und sie nach der derzeitigen Rechtslage nach Ablauf von einem Jahr auch wieder steuerfrei veräußert können. Wird ein Gewinn gemacht, kann dieser vollkommen steuerfrei eingestrichen werden.

6. Für Vermieter: Verschlimmbesserung bei der verbilligten Vermietung

Werbungskosten können auch im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich nur dann abgezogen werden, wenn auch eine Einkunftserzielungsabsicht besteht. Daher hinterfragen Finanzbeamte bei einer verbilligten Vermietung ganz genau, ob an dieser Stelle noch die Absicht besteht, Einkünfte zu erzielen. Insoweit ist im Einkommensteuergesetz (EStG) in § 21 Absatz 2 EStG eine Regelung vorgesehen, die seinerzeit mal recht kompliziert war, dann deutlich vereinfacht wurde und nun schlicht verschlimmbessert wurde.

Aber zum Hintergrund und der Chronologie der Ereignisse: Bis 2011 galt hier die Regelung, dass bei einem Mietzins der größer oder gleich 75 % der ortsüblichen Miete ist, eine Entgeltlichkeit und damit eine Einkunftserzielungsabsicht unterstellt wurde, sodass es zu einem ungekürzten Werbungskostenabzug kam. Bei einer Miete von unter 56 % der ortsüblichen Miete konnte der Vermieter seine Werbungskosten nur noch im Hinblick auf den entgeltlichen Teil der Vermietung abziehen. Eine Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht war insoweit nicht erforderlich, jedoch konnten auch direkt nicht sämtliche Werbungskosten abgezogen werden. In dem Bereich dazwischen, also bei einem Mietzins von 56 % oder größer, jedoch kleiner 75 % der ortsüblichen Miete, war der Vermieter gezwungen, eine Überschussprognose anzufertigen. Endete diese Überschussprognose positiv, konnte er sämtliche Werbungskosten in Abzug bringen. Kam die Prognose jedoch zu einem negativen Ergebnis, mussten die Werbungskosten wiederum in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt werden. Soweit unentgeltlich vermietet wurde, konnten keine Werbungskosten abgezogen werden.

Ab 2012 hat man diese Regelung erfreulicherweise erheblich erleichtert. Seitdem gilt (bzw. galt), dass ein anteiliger Werbungskostenabzug immer dann durchzuführen ist, wenn der Mietzins weniger als 66 % der ortsüblichen Miete betragen hat. Lag der Mietzins jedoch genau bei 66 % oder darüber, konnten sämtliche Werbungskosten ungekürzt abgezogen werden. Eine Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht durch eine umständliche Prognoseberechnung war in keinem Fall erforderlich. Dies war der Finanzverwaltung offensichtlich zu einfach.

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wird die Grenze für die generelle Aufteilung der Wohnungsüberlassung in ein entgeltlich und einen unentgeltlich vermieten Teil auf 50 % der ortsüblichen Miete herabgesetzt. Damit wird dem Umstand der vielerorts steigenden Mieten und des hohen Mietniveaus in Deutschland Rechnung getragen. Dadurch können insbesondere Vermieter, die im Interesse des Fortbestandes langjähriger Mietverhältnisse davon Abstand nehmen, regelmäßig zulässige Mieterhöhung vorzunehmen, auch bei verbilligter Wohnraumüberlassung mit Einkünfteerzielungsabsicht von ihren Mieteinnahmen vollumfänglich ihre Werbungskosten abziehen, wenn das Mietentgelt mindestens 50 % der ortsüblichen Miete beträgt. Dieser Hintergrund der Gesetzesänderung ist auch durchaus lobenswert und zu begrüßen. Dann jedoch kommt das Chaos:

Beträgt das Mietentgelt nämlich 50 % und mehr, jedoch weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist nunmehr wieder eine Überschussprognose vorzunehmen. Fällt diese Prüfung der Totalüberschussprognose positiv aus, ist für die verbilligte Wohnraumüberlassung Einkünfteerzielungsabsicht zu unterstellen und der volle Werbungskostenabzug ist möglich.

Führt die Prognose hingegen zu einem negativen Ergebnis, ist von einer Einkünfteerzielungsabsicht nur für den entgeltlich vermieteten Teil auszugehen. Für den entgeltlich vermieteten Teil können die Werbungskosten wie bei der Typisierungsregelung anteilig abgezogen werden.

Für die Durchführung der komplexen und komplizierten Überschussprognose verweist der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung schlicht auf die langjährige und gefestigte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und darauf, dass das seinerzeitige Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 08.10.2004 insoweit unverändert einschlägig ist.

Die volle Entgeltlichkeitsgrenze, d. h. die Regelung, bei der die Einkünfteerzielungsabsicht von Gesetzes wegen vermutet wird und nicht überprüft werden muss, bleibt auch nach der Änderung durch das Jahressteuergesetz 2020 bei einem vereinbarten Mietzins von mindestens 66 % der ortsüblichen Miete in unveränderter Höhe bestehen. Dies ist der Punkt, der letztendlich zu dem Chaos in der Regel führt.

Ziel für die gesonderte Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht im Grenzbereich zwischen 50 und 66 % der ortsüblichen Miete ist es, der Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung der Regelung des § 21 Abs. 2 EStG entgegenzuwirken. Denn der Tatbestand der verbilligten Wohnraumüberlassung ist nicht nur in Fällen langjähriger Mietverhältnisse einschlägig, bei denen Vermieter über einen längeren Zeitraum Mieterhöhungspotenziale nicht oder nicht vollständig ausgeschöpft haben, sondern moderat agieren und auch die persönlichen Verhältnisse ihrer oft langjährigen Mieter im Auge haben. Verbilligte Wohnraumüberlassungen sind vielmehr auch sehr häufig bei der Vermietung zwischen Angehörigen vorzufinden. Um der insbesondere bei der Vermietung unter Angehörigen bestehenden Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung durch ein generelles Herabsetzen der Vollentgeltlichkeitsgrenze zu begegnen und gleichwohl moderate Vermieter nicht steuerlich zu bestrafen, die auf mögliche Mieterhöhung zugunsten ihrer Mieter verzichten, wird wieder eine zweistufige Prüfung vorgesehen.

Im ersten Schritt wird bei Unterschreiten der zu prüfenden 50 %-Grenze der ortsüblichen Miete grundsätzlich Teilentgeltlichkeit unterstellt und der Werbungskostenabzug gekürzt. Im zweiten Schritt wird bei der Überschreitung der 50 %-Grenze, jedoch Unterschreiten von 66 % der ortsüblichen Miete, eine Prüfung der Totalüberschussprognose erfolgen. Fällt diese positiv aus, werden die Werbungskosten aus diesem Mietverhältnis nicht gekürzt. Bei negativer Prognose können die Werbungskosten für den unentgeltlich vermieteten Teil nicht von den Mieteinnahmen abgezogen werden, da es für den unentgeltlich vermietteen Teil an der Einkünfteerzielungsabsicht mangelt. Damit bleibt der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewahrt, so die Gesetzesbegründung, dass es auch bei anderen Einkunftsarten für die Anerkennung von Werbungskosten oder Betriebsausgaben einer positiven Einkünfteerzielungsabsicht bedarf, von welcher regelmäßig nicht auszugehen ist, wenn ein Steuerpflichtiger unabhängig von den Gründen auf 50 % seiner Einnahmen verzichtet und dadurch Verluste erzielt.

Auch wenn daher der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung seine Änderung eloquent begründet, bleibt festzuhalten, dass diese zu Chaos sowie deutlich mehr Aufwand führt und es folglich zu hoffen bleibt, dass der Gesetzgeber hier wieder den Weg zurück zu einem Zwei-Stufen-Modell findet, wie es auch in den Veranlagungszeitraum 2012 bis 2020 galt.

7. Für (beherrschende) Gesellschafter-Geschäftsführer: Zum Zufluss von Tantiemen bei verspäteter Feststellung des Jahresabschlusses

Tantiemen, also quasi die Erfolgsbeteiligung eines Arbeitnehmers, gehören auch beim (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH zum steuerpflichtigen Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Besteuerung der Tantieme setzt allerdings voraus, dass sie auch als sonstiger Bezug dem Arbeitnehmer zugeflossen ist. In der Praxis kommt daher der Frage des Zuflusses erhöhte Bedeutung zu.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs tritt der Zufluss mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein. Dies hat der Bundesfinanzhof beispielsweise in seinem Urteil vom 01.02.2007 unter dem Aktenzeichen VI R 73/04 klargestellt. Die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ist in der Regel der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs. In der Regel fließen Geldbeträge dadurch zu, dass sie dem Empfänger bar ausbezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Dies dürfte auch in der Praxis der Regelfall sein.

Besonderheiten gelten jedoch an dieser Stelle für den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Der Bundesfinanzhof geht nämlich neben den bereits geschilderten Grundsätzen in seiner ständigen Rechtsprechung auch davon aus, dass bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung oder Gutschrift bereits zu einem früheren Zeitpunkt gegeben sein kann. Ausweislich dieser Rechtsprechung fließt dem alleinigen oder jedenfalls beherrschenden Gesellschafter eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen die Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu. Der Grund: Ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig selbst in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist, wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 08.05.2007 unter dem Aktenzeichen VIII R 13/06 entschieden hat.

Diese Zuflussregel gilt jedenfalls dann, wenn die vorgenannten Kriterien erfüllt sind und sich der Anspruch gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet. Als Zahlungsunfähigkeit ist in diesem Zusammenhang nur das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu begleichen. Dies ist vor dem Zusammenbruch des Schuldners im Regelfall zu verneinen, solange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH noch nicht gestellt wurde. Von Zahlungsunfähigkeit einer GmbH kann nicht gesprochen werden, wenn Forderungen anderer Gläubiger beglichen werden, sodass zur Befriedigung der Forderung des beherrschenden Gesellschafters keine Mittel mehr verbleiben oder wenn die GmbH vorhandene Mittel für Zwecke verwendet, die im Interesse einer erfolgreichen Betriebsführung vordringlich erscheint. Eine das Zufließen im Sinne der einkommensteuerlichen Regelungen bewirkende Verfügung des beherrschenden Gesellschafters über seine Forderung gegen die von ihm beherrschte GmbH ist bereits dann gegeben, wenn Mittel vorhanden waren oder hätten bereitgestellt werden können, um seine Tantiemeforderung zu erfüllen, oder wenn sich die GmbH die zur Erfüllung der Forderung notwendigen Mittel durch Kreditaufnahme hätte beschaffen können. Mit anderen Worten: Schon 2007 haben die obersten Finanzrichter der Republik festgestellt, dass beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ein Zufluss der Tantieme quasi regelmäßig mit Fälligkeit stattfindet. Das Interesse des Fiskus: Selbstverständlich findet in diesem Zeitpunkt auch die Versteuerung statt und der Staat kassiert schon dann - unabhängig von der tatsächlichen Zahlung der Tantieme.

Allerdings werden von dieser Zuflussfiktion nur Gehaltsbeträge und sonstige Vergütungen erfasst, die die Kapitalgesellschaft dem sie beherrschenden Gesellschafter schuldet und die sich bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft ausgewirkt haben. Fällig wird der Anspruch auf Tantieme allerdings erst mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbaren.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 28.04.2020 unter dem Aktenzeichen VI R 44/17 festgestellt, dass eine verspätete Feststellung des Jahresabschlusses auch im Falle eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers nicht per se zu einer Vorverlegung des Zuflusses einer Tantieme auf den Zeitpunkt führt, zu dem die Fälligkeit bei fristgerechter Aufstellung des Jahresabschlusses eingetreten wäre.

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