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Mandantenbrief 01/2023
- Für alle Steuerpflichtigen: Zur Dispositionsbefugnis des zuerst Bedachten bei der Kettenschenkung
- Für alle Steuerpflichtigen: Zur Fortgeltung eines Vorbehaltsnießbrauchs an einer Ersatzimmobilie im Wege der Surrogation und die dabei entstehende Frage der Abschreibung
- Für alle Steuerpflichtigen: Keine Steuerpflicht von Zinsen aus einem nicht fremdüblichen Darlehensvertrag zwischen Angehörigen
- Für Immobilieneigentümer: Entnahme eines Objektes aus dem Betriebsvermögen als anschaffungsähnlicher Vorgang bei den anschaffungsnahen Herstellungskosten
- Für Grundstückshändler: Zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht
- Für Gewerbetreibende: Hinzurechnung der auf den Mieter umgelegten Grundsteuer
- Für GmbH-Gesellschafter: Zufluss einer vereinbarten, aber nicht ausgezahlten Tantieme beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer
- Für Händler: Zur Versicherungssteuerpflicht, wenn die Garantiezusage als Versicherungsleistung gilt
1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Dispositionsbefugnis des zuerst Bedachten bei der Kettenschenkung
Von einer Kettenschenkung spricht man immer dann, wenn der Schenker einer Mittelsperson einen Zuwendungsgegenstand schenkt, den diese dann an eine andere Person weiterschenken soll. Ziel der ganzen Sache ist, den persönlichen Freibetrag der Mittelsperson auszunutzen, sodass auf diese Art und Weise Schenkungsteuer gespart werden kann. Wenn beispielsweise jemand seinem Schwiegerkind etwas schenken möchte, so steht dafür lediglich ein persönlicher Freibetrag bei der Schenkungsteuer in Höhe von 20.000 Euro zur Verfügung. Zudem gilt in diesem Verhältnis die Steuerklasse II. Wird hingegen der Zuwendungsgegenstand zunächst an das Kind geschenkt, befindet man sich nicht nur in Steuerklasse I, sondern es steht auch ein persönlicher Freibetrag von 400.000 Euro zur Verfügung. Schenkt das Kind im Anschluss den erhaltenen Zuwendungsgegenstand weiter an das Schwiegerkind (bzw. in diesem Fall dann seinem Ehegatten), greift wiederum die Steuerklasse I und es steht ein Freibetrag von 500.000 Euro zur Verfügung. Wer daher seinem Schwiegerkind in direktem Weg 400.000 Euro schenken möchte, müsste dafür 95.000 Euro Schenkungsteuer bezahlen. Wird hingegen die Kettenschenkung genutzt, fällt keinerlei Schenkungsteuer an.
Eine wesentliche Voraussetzung, damit diese Kettenschenkung auch tatsächlich in der Praxis funktioniert und anerkannt wird ist, dass die weitergebende Person, also die Mittelsperson, eine eigene Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Weitergabe des Zuwendungsgegenstands hat. Die Weiterschenkung muss also auf einem eigenen gesonderten Willensentschluss basieren und es darf keinerlei rechtliche Verpflichtung bestehen, diesen Gegenstand auch weiter schenken zu müssen.
Dies hat ganz aktuell das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 17.12.2020 unter dem Aktenzeichen 4 K 1417/19 bestätigt. Die Entscheidung der Richter aus Rheinland-Pfalz ist sehr dazu geeignet, im konkreten Fall einen eigenen Rechtsbehelf zu begründen. So führen die erstinstanzlichen Richter aus, dass eine freigebige Zuwendung in objektiver Hinsicht voraussetzt, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist sowie in subjektiver Hinsicht dem Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit entspricht. Erforderlich ist dafür eine Vermögensverschiebung, dies bedeutet eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten.
Eine objektive Unentgeltlichkeit erfordert zudem, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Dies hat auch bereits der Bundesfinanzhof in verschiedenen Urteilen bestätigt. So beispielsweise mit Entscheidung vom 17.12.2019 unter dem Aktenzeichen VII R 18/17 oder der Entscheidung vom 16.9.2020 unter dem Aktenzeichen II R 33/19.
Weiterhin ist der subjektive Tatbestand einer Schenkung erfüllt, wenn der Zuwendende den rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt der Unentgeltlichkeit „nach Laienart“ zutreffend erfasst. Eine exakte juristische Subsumtion ist nicht erforderlich. Die Vermögensverschiebung muss sich auf die Vermögenssubstanz einschließlich der Überlassung eines Vermögensgegenstandes zum Gebrauch oder zur Nutzung beziehen. Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des Schenkers genügt demgegenüber ebenso wenig wie eine bloße Erhöhung des Werts des Vermögens des Bedachten.
Die Vermehrung der Vermögenssubstanz des Bedachten kann dabei nicht nur durch den Zugang aktiver Vermögensgegenstände, sondern auch durch den Wegfall negativer Vermögensgegenstände (insbesondere Schulden und andere geldwerte Verpflichtungen) und durch das Erhalten von Gebrauchs- oder Nutzungsmöglichkeiten geschehen. Ob eine Bereicherung des Empfängers vorliegt, welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer Schenkung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage.
Was dabei Gegenstand der Schenkung ist, richtet sich ebenso nach dem bürgerlichen Recht. Auszugehen ist grundsätzlich vom Parteiwillen, also davon, was dem Bedachten nach dem Willen des Schenkers geschenkt sein soll. Indes ist Gegenstand der Besteuerung im Falle der Schenkung erst die Ausführung der Zuwendung als solcher. Die Schenkungsteuer knüpft nicht bereits an die Abgabe des Versprechens einer unentgeltlichen Leistung an, weil es bis zur Erfüllung des Versprechens an einer objektiven Bereicherung des Empfängers des Versprechens fehlt. Dementsprechend entsteht die Schenkungsteuer bei Schenkung unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Eine Schenkung oder freigebige Zuwendung ist ausgeführt, wenn der Bedachte das erhalten hat, was ihm nach der Schenkungsabrede, im Falle der freigebigen Zuwendung nach dem Willen des Zuwendenden, verschafft werden soll. Es kommt dabei grundsätzlich auf den Eintritt des Leistungserfolgs an.
Zur Kettenschenkung führen die erstinstanzlichen Richter dann wie folgt aus: Sind an einer Schenkung mehr als zwei Personen beteiligt, kann eine Kettenschenkung oder eine Schenkung unter Auflage vorliegen. Die Anknüpfung an die Zivilrechtslage bedeutet, dass als Zuwendender zunächst der Inhaber des jeweiligen Vermögensgegenstandes in Betracht kommt, als Bedachter dessen Empfänger. Das gilt indes nicht ausnahmslos. Wird ein Vermögensgegenstand einer Person beispielsweise im Wege der Schenkung übertragen und wendet sie sodann den Vermögensgegenstand einem Dritten zu, können sowohl zwei nacheinander geschaltete Schenkungen als auch eine Schenkung von dem ursprünglichen Zuwendenden an den Dritten vorliegen. Für die Bestimmung des Zuwendenden und des Bereicherten ist dann darauf abzustellen, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstandes erlangt hat. Erhält jemand als Durchgangs- oder Mittelsperson eine Zuwendung, die er (entsprechend einer Verpflichtung) in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, liegt schenkungsteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten vor, denn wegen der Verpflichtung zur Weitergabe besteht keine Bereicherung der Mittelsperson aus dem Vermögen des Zuwendenden. Diese Auffassung entspricht dabei der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, so beispielsweise dem Urteil vom 13.10.1993 unter dem Aktenzeichen II R 92/91 oder auch einer jüngeren Entscheidung vom 16.9.2020 unter dem Aktenzeichen II R 33/19.
Ob ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann oder diesen einem Dritten zuwenden muss, ist nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten unter Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie dem mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziel der Vertragsparteien zu entscheiden. Es reicht insoweit nicht aus, dass der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand weiterschenkt. Entscheidend ist vielmehr das Fehlen einer eigenen Dispositionsmöglichkeit des zuerst Bedachten, wie der Bundesfinanzhof auch bereits seinerzeit in der Entscheidung vom 18.7.2013 unter dem Aktenzeichen II R 37/11 herausgearbeitet hat.
Ganz praktisch führt das erstinstanzliche Finanzgericht Rheinland-Pfalz in der vorgenannten Entscheidung daher aus, dass eine kurze Verweildauer des Geschenkes beim Bedachten für sich allein genommen nicht für eine Weitergabeverpflichtung spricht. Aus diesem Grund ist eine Weitergabeverpflichtung des zuerst Bedachten nicht schon deshalb anzunehmen, weil die Schenkung und die Weiterschenkung in zwei zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden notariellen Urkunden vereinbart wurden und der zuerst Bedachte den Gegenstand vor der sich unmittelbar anschließenden Weiterschenkung nicht tatsächlich als Eigentümer nutzen konnte. Die zeitliche Abfolge der Schenkung kann allerdings im Rahmen der Gesamtwürdigung eine Indizwirkung bekommen.
Indizien für eine Weitergabeverpflichtung des zuerst Bedachten können auch darin zu erkennen sein, dass dieser noch vor Ausführung der freigebigen Zuwendung an ihn den Gegenstand an einen Dritten weiterschenkt oder dass die Schenkung und die Weiterschenkung in einer einzigen notariellen Urkunde vereinbart werden. In diesem Fall kann die Dispositionsmöglichkeit des zuerst Bedachten fehlen. Wohlgemerkt: „Kann“! Selbstständige Schenkungen verschiedener Personen sind nämlich nicht lediglich deshalb eine einheitliche Schenkung eines Zuwendenden, weil sie in einer Vertragsurkunde zusammengefasst sind, auch wenn die Finanzverwaltung dies sehr häufig annimmt. Tatsächlich führt aber die Zusammenfassung einer Schenkung und einer sich anschließenden Weiterschenkung eines Grundstücks in einer Urkunde zu einer zeitgleichen Vereinbarung von Schenkung und Weiterschenkung, sodass der zuerst Bedachte damit regelmäßig keine Entscheidungsfreiheit in Bezug auf das weitergeschenkte Grundstück erlangen wird. Vorgenanntes gilt nur dann nicht, wenn sich aus dem Vertrag oder den Umständen eindeutig etwas anderes, nämlich sehr wohl eine eigene Dispositionsbefugnis des zuerst Bedachten, ergibt.
Aufgrund der vorgenannten Grundsätze ist auch zu entscheiden, wer Zuwendender und wer Bedachter ist, wenn Eltern ein Grundstück schenkungsweise auf ein Kind übertragen und das Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück an seinen Ehegatten weiterschenkt. In solchen Fällen kann, wenn das Kind seinen Eltern gegenüber nicht zur Weiterschenkung verpflichtet ist, schenkungsteuerrechtlich grundsätzlich nicht von einer Zuwendung der Eltern an das Schwiegerkind ausgegangen werden. Eltern haben regelmäßig kein Interesse daran, ihr Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Schwiegerkinder zu übertragen. Gewollt ist vielmehr die Übertragung des Vermögens auf die eigenen Kinder. Für eine Zuwendung allein an das eigene Kind sprechen auch besondere Vereinbarungen im Schenkungsvertrag, die eine Anrechnung der Zuwendung auf den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch bzw. den Pflichtteilsergänzungsanspruch des Kindes sowie die Begründung einer Rückübertragungsanspruch des zugewendeten Elternteils für bestimmte Fälle regeln. Die Schenkung von Vermögen an das eigene Kind liegt auch wegen der damit verbundenen güterrechtlichen Folgen im Interesse der Eltern und des Kindes selbst. Der Wert der Schenkung wird bei einem Kind, das mit seinem Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, dem Anfangsvermögen des Kindes hinzugerechnet. Damit unterliegt das dem Kind zugewendete Vermögen im Rahmen des Zugewinnausgleichs nicht der Ausgleichspflicht. Sofern Eltern hingegen erreichen wollen, dass ihr Kind auch im Fall der Ehescheidung von der Schenkung profitiert, müssen sie ihr Kind direkt beschenken. Etwaige Rückforderungsansprüche der Eltern nach Scheitern der Ehe lassen nicht den Schluss zu, dass Eltern ihr Vermögen zum Teil auf das Schwiegerkind übertragen wollen.
Im vorliegend abgeurteilten Fall sprach für eine Kettenschenkung insbesondere der Wortlaut der Vertragsurkunde. Dort hatten die Vertragsparteien die Eintragung der Rechtsänderung ausdrücklich „ohne Zwischeneintragungen“ und damit ohne kurzzeitige Eintragung des eigenen Kindes als Alleineigentümerin beantragt. Diese Passage des Vertragstextes wäre gegenstandslos, wenn jeweils eine Direktschenkung eines hälftigen Miteigentumsanteils an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück von den Eltern auf das Schwiegerkind vereinbart worden wäre, da das Kind dann hinsichtlich des Miteigentumsanteils keine Position erlangt hätte, mit der eine Zwischeneintragungen hätte erreicht werden können. Insoweit ein klares Indiz für eine Kettenschenkung.
Im Weiteren nennt das erstinstanzliche Gericht noch eine ganze Menge mehr an Indizien, die regelmäßig für eine Kettenschenkung sprechen. Schließlich ist dies auch der Wille aller am Vertragsschluss beteiligten Personen, dass insgesamt eine Kettenschenkung übereinstimmend gewollt war.
Das erstinstanzliche Finanzgericht Rheinland-Pfalz kam daher in der bereits zitierten Entscheidung zu dem Schluss, dass im vorliegenden Einzelfall eine Kettenschenkung gegeben ist. Da die Richter Gründe für eine Revisionszulassung nicht erkennen konnten und insoweit nur feststehende Rechtsmaßstäbe einzelfallbezogen angewendet haben, wurde die Revision auch nicht zugelassen.
Offensichtlich wollte die Finanzverwaltung jedoch mal wieder einen Versuch starten, die Kettenschenkung im Wege der Rechtsprechung abzuschaffen. Dieser Versuch ist jedoch mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den Bundesfinanzhof vom 28.7.2022 unter dem Aktenzeichen II B 37/21 gründlich gescheitert.
So führen auch die obersten Finanzrichter der Republik aus, dass es in der Rechtsprechung abschließend geklärt ist, dass in Fällen, in denen ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung übertragen wird und diese den Vermögensgegenstand freigebig einen Dritten zuwendet, für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten darauf abzustellen ist, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat. Ob dabei ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann oder diesen einem Dritten zuwenden muss, ist regelmäßig nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten unter Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie der mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Vertragsparteien zu entscheiden. Ganz deutlich führt auch noch der Bundesfinanzhof aus, dass es für die Verwerfung einer Kettenschenkung nicht ausreichend ist, dass der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand weiterschenkt. Entscheidend ist insoweit einzig das Fehlen einer Dispositionsmöglichkeit des zuerst Bedachten.
Tipp: Vor dem aktuellen Hintergrund, dass die Kettenschenkung (erneut) durch die oberste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bestätigt wurde, lohnt noch ein Blick auf mögliche Fallgestaltungen in der Praxis, bei denen erhebliche Steuern gespart werden können.
Eingangs und im vorliegenden Verfahren ging es bereits um die Schenkung an das Schwiegerkind, bei dem das eigene Kind als Mittelsperson eingeschaltet wird. Tatsächlich sind in der Praxis jedoch noch eine ganze Menge mehr Fälle denkbar, bei denen mittels Kettenschenkung ein erheblicher steuerlicher Vorteil erreicht werden kann.
So beispielsweise, wenn Großeltern ihren Enkeln etwas schenken möchten. Hier besteht ein persönlicher Freibetrag von 200.000 Euro bei Steuerklasse I. Würde beispielsweise der Großvater den Enkel 400.000 Euro schenken, resultiert daraus eine Schenkungsteuer von 22.000 Euro bei einem Steuersatz von 11 %. Beschenkt der Großvater hingegen zuerst sein eigenes Kind, kann er einen Freibetrag von 400.000 Euro nutzen. Schenkt dieses Kind nun weiter an sein Kind, sprich den Enkel des Großvaters, kann wiederum ein Freibetrag von 400.000 Euro genutzt werden und es fällt im Ergebnis keine Schenkungsteuer an.
Ein weiteres Beispiel ist gegeben, wenn ein Elternteil einem Kind 800.000 Euro schenken möchte. Zwar steht auch in diesem Fall ein Freibetrag von 400.000 Euro bei Steuerklasse I zur Verfügung, dennoch würde die direkte Schenkung stolze 60.000 Euro an Schenkungsteuer kosten.
Wird hingegen zunächst ein Betrag von 400.000 Euro an den Ehegatten und anderen Elternteil des Kindes verschenkt, kann insoweit ein Freibetrag von 500.000 Euro zwischen den Eltern genutzt werden, sodass hierfür keine Steuer anfällt. Der andere Elternteil kann dann wiederum seinen Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro nutzen, um den Zuwendungsgegenstand an das gemeinsame Kind weiter zu schenken. Parallel dazu schenkt der ursprünglich Zuwendende selbst im Rahmen seines persönlichen Freibetrags 400.000 Euro an das gemeinsame Kind. Im Ergebnis sind so 800.000 Euro Zuwendung beim Kind angekommen, ohne dass dies Steuern gekostet hätte.
Ein in der Praxis häufig vorkommender Fall ist, dass Onkel oder Tante ihren Nichten oder Neffen etwas schenken möchten. Im direkten Weg steht hierfür auch nur ein Freibetrag von 20.000 Euro bei Steuerklasse II zur Verfügung. Wenn daher ein Onkel seiner Nichte 60.000 Euro schenken möchte, kostet dies 6.000 Euro Schenkungsteuer. Lediglich 20.000 Euro kann er insoweit direkt steuerfrei schenken. Weitere 20.000 Euro kann er jedoch im Rahmen des persönlichen Freibetrags an die Mutter der Nichte schenken und ebenso 20.000 Euro an den Vater der Nichte. Für beide Wege steht wiederum ein Freibetrag von 20.000 Euro zur Verfügung, sodass eine Steuer nicht anfällt. Mutter und Vater der Nichte haben hingegen zu ihrem Kind wieder einen persönlichen Freibetrag in Höhe von jeweils 400.000 Euro, sodass eine Weiterschenkung auch hier nicht zu einem Steueranfall führt.
Hinweis: Alles in allem wird es zahlreiche Möglichkeiten geben, mit der Kettenschenkung Steuern einzusparen. Der Einzelfall bestimmt hier wie so häufig den Weg. Zentrale Bedeutung, und dies hat der Bundesfinanzhof gerade noch mal herausgearbeitet, ist jedoch, dass der als Mittelsperson beschenkte Steuerpflichtige frei über seine Zuwendung verfügen kann. Für die Praxis bedeutet dies, dass in der Familie Einigkeit über die Verwendung der Gegenstände bestehen muss. Dann funktioniert es war auch mit der Kettenschenkung.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Fortgeltung eines Vorbehaltsnießbrauchs an einer Ersatzimmobilie im Wege der Surrogation und die dabei entstehende Frage der Abschreibung
Mit Urteil vom 16.10.2020 hat das erstinstanzliche Finanzgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen 13 K 452/18 ein Urteil zum steuerrechtlichen Fortbestehen eines Vorbehaltsnießbrauchs bei Austausch eines mit einem Vorbehaltsnießbrauch belasteten Grundstücks getroffen und sich dabei auch zu der Frage der Abschreibung für das neue nießbrauchsbelastete Grundstück geäußert.
Konkret urteilten die erstinstanzlichen Richter aus Baden-Württemberg: Steuerrechtlich kann von dem Fortbestehen eines Vorbehaltsnießbrauchs ausgegangen werden, wenn ein mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastetes Grundstück mit Zustimmung des Berechtigten gegen ein anderes Grundstück getauscht und dem bisher Berechtigten an dem neuen Grundstück wiederum ein Nießbrauch eingeräumt wird. Auch wenn sich zivilrechtlich der Nießbrauch an dem neuen Grundstück als Zuwendungsnießbrauch darstellt, setzt sich steuerrechtlich nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Vorbehaltsnießbrauch an dem neuen Grundstück als Surrogat fort.
Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen der aus dem bisherigen Vorbehaltsnießbrauch verpflichtete Eigentümer über das eingekaufte Grundstück bei Veräußerung des bisher belasteten Grundstücks bereits verfügen konnte, sondern auch dann, wenn er erst durch den Veräußerungserlös, den er durch die lastenfreie Übertragung des Altgrundstücks erzielt, das neu zu erwerbende Grundstück vollständig finanzieren kann. Und zudem, wenn bereits vor der Löschung des ursprünglich vorbehaltenen Nießbrauchs ausdrücklich vereinbart worden ist, dass künftig eine Nießbrauchsbestellung an dem neu erworbenen Objekt erfolgen muss, die zur Fortsetzung des bisherigen Nießbrauchsrechts bestimmt ist.
Besteht eine ausdrückliche, formfrei mögliche Vereinbarung zwischen dem Nießbraucher und den Eigentümer der Immobilie (der auch der Nießbrauchsverpflichtete ist), nach der sich das schuldrechtliche Nutzungsrecht am Erlös und später auch an dem aus dem erlösfinanzierten Ersatzgrundstück fortsetzt mit der Verpflichtung der Kinder, den Nießbrauch zunächst an den Bankguthaben und beim späteren Kauf des Ersatzgrundstücke für den bisherigen Nießbraucher als dingliches Recht zu bestellen und der Eintragung in das Grundbuch zuzustimmen, setzt sich der Vorbehaltsnießbrauch aus einkommensteuerlicher Betrachtungsweise im Wege der Surrogation fort.
Das Finanzgericht kommt daher zu dem Schluss: Bei Vermietung des neu erworbenen Ersatzgrundstücks ist die Absetzung für Abnutzung vom Nießbrauchsberechtigten, anders als vom Kläger beantragt, nicht nach § 7 Abs. 1 EStG für die gesamten Anschaffungskosten, sondern gemäß § 7 Abs. 4 EStG nur bezüglich des auf das Gebäude entfallenden Anteils der Anschaffungskosten vorzunehmen.
Mit Urteil vom 24.5.2022 hat der Bundesfinanzhof die Entscheidung des erstinstanzlichen Finanzgerichtes mit Aktenzeichen von IX R 1/21 aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben und die Klage dennoch abgewiesen. Denn auch nach Auffassung der obersten Finanzrichter der Republik hat das Finanzgericht zu Recht entschieden, dass den Klägern keine höhere Abschreibung zusteht.
Dazu führt der Bundesfinanzhof wie folgt aus: Grundsätzlich ist derjenige befugt, die Abschreibung geltend zu machen, der den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 EStG erfüllt und die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut getragen hat. Die Befugnis setzt dabei nicht zwingend voraus, dass er bürgerlich-rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer ist, wie der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 25.4.1990 unter dem Aktenzeichen IX R 9/86 herausgearbeitet hat. Aufgrund dessen hat die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs das Recht auf die Inanspruchnahme von Abschreibungen auch einem Vorbehaltsnießbraucher zugesprochen, sofern und soweit er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten getragen hat, bevor er das Grundstück unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs übereignete, und der nunmehr aufgrund seines dinglichen Rechts Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Er nutzt das Grundstück ununterbrochen aufgrund eigenen Rechts. Wer hingegen ein Gebäude aufgrund eines ihm unentgeltlich zugewendeten Nießbrauchs (Zuwendungsnießbrauchs) nutzt, ist nicht zur Abschreibung berechtigt, wenn nicht er, sondern der Eigentümer die Anschaffung- oder Herstellungskosten getragen hat.
Dem Vorbehaltsnießbraucher hat die Rechtsprechung einen Schenker gleichgestellt, der mit seinen Mitteln dem Beschenkten den Kauf eines von dem Schenker im Voraus bestimmten Grundstücks ermöglicht, sich bei der Schenkung ein Nießbrauchsrecht an dem Grundstück vorbehält und anschließend aufgrund seines Nutzungsrechts Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Ein solcher Schenker ist mit demjenigen vergleichbar, der im Fall einer unmittelbaren Schenkung ein Grundstück zunächst zu seinem Eigentum erwirbt, um es sodann seinerseits auf den zu Beschenkenden unter Vorbehalt eines Nießbrauchs weiter zu übertragen. Denn sowohl bei der unmittelbaren als auch bei der mittelbaren Grundstücksschenkung trägt der Schenker die Anschaffungskosten des Grundstücks als derjenige, für dessen Rechnung das Grundstück auf den Beschenkten übertragen wird. In beiden Fällen wendet der Schenker die Anschaffungskosten auf, um aufgrund des ihm bei der schenkungsweisen Übertragung eingeräumten Nutzungsrechts Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen.
Der dabei einschlägige Fall des „verlängerten Vorbehaltsnießbrauchs“ ist dem Vorbehaltsnießbrauch und der mittelbaren Grundstücksschenkung unter Nießbrauchsvorbehalt gleichzustellen. Wenn ein mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastetes Grundstück mit Zustimmung des Nießbrauchers gegen ein anderes Grundstück ausgewechselt und dem bisherigen Nießbraucher an dem neuen Grundstück wiederum ein Nießbrauch eingeräumt wird, handelt es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung aufgrund des zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs steuerrechtlich um das Fortbestehen des Vorbehaltsnießbrauchs. Voraussetzung ist, dass angesichts einer von vorneherein feststehenden Abrede, die in einem rahmenbildenden Vertrag zwischen den Nießbrauchern und den verpflichteten Eigentümern getroffen wurde, bereits während des Bestehens des ursprünglichen Vorbehaltsnießbrauchs an einer Immobilie die Fortsetzung des Nießbrauchsrechts an einer mit dem Erlös aus dem Verkauf der Erstimmobilie zukünftig zu erwerbenden Ersatzimmobilie vereinbart wird. Zudem muss die Abrede entsprechend der Vereinbarung umgesetzt werden. Wird dementsprechend eine mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastete Immobilie mit Zustimmung der Nießbraucher gegen eine andere Immobilie ausgewechselt, an der den Nießbrauchern aufgrund eines bereits während des Bestehens des ursprünglichen Vorbehaltsnießbrauchs abgeschlossenen Vertrags wiederum ein Nießbrauch eingeräumt wird, und trägt der Nießbraucher wirtschaftlich die Anschaffungskosten für den Erwerb der Ersatzimmobilie, so setzt sich der Vorbehaltsnießbrauch an der erworbenen Immobilie fort. Man spricht dann vom sogenannten verlängerten Vorbehaltsnießbrauch.
Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen der aus dem Vorbehaltsnießbrauch verpflichtete Eigentümer über die Ersatzimmobilie bei Veräußerung der belasteten Immobilie bereits verfügen konnte, sondern auch dann, wenn er erst durch den Veräußerungserlös, den er durch die lastenfreie Übertragung der Altimmobilie erzielt, die Ersatzimmobilie anschaffen kann. Weitergehende Voraussetzung ist dabei, dass sich der Nießbrauch in dem Zeitraum zwischen der Veräußerung der Altimmobilie und der Anschaffung der Ersatzimmobilie vereinbarungsgemäß ununterbrochen auf den Veräußerungserlös erstreckt. Es liegt auch dann bei wirtschaftlicher Betrachtung entsprechend der zugrundeliegenden, ausdrücklichen Vereinbarung eine Fortsetzung des Vorbehaltsnießbrauchs an der Ersatzimmobilie als Surrogat vor. Denn der Nießbraucher trägt in diesem Fall die Anschaffungskosten der erworbenen Ersatzimmobilie in der Weise, dass er den Erwerb dieser Immobilie durch den bisherigen und neuen Eigentümer dadurch ermöglicht, dass er auf seinen Vorbehaltsnießbrauch an der Altimmobilie, deren Anschaffungskosten er getragen hat, sowie auf seinen Nießbrauch an dem an die Stelle der Altimmobilie tretenden Veräußerungserlös verzichtet. Aufgrund der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist es insoweit unerheblich, wenn sich das Surrogat aus zwei oder mehr Immobilien zusammensetzt, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten den aus der Veräußerung der Altimmobilie erzielten Erlös in der Summe nicht überschreiten. Ein obligatorisches Nießbrauchsrecht ist einem dinglichen Nießbrauch steuerrechtlich insoweit gleichzustellen, da auch der obligatorisch Nutzungsberechtigte den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllen kann.
Die Leitsätze des Bundesfinanzhofs lauten daher aktuell: Wird eine mit einem Vorbehaltsnießbrauch belastete Immobilie mit Zustimmung des Nießbrauchers gegen eine andere Immobilie in der Weise ausgetauscht, dass dem Nießbraucher an der neuen Immobilie auf der Grundlage eines zuvor vereinbarten, rahmenbildenden Vertrags wiederum ein Nießbrauch eingeräumt wird, und trägt der Nießbraucher wirtschaftlich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzimmobilie, so setzt sich der Vorbehaltsnießbrauch an der erworbenen Immobilie fort. Man spricht dabei von dem schon genannten verlängerten Nießbrauch. Kann der Eigentümer die Ersatzimmobilie nur aus dem Veräußerungserlös anschaffen oder herstellen, gilt nichts anderes, sofern sich der Nießbrauch im Zeitraum zwischen der Veräußerung der Altimmobilie und der Anschaffung der Ersatzimmobilie ununterbrochen auf den Veräußerungserlös erstreckt. Ein obligatorisches Nießbrauchsrecht ist einem dinglichen Nießbrauch steuerrechtlich insoweit gleichzustellen.
3. Für alle Steuerpflichtigen: Keine Steuerpflicht von Zinsen aus einem nicht fremdüblichen Darlehensvertrag zwischen Angehörigen
Mit Urteil vom 24.8.2022 hat das erstinstanzliche Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 7 K 1646/20 E klargestellt, dass von einem nahen Angehörigen erhaltene Zinsen nicht steuerpflichtig sind, wenn der zugrundeliegende Darlehensvertrag seitens der Finanzverwaltung steuerlich nicht anerkannt wird.
In der Entscheidung führen die Richter wie folgt aus: Grundsätzliche Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen ist, dass der Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen worden ist und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird. Dabei müssen Vertragsinhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Der sogenannte Fremdvergleich muss also eingehalten werden, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 18.12.1990 unter dem Aktenzeichen VIII R 290/82 grundlegend entschieden hat.
Den Angehörigen steht es im Grundsatz frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind. Das, was sie vereinbaren, muss jedoch in jedem konkreten Einzelfall und während der gesamten Vertragsdauer nach Inhalt und Durchführung dem entsprechen, was fremde Dritte bei der Gestaltung eines entsprechenden Darlehensverhältnisses üblicherweise vereinbaren würden. So schon der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 12.12.1992 unter dem Aktenzeichen X R 123/88. Die vorgenannten Voraussetzungen bedeuten insbesondere, dass eine Vereinbarung über die Laufzeit und über Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens getroffen worden ist, die Zinsen zu den Fälligkeitszeitpunkten entrichtet worden sind und der Rückzahlungsanspruch ausreichend gesichert ist. Eine ausreichende Besicherung liegt bei Hingabe banküblicher Sicherheiten vor. Dazu gehören vornehmlich die dingliche Absicherung durch Hypothek oder Grundschuld oder auch andere bankübliche Sicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Forderungsabtretungen. Bei Anschaffungsdarlehen, die nach ihrem Anlass wie von einem Fremden gewährt werden, steht die fehlende Besicherung der Anerkennung der vertragsgemäß geleisteten Zinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten dann jedoch nicht entgegen, wenn das Rechtsgeschäft von Volljährigen und voneinander wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen geschlossen wurde. Auch dies hat der Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden, so beispielsweise in einem Urteil vom 9.10.2001 unter dem Aktenzeichen VIII R 5/01 mit weiteren Nennungen.
Ein Darlehensvertrag zwischen volljährigen, voneinander wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen kann daher ausnahmsweise steuerrechtlich dann anerkannt werden, wenn er zwar nicht in allen Punkten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht, aber die Darlehensmittel, die aus Anlass der Herstellung oder Anschaffung von Vermögensgegenständen gewährt werden, ansonsten bei den fremden Dritten hätten aufgenommen werden müssen. Entscheidend ist in diesen Fällen, dass die getroffenen Vereinbarungen tatsächlich vollzogen werden, insbesondere die Darlehenszinsen regelmäßig gezahlt werden. Die Modalitäten der Darlehenstilgung und die Besicherung brauchen in diesen Fällen nicht geprüft zu werden, wie der Bundesfinanzhof sowohl in einer Entscheidung vom 4.6.1991 unter dem Aktenzeichen IX R 150/85 als auch in einer Entscheidung vom 25.1.2000 unter dem Aktenzeichen VIII R 50/97 bereits geklärt hat.
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze kam das erstinstanzliche Finanzgericht Münster in der vorgenannten Entscheidung zu dem Schluss, dass der hier abgeschlossene Darlehensvertrag zwischen Vater und Sohn nicht dem entsprach, was unter fremden Dritten üblich gewesen wäre. Schon aus diesem Grund sind die Zinseinnahmen des Vaters nicht steuerpflichtig. Darüber hinaus kam der Senat zu der Auffassung, dass es beim darlehensgebenden Vater an der Absicht fehlt, einen Überschuss aus den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erzielen.
Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird die Einkünfteerzielungsabsicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich vermutet. So beispielsweise der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 14.3.2017 unter dem Aktenzeichen VIII R 38/15. Dies liegt auch daran, dass die Kapitalerträge einem Werbungskostenabzugsverbot und der beschränkten Verlustverrechnung unterliegen. Zwar wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass es wegen der Nichtabziehbarkeit der Werbungskosten auch noch Fälle geben wird, in denen die Überschusserzielungsabsicht fehlt. Dies kann aber nur dann gelten, wenn man die Besonderheiten der Überschussermittlung, wie die Nichtabziehbarkeit von Werbungskosten, bei der Prüfung der Überschusserzielungsabsicht nicht unberücksichtigt lässt. Nimmt man hingegen an, dass der Zweck des Merkmals darin besteht, steuerlich beachtliches Erwerbshandeln von steuerlich unbeachtlichem Handeln aus privaten Motiven zu unterscheiden, so kann bei von vornherein tatsächlich anfallendem, gegebenenfalls auch überschießendem Erwerbsaufwand der vom Steuerpflichtigen erhobene Einwand mangelnder Einkünfteerzielungsabsicht nicht unter Hinweis auf die Nichtabziehbarkeit des Aufwands für unbeachtlich erklärt werden. Wie bei jeder anderen Einkunftsart muss aber auch bei der Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen die Absicht, auf Dauer Einkünfte zu erzielen, vorliegen. Die Vermutung einer Einkünfteerzielungsabsicht kann daher widerlegt werden, wenn ein positives Ergebnis aus der Kapitalanlage in Form laufender Kapitalerträge oder Gewinne von vornherein wirtschaftlich ausgeschlossen erscheint.
Die Einkünfteerzielungsabsicht ist dabei für jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen. Für diese auf die einzelnen Kapitalanlagen bezogene Prüfung ist grundsätzlich nur der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zugrunde zu legen. Die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht erfordert insoweit die Prognose, ob mit der jeweiligen steuerbaren Tätigkeit in der Totalperiode ein nach den im Rahmen der Einkunftsart maßgeblichen Regelungen zu ermittelnder Überschuss oder Gewinn zu erwarten ist.
Vor diesem Hintergrund kam der erkennende Senat des Finanzgerichtes Münster auch zu dem Schluss, dass es bereits an einer Überschusserzielungsabsicht fehlt, wenn ein hingegebenes Darlehen dieselben Konditionen enthält wie das Refinanzierungsdarlehen.
4. Für Immobilieneigentümer: Entnahme eines Objektes aus dem Betriebsvermögen als anschaffungsähnlicher Vorgang bei den anschaffungsnahen Herstellungskosten
Mit etwas überraschender Entscheidung vom 20.2.2021 hat das erstinstanzliche Finanzgericht Köln unter dem Aktenzeichen 11 K 2686/18 entschieden, dass das in der gesetzlichen Regelung zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten in § 6 Abs. 1 Nummer 1a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) enthaltene Tatbestandsmerkmal der „Anschaffung“ unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik sowie des Regelungszwecks dieser Vorschrift dahingehend auszulegen ist, dass auch die Entnahme eines Wirtschaftsguts als anschaffungsähnlicher Vorgang von ihrem Anwendungsbereich erfasst wird. Nach Meinung der Kölner Richter ist die Entnahme eines Gebäudes aus dem Betriebsvermögen und seine Überführung in das Privatvermögen im Wege der Analogie auch bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs der anschaffungsnahen Herstellungskosten als anschaffungsähnlicher Vorgang zu beurteilen. Tatsächlich muss jedoch arg hinterfragt werden, ob dies richtig sein kann.
Zunächst aber zum Hintergrund der Vorschrift: Entsprechend der Regelung zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu den Herstellungskosten eines Gebäudes, wenn diese innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Soweit die maßgebliche gesetzliche Regelung.
Die Meinung der Kölner Richter verwundert insoweit schon sehr, da das Gesetz ausdrücklich und lediglich von „Anschaffung“ spricht. Im Rahmen der Regelungen zum privaten Veräußerungsgeschäft in § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geht das Gesetz hingegen einen Schritt weiter und beinhaltet eine Fiktion. Danach gilt auch als Anschaffung die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe. Insoweit enthält das Gesetz daher eine klare Fiktion, was auch als Anschaffung im Sinne der Vorschrift des privaten Veräußerungsgeschäftes gilt. Wohlgemerkt nur beim privaten Veräußerungsgeschäft. Eine solche Fiktion ist hingegen bei den anschaffungsnahen Herstellungskosten nicht gegeben. Daher kommt der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 3.5.2022 unter dem Aktenzeichen IX R 7/21 auch zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass die Aufwendungen für Baumaßnahmen nach einer Entnahme zu Unrecht als anschaffungsnahe Herstellungskosten beurteilt werden. Dies subsummiert das oberste Finanzgericht wie folgt:
Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, sind dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn es sich um Anschaffungskosten oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der Abschreibung zu berücksichtigen. Welche Aufwendungen grundsätzlich zu den Anschaffungskosten bzw. den Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach den Regelungen des Handelsgesetzbuches, konkret nach der Vorschrift des § 255 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB. Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Ferner gehören Anschaffungsnebenkosten und nachträgliche Anschaffungskosten dazu. Herstellungskosten sind hingegen Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Zu den Herstellungskosten einer Immobilie gehören auch Aufwendungen für die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Insoweit hat der Bundesfinanzhof auch vorliegend die anschaffungsnahen Herstellungskosten thematisiert.
Klar und deutlich sagen die obersten Richter des Bundesfinanzhofs jedoch auch, dass eine Entnahme einer Immobilie aus dem Betriebsvermögen keine Anschaffung im Sinne der anschaffungsnahen Herstellungskosten ist. Der Begriff der „Anschaffung“ ist im Einkommensteuerrecht allerdings nicht gesetzlich definiert. Sowohl in der Literatur als auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird der Begriff der „Anschaffung“ auch durchaus unterschiedlich interpretiert und jeweils aus seinem Sinnzusammenhang heraus nach dem Zweck der Vorschrift ausgelegt. Eine Anschaffung ist danach jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Wirtschaftsgut im Austausch mit einer Gegenleistung erworben wird. Bei der Entnahme eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen fehlt indes diese Gegenleistung.
Darüber hinaus erkennt der Bundesfinanzhof, dass der Wortlaut der Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten sehr stark überdehnt werden würde, wenn man unter der dort zitierten Begrifflichkeit der „Anschaffung“ auch die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen verstehen wollte. Nach dem Wortsinn setzt eine „Anschaffung“ den Übergang von Vermögen zwischen verschiedenen Personen voraus. Auch am Rechtsträgerwechsel fehlt es bei der Überführung eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen desselben Steuerpflichtigen. Anders als wie bereits oben erwähnt in der Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG wird die Überführung eines Wirtschaftsgutes in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme nicht durch Fiktion einer Anschaffung bei den anschaffungsnahen Herstellungskosten gleichgestellt. Insoweit kann die Definition beim privaten Veräußerungsgeschäft nicht einfach übertragen werden.
Diese am Wortlaut orientierte Gesetzesauslegung sieht der Bundesfinanzhof zudem auch in dem von der Norm verfolgten Zweck gespiegelt. Insoweit soll die Regelung die Gleichstellung von Investoren beim Erwerb von intakten Immobilien und Neubauten einerseits und von renovierungsbedürftigen Gebäuden andererseits bezwecken. Erstere Erwerber könnten die Anschaffungskosten nur im Wege der Abschreibung steuermindernd geltend machen, während die Käufer einer Immobilie mit erheblichem Renovierungsstau einen geringeren Kaufpreis zahlen. Ohne die Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten würden die anschließenden Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen grundsätzlich als sofort abziehbare Werbungskosten berücksichtigt werden, weshalb es aus rein steuerlicher Sicht vorteilhafter wäre, Objekte mit Renovierungsstau zu erwerben. Bereits die Anknüpfung an den Erwerb spricht dafür, dass die Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten auf Fälle des tatsächlichen Anschaffungsvorgangs abzielt, in denen das wirtschaftliche Eigentum übergeht und es zu einem Rechtsträgerwechsel kommt.
Die Anknüpfung an den tatsächlichen Anschaffungsvorgang sowie die historische Rechtsentwicklung des Institutes der anschaffungsnahen Herstellungskosten zeigen auf, dass für den vom Finanzgericht Köln vertretenen Analogieschluss zulasten der Kläger weder eine planmäßige Regelungslücke gegeben ist noch eine vergleichbare Interessenlage bei der Überführung einer Immobilie in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme besteht. Insoweit ist im Fall der Entnahme eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen desselben Steuerpflichtigen nicht ersichtlich, warum die dargestellte Gleichbehandlung Anwendung finden sollte.
Hinweis: Eine Gleichstellung von Anschaffung und Entnahme erfolgt in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur für Zwecke der Abschreibungsbemessung. So beispielsweise im Urteil vom 22.2.2021 unter dem Aktenzeichen IX R 13/19. Tatsächlich bezeichnet die Regelung in § 7 EStG diese Bemessungsgrundlage für Fälle der Anschaffung als Anschaffungskosten. Dass der Gesetzgeber für den Fall der Entnahme keinen anderen Begriff verwendet, also die Höhe der neuen Bemessungsgrundlage mit den gleichen Worten beschreibt, ist entgegen der Auffassung des Finanzgerichtes Köln nach Meinung der obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs kein Anlass dafür, die Entnahme dem Grunde nach einer Anschaffung im Sinne der Regelung der anschaffungsnahen Herstellungskosten gleichzusetzen.
5. Für Grundstückshändler: Zum Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht
Mit Urteil vom 1.9.2022 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IV R 13/20 entschieden, dass die sachliche Gewerbesteuerpflicht eines gewerblichen Grundstückshändlers frühestens mit dem Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags über eine erste Immobilie beginnt, denn erst hierdurch wird der (potenzielle) Grundstückshändler in die Lage versetzt, seine Leistung am Markt anzubieten.
Hintergrund des Urteils war eine als gewerblicher Grundstückshändler auftretende Personengesellschaft, die ein abweichendes Wirtschaftsjahr hatte. Während im Wirtschaftsjahr 01 bereits erhebliche Akquisitionstätigkeiten durchgeführt wurden, die im Ergebnis zu einem Verlust von rund 1 Million Euro führten, wurde die erste Immobilie tatsächlich erst im Wirtschaftsjahr 02 erworben. Vor diesem Hintergrund kam der Bundesfinanzhof in der vorgenannten Entscheidung zu dem Schluss, dass der negative Gewerbeertrag aus der Akquisitionstätigkeit nicht abgezogen werden kann.
Dies begründeten die obersten Richter damit, dass ein gewerblicher Grundstückshändler seine werbende Tätigkeit frühestens mit der Anschaffung der ersten Immobilie aufnimmt.
Entsprechend der Vorschrift in § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) unterliegt der Gewerbesteuer nur der stehende Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen oder Personengesellschaften unterwirft das Gesetz die konkret ausgeübte Tätigkeit der Gewerbesteuer. Deshalb beginnt die sachliche Gewerbesteuerpflicht erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines originären oder fiktiven Gewerbebetriebs erfüllt sind und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist.
Maßgebend für den Gewinn des Gewerbebetriebes ist insoweit der Beginn der werbenden Tätigkeit. Davon abzugrenzen sind bloße gewerbesteuerrechtlich noch unbeachtliche Vorbereitungshandlungen. Der Zeitpunkt des Beginns der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein. Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem von der Gesellschaft verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit. Dabei kann auch auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden. Allerdings handelt es sich insoweit lediglich um ein Indiz. Letztendlich maßgebend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit.
Für den Beginn der werbenden Tätigkeit ist entscheidend, wann die Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am allgemeinen Wirtschaftsverkehr tatsächlich erfüllt sind, sodass sich das Unternehmen daran mit eigenen gewerblichen Leistungen beteiligen kann. Bei einem auf Handel ausgerichteten Unternehmen liegt eine werbende Tätigkeit vor, wenn der Unternehmer seine Leistung am Markt anbietet. Dies ist zum Beispiel mit der Öffnung des Ladenlokals und dem Beginn des Verkaufs von Waren der Fall.
Jedoch setzt die Annahme einer werbenden Tätigkeit eines entsprechenden Unternehmens nicht ausnahmslos voraus, dass der Unternehmer seine Leistung bereits aktiv am Markt anbietet. So kann nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bei einer sogenannten Ein-Schiff-Gesellschaft, die vorrangig die Veräußerung und nicht den Betrieb des Schiffes beabsichtigt, bereits der Bau oder der Erwerb des Schiffes als Beginn der werbenden Tätigkeit angesehen werden, denn in diesem Fall gehört bereits die Herstellung bzw. der Erwerb der später zu veräußernden Waren zum Gegenstand des Betriebs. Dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann allerdings nicht entnommen werden, dass bei Handelsunternehmen, die die später zu veräußernde Ware herstellen oder einkaufen, bereits der gesamte Herstellungs- bzw. Einkaufsprozess zum Gegenstand des Gewerbebetriebs gehört.
Zwar hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 26.9.2013 unter dem Aktenzeichen IV R 45/11 noch recht allgemein formuliert, dass bereits die Herstellung bzw. der Erwerb der später zu veräußernden Waren zum Gegenstand des gewerblichen Betriebs gehört. In den nachfolgenden Entscheidungen, so beispielsweise der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 22.1.2015 unter dem Aktenzeichen IV R 10/12, hatte er jedoch konkretisierend ausgeführt, die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginne dann bereits mit Abschluss des Bau- oder Kaufvertrags über das Schiff, wenn die Gesellschaft den entsprechenden Vertrag mit unbedingter Veräußerungsabsicht abgeschlossen habe. Danach hat der Bundesfinanzhof nicht mehr auf einen irgendwie gearteten Beginn des Erwerbsvorgangs, sondern auf dessen Ende, das durch den Kaufvertragsabschluss markiert wird, abgestellt. Der Vertragsabschluss stellt somit den frühestmöglichen Zeitpunkt für den Beginn der werbenden Tätigkeit dar. Auch wenn diese Auffassung in der Literatur durchaus an manchen Stellen kritisiert wird, kann der Bundesfinanzhof seiner früheren Entscheidung vom 23.10.1987 unter dem Aktenzeichen III R 275/83 nichts Gegenteiliges entnehmen.
Vielmehr hat auch bereits seinerzeit einmal das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 3.8.1999 unter dem Aktenzeichen 8 K 5495/97 entschieden, dass die Gewerbesteuerpflicht eines Unternehmens, dessen Betrieb auf den Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Unternehmen bzw. Unternehmensbeteiligungen gerichtet ist, nicht vor dem Erwerb mindestens eines Unternehmens beginnt.
Entsprechendes muss daher auch für einen gewerblichen Grundstückshändler gelten. Dieser nimmt seine werbende Tätigkeit frühestens mit der Anschaffung der ersten Immobilie, dies bedeutet mit dem wirksamen Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages, auf, denn erst hierdurch wird er in die Lage versetzt, seine Leistung am Markt anzubieten. Entscheidend ist aber nicht der Beginn des Erwerbsprozesses, sondern dessen Ende, das durch den Abschluss des Vertrages markiert wird.
Die Vorbereitungshandlungen, die dem Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages dienen, genügen demgegenüber nicht für die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit, denn durch die Beauftragung eines Maklers, die Besichtigung eines potenziellen Kaufobjektes oder ähnliche Tätigkeiten ist der Grundstückshändler noch nicht in der Lage, seine Leistung am Markt anzubieten. Darüber hinaus führte die Annahme, ein Grundstückshändler nehme seine werbende Tätigkeit bereits auf, wenn er sich mehr oder weniger ernsthaft nach geeigneten Objekten umsieht bzw. erst auf dem Erwerb eines Grundstücks gerichtete Schritte unternimmt, sowohl zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Vorverlagerung des Beginns der Gewerbesteuerpflicht als auch zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Bestimmung des konkreten Zeitpunkts der Aufnahme der werbenden Tätigkeit.
Ganz ausdrücklich führt der Bundesfinanzhof in der aktuellen Entscheidung noch an, dass die dargestellten Rechtsgrundsätze für Einzelgewerbetreibende wie auch für Personengesellschaften (und zwar vollkommen unabhängig von der Rechtsform ihrer Gesellschafter) gelten.
6. Für Gewerbetreibende: Hinzurechnung der auf den Mieter umgelegten Grundsteuer
Entsprechend der gesetzlichen Vorschrift in § 8 Nummer 1 Buchstabe c des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) wird zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, soweit die Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.
Der Begriff der Miet- und Pachtzinsen ist dabei entsprechend der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 2.2.2022 unter dem Aktenzeichen III R 65/19 wirtschaftlich zu verstehen. Er erfasst nicht nur die laufenden Zahlungen des Mieters oder Pächters an den Vermieter oder Verpächter. Vielmehr gehören auch die vom Mieter oder Pächter getragenen Aufwendungen zu den Miet- oder Pachtzinsen, wenn und soweit sie aufgrund der für den jeweiligen Vertragstyp gültigen zivilrechtlichen Vorschriften nicht ohnehin vom Mieter oder Pächter zu tragen wären. Es handelt sich dabei um solche Kosten, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter oder Verpächter zu tragen wären, die aber nach dem im konkreten Fall abgeschlossenen Vertrag vom Mieter oder Pächter übernommen worden sind. Dies beruht auf der Vorstellung, dass sich eine vom gesetzestypischen Normalfall abweichende Kostenübernahme durch den Mieter oder Pächter mindernd auf die Miet- bzw. Pachthöhe auswirkt. So bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 18.8.2015 unter dem Aktenzeichen I R 43/14.
Zu den grundstücksbezogenen Aufwendungen, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem vom Vermieter oder Verpächter zu tragen sind und der oben genannten Hinzurechnung unterliegen, gehört auch die auf den Mieter bzw. Pächter überwälzte Grundsteuer.
In zivilrechtlicher Hinsicht hat der Vermieter nach § 535 Abs. 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die auf der Mietsache ruhenden Lasten, zu denen auch die Grundsteuer gehört, zu tragen. Schuldner der Grundsteuer ist dabei derjenige, dem das Grundstück bei der Feststellung des Einheitswertes zugerechnet ist. Dies ist in der Regel der Grundstückseigentümer, also folglich (meist) der Vermieter bzw. Verpächter. Allerdings kann die Grundsteuer durch vertragliche Vereinbarung abgewälzt werden. In diesem Fall gehört auch die wirtschaftlich vom Mieter bzw. Pächter getragenen Grundsteuer zu der von ihm nach § 535 Abs. 2 BGB zu entrichtenden Miete. Sie fließt damit in die nach § 8 Nummer 1 Buchstabe e GewStG hinzuzurechnenden Miet- und Pachtzinsen ein. Diese Auffassung hat auch bereits einmal das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in einem Urteil vom 9.8.2013 unter dem Aktenzeichen 1 K 2461/11 vertreten.
Vor diesem Hintergrund hat schließlich der Bundesfinanzhof in der oben bereits zitierten Entscheidung klargestellt, dass die Grundsteuer, die vertraglich auf den Mieter oder Pächter eines Gewerbegrundstücks umgelegt wird, nach § 8 Nummer 1 Buchstabe e GewStG gewerbesteuerlich hinzuzurechnen ist.
7. Für GmbH-Gesellschafter: Zufluss einer vereinbarten, aber nicht ausgezahlten Tantieme beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer
In verschiedenen Urteilen in den Jahren 2011 bis 2013 hat der Bundesfinanzhof zur lohnsteuerlichen Behandlung bestimmter Gehaltsbestandteile eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft Stellung genommen, die im Anstellungsvertrag vereinbart, tatsächlich aber nicht ausgezahlt wurden.
So hat der Bundesfinanzhof beispielsweise keinen Zufluss von Arbeitslohn bei einem Gehaltsverzicht ohne wirtschaftlichen Ausgleich gesehen. Konkret entschieden die obersten Finanzrichter der Republik mit Urteil vom 3.2.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 4/10, dass, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft auf bestehende oder künftige Entgeltansprüche verzichtet, ihm insoweit keine Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit zufließen, als er dadurch eine tatsächliche Vermögenseinbuße erleidet.
Mit Blick auf die Fälligkeit einer Tantieme haben die obersten Finanzrichter in ihrem Urteil vom 3.2.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 66/09 klargestellt, dass der Anspruch auf Tantiemen mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig wird, sofern nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit vertraglich vereinbart ist.
Zu guter Letzt ist mit Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15.5.2013 unter dem Aktenzeichen VI R 24/12 der Zufluss von Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Arbeitslohn bei einvernehmlicher Aufhebung einer entsprechenden Zusage geklärt worden. Aufgrund des vorgenannten Urteils gilt: Wird die arbeitsvertragliche Zusage von Weihnachts- und Urlaubsgeld vor dem Zeitpunkt der Entstehung dieser Sonderzuwendungen einvernehmlich aufgehoben, kann dem Arbeitnehmer weder Arbeitslohn über die Grundsätze des Zuflusses von Einnahmen bei einem beherrschenden Gesellschafter zufließen noch kann der Arbeitnehmer insoweit eine zuflussbegründende, verdeckte Einlage bewirken.
Auf Basis dieser Urteilsgrundsätze kam schließlich die Finanzverwaltung nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder in ihrem BMF-Schreiben vom 12.5.2014 zu folgendem Schluss: Dem beherrschenden Gesellschafter fließt eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen seine Kapitalgesellschaft bereits mit der Fälligkeit zu. So entsprechend der oben bereits zitierten Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 3.2.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 66/09. Ob sich der Vorgang in der Bilanz der Kapitalgesellschaft tatsächlich gewinnmindernd ausgewirkt hat, etwa durch die Bildung einer Verbindlichkeit, ist hingegen für die Anwendung dieser sogenannten Zuflussfiktion vollkommen unerheblich, sofern eine solche Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung hätte gebildet werden müsse.
Für den Zufluss beim Gesellschafter-Geschäftsführer hingegen durch eine verdeckte Einlage in die Kapitalgesellschaft kommt es darauf an, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer vor oder nach Entstehen seines Anspruches darauf verzichtet hat. Maßgeblich dafür ist, inwieweit Passivposten in eine Bilanz der Gesellschaften eingestellt werden müssen, die zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wären. Auf die tatsächliche Buchung der Bilanz der Gesellschaft kommt es insoweit für die Frage des Zuflusses aufgrund einer verdeckten Einlage auch nicht an.
Obwohl insoweit die Rechtslage eigentlich geklärt zu sein scheint, ist aktuell zur Frage des Zuflusses einer Tantieme beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine neue Rechtsfrage beim Bundesfinanzhof in München anhängig. Unter dem Aktenzeichen VI R 20/22 muss (eigentlich wiederholt) geklärt werden, ob es für den Zufluss einer vertraglich vereinbarten, jedoch nicht ausgezahlten Tantieme an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer abweichend von den oben genannten Grundsätzen des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 12.5.2014 nicht darauf ankommt, ob die unterbliebene Aufwandsbuchung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht, soweit dies zu keinem Steuervorteil im Sinne des Gestaltungsmissbrauchs geführt hat und somit ein solcher nicht gegeben ist.
Hinweis: Auch wenn, wie bereits gesagt, die Rechtslage dabei klar ist, könnte dies auch zu einer Änderung der Rechtsprechung führen, bei der es nicht mehr auf eine Fiktion des Zuflusses beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers ankommt. In Gestaltungsfragen sollte noch nicht auf eine solche Änderung der Rechtsprechung vertraut werden, wer jedoch bereits im Streit mit der Finanzverwaltung liegt und ein entsprechendes Problem hat, sollte sich an das anhängige Musterverfahren durchaus anhängen.
8. Für Händler: Zur Versicherungssteuerpflicht, wenn die Garantiezusage als Versicherungsleistung gilt
Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung vom 14.11.2018 unter dem Aktenzeichen IX R 16/17 klargestellt, dass beispielsweise die entgeltliche Garantiezusage eines Kraftfahrzeughändlers keine unselbstständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung ist, sondern eine eigenständige Leistung. Mit einer Garantiezusage, durch die ein Kraftfahrzeughändler als Garantiegeber im Garantiefall eine Geldleistung verspricht, liegt eine Leistung aufgrund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungssteuergesetzes vor, die bei der Umsatzsteuer nach § 4 Nummer 10 Buchstabe a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei ist.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hat schließlich das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 11.5.2021 Erläuterungen zu Garantiezusagen als Versicherungsleistung herausgegeben. Aufgrund des Schreibens vom 18.10.2021 gelten diese Vorgaben des Bundesministeriums der Finanzen nun ab dem 1.1.2023. Entgeltliche Garantiezusage von Kraftfahrzeughändlern unterliegen damit künftig als eigenständige Leistung grundsätzlich der Versicherungssteuer. Dabei ist es irrelevant, ob im Garantiefall eine Geldzahlung oder die Reparatur zu leisten ist. Neben der Versicherungssteuer hat dies auch umsatzsteuerliche Folgen, da die Versicherungsleistung entsprechend der zuvor bereits genannten Vorschrift umsatzsteuerfrei ist. Weil insoweit eine steuerfreie Ausgangsleistung vorliegt, ist auf der Eingangsseite dementsprechend kein Vorsteuerabzug möglich. Dabei ist zu beachten, dass die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen vollkommen branchenunabhängig ist, also auch für andere Händler gelten soll.
Der Steuerrechtsausschuss des Deutschen Steuerberaterverbandes empfiehlt nun betroffenen Unternehmen zu überprüfen, ob gegebenenfalls eine Ausnahme von der Versicherungssteuerpflicht vorliegt.
Sofern nämlich beispielsweise ausschließlich mit Garantie ausgestattete Ware verkauft wird, dies bedeutet, es wird überhaupt kein gesondertes Entgelt für die Garantie erhoben und ein Erwerb ohne Garantie ist überhaupt nicht möglich, liegt keine Versicherungsleistung vor.
Auch wenn die Garantiezusage im Rahmen eines Vollwartungsvertrages erfolgt, führt dies nicht zur Versicherungspflicht. Hier liegt dann eine umsatzsteuerpflichtige Leistung eigener Art vor.
Auch wenn das Unternehmen seinen Kunden lediglich den Versicherungsschutz vermittelt, entsteht keine Versicherungssteuer, da die direkte Vertragsbeziehung zwischen Kunden und Versicherungsunternehmen besteht und nicht eine Versicherung mit dem Händler abgeschlossen wird.