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Mandantenbrief 02/2022

Inhalt:
  1. Für alle Steuerpflichtigen: Ausfall einer Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Keine begünstigte Handwerkerleistung für die Erschließung einer öffentlichen Straße
  3. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Berechnung der 10-Jahres-Frist beim privaten Veräußerungsgeschäft bei Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung
  4. Für Erben: Steuerbegünstigung für ein Familienheim bei Zuerwerb
  5. Für alle Steuerpflichtigen: Zustimmung des Bundesfinanzministeriums bei Billigkeitsmaßnahmen
  6. Für Unternehmer: Was alles Bewirtungskosten sein sollen
  7. Für GmbH-Gesellschafter: Überhöhte Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens als verdeckte Gewinnausschüttung
  8. Für Beschenkte: Abzugsfähigkeit von Zahlungen zur Abwendung von Ansprüchen

1. Für alle Steuerpflichtigen: Ausfall einer Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

Bereits das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 18.7.2018 unter dem Aktenzeichen 7 K 3302/17 G entschieden, dass der steuerlich anzuerkennende Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen durch den endgültigen Ausfall einer privaten Kapitalforderung bereits im Zeitpunkt der Anzeige der Masseunzulänglichkeit im Insolvenzverfahren des Schuldners realisiert wird.

Mit dieser steuerzahlerfreundlichen Meinung war jedoch der Fiskus nicht einverstanden und hat die Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt. Abschließend hat sich daher der Bundesfinanzhof der Sache angenommen und mit seiner Entscheidung vom 1.7.2021 unter dem Aktenzeichen VIII R 28/18 auf Linie des erstinstanzlichen Finanzgerichtes Düsseldorf entschieden. Mit anderen Worten: auch höchstrichterlich hat es hier eine schallende Klatsche für die Finanzverwaltung geben.

Beispielsweise schon mit Urteil vom 17.11.2020 unter dem Aktenzeichen VIII R 20/18 hatte der Senat entschieden, dass der endgültige Ausfall einer privaten Kapitalforderung im Sinne der gesetzlichen Regelung des § 20 Abs. 1 Nummer 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der privaten Vermögenssphäre zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führt. Tatsächlich hat sich diese Auffassung auch die Finanzverwaltung im Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 3.6.2021 in Textziffer 60 zu Eigen gemacht. Ganz konkret heißt es dort: Die ganze oder teilweise und Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung führt zu einem steuerlich anzuerkennenden Veräußerungsverlust gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nummer 7, Satz 2 und Abs. 4 EStG. Die Finanzverwaltung verweist in dem vorgenannten Schreiben insoweit auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 24.10.2017 unter dem Aktenzeichen VIII R 13/15, mit dem sich seinerzeit die oberste Rechtsprechung geändert hatte.

Aktuell führt der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung aus: Zwar fehlt es beim Forderungsausfall an dem eine Veräußerung kennzeichnenden Rechtsträgerwechsel. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung im Einkommensteuergesetz folgt jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem entsprechenden Verlust führen kann.

Immerhin macht es wirtschaftlich betrachtet keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung noch kurz vor dem Ausfall zu null veräußert, oder ob er sie (weil er keinen Käufer findet oder auf eine Quote hofft) behält. In beiden Fällen erleidet der Steuerpflichtige eine Einbuße seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die die gleiche steuerliche Berücksichtigung finden muss.

Wie die Veräußerung ist die Rückzahlung ein Tatbestand der Endbesteuerung. Ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt daher grundsätzlich erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Ausnahmsweise kann der Verlust allerdings schon zu einem früheren Zeitpunkt entstanden sein, wenn bei objektiver Betrachtung bereits zu diesem früheren Zeitpunkt nicht mehr mit Rückzahlungen auf die Forderung zu rechnen ist und ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung vorliegen.

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür allerdings in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Diesbezüglich hatte bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 12.12.2000 unter dem Aktenzeichen VIII R 22/92 klargestellt, dass ein entsprechender Verlust berücksichtigt werden kann. Ebenso kann ein Verlust berücksichtigt werden, wenn aus anderen Gründen feststeht, dass nicht mehr mit einer wesentlichen Änderung des Verlustes nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners zu rechnen ist.

Unter Berücksichtigung dieser grundsätzlichen Ausführungen aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sieht es das oberste Finanzgericht auch aktuell als revisionsrechtlich nicht zu beanstanden an, dass das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf den endgültigen Forderungsausfall für den Kläger als Insolvenzgläubiger bereits vor Abschluss des Insolvenzverfahrens in dem Zeitpunkt angenommen hat, in dem der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht angezeigt hat.

Zur Begründung führt das oberste Finanzgericht an: Entsprechend der Regelung in § 208 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO) hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen, wenn zwar die Mittel zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens vorhanden sind, die Insolvenzmasse jedoch nicht ausreicht, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit bewirkt ohne weitere Prüfung durch das Insolvenzgericht, dass die Befriedigung der Massegläubiger sich ab diesem Zeitpunkt nach der Rangordnung des Gesetzes richtet. Zugleich ändert sich die Zielrichtung des Insolvenzverfahrens. Der Insolvenzverwalter bleibt zwar zur Verwaltung und Verwertung der Masse verpflichtet. Das Insolvenzverfahren wird jedoch fortan mit dem Ziel fortgesetzt, die noch vorhandene Restmasse geordnet im Interesse der Befriedigung der Massegläubiger zu verwerten. Es dient ab diesem Zeitpunkt nicht mehr den Interessen der Insolvenzgläubiger, die keine Befriedigung ihre Ansprüche mehr zu erwarten haben, da die Insolvenzmasse bereits mit Blick auf die sonstigen Masseverbindlichkeiten zahlungsunfähig und damit unzulänglich ist.

Im Zeitpunkt der angezeigten Masseunzulänglichkeit steht deshalb mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass auf die Forderung der Insolvenzgläubiger keine Zahlungen mehr erfolgen werden und damit nicht mehr mit einer wesentlichen Änderung des eingetretenen Verlusts gerechnet werden kann. Aus diesen Fakten hat das erstinstanzliche Gericht in nicht zu beanstandender Weise schließlich gefolgert, dass auch im hier entschiedenen Streitfall ausreichend objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung vorgelegen haben.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit grundsätzlich die Möglichkeit besteht, im Fall der Massebesserung wieder in das normale Insolvenzverfahren zurückzukehren.

Insoweit urteilen auch die obersten Finanzrichter der Republik, dass von einem endgültigen Ausfall einer privaten Kapitalforderung im Sinne der Regelung des § 20 Abs. 1 Nummer 7 EStG jedenfalls dann auszugehen ist, wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Ein steuermindernder Verlust kann dann angesetzt werden.

Tipp: Da in der Praxis bei entsprechenden Fällen damit zu rechnen ist, dass sich das Finanzamt hier dennoch häufig quer stellt, sollte direkten Weges auf die höchstrichterliche Entscheidung verwiesen werden.

2. Für alle Steuerpflichtigen: Keine begünstigte Handwerkerleistung für die Erschließung einer öffentlichen Straße

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 35a Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EstG) ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen um 20 %, wobei die Steuerermäßigung höchstens jedoch 1.200 Euro betragen darf. Ausweislich der gesetzlichen Regelung gilt die Steuerermäßigung dabei nur für Arbeitskosten und nicht für Materialaufwand.

Handwerkerleistungen sind qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmenden Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt. Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden. Eine ganze Reihe von Beispielen, die helfen, in der Praxis eine Abgrenzung zu finden, liefert hier die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20.3.2014 unter dem Aktenzeichen VI R Ziffer 56/12.

Da es nach allgemeiner Meinung nicht erforderlich ist, dass der Leistungserbringer in die Handwerksrolle eingetragen ist, kann auch die öffentliche Hand steuerbegünstigte Handwerkerleistung erbringen. Auf welcher Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten erhebt, also beispielsweise durch Heranziehungsbescheid oder durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, ist insoweit unerheblich. Dies geht bereits aus dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 9.11.2016 in der Rz. 22 hervor. Ebenso ist der Umstand unerheblich, ob die Leistungen eigenhändig oder durch einen von ihr beauftragten bauausführende Dritten erbracht wird. Denn auch insoweit nimmt der Steuerpflichtige eine (wenn auch durch eine juristische Person vermittelte) Handwerkerleistung in Anspruch.

Damit es jedoch tatsächlich zur Steuerermäßigung kommt, muss die Handwerkerleistung ferner in einem in der Europäischen Union oder dem europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Dies geht expressis verbis aus der Regelung in § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG hervor. Dabei legt der sechste Senat des Bundesfinanzhofs den Begriff „im Haushalt“ räumlich-funktional aus.

Deshalb werden die Grenzen des Haushalts im Sinne der Vorschrift nicht ausnahmslos (unabhängig von den Eigentumsgrenzen) durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Boden, erbracht werden, begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt selbst dienen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird.

Nach diesen Grundsätzen kommt der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 28.4.2020 (welche erstaunlicherweise erst am 7.10.2021 veröffentlicht wurde) unter dem Aktenzeichen VI R 50/17 zu dem Schluss, dass die Erschließung einer öffentlichen Straße nicht im räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen steht, der aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung zum Erschließungsbeitrag herangezogen wird. Folglich können entsprechende Aufwendungen nicht im Rahmen der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen berücksichtigt werden.

3. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Berechnung der 10-Jahres-Frist beim privaten Veräußerungsgeschäft bei Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung

Ausweislich der Regelung in § 22 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zählen zu den sonstigen Einkünften auch die sogenannten privaten Veräußerungsgeschäfte, welche wiederum selbst in § 23 EStG geregelt sind. Dazu gehören unter anderem auch Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich die Zeitpunkte maßgebend, in denen die obligatorischen Verträge abgeschlossen wurden. Dies hat beispielsweise der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 10.12.2015 unter dem Aktenzeichen IX R 23/13 erläutert.

Mit Blick auf den Zweck der Regelung, innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, kann von einer rechtsgeschäftlichen Anschaffung oder Veräußerung nur gesprochen werden, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind.

Eine Veräußerung in diesem Sinne liegt daher vor, wenn die rechtsgeschäftlichen Erklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist übereinstimmend abgegeben werden. Denn mit den beiderseitigen übereinstimmenden Willenserklärungen wird der Vertragsschluss für die Vertragspartner zivilrechtlich bindend. Damit sind die Voraussetzungen für die Realisierung der Wertsteigerung verbindlich eingetreten, wie es dem Normzweck der Regelung zum privaten Veräußerungsgeschäft entspricht. So auch bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 2.2.1982 unter dem Aktenzeichen VIII R 59/81.

Nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB bedarf die rechtsgeschäftliche Veräußerung eines Grundstücks in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde. Gleiches gilt nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 1 BauGB für einen schuldrechtlichen Vertrag, durch den eine Verpflichtung zur Veräußerung eines Grundstücks begründet wird. Ist der schuldrechtliche Vertrag genehmigt worden, gilt nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 BauGB auch das in Ausführung dieses Vertrags vorgenommene dingliche Rechtsgeschäft als genehmigt. § 144 BauGB normiert damit einen umfassenden Genehmigungsvorbehalt für rechtsgeschäftliche Grundstücksübertragungsgeschäfte in Sanierungsgebieten. Das Fehlen einer nach § 144 BauGB erforderlichen Genehmigung macht daher sowohl das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (§§ 433 ff., § 311b des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB -) als auch das dingliche Verfügungsgeschäft (§§ 873, 925 BGB) schwebend unwirksam. Die Vertragsparteien sind zwar mit Abschluss des rechtsgeschäftlichen Grundstücksveräußerungsgeschäfts an ihre Willenserklärungen gebunden, es bestehen aber noch keine Erfüllungsansprüche. Mit der Erteilung der Genehmigung wird das Rechtsgeschäft (rückwirkend) wirksam, mit der rechtskräftigen Verweigerung der Genehmigung endgültig unwirksam.

Ein in der Haltefrist des privaten Veräußerungsgeschäftes abgeschlossener, wegen des Fehlens einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung (noch) schwebend unwirksamer Vertrag kann jedoch ausreichen, die Rechtsfolgen eines privaten Veräußerungsgeschäftes eintreten zu lassen. Haben sich die Parteien bereits vor der Erteilung der öffentlich-rechtlichen Genehmigung auf die Vertragsinhalte geeinigt und sich mithin dergestalt gebunden, dass sich keine Partei mehr einseitig vom Vertrag lösen kann, sind die Voraussetzungen für die Annahme eines Anschaffungs- oder Veräußerungsgeschäftes innerhalb der 10-Jahres-Frist erfüllt. Denn die im Gesetz verwendeten Begriffe Anschaffung und Veräußerung verdeutlichen, dass die Wirksamkeit des Vertrages nicht zwingend schon bei dessen Abschluss gegeben sein muss. Bezieht sich die Genehmigung Dritter nicht auf die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrags oder die Wirksamkeit der Willenserklärungen, verfolgt sie vielmehr Zwecke, die außerhalb des Vertrags liegen, und auf die die Vertragsbeteiligten keinen Einfluss haben, hat sie auf die zivilrechtlich entstandene - und von den Vertragsbeteiligten auch gewollte- Bindungswirkung keinen Einfluss. So verhält es sich bei der Genehmigung nach § 144 BauGB. Diese Regelung bezweckt mit dem behördlichen Genehmigungsvorbehalt, Rechtsgeschäfte, die sich erschwerend auf den Ablauf der Sanierung auswirken können, zu verhindern.

Erforderlich ist insoweit eine beiderseitige Bindung der Vertragsbeteiligten. Eine bloß einseitige Bindung durch ein einseitiges Angebot, ein Kauf auf Probe oder die Möglichkeit einer Partei, sich durch Versagung der Genehmigung nach Abschluss des Vertrages durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht jederzeit wieder vom Vertrag lösen zu können, reicht insoweit nicht aus. Insbesondere im Hinblick auf das einseitige Angebot hat hierzu bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 7.8.1970 unter dem Aktenzeichen VI R 166/67 Stellung genommen. Denn gerade in den Fällen der einseitigen Bindung können die Beteiligten nicht sicher von der Realisierung des Grundstückswerts ausgehen, solange es einer Partei freisteht, ob sie das Geschäft zustande kommen lassen will oder nicht. In diesen Fällen ist der Vertrag bindend erst dann geschlossen, wenn das Angebot angenommen wird, der Kaufgegenstand der Billigung des Probekäufers findet oder vom Vertretenen genehmigt wird.

Anders ist dies hingegen, wenn das Erstarken eines schwebend unwirksamen Rechtsgeschäftes zur vollen Wirksamkeit nicht mehr vom Verhalten der Vertragsparteien abhängig ist. Denn im Fall des Vertragsschlusses bei noch ausstehender sanierungsrechtlicher Genehmigung können sich die Vertragsparteien nicht einseitig von ihren Willenserklärungen lösen. Sie unterliegen während der schwebenden Unwirksamkeit dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und sind verpflichtet, alles zu unternehmen, um die Genehmigung und damit die volle Wirksamkeit des Vertrages herbeizuführen. Daher entfaltet auch ein wegen des Fehlens einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung schwebend unwirksames Rechtsgeschäft beiderseitige Bindungswirkung, obschon die Beteiligten zu diesem Zeitpunkt die Rechtsmacht besitzen, diese Bindungswirkung bis zur Erteilung der Genehmigung gemeinsam durch einvernehmlichen Aufhebungsvertrag zu beseitigen

Vor dieser rechtlichen Einordnung kommt aktuell der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 25.3.2021 unter dem Aktenzeichen IX R 10/20 zu dem Schluss, dass eine „Anschaffung“ bzw. „Veräußerung“ im Sinne der Regelung des privaten Veräußerungsgeschäftes vorliegt, wenn die übereinstimmenden rechtsgeschäftlichen Verpflichtungserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der 10-Jahres-Frist bindend abgegeben worden sind.

Hinweis: Diese höchstrichterliche Auffassung ist dabei auch keinesfalls neu, sondern wurde in der vorliegenden Entscheidung lediglich verfeinert. Tatsächlich hat der Bundesfinanzhof bereits in einem Urteil vom 10.2.2015 unter dem Aktenzeichen IX R 23/13 ganz ähnlich geurteilt. Dort heißt es: Eine Veräußerung im Sinne des privaten Veräußerungsgeschäftes liegt vor, wenn die rechtsgeschäftlichen Erklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind. Ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft ist für die Parteien auch bindend. Der außerhalb der Veräußerungsfrist liegende Zeitpunkt des Eintritts der aufschiebenden Bedingung ist insoweit für die Besteuerung im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes nach § 23 EStG unerheblich.

4. Für Erben: Steuerbegünstigung für ein Familienheim bei Zuerwerb

Erst mit Entscheidung vom 24.10.2019 hat das erstinstanzliche Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 3 K 3184/17 Erb entschieden, dass dem Erben eines Familienheims die Steuerbefreiung nicht gewährt wird, wenn er das Objekt erst nach dreijähriger Renovierung bezieht und er die Überschreitung des angemessenen Zeitraums von sechs Monaten für eine unverzügliche Selbstnutzung zu vertreten hat. Seinerzeit berichteten wir bereits über diese Entscheidung.

Fast schon ein wenig überraschend hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 6.5.2021 unter dem Aktenzeichen II R 46/19 das Urteil jedoch aufgehoben und entsprechend der Revision der Kläger entschieden. Aber nun zum Hintergrund und zur genauen Einordnung:

Ausweislich der gesetzlichen Vorschrift in § 13 Abs. 1 Nummer 4 c Satz 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) ist unter anderem der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland bebauten Grundstück durch Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nummer 2 steuerfrei.

Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war. Weiterhin muss die Wohnung beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sein, es muss sich also um ein Familienheim handeln. Ebenso ist die Steuerbefreiung auf die Wohnfläche der Wohnung von 200 m² beschränkt.

Die Steuerbefreiung kann auch den Erwerb einer auf einem bebauten Grundstück gelegenen Wohnung umfassen, wenn diese räumlich an die vom Erwerber bereits selbst genutzte Wohnung angrenzt und nach dem Erwerb beide Wohnungen zu einer einheitlichen selbstgenutzten Wohnung verbunden werden. Hinsichtlich der Wohnflächenbegrenzung kommt es allein darauf an, dass die Größe der hinzu erworbenen Wohnung 200 m² nicht übersteigt. Ob die Gesamtwohnfläche der nach Verbindung entstanden Wohnung mehr als 200 m² beträgt, ist hingegen nicht ausschlaggebend. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung, der allein auf die Größe des erworbenen Familienheims abstellt.

Wie eingangs schon gesagt, muss jedoch die hinzu erworbene Wohnung beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sein. Es muss sich also um ein Familienheim handeln. Eine Wohnung ist zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, wenn der Erwerber die Absicht hat, die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, und diese Absicht auch tatsächlich umsetzt.

Die Absicht des Erwerbers zur Selbstnutzung der Wohnung lässt sich als eine innere Tatsache allerdings nur anhand äußerer Umstände feststellen. Erforderlich ist deshalb, dass der Erwerber in die Wohnung einzieht und sie als Familienheim für eigene Wohnzwecke nutzt. Die bloße Widmung zur Selbstnutzung, beispielsweise durch Angabe in der Erbschaftsteuererklärung, reicht hingegen keinesfalls aus, wenn kein tatsächlicher Einzug erfolgt. Dies ist mittlerweile auch hinreichend durch den Bundesfinanzhof mit der Entscheidung vom 28.5.2019 unter dem Aktenzeichen II R 37/16 geklärt. Dasselbe gilt im Übrigen, wenn der Erwerber durch Äußerungen gegenüber Dritten seine Absicht zum Einzug gelegentlich bekundet.

Der Erwerber zieht in diesem Zusammenhang nicht tatsächlich in die Wohnung ein, wenn er sie nur als Lagerraum benutzt oder sich zum Beispiel gelegentlich im Garten, auf dem Balkon, im Keller oder auf dem Dachboden aufhält. Der Begriff des Familienheims erfordert es vielmehr, dass der Erwerber dort den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat. Dafür bedarf es einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken.

Ebenso muss der Erwerber die Wohnung „unverzüglich“, darunter versteht man ohne schuldhaftes Zögern, zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke bestimmen.

Unverzüglich erfolgt eine Handlung in diesem Zusammenhang nur dann, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Dies bedeutet ganz konkret, dass ein Erwerber zur Erlangung der Steuerbefreiung für ein Familienheim innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall die Absicht zur Selbstnutzung des Hauses fassen und tatsächlich umsetzen muss. Noch konkreter ist regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten nach dem Erbfall angemessen. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Erwerber in der Regel prüfen, ob er einziehen will, entsprechende Renovierungsarbeiten vornehmen und den Umzug durchführen. So zumindest die offizielle Meinung.

Wird die Selbstnutzung der Wohnung erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen, kann ebenfalls eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings muss der Erwerber in diesem Fall darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Umstände im Einflussbereich des begünstigten Erwerbers, die nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums zu einer längeren Verzögerung des Einzugs führen (wie z.B. eine Renovierung der Wohnung), sind nur unter besonderen Voraussetzungen nicht dem Erwerber anzulasten. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich die Renovierung deshalb länger hinzieht, weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel der Wohnung entdeckt wird, der vor dem Einzug beseitigt werden muss.

Es obliegt dem Erwerber, die Renovierungsarbeiten und die Beseitigung etwaiger Mängel zeitlich so zu fördern, dass es nicht zu Verzögerungen kommt, die nach der Verkehrsanschauung als unangemessen anzusehen sind. Ein unverhältnismäßiger Aufwand zur zeitlichen Beschleunigung ist jedoch nicht erforderlich. Vielmehr reicht es aus, wenn der Erwerber alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergreift.

Eine zeitliche Verzögerung des Einzugs aufgrund von Renovierungsarbeiten ist dem Erwerber nicht anzulasten, wenn er die Arbeiten unverzüglich in Auftrag gibt, die beauftragten Handwerker sie aber aus Gründen, die der Erwerber nicht zu vertreten hat, beispielsweise wegen einer hohen Auftragslage, nicht rechtzeitig ausführen können.

Ein weiteres Indiz für die unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung ist die zeitnahe Räumung bzw. Entrümpelung der erworbenen Wohnung. Verzögert sich der Einzug hingegen deshalb, weil zunächst ein gravierender Mangel beseitigt werden muss, ist eine spätere Entrümpelung der Wohnung unschädlich, wenn sie nicht ihrerseits zu einem verzögerten Einzug führt.

Da es sich insoweit um eine Steuerbefreiungsvorschrift handelt, trägt der Erwerber für alles Vorgenannte die objektive Beweislast, mithin die Feststellungslast. Auch dies wurde zumindest erstinstanzlich bereits in der Rechtsprechung mehrfach klargestellt. So beispielsweise das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 20.7.2015 unter dem Aktenzeichen 1 K 392/15 oder die Entscheidung des Finanzgerichts Nürnbergs mit Urteil vom 4.4.2018 unter dem Aktenzeichen 4 K 476/16. Hinsichtlich der unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung sind die Anforderungen an die Darlegung des Erwerbers und seine Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke umso höher, je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall und dem tatsächlichen Einzug des Erwerbers in die Wohnung ist.

Das Finanzgericht hat indes die Auffassung vertreten, dass ein Steuerpflichtiger nur dann berechtigt ist die Steuerbefreiung in Anspruch zu nehmen, wenn er bestimmte, beschleunigende und möglicherweise kostenintensivere Maßnahmen zu Renovierung und Schadensbeseitigung ergreift. Dieser Maßstab ist jedoch aus Sicht des obersten Finanzgerichts der Republik deutlich zu streng, weshalb es die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben hat.

Folglich kommt der Bundesfinanzhof zu dem Schluss, dass der wegen der Beseitigung eines gravierenden Mangels eintretende Zeitverzug der unverzüglichen Selbstnutzung nicht (unbedingt) entgegensteht, wenn der Erwerber den Baufortschritt angemessen fördert.

Hinweis: Vorliegend war die Streitfrage nicht spruchreif, da das erstinstanzliche Finanzgericht im ersten Rechtsgang bereits davon ausgegangen ist, dass die Steuerbefreiung zu versagen ist, weil der Kläger nicht alles technisch Denkbare unternommen hat, um so schnell wie möglich in die Selbstnutzung einzutreten. Wie der Bundesfinanzhof nun jedoch klarstellt, kann vom Erwerber lediglich der Aufwand gefordert werden, der nach der Verkehrsanschauung als angemessene Förderung des Baufortschritts zu qualifizieren ist.

Insoweit wird das erstinstanzliche Finanzgericht im zweiten Rechtsgang die Verhältnisse des vorliegenden Streitfalls erneut würdigen müssen, um zu klären, ob der Baufortschritt angemessen gefördert wurde.

Tipp: Wer in ähnlicher Sache auch ein entsprechendes Problem mit der Finanzverwaltung hat, sollte auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs hinweisen und parallel direkt darlegen, mit welchen Maßnahmen auf die Förderung des Baufortschrittes hingewirkt wurde.

5. Für alle Steuerpflichtigen: Zustimmung des Bundesfinanzministeriums bei Billigkeitsmaßnahmen

Ausweislich des Erlasses des Bundesfinanzministeriums vom 2.11.2021 kommt das Bundesministerium mit den obersten Finanzbehörden der Länder im Hinblick auf die Festsetzung oder Erhebung von Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, mit Blick auf bestimmte Billigkeitsmaßnahmen zu dem Schluss, dass diesbezüglich die vorherige Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen einzuholen ist.

Danach müssen die obersten Finanzbehörden der Länder in den folgenden Fällen die vorherige Zustimmung des Bundesfinanzministeriums der Finanzen einholen:

  • Bei Stundungen nach § 222 der Abgabenordnung (AO) und § 6 Abs. 4 AStG, wenn der zu stundende Betrag höher ist als 500.000 Euro und für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten gestundet werden soll;

  • bei Erlassen nach § 227 AO, wenn der Betrag, der erlassen (erstattet, angerechnet) werden soll, 200.000 Euro übersteigt;

  • bei abweichender Festsetzung nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO, wenn der Betrag, um den abweichend festgesetzt werden soll, 200.000 Euro übersteigt;

  • bei Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO, wenn die Höhe der Besteuerungsgrundlagen, die nicht in dem gesetzlich bestimmten Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden sollen, 400.000 Euro übersteigt;

  • bei Billigkeitsrichtlinien der obersten Finanzbehörden der Länder, die die abweichende Festsetzung, die Stundung oder den Erlass betreffen und sich auf eine Mehrzahl von Fällen beziehen.

Vertrauensschutz und Treu und Glauben gelten dabei als Billigkeitsgründe im Sinne der §§ 163, 222, 227 AO.

Die Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen ist hingegen nicht einzuholen, wenn

  • einem Restrukturierungsplan oder außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zugestimmt werden soll,

  • eine Billigkeitsmaßnahme über Insolvenzforderungen im Verbraucherinsolvenzverfahren oder im Regelinsolvenzverfahren gewährt wird oder

  • die Gewährung einer Billigkeitsmaßnahme nach §§ 163, 222 oder 227 AO durch Schreiben des Bundesfinanzministerium allgemein angeordnet oder durch eine im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlichte Bundesfinanzhof-Entscheidung vorgegeben ist.

Für die Feststellung der Zustimmungsgrenzen ist jede Steuerart und jeder Veranlagungszeitraum für sich zu rechnen. Erstreckt sich die Maßnahme nach § 163 Abs. 1 Satz 2 AO allerdings auf mehrere Jahre, so sind die Beträge, die auf die einzelnen Jahre entfallen, zu einem Gesamtbetrag zusammenzurechnen.

Bei Steuerarten ohne bestimmten Veranlagungszeitraum (z. B. Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer) gilt das Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum. Bei den Einzelsteuern ist jeder Steuerfall für sich zu betrachten. Etwaige vorher ausgesprochene Bewilligungen sind zu berücksichtigen. Vorauszahlungen dürfen aber auch nicht in einen Jahresbetrag umgerechnet werden. Steuerliche Nebenleistungen (entsprechend der Regelung des § 3 Abs. 4 AO) sind dem Hauptbetrag nicht hinzuzurechnen.

Zinsen gelten jedoch selbst als Hauptbetrag, soweit für sie eine Billigkeitsmaßnahme getroffen werden soll. Dabei sind für einen Verzicht auf Stundungszinsen nach § 234 Abs. 2 AO und auf Aussetzungszinsen nach § 237 Abs. 4 AO die oben bezeichneten Betragsgrenzen maßgebend.

Ist für eine Steuerart und einen Veranlagungszeitraum die Zustimmungsgrenze überschritten, so unterliegen die beantragten Billigkeitsmaßnahmen vollumfänglich dem Zustimmungsvorbehalt.

Hinweis: Dieses Schreiben tritt an die Stelle des Verwaltungsaktes vom 1.10.2020.

6. Für Unternehmer: Was alles Bewirtungskosten sein sollen

Schon ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 4 Absatz 5 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 % der Aufwendungen übersteigen, den Gewinn nicht mindern. Mit anderen Worten: Grundsätzlich sind 30 % der Bewirtungskosten nicht abzugsfähig. Insoweit ist in der Praxis die Frage relevant, ob es sich bei der Darreichung von Speisen und Getränken an Kunden um eine Bewirtung handelt oder gegebenenfalls nur eine Aufmerksamkeit gegeben ist.

Dazu hat sich aktuell das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 29. 4. 2021 unter dem Aktenzeichen 10 K 2648/20 ausgelassen. Leider kommen die erstinstanzlichen Richter zu einem unschönen Ergebnis für Steuerpflichtige. Nach ihrer Auffassung ist eine Bewirtung jede unentgeltliche Überlassung von Speisen, Getränken oder sonstigen Genussmitteln zum sofortigen Verzehr. Diese Definition ist dabei der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entnommen. Hierbei soll es nicht darauf ankommen, ob die Begünstigung der bewirtenden Person im Vordergrund steht oder die Bewirtung (aus der Sicht des Bewirtenden) auch oder zumindest in erster Linie der Werbung oder der Repräsentation dient. Definitiv soll die Kürzung von 30 % nicht bereits deshalb ausscheiden, wenn die Verköstigung in einem anderen betrieblichen Vorgang eingebunden und diesem gegenüber untergeordnet ist, wie der Bundesfinanzhof zuletzt in seiner Entscheidung vom 26.4.2018 unter dem Aktenzeichen X R 24/17 herausgearbeitet hat.

Die Abzugsbeschränkung umfasst dabei alle Bewirtungen aus geschäftlichem Anlass. Dieser Begriff ist gesetzlich leider nicht definiert. Wie sich aus der systematischen Stellung der gesetzlichen Regelung und aus der unterschiedlichen Wortwahl ergibt, ist der Begriff nicht mit demjenigen der „Veranlassung durch den Betrieb“ identisch. Der Begriff umfasst die Bewirtung insbesondere von solchen Personen, zu denen Geschäftsbeziehungen bestehen oder angebahnt werden sollen. Er schließt nur die Bewirtung eigener Arbeitnehmer aus.

Aufgrund dieser Einordnung kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Köln zu dem Schluss, dass Speisen und Getränke, die zum sofortigen Verzehr unentgeltlich an Kunden einer Spielhalle überlassen werden, definitiv eine Bewirtung darstellen. Insoweit reicht es für die Annahme eine Bewirtung aus, dass den Kunden der Spielhalle entsprechende Speisen und Getränke überreicht wurden. Da es insoweit nicht darauf ankommt, ob die Begünstigung der bewirtenden Person im Vordergrund steht oder die Bewirtung aus Sicht des Bewirtenden auch bzw. in erster Linie der Werbung oder Repräsentation dient, hält es das Gericht für unerheblich, ob die von der Klägerin dargereichten Speisen und Getränke tatsächlich die Verweildauer der Gäste beeinflussen oder ob es darum geht, durch das Angebot an Speisen und Getränken eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen.

Ebenso stellt das Gericht klar, dass es sich bei den angebotenen Speisen und Getränken auch nicht um große Aufmerksamkeiten handelt, die die Finanzverwaltung aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift für die Bewirtungskosten herausgenommen hat. Danach ist die Gewährung von Aufmerksamkeiten in geringem Umfang keine Bewirtung. Bei solchen Aufmerksamkeiten handelt es sich etwa um die Darreichung von Kaffee, Tee, Gebäck anlässlich beispielsweise betrieblicher Besprechungen, wenn es sich hierbei um eine übliche Geste der Höflichkeit handelt, unabhängig von der Höhe der Aufwendungen.

Auch bei einer solchen Gewährung von Aufmerksamkeiten handelt es sich um eine unentgeltliche Überlassung von Speisen, Getränken oder sonstigen Genussmitteln zum sofortigen Verzehr, die insoweit grundsätzlich den Begriff der Bewirtungskosten erfüllen. Definitiv können Bewirtungskosten jedoch nur dann als Aufmerksamkeiten klassifiziert werden, wenn den Speisen und Getränken objektiv kein eigenständiges Gewicht neben der Veranstaltung, in der sie ausgegeben werden, zukommt. So ist es beispielsweise bei betrieblichen Besprechungen der Fall, bei denen mit den angebotenen Speisen und Getränken kein eigener Zweck (außer dem Gebot der Höflichkeit zu entsprechen) verfolgt wird.

Genau hier sieht das Gericht eine Abgrenzung im vorliegenden Fall. Diese Voraussetzung soll nämlich im Streitfall nicht gegeben sein, da dem Angebot der Klägerin bereits nach ihrem eigenen Vortrag ein eigenständiges Gewicht zukommt. Nach den Ausführungen der Klägerin dienen die Speisen und Getränke dazu, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen. Sie will mit dem Angebot erreichen – so ihr Vortrag im Klageverfahren –, dem Spielgast den Aufenthalt in der Spielhalle so angenehm wie möglich zu machen mit dem Ziel, dass sich die Kunden möglichst lange – umsatzsteigernd – in den Spielhallen aufhalten. Durch diese Intention unterscheidet sich das Angebot der Klägerin grundlegend von einem vergleichbaren Angebot anlässlich einer betrieblichen Besprechung, das - selbst wenn es einen vergleichbaren Umfang hat - nicht dazu gedacht ist, die Besprechung in die Länge zu ziehen, um dadurch eine Umsatzsteigerung zu bewirken.

Dementsprechend kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Köln vorliegend zu dem Schluss, dass die Aufwendungen für die kostenlosen Getränke und Snacks in der Spielhalle nur zu 70 % den Gewinn mindern können.

Jenseits des hier entschiedenen Einzelfalls hat das Urteil in der Praxis jedoch noch eine ganz andere, definitiv größere, Dimension und kann noch ganz andere (für den Steuerpflichtigen nachteilige) Folgen nach sich ziehen. Entsprechend der gesetzlichen Regelung hat der Steuerpflichtige nämlich zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen Angaben zum Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen zu machen. Fehlen diese formellen Voraussetzungen (bei Bewirtung in einer Gaststätte häufig der Bewirtungsbeleg), können die Bewirtungsaufwendungen überhaupt nicht steuermindernd berücksichtigt werden.

Ob im vorliegenden Streitfall die übrigen Voraussetzungen des Bewirtungskostenabzugs in Form der notwendigen Belege und Aufzeichnungen vorliegen, konnte dem erstinstanzlichen Finanzgericht Köln insoweit egal sein, als das Finanzamt die Aufwendungen nur zu 30 % außerbilanziell hinzugerechnet hat und eine Verböserung im Hinblick auf fehlende Aufzeichnungen dem Gericht nicht möglich gewesen ist. Schon der Hinweis auf eine solche Verböserung zeigt jedoch, dass das Gericht grundsätzlich der Meinung ist, dass die Aufwendungen komplett nicht mehr als Betriebsausgaben abgezogen werden können, wenn die entsprechenden formalen Voraussetzungen in Form der notwendigen Belege und Aufzeichnungen nicht gegeben sind. Erfreulicherweise war dies, wie gesagt, im vorliegenden Streitfall kein Problem, in anderen Sachverhalten wird dies jedoch mit Sicherheit so sein.

Hinweis: Das erstinstanzliche Finanzgericht Köln hat die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen. Dennoch ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig geworden, da die streitende Klägerin die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt hat. Diese wird dort unter dem Aktenzeichen IX R 54/21 geführt.

Betroffene, bei denen das sprichwörtliche Kind bereits in den Brunnen gefallen ist, sollten sich daher an das Musterverfahren anhängen. Sofern der Bundesfinanzhof entscheiden würde, dass auch bei den hier gegenständlichen Aufwendungen (oder ähnlichen Aufwendungen) noch Aufmerksamkeiten gegeben wären, wäre die steuerliche Kuh damit vom Eis.

Steuerpflichtige, die lediglich das gleiche Problem haben, den Sachverhalt jedoch noch nicht realisiert haben, sollten hingegen tunlichst dafür sorgen, dass die entsprechenden formellen Voraussetzungen in Form von Belegen und Aufzeichnungen (kurz: ein Bewirtungsbeleg) vorliegen, damit die Bewirtungsaufwendungen wenigstens zu 70 % steuermindernd eingesetzt werden können.

7. Für GmbH-Gesellschafter: Überhöhte Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens als verdeckte Gewinnausschüttung

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung, welche in § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) geregelt ist, ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensminderung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG (kurz gesagt den Gewinn) auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.

In diesem Rahmen wird dabei meistens eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von dem sogenannten Fremdvergleich, welcher bereits zurückgeht auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16.3.1967 unter dem Aktenzeichen I 261/63 und mittlerweile unstrittig der ständigen Rechtsprechung des obersten Finanzgerichtes entspricht.

Außerdem muss der Vorgang dazu geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Kapitalertrag auszulösen. Auch dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie beispielsweise in der Entscheidung vom 7.8.2002 unter dem Aktenzeichen I R 2/02.

Hinsichtlich des Fremdvergleichs wird insoweit nur das „Wegdenken“ der nachstehenden Beziehung verlangt. Das Fortbestehen aller übrigen Beziehungen wird unterstellt, wie ebenso bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 29.10.1997 unter dem Aktenzeichen I R 24/97 herausgearbeitet hat.

Auf Basis dieser Grundsätze kommt allerdings das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in einer Entscheidung vom 29.6.2017 unter dem Aktenzeichen 10 K 771/16 zu einem für den Steuerpflichtigen schlechten Ergebnis. Im Streitfall erkennt das erstinstanzliche Gericht ebenso wie die Finanzverwaltung eine verdeckte Gewinnausschüttung, da die Darlehensvereinbarung zwischen der Klägerin (Kapitalgesellschaft) und ihrer Muttergesellschaft in Bezug auf den Zinssatz nicht dem Fremdvergleich standhalten sollen.

Allerdings muss ausgeführt werden, dass es sich sowohl die Finanzverwaltung als auch das erstinstanzliche Finanzgericht Köln dabei viel zu einfach machen. Die klagende Kapitalgesellschaft hat nämlich für das bei dem Bankenkonsortium aufgenommene Darlehen durchschnittlich 4,78 % Zinsen bezahlt. Daran messen nun sowohl die Finanzverwaltung als auch das erstinstanzliche Finanzgericht alles. Dies soll schlicht der Maßstab sein, an dem sich der Zinssatz für das von der Muttergesellschaft aufgenommene Darlehen messen lassen muss. Das Darlehen im Konzern wurde jedoch mit 8 % verzinst. Dabei übersieht sowohl die Finanzverwaltung als auch das erstinstanzliche Finanzgericht einen wichtigen Punkt. Nicht allein der Zinssatz entscheidet darüber, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt oder nicht. Vielmehr ist auf die Gesamtheit der Vereinbarungen abzustellen, und vorliegend waren für das streitgegenständliche Darlehen keinerlei Sicherheiten vereinbart.

Somit kommt aktuell der Bundesfinanzhof in München in seiner Entscheidung vom 18.5.2021 unter dem Aktenzeichen I R 62/17 zu dem Schluss, dass sowohl Finanzverwaltung als auch erstinstanzliches Finanzgericht den Fremdvergleich nicht ausreichend gewürdigt haben. Die Schlussfolgerung des Finanzgerichtes, dass ein fremder Dritter das streitige Darlehen mit einem Zinssatz von 8 % lediglich zu einem Zinssatz von 5 % gewährt haben würde, erkennen die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs als rechtsfehlerhaft an.

Soweit nämlich das Finanzgericht darauf abstellt, dass der mit dem Bankkonsortium vereinbarte durchschnittliche Zinssatz von 4,78 % den Maßstab für das streitige Darlehen bilde, übersehen sowohl die erstinstanzlichen Richter als auch die Finanzverwaltung, dass sich der gedachte und gewissenhafte Geschäftsleiter daran nicht ohne weiteres orientiert hätte. Denn die Kredite des Bankenkonsortiums waren gesichert und vorrangig zu bedienen. Das streitige Darlehen war hingegen ungesichert und nachrangig. Fehlen, wie vorliegend, gegenteilige Feststellungen, so widerspricht es den allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das Tatgericht annimmt, dass ein fremder Dritter ein nachrangiges und ungesichertes Darlehen zum gleichen Preis gewährt haben würde.

Ganz konkret führen die obersten Finanzrichter der Republik weiter aus: Der Hinweis des Finanzgerichtes auf die gesetzlich angeordnete Nachhaltigkeit von Gesellschafterdarlehen, die durch die Bestellung von Sicherheiten nicht ausgehebelt werden und folglich kein Risikozuschlag bei der Festlegung der Zinshöhe rechtfertigen könne, ist für den Fremdvergleich rechtlich unbeachtlich. Bei diesem Vergleich ist das „Nahestehen“ hinwegzudenken, wie eingangs bereits gesagt. Dann wäre aber ein Darlehensgeber gerade kein Gesellschafter, sondern ein fremder Dritter, und seine Forderung würde keiner gesetzlichen Minderung im Insolvenzfall unterliegen. Entschließt sich dagegen der fremde Dritte im Rahmen der Verhandlungen „freiwillig“, den Vorrang einer Forderung eines anderen Gläubigers zu akzeptieren, würde er mutmaßlich vom Darlehensnehmer eine finanzielle Kompensation für die Hinnahme dieses Nachteils verlangen.

Dass das Vermögen der Klägerin über eine ausreichende Substanz verfügte und damit der GmbH als Kreditgeberin eine hinreichende Sicherheit für die Darlehensrückzahlung bot, sodass keine Notwendigkeit für einen Risikozuschlag im Zinssatz bestanden habe, wie das Finanzgericht ausführt, entspricht ebenfalls nicht dem mutmaßlichen Denken eines fremden Dritten. Dieser würde bei der Festlegung der Kreditbedingungen nicht nur auf die aktuelle Vermögenssituation seines Schuldners abstellen, sondern vor allem dessen zukünftige wirtschaftliche Entwicklung in den Blick nehmen. Denn sein Ausfallrisiko hängt im Wesentlichen von dieser Entwicklung ab. Da er indes die wirtschaftliche Zukunft seines Schuldners allenfalls prognostizieren könnte, liegt es nahe, dass er bei gegebener Sachlage (wie der Nachrangigkeit des Darlehens und den fehlenden Sicherheiten) einen höheren „Preis“ für die Überlassung des Kapitals fordern würde, als ein abgesicherter Gläubiger.

Vor diesem Hintergrund formuliert der Bundesfinanzhof daher zusammenfassend seine folgenden Leitsätze: Bei der Ermittlung des fremdüblichen Darlehenszinses für ein unbesichertes Gesellschafterdarlehen steht die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen einem Risikozuschlag bei der Festlegung der Zinshöhe zum Ausgleich der fehlenden Darlehensbesicherung nicht entgegen. Es widerspricht dementsprechend allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das Tatgericht ohne gegenteilige Tatsachenfeststellungen davon ausgeht, dass ein fremder Dritter für ein nachrangiges und unbesichertes Darlehen denselben Zins vereinbaren würde wie für ein besichertes und vorrangiges Darlehen.

8. Für Beschenkte: Abzugsfähigkeit von Zahlungen zur Abwendung von Ansprüchen

Mit Urteil vom 14.2.2019 hat das erstinstanzliche Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 3 K 1237/17 entschieden, dass die Abfindungszahlungen, die ein vom Vorerben Beschenkter zur Abwendung eines Herausgabeanspruchs wegen beeinträchtigender Schenkung leistet, als sogenannte Nachlassverbindlichkeit von der schenkungssteuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden kann.

Vereinfacht gesagt, verbarg sich hinter dem Streitfall folgender Sachverhalt: Ein Vorerbe hatte jemanden beschenkt. Nach dem Tod des Vorerben wendete sich der Nacherbe an den Beschenkten und forderte die Herausgabe der Schenkung. Dagegen richtete sich der Beschenkte und musste entsprechende Aufwendungen tätigen. Exakt diese Aufwendungen wollte die Finanzverwaltung nicht steuermindernd ansetzen. Selbst nachdem das Finanzamt ausweislich der oben bereits zitierten Entscheidung des Finanzgerichtes Münster auf erster Ebene im Streitfall unterlag, richtete es die Revision an den Bundesfinanzhof.

Dieser hat nun unter dem Aktenzeichen II R 24/19 am 6.5.2021 folgende Entscheidung gefällt: Zunächst einmal ordnen die Richter ein, dass als steuerpflichtiger Erwerb bei der Schenkung die Bereicherung des Erwerbes gilt. Als Bereicherung gilt dabei der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen zu ermittelndem Wert des gesamten Vermögensanfalls die abzugsfähigen Verbindlichkeiten abgezogen werden.

Nach § 10 Absatz 5 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) sind die dort aufgeführten Schulden und Lasten vom steuerpflichtigen Erwerb abzuziehen, soweit sich nicht aus den folgenden Absätzen etwas anderes ergibt. Die Vorschrift ist über ihren Wortlaut hinaus nicht nur für Erwerbe von Todes wegen und sogenannte Nachlassverbindlichkeiten im engeren Sinne anwendbar. Sie gilt auch für Schenkungen unter Lebenden und dementsprechend auch für die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs bei einer sogenannten freigebigen Zuwendung. Dies ist auch vollkommen unstrittig, da insoweit der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 8.10.2003 unter dem Aktenzeichen II R 46/01 bereits entsprechend entschieden hat.

Ausweislich der gesetzlichen Bestimmungen zählen zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten unter anderem die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Der Begriff der Nachlassregelungskosten ist dabei grundsätzlich weit auszulegen, wie der Bundesfinanzhof schon in seiner Entscheidung vom 19.6.2013 unter dem Aktenzeichen II R 20/12 klargestellt hat. Insoweit umfasst der Begriff unter anderem die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses, sowie alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. So auch die obersten Finanzrichter der Republik in ihrer Entscheidung vom 6.11.2019 unter dem Aktenzeichen II R 29/16.

Ein Abzug von Erwerbskosten als Nachlassverbindlichkeiten setzt einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs voraus. Ein solcher liegt vor, wenn die Kosten dafür aufgewendet werden, dass der Erwerber seine Rechtsstellung erlangt. Ausreichend ist dabei ein Entstehen der Kosten nach dem Erbfall, wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang mit der Erlangung oder Sicherung der Erbenstellung vorliegt.

Zu den unmittelbar im Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs stehenden Kosten gehören auch Abfindungszahlungen des Erben an den weichenden Erbprätendenten, die der Erbe entrichtet, damit seine Erbenstellung in einem anhängigen Verfahren nicht mehr bestritten wird, denn sie dient dem Zahlenden unmittelbar dazu, die Erbenstellung endgültig und damit zugleich den Erwerb als Erbe zu erlangen. Entsprechend kann auch ein künftiger gesetzlicher Erbe die Abfindung, die er an einen anderen für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsergänzungsanspruch zahlt, beim Eintritt des Erbfalls als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abziehen. Dies hatte in einem anderen Sachverhalt bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 25.1.2001 unter dem Aktenzeichen II R 22/98 herausgearbeitet.

Ebenso gehören Zahlungen des Beschenkten an einen Dritten, damit die Schenkung nach Grund und/oder Umfang nicht mehr bestritten wird, zu den unmittelbar im Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs stehenden Kosten und mindern so die Bereicherung. Auch bei der Schenkung kann so abziehbarer Erwerbsaufwand entstehen. Insoweit sei auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20.12.2000 unter dem Aktenzeichen II R 42/99 verwiesen.

Sowohl der Nacherbe als auch der Vertragserbe, diesem gleichgestellt der durch ein Ehegattentestament begünstigte Erbe, können Ansprüche gegen den Beschenkten aus einer beeinträchtigenden Schenkung haben. Zahlungen zur Abwendung derartiger Herausgabeansprüche können Erwerbserlangungskosten sein.

Die Verfügung des Vorerben über einen Erbschaftsgegenstand, die unentgeltlich oder zum Zweck der Erfüllung eines von dem Vorerben erteilten Schenkungsversprechens erfolgt, ist im Falle des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dies entspricht der grundsätzlichen Regelung in § 2113 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so trifft die gleiche Verpflichtung denjenigen, welcher aufgrund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt. Da sich erst bei Eintritt der Nacherbfolge herausstellt, inwieweit der Nacherbe beeinträchtigt ist, entsteht der Anspruch erst im Fall des Eintritts der Nacherbfolge, also mit dem Nacherbfall.

Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, kann der Vertragserbe, nach dem die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Die Regelung ist auf wechselbezügliche letztwillige Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testaments, das nach dem Tod des zuerst verstorbenen Ehegatten unwiderruflich geworden ist entsprechend anzuwenden. So auch bereits der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 28.9.2016 unter dem Aktenzeichen IV ZR 513/15. Der Anspruch entsteht mit dem Anfall der Erbschaft beim Vertragserben. Grundsätzlich ist dies der Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers.

In beiden Fällen dienen Zahlungen, die diese Ansprüche abwehren, dazu, dem Beschenkten das Geschenkte zu sichern. Sie können deshalb nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig sein. Das gilt auch dann, wenn Zahlungen aufgrund eines Vergleichs erbracht werden, sofern die Ansprüche ernstlich geltend gemacht wurden. Unter diesen Umständen wird durch den Vergleich eine neue Rechtsgrundlage geschaffen, sodass nicht mehr zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang die Ansprüche ursprünglich tatsächlich bestanden haben.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt auch der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung zu dem Schluss, dass Zahlungen des Beschenkten zur Abwendung etwaiger Herausgabeansprüche des Vertragserben bzw. des Nacherben als Aufwendungen zur Erlangung und Sicherung des Erwerbs bei der Schenkung erwerbsmindernd zu berücksichtigen sind.

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