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Mandantenbrief 02/2023
- Für alle Steuerpflichtigen: Zum Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
- Für alle Steuerpflichtigen: Ein Taxi ist doch kein öffentliches Verkehrsmittel!
- Für alle Steuerpflichtigen: Anmietung einer zweiten Wohnung am Arbeitsort - kein Steuerabzug im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung oder als außergewöhnliche Belastungen
- Für alle Steuerpflichtigen: Zweitwohnungssteuer trotz Zutrittsverbots für Sylt während der Pandemie
- Für Alleinerziehende: Neue Verwaltungsanweisungen zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
- Für Immobilieneigentümer: Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung
- Für Immobilieneigentümer: Aufteilung des Gesamtkaufpreises einer Immobilie auf Grund und Boden sowie Gebäude für Zwecke der Abschreibung
- Für Eigenheimkäufer in Nordrhein-Westfalen: Zwei Prozentpunkte Grunderwerbsteuer geschenkt!
- Für Gewerbetreibende: Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Aufwendungen für eine Messestandfläche
- Für grundstücksverwaltende Kapitalgesellschaften: Keine erweiterte Kürzung wegen Verpachtung an eine teilweise personenidentische gewerblich tätige Personengesellschaft
1. Für alle Steuerpflichtigen: Zum Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nummer 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig. Dies ist der Grundsatz im deutschen Einkommensteuerrecht. Dieses Abzugsverbot gilt jedoch nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro als Höchstbetrag begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. In diesem Fall können sämtliche Kosten für das häusliche Arbeitszimmer abgesetzt werden. Es erfolgt also ein unbegrenzter Werbungskostenabzug.
Für die Beurteilung, in welchem Umfang Mietaufwendungen als Werbungskosten abzugsfähig sind, gelten die für die Abzugsfähigkeit von Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. Finanzierungsaufwendungen entwickelten Grundsätze entsprechend. So der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 23.9.2009 unter dem Aktenzeichen IV R 21/08. Diese Grundsätze stellen sich (zumindest bezogen auf Eheleute) zusammengefasst wie folgt dar:
Ein Werbungskostenabzug kommt maximal in der Höhe in Betracht, in der der Steuerpflichtige Aufwendungen getragen hat. Dies gilt auch bei Ehegatten. Denn die anteilig auf einen Ehegatten entfallenden und von diesem getragenen Aufwendungen mindern nicht die Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten, wie der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 6.12.2017 unter dem Aktenzeichen VI R 41/15 herausgearbeitet hat.
Erwerben oder errichten Eheleute eine Eigentumswohnung in Miteigentum, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeder von ihnen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entsprechend seinem Miteigentumsanteil getragen hat, und zwar unabhängig davon, wie viel er tatsächlich aus eigenen Mitteln dazu beigetragen hat. Sind die finanziellen Beiträge der Eheleute unterschiedlich hoch, dann hat sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich der Ehegatte, der aus eigenen Mitteln mehr als der andere beigesteuert hat, das „Mehr“ seinem Ehegatten mit der Folge zugewendet, dass jeder von ihnen so anzusehen ist, als habe er die seinem Anteil entsprechenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten selbst getragen. Infolgedessen kann jeder Ehegatte die Absetzung für Abnutzung grundsätzlich nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil als Werbungskosten abziehen, wie der Bundesfinanzhof ebenso bereits in dem zuvor genannten Urteil klargestellt hat.
Die Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Ehegatten nach Miteigentumsanteilen hat nicht zur Folge, dass die Kosten für ein Arbeitszimmer nur anteilig abzugsfähig sind. Denn ausschlaggebend für den Werbungskostenabzug ist nicht der Umfang des Miteigentums an einem Wirtschaftsgut, sondern ob der Steuerpflichtige Aufwendungen im beruflichen Interesse trägt. Im Hinblick auf das Nettoprinzip darf die Berücksichtigung beruflich veranlasster Aufwendungen nicht daran scheitern, dass sie im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts stehen, dass dem Steuerpflichtigen nicht gehört. So bereits der Beschluss des Großen Senates des Bundesfinanzhofs vom 23.8.1999 unter dem Aktenzeichen GrS 1/97.
Nutzt daher ein Miteigentümer im Rahmen seines Miteigentumsanteils einen Teil des Wirtschaftsgutes (vorliegend des häuslichen Arbeitszimmers) zur Einkünfteerzielung allein, sind die von ihm getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorrangig diesem Raum zuzuordnen. Es ist also generell davon auszugehen, dass er Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt (also vollständig bzw. zur Gänze) zu nutzen. Zivilrechtlich nutzt der Miteigentümer den Raum nicht teils aus eigenem Recht und teils durch Überlassung zur Nutzung durch den oder die Miteigentümer, sondern er nutzt ihn insgesamt in Ausübung seines Rechtes als Miteigentümer, wie aus der Regelung des § 743 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu entnehmen ist. Diese Einordnung gilt auch einkommensteuerlich. Anders als sein Miteigentumsrecht bezieht sich sein Nutzungsrecht auf den ganzen Raum. Nutzt der Steuerpflichtige sein Arbeitszimmer in vollem Umfang aus eigenem Recht, dann sind auch die eigenen anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als im Interesse dieser Nutzung aufgewendet anzusehen und damit als beruflicher Aufwand zu berücksichtigen. So auch bereits ein Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 23.8.1999 unter dem Aktenzeichen GrS 5/97.
Überträgt man die oben genannten Grundsätze auf Mietaufwendungen eines nicht verheirateten Steuerpflichtigen, ergibt sich folgendes: Wird eine Wohnung von mehreren Personen angemietet und nutzt ein Mieter einen Raum zur Einkünfteerzielung alleine, dann sind die auf diesen Raum entfallenden Aufwendungen (im Rahmen der Abzugsfähigkeit für ein häusliches Arbeitszimmer) bei ihm in voller Höhe als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, sofern der Nutzende Aufwendungen in mindestens dieser Höhe getragen hat. Eine nur hälftige Abzugsfähigkeit der tatsächlich vom Kläger getragenen Aufwendungen wäre mit dem Grundgedanken des objektiven Nettoprinzips unvereinbar. Dies hat im Ergebnis auch bereits so das Finanzgericht München mit Gerichtsbescheid vom 2.3.2021 unter dem Aktenzeichen 10 K 1251/18 gesehen.
Ganz praktisch bedeutete dies in der Berechnung der vorliegenden Entscheidung, dass im Urteilsfall für die angemietete Wohnung Aufwendungen in Höhe von 26.607 Euro entstanden sind. Da das Arbeitszimmer 10 % der Wohnfläche ausmachte, entfielen davon 10 %, also 2.661 Euro auf das Arbeitszimmer. Diese Aufwendungen kann in der abgeurteilten Entscheidung der Kläger in voller Höhe als Werbungskosten bei seinen Einkünften geltend machen, da er sich definitiv zu mehr als 2.661 Euro an den Kosten der gemeinsamen Wohnung beteiligt hat. Letzteres war im vorliegenden Verfahren unstrittig.
Hinweis: Das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf hat im vorliegenden Verfahren die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da die Frage der Höhe des Werbungskostenabzugs von Aufwendungen für das ausschließlich von einem Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft genutzte Arbeitszimmer in einer gemeinsamen angemieteten Wohnung bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist. Ob die Finanzverwaltung tatsächlich den Revisionszug besteigt (oder bereits bestiegen hat), ist aktuell noch nicht ersichtlich. Gegebenenfalls werden wir wieder weiter berichten.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Ein Taxi ist doch kein öffentliches Verkehrsmittel!
Diesmal geht es nicht mit dem Taxi nach Paris, wie es in einem bekannten Schlager heißt, sondern vielmehr mit dem Taxi zur Arbeit. Steuerrechtlich ist dies interessant, weil es dabei um die Frage der Absetzbarkeit geht. Seinerzeit berichteten wir bereits über die erstinstanzlichen Entscheidungen zu der Thematik. Insbesondere hatte damals das Thüringer Finanzgericht in einer Entscheidung vom 22.10.2019 unter dem Aktenzeichen 3 K 490/19 entschieden, dass ein Taxi ein öffentliches Verkehrsmittel im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sprich im Sinne der Entfernungspauschale, ist.
Die Folge der erstinstanzlichen Rechtsprechung: Der Steuerpflichtige kann die per Taxi durchgeführten Fahrten von der Wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte nicht nur in Höhe der Entfernungspauschale, sondern in Höhe der tatsächlich angefallenen, die Entfernungspauschale übersteigenden Kosten als Werbungskosten abziehen. Dies geht nämlich nur, wenn ein Taxi ein „öffentliches Verkehrsmittel“ im Sinne der Vorschrift ist.
Die Streitfrage war dabei arg umstritten. Auch für ein öffentliches Verkehrsmittel im Sinne der Entfernungspauschale plädierte seinerzeit bereits das Finanzgericht Düsseldorf in einer Entscheidung vom 8.4.2014 unter dem Aktenzeichen 13 K 339/12 E.
Kein öffentliches Verkehrsmittel im Sinne der Vorschrift hat hingegen das Finanzgericht Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 5.12.2018 unter dem Aktenzeichen 3 K 15/18 gesehen.
Mit dem erstinstanzlichen Hin und Her ist nun Schluss, denn mit Entscheidung vom 9.6.2022 hat der Bundesfinanzhof die Rechtslage unter dem Aktenzeichen VI R 26/20 abschließend geklärt. Um dies vorwegzunehmen: Nach Auffassung der obersten Finanzrichter der Republik ist ein im Gelegenheitsverkehr genutztes Taxi kein öffentliches Verkehrsmittel im Sinne der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG. Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem Taxi können daher lediglich in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten in Ansatz gebracht werden.
Für ihre Begründung holen die erstinstanzlichen Richter wie folgt aus: Entsprechend der gesetzlichen Definition sind Werbungskosten auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen kann in der in den Streitjahren geltenden Fassung für jeden Arbeitstag, an den der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 Euro angesetzt werden. Höchstens können jedoch nur 4.500 Euro im Kalender in Abzug gebracht werden, soweit der Arbeitnehmer nicht einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen nutzt.
Auch Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können angesetzt werden, soweit sie den in dem Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen. Der Ansatz der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, die den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen, ist zudem möglich, wenn der Steuerpflichtige einen Grad der Behinderung von mindestens 70 nachweist oder einen Grad der Behinderung von mindestens 50 und seine Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist.
Der Begriff des „öffentlichen Verkehrsmittels“ ist im Einkommensteuergesetz leider nicht definiert. Der Wortlaut lässt sich entweder dahingehend verstehen, dass es sich um ein Verkehrsmittel handelt, das allgemein der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, oder auch so, dass lediglich regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel erfasst sind. Insbesondere zwingt der Umstand, dass die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr etwa mit einem Taxi genehmigungspflichtig ist, nicht dazu, das Taxi auch als öffentliches Verkehrsmittel anzusehen. Aus der Entstehungsgeschichte der Regelung zu Entfernungspauschale sowie dem Sinn und Zweck der Vorschriften ergibt sich vielmehr, dass unter die Bezeichnung im Rahmen der Definition zur Entfernungspauschale lediglich öffentliche Verkehrsmittel im Linienverkehr fallen. So zumindest der Bundesfinanzhof.
Hinweis: In der weiteren Urteilsbegründung nennen die obersten Finanzrichter der Republik noch zahlreiche Gründe und Argumente, warum ein Taxi kein öffentliches Verkehrsmittel im Sinne der Entfernungspauschale sein kann. Für Interessierte sei insoweit auf das sehr umfangreich begründet Urteil verwiesen. Im Ergebnis muss jedoch mitgenommen werden, dass die Fahrten zur Arbeit mit einem Taxi lediglich im Rahmen der Entfernungspauschale steuermindernd angesetzt werden können.
3. Für alle Steuerpflichtigen: Anmietung einer zweiten Wohnung am Arbeitsort - kein Steuerabzug im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung oder als außergewöhnliche Belastungen
Eine doppelte Haushaltsführung ist ausweislich einer Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 8.11.2021 unter dem Aktenzeichen 7 K 7009/19 nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige in einer Wohnung am Beschäftigungsort einen (beruflich veranlassten) Zweithaushalt führt und auch der vorhandene „eigene Hausstand” am Beschäftigungsort belegen ist.
Diese strenge Auslegung gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige mehrfach täglich seine schwer an Parkinson erkrankte Ehefrau pflegen und medizinisch unterstützen will und deswegen am Arbeitsort neben der bei Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel circa 35 bis 40 Fahrminuten von der Arbeitsstätte entfernten Hauptwohnung in unmittelbarer Nähe zur Arbeitsstätte eine weitere Wohnung anmietet, um bei Bedarf jederzeit kurzfristig seine Ehefrau unterstützen zu können und so die Unterbrechungen der Arbeitszeiten zeitlich deutlich reduzieren zu können.
Nur wenn die Wohnung beruflichen Zwecken dient, kommt es auf die Gründe für die Beibehaltung einer doppelten Haushaltsführung nicht mehr an. Dass auch außerhalb der Person des Steuerpflichtigen liegende Gründe – wie die Krankheit des Ehegatten – Umstände sein können, die im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung zu einer Unzumutbarkeit der Fahrstrecke führen können, auch wenn der Hauptwohnsitz und die Arbeitsstätte in einer Stadt liegen, lässt sich der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht entnehmen. Da die vorliegende Entscheidung mittlerweile rechtskräftig geworden ist, wird hier der Bundesfinanzhof keine Gelegenheit zu einer weiteren Entscheidung erhalten.
Die Aufwendungen für die Anmietung der zweiten Wohnung sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, wenn die Anmietung in erster Linie der angenehmeren Gestaltung der Pflegesituation dient, keine gezielte therapeutische Maßnahme darstellt und insofern auch nicht medizinisch indiziert ist. Das gilt auch dann, wenn die Ehefrau eine Dauerinfusion mittels einer Minipumpe benötigt, die Nadel hierzu täglich mehrfach gewechselt sowie die Pumpe befüllt werden muss und sie das aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht selbst erledigen kann.
4. Für alle Steuerpflichtigen: Zweitwohnungssteuer trotz Zutrittsverbots für Sylt während der Pandemie
Der 5. Senat des schleswig-holsteinischen Oberverwaltungsgerichtes hat sich mit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer beschäftigt, wenn die steuererhebende Gemeinde auf einer Insel oder einer Hallig liegt und hier aufgrund der Pandemie-Bekämpfungsverordnung der Landesregierung im Jahr 2020 zeitweise ein Zutrittsverbot für alle Personen galt, die nicht ihre Hauptwohnung an diesem Ort hatten.
Im Streitfall ging es um einen Steuerpflichtigen, der auf Sylt ein Grundstück besitzt und die dort gelegene Wohnung als Zweitwohnung nutzt. Trotz des Zutrittsverbots von der Gemeinde Sylt ist er für das Jahr 2020 uneingeschränkt zur Zweitwohnungssteuer herangezogen worden. Leider hält das Oberverwaltungsgericht dies für rechtmäßig.
Das Gericht begründet seine Rechtsauffassung damit, dass die Erhebung der Zweitwohnungssteuer nur das „Innehaben“ einer Zweitwohnung und damit eine rechtlich gesicherte Nutzungsmöglichkeit der Wohnung für eine gewisse Dauer voraussetzt. Diese Möglichkeit sei durch das in der Zeit vom 3.4.2020 bis zum 3.5.2020 in Schleswig-Holstein geltende Zutrittsverbot zu den Inseln und Halligen an Nord- und Ostsee nicht entfallen, sondern nur vorübergehend eingeschränkt worden.
Bei einer solchen pandemiebedingten Einschränkung handele es sich um einen atypischen Sachverhalt, der bei der Auslegung des Begriffs des „Innehabens“ einer Zweitwohnung nicht zu berücksichtigen sei. Das Steuerrecht betreffe in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens. Die hierzu erlassenen Regelungen dürften steuerpflichtige Sachverhalte deshalb typisierend erfassen. Die vorliegende Einschränkung sei schließlich auch nicht mit den Folgen einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung vergleichbar.
Der Senat hat die anderslautende Entscheidung der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts deshalb auf die Beschwerde der Gemeinde Sylt geändert. Leider ist der Beschluss unter dem Aktenzeichen 5 MB 23/22 auch unanfechtbar.
5. Für Alleinerziehende: Neue Verwaltungsanweisungen zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende
Alleinerziehende Steuerpflichtige haben gemäß § 24b des Einkommensteuergesetzes (EStG) Anspruch auf einen Entlastungsbetrag. Ziel dieses Entlastungsbetrags ist es, die höheren Kosten für die eigene Lebens- bzw. Haushaltsführung des Alleinerziehenden abzugelten, der einen gemeinsamen Haushalt nur mit seinen Kindern und keiner anderen erwachsenen Person führt, die tatsächlich oder finanziell zum Haushalt beiträgt. Ab dem Veranlagungszeitraum 2020 beträgt der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende jährlich 4.008 Euro und erhöht sich für jedes weitere Kind um jährlich 240 Euro (ab 2023: 4.260 Euro plus 240 Euro für jedes weitere Kind).
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird dabei außerhalb des Familienlastenausgleichs bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte durch Abzug von der Summe der Einkünfte und beim Lohnsteuerabzug durch die Steuerklasse II berücksichtigt.
Mit Verwaltungsanweisung durch Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 23.11.2022 hat die Finanzverwaltung ihr bisheriges Anwendungsschreiben vom 23.10.2017 für Veranlagungszeiträume ab 2020 aktualisiert. Darüber hinaus sind die neuen Verwaltungsregeln jedoch auch noch für alle offenen Fälle anzuwenden. Im Folgenden werden daher die Kernpunkte herausgegriffen. Für weitere Details sei auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums verwiesen.
Zu den Anspruchsvoraussetzungen: Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird Steuerpflichtigen gewährt, die alleinstehend sind und zu deren Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Alleinstehend im Sinne der Regel ist dabei ein Steuerpflichtiger, der nicht die Voraussetzung für die Anwendung des Splittingverfahrens erfüllt oder verwitwet ist und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einem minderjährigen Kind ist stets unschädlich.
Konkret kann ein Steuerpflichtiger daher alleinstehend sein, wenn
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er nicht verheiratet oder verpartnert ist oder
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er verheiratet bzw. verpartnert ist, aber dauernd getrennt lebt oder
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er im Veranlagungszeitraum eine Ehe/Lebenspartnerschaft schließt oder
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er verwitwet ist oder
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der Ehegatte/Lebenspartner im Ausland lebt und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
Die weitere Voraussetzung, wonach keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bestehen darf, wird in der Praxis tatsächlich häufig zur Stolperfalle. Es ist insoweit zwar unschädlich, wenn es sich bei der anderen volljährigen Person um ein leibliches Kind, Adoptiv-, Pflege-, Stief- oder Enkelkind handelt, für das dem Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag oder das Kindergeld zusteht. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person, also insbesondere auch mit einem Kind, für das man keinen Kinderfreibetrag mehr erhält, ist hingegen schädlich für den Erhalt des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende.
Allgemein liegt eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person vor, wenn der Steuerpflichtige und die andere Person in der gemeinsamen Wohnung auch gemeinsam wirtschaften. Ein gemeinsames Wirtschaften kann sowohl darin bestehen, dass die andere volljährigen Person zu den Kosten des gemeinsamen Haushaltes beiträgt, als auch in einer Entlastung durch tatsächliche Hilfe und Zusammenarbeit. Auf den Umfang der Hilfe oder des Anteils an den im Haushalt anfallenden Arbeiten kommt es in der Regel nicht an, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 28.6.2012 unter dem Aktenzeichen III R 26/10 vorgegeben hatte.
Ein gemeinsames Wirtschaften setzt auch nicht voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse besteht und die zu Befriedigung jeglichen Lebensbedarf dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden. Es genügt eine mehr oder weniger enge Gemeinschaft mit nah beieinander Wohnenden, bei der jeder Mitglied der Gemeinschaft ist sowie tatsächlich oder finanziell seinen Beitrag zur Haushaltsführung leistet und an ihr teilnimmt. Dabei muss auch beachtet werden, dass es auf die Zahlungswege nicht ankommt. Es steht daher der Annahme einer Haushaltsgemeinschaft nicht entgegen, wenn beispielsweise eine Person die laufenden Kosten des Haushalts ohne Miete trägt und die andere Person dafür vereinbarungsgemäß die volle Miete allein bezahlt.
Eine Haushaltsgemeinschaft ist insbesondere gegeben bei eheähnlichen Gemeinschaften, bei Wohngemeinschaften unter gemeinsamer Wirtschaftsführung mit einer sonstigen volljährigen Person wie zum Beispiel einem volljährigen Kind, für das ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld nicht mehr zusteht.
Die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft setzt dabei nicht die Meldung der anderen Person in der Wohnung des Steuerpflichtigen voraus. Neben der gesetzlichen Definition der Haushaltsgemeinschaft besteht auch die gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft, wenn eine andere volljährigen Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist. Nachträgliche Ab- bzw. Ummeldungen sind insoweit unerheblich. Allerdings muss für die Praxis gesagt werden, dass diese Vermutung auch widerlegbar ist. Sie ist beispielsweise widerlegt, wenn die Gemeinde oder das Finanzamt positiv Kenntnis davon haben, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den melderechtlichen Verhältnissen zugunsten des Steuerpflichtigen abweichen. Der Steuerpflichtige kann die Vermutung einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen in seiner Wohnung gemeldeten volljährigen Person auch widerlegen, wenn er glaubhaft darlegt, dass eine solche Haushaltsgemeinschaft nicht gegeben ist. Lediglich wenn der Steuerpflichtige und die andere volljährige Person in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, ist die Vermutung, dass eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt, unwiderlegbar. So zumindest nach Auffassung der Finanzverwaltung.
Kern der sonstigen Anspruchsvoraussetzung ist jedoch, dass ein Kind, für das dem Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht, zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört. Ein Kind gehört immer dann zum Haushalt des Steuerpflichtigen, wenn es in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist, dauerhaft in dessen Wohnung lebt oder mit seiner Einwilligung vorübergehend, beispielsweise zu Ausbildungszwecken, auswärtig untergebracht ist.
Die Haushaltszugehörigkeit erfordert außerdem eine Verantwortung für das materielle und immaterielle Wohl des Kindes. Mit dem materiellen Wohl ist insbesondere die Versorgung und die Unterhaltsgewährung gemeint. Mit dem immateriellen Wohl ist die Fürsorge für das Kind und dessen Betreuung gemeint. Eine Heimunterbringung ist unschädlich, wenn die Wohnverhältnisse in der Familienwohnung die speziellen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen und es sich im Haushalt des Steuerpflichtigen regelmäßig aufhält. Die Haushaltszugehörigkeit ist selbst dann anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist, aber tatsächlich in einer eigenen Wohnung lebt. Wie der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 5.2.2015 unter dem Aktenzeichen III R 9/13 ausgeführt hat, ist diese Vermutung unwiderlegbar.
Ist das Kind hingegen nicht in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet, trägt der Steuerpflichtige auch die Beweislast für das Vorliegen der Haushaltszugehörigkeit des Kindes. Ist das Kind bei mehreren Steuerpflichtigen gemeldet oder gehört es unstreitig zum Haushalt des Steuerpflichtigen, ohne bei ihm gemeldet zu sein, steht der Entlastungsbetrag demjenigen Alleinstehenden zu, der das Kind tatsächlich in seinen Haushalt aufgenommen hat.
Gerade in Trennungsfällen der Eltern ist dies häufig ein Problem. Sofern ein Kind nämlich annähernd gleichwertig in die beiden Haushalte seiner alleinstehenden Eltern aufgenommen ist, können die Eltern untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zu stehen soll. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird. Die Bestimmung des Berechtigten für den Entlastungsbetrag funktioniert nur dann nicht, wenn einer der Berechtigten bei seiner Veranlagung oder durch Berücksichtigung der Steuerklasse II beim Lohnsteuerabzug den Entlastungsbetrag bereits in Anspruch genommen hat. Treffen die Eltern keine Bestimmung über die Zuordnung des Entlastungsbetrags, steht er demjenigen zu, dem das Kindergeld ausbezahlt wird, wie der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 28.4.2010 unter dem Aktenzeichen III R 79/08 herausgearbeitet hat.
Ist das Kind hingegen in den Wohnungen beider Elternteile gemeldet und ist von diesen nur ein Elternteil alleinstehend, ist in diesem Elternteil der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende unabhängig davon zu gewähren, ob dieser die Voraussetzung für die Auszahlung des Kindergeldes erfüllt.
Insgesamt ist der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ein Jahresbetrag, der in jedem Veranlagungszeitraum nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Eine Aufteilung zwischen den Haushalten alleinerziehender Elternteile ist dabei nicht möglich.
In dem Veranlagungszeitraum, in dem sich die Ehegatten bzw. Lebenspartner trennen, ist eine zeitanteilige Inanspruchnahme des Entlastungsbetrag möglich, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. So auch bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 28.10.2021 unter dem Aktenzeichen III R 17/20.
Bei einem dauernden Getrenntleben kann der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig ab dem Monat der Trennung beansprucht werden. Auch im Jahr der Eheschließung bzw. Verpartnerung kann der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig in Anspruch genommen werden, sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind. Zu beachten ist dabei jedoch, dass insbesondere nicht bereits eine Haushaltsgemeinschaft mit dem späteren Ehegatten bestehen darf, wie der Bundesfinanzhof in einer weiteren Entscheidung vom 28.10.2021 unter dem Aktenzeichen III R 57/20 geklärt hat.
Hinweis: Für weitere Details im Zusammenhang mit dem Entlastungsbetrag für Alleinerziehende sei auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 23.11.2022 verwiesen, welches zu einigen Problemfällen auch Praxisbeispiele zur Verdeutlichung enthält.
6. Für Immobilieneigentümer: Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung
Entsprechend der Vorschrift in § 4 Nummer 9 Buchstabe a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sind Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Umsatzsteuer befreit. Soweit der Grundsatz.
Der Unternehmer kann jedoch ausweislich der Regelung in § 9 Abs. 1 UStG unter anderem einen solchen Umsatz als umsatzsteuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Entsprechend des Wortlautes der Regelung in § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG kann der leistende Unternehmer nur in dem gemäß § 311b Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) notariell zu beurkundenden Vertrag auf die Steuerbefreiung eines Grundstücksumsatzes nach § 4 Nummer 9 a UStG verzichten.
Die Vorschrift ermöglicht nach ihrem Wortlaut in diesen Fällen den Verzicht „nur in dem“ der Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariell zu beurkundenden Vertrag. Dies ist der Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der der Auflassung und der Eintragung in das Grundbuch vorher geht. Vergleiche insoweit die Regelung in § 311b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB. Danach schließt der Wortlaut der Regelung in § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG eine Option zur Steuerpflicht in einer nachfolgenden Neufassung dieses Vertrages selbst dann aus, wenn diese gleichfalls notariell beurkundet wurde.
Insoweit hat auch bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 21.10.2015 unter dem Aktenzeichen XI R 40/13 klargestellt, dass der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung der Lieferung eines Grundstücks außerhalb eines Zwangsversteigerungsverfahrens nur in dem dieser Grundstückslieferung zugrunde liegenden notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden kann. Ein späterer Verzicht ist ausweislich der vorgenannten Entscheidung des Bundesfinanzhofs unwirksam, selbst wenn er notariell beurkundet wird.
Dies ist insoweit auch die Auffassung der Finanzverwaltung in ihren Verwaltungsanweisungen. So geregelt in Abschnitt 9.2 Abs. 9 Satz 2 des Umsatzsteuer- Anwendungserlasses. In Abschnitt 9.2 Abs. 9 Satz 3 des Umsatzsteuer Anwendungserlasses geht die Finanzverwaltung jedoch noch einen Schritt weiter und behauptet, dass auch die Rücknahme des Verzichts auf die Umsatzsteuerbefreiung nur in dem notariell zu beurkundenden Vertrag möglich wäre. Diese Aussage hat sich mittlerweile jedoch als falsch herausgestellt.
Entgegen der Verwaltungsanweisungen im Umsatzsteuer Anwendungserlass hat nämlich bereits das Finanzgericht Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 1.8.2019 unter dem Aktenzeichen 1 K 3115/18 klargestellt, dass wenn im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag auf die Umsatzsteuerbefreiung für die Grundstückslieferung verzichtet worden ist, dieser Verzicht nachträglich sehr wohl bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft, also bis zur Unabänderlichkeit der Umsatzsteuerfestsetzung rückgängig gemacht werden kann. Ganz ausdrücklich weisen die Richter darauf hin, dass die Regelung des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG dem nicht entgegensteht.
Dieser Meinung ist nun ganz aktuell auch der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 2.7.2021 unter dem Aktenzeichen XI R 22/19. Der Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung kann nämlich außerhalb der vorgenannten notariellen Urkunde erfolgen. Auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist der Widerruf möglich, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung noch anfechtbar oder nach § 164 der Abgabenordnung (AO) änderbar ist, also unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht.
Der Wortlaut des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG betrifft nur den auf die Steuerbefreiung (formal und auch zeitlich) begrenzten Verzicht. Die Regelung betrifft nicht den Widerruf. Der Grundsatz, dass sowohl die Option als auch der Widerruf der Option in gleicher Weise auszuüben sind, gilt nicht mehr nach der Rechtslage durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 für die zeitliche Grenze der Ausübung des Wahlrechts. Denn würde das Recht zum Widerruf des Verzichts auf die Steuerbefreiung gleichzeitig mit dem Verzicht der Steuerbefreiung ausgeübt werden müssen, wäre der Widerruf des Verzichts faktisch ausgeschlossen. Der Zweck der Vorschrift des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG steht dem nicht entgegen. Die Regelung soll den Leistungsempfänger vor einem nachträglichen Verzicht des leistenden Unternehmers schützen, um eine nachträgliche Steuerschuld des Leistungsempfängers zu verhindern. Der Widerruf der Option führt dagegen zu einer Steuerbefreiung und damit nicht zu einer Belastung des Leistungsempfängers.
Die maßgeblichen und überwiegenden Stimmen der Literatur sehen dies übrigens nicht anders.
7. Für Immobilieneigentümer: Aufteilung des Gesamtkaufpreises einer Immobilie auf Grund und Boden sowie Gebäude für Zwecke der Abschreibung
Zu den abziehbaren Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung gehört auch die Abschreibung für ein zur Einkünfteerzielung genutztes Gebäude. Bemessungsgrundlage sind dabei die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Ist für die Anschaffung eines Immobilienobjektes ein Kaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibung auf Grund und Boden und Gebäude aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach den Verhältnissen der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund und Boden sowie den Gebäudeanteil aufzuteilen. Diese Grundsätze hat bereits der Bundesfinanzhof in seiner richtungsweisenden Entscheidung vom 21.7.2020 unter dem Aktenzeichen IX R 26/19 getroffen.
Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie Gebäudeanteils kann im Streitfall die Immobilienwertverordnung herangezogen werden, denn sie enthält anerkannte Grundsätze für die Schätzung von Verkehrswerten von Grundstücken, nach deren Bestimmungen der Verkehrswert mithilfe des Vergleichswertverfahrens, des Ertragswertverfahrens, des Sachwertverfahrens oder mehrerer dieser Verfahren zu ermitteln ist. So geregelt in § 8 Abs. 1 Satz 1 der Immobilienwertverordnung. Die Verfahren sind nach der Art des Wertermittlungsobjektes unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der zur Verfügung stehenden Daten, zu wählen. Die Wahl des Verfahrens ist dabei durchaus zu begründen. Dabei stehen die Wertermittlungsverfahren einander jedoch gleichwertig gegenüber. So auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 16.9.2020 unter dem Aktenzeichen II R 1/18. Der Verkehrswert ist sodann aus dem Ergebnis des oder der herangezogenen Verfahren unter Würdigung seiner Aussagefähigkeit zu ermitteln.
Grundsätzlich muss dabei erwähnt werden, dass die Ermittlung der Verkehrswertrelation Teil der Sachverhaltsfeststellung des erstinstanzlichen Finanzgerichtes ist. Für den Bundesfinanzhof als Revisionsgericht sind diese Sachverhaltsfeststellungen daher grundsätzlich bindend. So verfahrensrechtlich geregelt in § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Aber: Der Bundesfinanzhof als Revisionsgericht muss bei Heranziehung der Immobilienwertverordnung durch die Vorinstanz prüfen, ob dabei die rechtlichen Vorgaben der maßgeblichen Bestimmung beachtet worden sind.
Im Hinblick auf die Wahl des Bewertungsverfahrens zu Ermittlung der Verkehrswerte von Grund und Boden sowie Gebäude hat insoweit die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits folgende Grundsätze aufgestellt:
Zum einen hat die Rechtsprechung bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen im Regelfall eine Kaufpreisaufteilung unter Anwendung des Sachwertverfahrens mit der Erwägung für angebracht gehalten, dass für den Erwerb einer solchen Immobilie neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend sein könnte. So zumindest der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 29.5.2008 unter dem Aktenzeichen IX R 36/06. Ferner hat der Bundesfinanzhof stets betont, dass nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden sei, welches Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist.
Zum anderen hat die Rechtsprechung bei der Bewertung von Mietwohngrundstücken im Privatvermögen auch eine Anwendung des Ertragswertverfahrens für möglich erachtet, wenn dieses zum zutreffenden Wert geführt und die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abgebildet hat. Überdies hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs in anderem materiellrechtlichen Zusammenhang schon früher entschieden, dass die zur Aufteilung des gebäudebezogenen Aufwands zu bestimmenden Verkehrswerte des eigengenutzten sowie des fremdvermieteten Teils eines Gebäudes nach dem Ertragswertverfahren ermittelt werden können, wenn eine Bewertung der zur Vermietung genutzten Fläche und der eigengenutzten Fläche im Sachwertverfahren wegen der unterschiedlichen Nutzbarkeit der jeweiligen Bereiche zu einem ersichtlich sachwidrigen Ergebnis führen würde. So der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 25.5.2005 unter dem Aktenzeichen IX R 46/04.
Das Vergleichswertverfahren hingegen hat die frühere Rechtsprechung zur Ermittlung des Verkehrswertes des Boden- und des Gebäudeanteils einer privaten Eigentumswohnung als nicht brauchbar angesehen. Der Grund: Diese Bewertungsmethode erlaubt nur die Eigentumswohnung als eine Einheit von Miteigentumsanteil und Sondereigentum zu bewerten. Daher sei das Vergleichswertverfahren mit dem Gebot der Einzelbewertung für Grund und Boden sowie Gebäude nicht vereinbar.
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die Rechtsprechung in jüngster Zeit dahingehend fortentwickelt worden, dass einerseits bei umfassend sanierten, denkmalgeschützten Mietwohngebäuden die Wertanteile für Grund und Boden sowie Gebäude auf der Grundlage des Sachwertverfahrens ermittelt werden können, wenn anderweitig ermittelte Ertrags- und Vergleichswerte die tatsächlichen, an einem angemessenen Kaufpreis zu messenden Wertverhältnisse nicht einmal annähernd abbilden können. Andererseits kann aber bei Mietwohngebäuden auch das Ertragswertverfahren anzuwenden sein, wenn es sich im Einzelfall um Renditeobjekte handelt und das Sachwertverfahren nicht in gleicher Weise zur Wertfindung geeignet erscheint, weil der mit dieser Methode ermittelte Wert ganz erheblich von dem zwischen den Vertragsparteien vereinbarten und tatsächlich gezahlten Kaufpreis abweicht.
Insoweit hält der Bundesfinanzhof auch aktuell an den dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises durch getrennte Ermittlung des Verkehrswertes von Grund und Boden sowie Gebäude unter Rückgriff auf die gleichwertigen Wertermittlungsverfahren der Immobilienwertverordnung fest. Deutlich betont der Bundesfinanzhof, dass die genannten Grundsätze weiterhin ihre Berechtigung haben und erkennt auch weder in der Rechtsprechung, der Finanzverwaltung noch in der Literatur eine Infragestellung dieser Grundsätze.
Soweit der Bundesfinanzhof bislang schwerpunktmäßig eine Bewertung von Geschäftsgrundstücken im Ertragswertverfahren für angezeigt gehalten und dabei auf den Charakter als Renditeobjekte abgestellt hat, ist darauf hinzuweisen, dass im Kontext der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere der dynamischen Entwicklung des Immobilienmarktes, auch reine Wohnimmobilien als Renditeobjekte angesehen werden. Dementsprechend liegen auch dem Erwerb von zur Vermietung bestimmten Wohnungseigentum regelmäßig Ertragsüberlegungen zugrunde. Damit unterscheiden sich die Verhältnisse von den früheren Jahren, für die der Bundesfinanzhof davon ausgegangen ist, dass für den Erwerb von Mietwohngrundstücken neben Ertragsgesichtspunkten und dem Aspekt der sicheren Kapitalanlage vor allem die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend war. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, das Ertragswertverfahren außerhalb der Bewertung von Geschäftsgrundstücken von vornherein für weniger geeignet und mithin für nachrangig zu halten.
Neben diesen dogmatischen Erwägungen kommt in rechtsstaatlicher Hinsicht hinzu, dass in der Praxis der Immobilienbewertung das Sachwertverfahren keineswegs überwiegt. Vielmehr entspricht es den Gepflogenheiten des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs, sowohl das Vergleichswertverfahren bei der Ermittlung von Bodenwerten und auch bei bebauten Grundstücken anzuwenden als auch auf das Ertragswertverfahren zurückzugreifen, wenn vergleichbare Objekte üblicherweise mit der Absicht erworben werden, Erträge zu erzielen und den Wert des eingesetzten Kapitals zu vermehren, sowie eine Anwendung des Sachwertverfahrens in Betracht zu ziehen, wenn es sich um Sonderobjekte handelt.
In der Praxis der Immobilienbewertung wird dem Ertragswertverfahren die weiteste Verbreitung zugesprochen. Dies soll für nahezu alle Gebäudearten gelten, auch für Wohn- und Teileigentum. Zum Teil wird aber auch (jedenfalls bei der Wertermittlung von Eigentumswohnungen) eine Dominanz des Vergleichswertverfahrens gesehen.
Vor diesem Hintergrund kommt der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 20.9.2022 unter dem Aktenzeichen IX R 12/21 zu dem Schluss, dass sich die Wahl der Ermittlungsmethode einer Verallgemeinerung entzieht und ein Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren für bestimmte Gebäudearten nicht besteht.
8. Für Eigenheimkäufer in Nordrhein-Westfalen: Zwei Prozentpunkte Grunderwerbsteuer geschenkt!
In Nordrhein-Westfalen wie auch in anderen Bundesländern beträgt der Grunderwerbsteuersatz 6,5 % des Kaufpreises. Erfreulicherweise gibt es seit 2022 in Nordrhein-Westfalen ein Förderprogramm zur Entlastung bei der Grunderwerbsteuer. Für die Anschaffung von Eigenheimen (nicht Vermietungsobjekten), die seit 2022 beurkundet werden, können auf Antrag bis zu zwei Prozentpunkte der Grunderwerbsteuer erstattet werden. Tatsächlich kommt es allerdings nicht zu einer Erstattung durch die Finanzverwaltung, sondern vielmehr zu einem Zuschuss, der seitens der NRW Bank über das Programm NRW. Zuschuss Wohneigentum an die Erwerber von Eigenheimen gezahlt wird. De facto reduziert sich jedoch dadurch die Grunderwerbsteuer erheblich.
Ursprünglich galt das Förderprogramm für alle zwischen dem 1.1.2022 und 31.12.2022 notariell beurkundeten Kaufverträge bzw. erlassenen Zuschlagsbeschlüsse bei Ersteigerung des Eigenheims. Aktuell hat jedoch das Land Nordrhein-Westfalen den Förderzeitraum für das Zuschussprogramm Wohneigentum verlängert. Nach Angabe der NRW.Bank können die Anträge auf Förderung noch so lange eingereicht werden, wie ausreichend Fördermittel verfügbar sind.
Tatsächlich sind sogar noch ausreichend Fördermittel verfügbar. Insgesamt hat das Land Nordrhein-Westfalen nämlich 400 Million Euro für das Projekt zur Verfügung gestellt. Stand Anfang Dezember hat die NRW.Bank ca. 71 Million Euro bewilligt. Eingegangen sind zudem bis zu diesem Zeitpunkt etwa 30.000 Anträge mit einem Volumen von 190 Million Euro. Ca. die Hälfte des Fördertopfes scheint daher noch zur Verfügung zu stehen.
Grund genug, sich näher mit den Förderbedingungen zu beschäftigen: Das Förderprogramm richtet sich ausschließlich an natürliche Personen, die in Nordrhein-Westfalen selbstgenutztes Wohneigentum oder Bauland zur Bebauung mit einer selbstgenutzten Wohnimmobilie erworben haben bzw. erwerben. Sollte eine Person Wohneigentum erwerben und eine andere Person nutzt dieses, liegt hingegen keine Selbstnutzung vor. Eine Antragstellung ist dann nicht möglich.
Bei der Förderung gilt ein fester Prozentsatz von 2 % des auf die wirtschaftliche Selbstnutzung entfallenden notariell beurkundeten Kaufpreis. Allerdings gibt es auch einen Höchstbetrag, so werden maximal nur 10.000 Euro erstattet. Anders ausgedrückt: Nur die ersten 500.000 Euro des Kaufpreises werden gefördert, diese aber immer, selbst wenn die Immobilie deutlich mehr als 500.000 Euro gekostet hat.
Die Selbstnutzung als Hauptwohnsitz muss spätestens innerhalb von drei Jahren ab Antragstellung nachgewiesen werden. Möglich ist die Antragstellung seit dem 30.8.2022. Der Antrag kann ausschließlich über das Onlineportal der NRW.Bank erfolgen. Hier müssen die notwendigen Daten eingegeben und die erforderlichen Unterlagen hochgeladen werden.
Tipp: Auf der Internetseite der NRW Bank finden sich weitere Informationen. So beispielsweise Einzelheiten zur Förderung und ein Fragen-Antwort-Katalog unter https://www.nrwbank.de/de/privatpersonen/zuschuss-wohneigentum/ .
Die kompletten Förderrichtlinien finden Sie unter der folgenden Verlinkung: https://www.nrwbank.de/.galleries/downloads/Privatpersonen/Foerderrichtlinie-Wohneigentum-und-BNBest.pdf
9. Für Gewerbetreibende: Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Aufwendungen für eine Messestandfläche
Entsprechend der Regelung in § 8 Nummer 1 Buchstabe c des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinnes abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Beträge im Sinne von § 8 Nummer 1 Buchstabe a bis f GewStG 200.000 Euro übersteigt.
In dem Streitfall hinter dem Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs III R 14/21 ging es nun um die Frage, ob die angemieteten Messestandflächen bei unterstelltem Eigentum zu dem Anlagevermögen der Klägerin gehören würden. Mit Urteil vom 23.3.2022 hat der Bundesfinanzhof in dieser Sache wie folgt Stellung genommen:
Der Begriff des Anlagevermögens ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen. Das sind die zum Gebrauch im Betrieb bestimmten Wirtschaftsgüter. Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die zum Verbrauch oder zum sofortigen Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter.
Für die Hinzurechnung entsprechend der Regelung in § 8 GewStG ist nun darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden. Insoweit kommt es auf eine Fiktion an. Diese Fiktion ist auf den Zweck der Regelung des § 8 Nummer 1 Buchstabe e GewStG zurückzuführen, durch die Hinzurechnung im Sinne einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln. So zum einen bereits die Erklärung in der Bundestagsdrucksache 16/4841 auf Seite 78 sowie die Ausführung des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 25.10.2016 unter dem Aktenzeichen I R 57/15.
Dabei ist zwar das Eingreifen der Fiktion, dass der Steuerpflichtige der wirtschaftliche Eigentümer der Wirtschaftsgüter ist, nicht an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft. Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich aber maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss. Zu solchen objektiven Merkmalen wird beispielsweise die Art der Wirtschaftsgüter, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb oder die Art des Betriebes gezählt. Gemeint ist, dass es sich bei dem überlassenen Wirtschaftsgut der Art nach um Anlagevermögen handelt, wobei es ausreicht, wenn das Wirtschaft dazu geeignet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Insbesondere die Verwendung des Wirtschaftsgutes als Produktionsmittel spricht für die Zuordnung zum Anlagevermögen, während der Einsatz als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahelegt, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 5.6.2008 unter dem Aktenzeichen IV R 67/05 herausgearbeitet hat.
Um nun zu klären, ob es zu einer Hinzurechnung kommt, muss die Prüfung den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren. Insbesondere darf die Fiktion nicht weiter reichen, als die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet. Es ist daher zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt. Hierfür ist im Sinne einer Kontrollfrage darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich sinnvoll nur ausführen lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird.
Ein Gegenstand kann zwar auch dann dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet oder gepachtet wird. Dies gilt selbst dann, wenn sich das Miet- oder Pachtverhältnis lediglich auf Tage oder Stunden erstreckt. Insoweit darf für die Einordnung als Anlagevermögen die Zeitkomponente „dauernd“ nicht als reiner Zeitbegriff im Sinne von „immer“ oder „für alle Zeiten“ verstanden werden. Das setzt indessen voraus, dass der Steuerpflichtige derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigt. Dies hat der Bundesfinanzhof bejaht, wenn der Steuerpflichtige wiederholt gleichartige Container zur Weitervermietung oder gleichartige Bestuhlung und Beschallungsanlagen zur eigenen Nutzung in Sälen und Stadien angemietet hat. So die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 30.3.1994 unter dem Aktenzeichen I R 123/93.
Dagegen scheidet aber eine Zuordnung zum Anlagevermögen aus, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen und sie deshalb nicht zu seinem dem Betrieb auf Dauer gewidmeten Betriebskapital gehören würden.
Bei Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze kommt der Bundesfinanzhof nun zu dem Schluss, dass die Kosten für die Anmietung einer Messestandfläche bei einem ausstellenden Unternehmer nur dann zu einer Hinzurechnung entsprechend der Vorschrift des § 8 Nummer 1 Buchstabe e GewStG führen kann, wenn die Messestandfläche bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmers zu dessen Anlagevermögen gehören würde. Für die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen kommt es darauf an, ob der Geschäftszweck des betreffenden Unternehmens und auch die speziellen betrieblichen Verhältnisse das dauerhafte Vorhandensein einer entsprechenden Messestandfläche erfordert. Im vorliegenden Fall sah der Bundesfinanzhof diese Voraussetzung als nicht gegeben an und hat daher von einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung abgesehen.
10. Für grundstücksverwaltende Kapitalgesellschaften: Keine erweiterte Kürzung wegen Verpachtung an eine teilweise personenidentische gewerblich tätige Personengesellschaft
In § 9 Nummer 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist die sogenannte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages geregelt. Aufgrund dieser Vorschrift wird bei bestimmten Unternehmen die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen auf Antrag um den Teil des Gewerbeertrages gekürzt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Diese erweiterte Kürzung gilt beispielsweise für ein Unternehmen, das ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und nutzt. Zweck dieser sogenannten erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes, der Kraft der Rechtsform gewerbesteuerpflichtig ist, von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben. Insoweit hatte bereits grundlegend einmal der Große Senat des Bundesfinanzhofs in einem Beschluss vom 25.9.2018 unter dem Aktenzeichen GrS 2/16 zur Frage der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages Stellung genommen.
Der Gewährung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages steht jedoch die Regelung in § 9 Nummer 1 Satz 5 Nummer 1 GewStG entgegen. Danach ist die erweiterte Kürzung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. Die Vorschrift stellt eine folgerichtige gesetzgeberische Ausnahme von der Begünstigungsvorschrift der erweiterten Gewerbesteuerkürzung dar. Die Ausnahme der erweiterten Kürzung beruht nämlich darauf, dass der Gesetzgeber in einem Sachverhalt, bei dem der Grundbesitz zu eigenbetrieblichen Zwecken eines Gesellschafters dient, keine reine Vermögensverwaltung mehr erkennt, weil bei einer Nutzung des Grundstücks im Gewerbebetrieb des Gesellschafters ohne Zwischenschaltung eines weiteren Rechtsträgers die Grundstückserträge in den Gewerbeertrag einfließen und damit der Gewerbesteuer unterliegen würden.
Vor diesem Hintergrund kommt der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung vom 1.6.2022 unter dem Aktenzeichen III R 3/21 zu dem Schluss, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei einem in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Grundstücksunternehmen ausgeschlossen ist, wenn die GmbH Teile ihrer Grundstücke an eine teilweise personenidentische gewerblich tätige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) verpachtet.
Bei der Nutzung des Grundstücksteils durch eine Personengesellschaft greift insoweit der Ausschlusstatbestand des § 9 Nummer 1 Satz 5 Nummer 1 GewStG schon dann ein, wenn nur ein Gesellschafter der Personengesellschaft zugleich Gesellschafter des überlassenden Grundstücksunternehmens ist.
Halten mehrere Gesellschafter jeweils nur eine geringe (unter ein Prozent liegende) Beteiligung an der pachtenden Personengesellschaft und unterliegen sie bei dieser der persönlichen Haftung, ist der Ausschluss der erweiterten Gewerbesteuerkürzung aufgrund der Vorschrift des § 9 Nummer 1 Satz 5 Nummer 1 GewStG nicht unverhältnismäßig. Auch die Geringfügigkeit des überlassenen Grundbesitzes führt nicht dazu, dass der Ausschlusstatbestand nicht anwendbar ist. So bereits auch der Bundesfinanzhof in einer früheren Entscheidung vom 26.6.2007 unter dem Aktenzeichen IV R 9/05.