Kontakt
Nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage per E-Mail pder per Telefon.
E-Mail: info@stb-kp.de
Telefon: 0 62 04 / 33 17
Mandantenbrief 03/2023
- Für alle Steuerpflichtigen: Zur Hinzurechnung eines Kirchensteuererstattungsüberhangs
- Für alle Steuerpflichtigen: Ist die zumutbare Belastung verfassungswidrig?
- Für alle Steuerpflichtigen: Privates Veräußerungsgeschäft bei der Veräußerung eines Mobilheims
- Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Bezahlte Werbung für den Chef ist steuerpflichtiger Arbeitslohn!
- Für Beteiligte einer vorweggenommenen Erbfolge: Zur Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Zinssatzes bei der Ermittlung des Kapitalwerts eines Nießbrauchsrechts
- Für Unternehmer: Zur Verfassungsmäßigkeit des Gewinnzuschlags bei der Reinvestitions-Rücklage nach § 6b Abs. 7 EStG
- Für Unternehmer: Zur Rückstellung für Altersfreizeit:
- Für GmbH-Gesellschafter: Nutzung von verrechenbaren Verlusten nach § 15a EStG nach Formwechsel einer KG in eine GmbH
- Für GmbH Gesellschafter: Zur Beherrschungsidentität bei einer mittelbaren Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitz-Personengesellschaft im Rahmen der Betriebsaufspaltung
- Für stille Gesellschafter: Zum Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung eines Forderungsverlustes
1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Hinzurechnung eines Kirchensteuererstattungsüberhangs
Der sogenannte Kirchensteuererstattungsüberhang ist geregelt in § 10 Absatz 4b Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Bei der durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingeführten Vorschrift kommt es insbesondere auf den Zufluss der Erstattung an.
Ein Erstattungsüberhang liegt insoweit vor, wenn die im Veranlagungszeitraum erstatteten Aufwendungen die geleisteten Aufwendungen übersteigen. Der Bundesfinanzhof ist aufgrund der Auslegung der Gesetzesvorschrift der Auffassung, dass ein Erstattungsüberhang in Bezug auf Kirchensteuer nicht voraussetzt, dass der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum der Kirchensteuererstattung zugleich eine Kirchensteuerzahlung erbracht hat. Ein Erstattungsüberhang im Sinne der gesetzlichen Vorschrift kann daher auch vorliegen, wenn im Erstattungsjahr keine Kirchensteuer gezahlt worden ist.
Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Dessen Feststellung bindet die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der Richter dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen. Ziel jeder Auslegung ist die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Gegen seinen Wortlaut ist die Auslegung eines Gesetzes allerdings nur ausnahmsweise möglich, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sittenwidrigen Ergebnis führt, dass vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann, oder wenn sonst anerkannte Auslegungsmethoden dies verlangen. Diese Grundsätze hat der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 20.11.2019 unter dem Aktenzeichen XI R 46/17 gefestigt.
Unter Anwendung dieser genannten Auslegungsmethoden kommt der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung vom 29.6.2022 unter dem Aktenzeichen X R 1/20 zu dem Schluss, dass die Annahme eines Erstattungsüberhangs bei der Kirchensteuer nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass im Erstattungsjahr keine Kirchensteuer gezahlt worden ist. Die gegenteilige Annahme, wonach die Vorschrift des Erstattungsüberhangs das Vorliegen einer verrechenbaren Kirchensteuerzahlung voraussetzt, hält der Bundesfinanzhof für falsch.
Entsprechend der gesetzlichen Definition wird lediglich ein „Übersteigen“ der erstatteten Aufwendungen seitens der Regelung gefordert. Ein „Verrechnen“ von gezahlter Kirchensteuer ist hingegen nicht Bestandteil der Legaldefinition des Erstattungsüberhangs.
Auch der Normenzusammenhang führt zu keiner abweichenden Beurteilung, so der Bundesfinanzhof. Auch soweit in § 10 Absatz 4b Satz 2 EStG im Zusammenhang mit dem Begriff des „Erstattungsüberhangs“ von „geleisteten“ Aufwendungen die Rede ist und die Norm hieran anknüpft, wird damit lediglich der häufig vorkommende Fall eines betragsmäßigen und damit auch verrechenbaren Aufwands beschrieben, ohne dass aber bei einer Zahlung ein Überhang der Erstattungen von vornherein ausscheiden würde.
Sollte ein Erstattungsüberhang nur möglich sein, wenn auch Aufwendungen geleistet worden wären, würde dies auch zu einem sittenwidrigen Ergebnis führen. Die anhand der Gesetzesbegründung vorgenommene historische und teleologische Gesetzesauslegung bedingt, dass ein Erstattungsüberhang im Sinne dieser Vorschrift auch im Fall einer fehlenden Kirchensteuerzahlung im Erstattungsjahr gegeben sein muss.
Zur seinerzeitigen Begründung hatte die Bundesregierung im Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 darauf hingewiesen, dass auch die Erhöhung der Rechtssicherheit im Besteuerungsverfahren ein Beitrag zur Vereinfachung darstelle und die vorgesehenen Maßnahmen dem Ziel dienten, dass Besteuerungsverfahren vorhersehbarer, transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten und so durch mehr Verlässlichkeit im Verfahren ebenfalls Aufwand für alle Beteiligten zurückzuführen. Diesem Anliegen trage der seinerzeitige Gesetzesentwurf auch Rechnung, indem Erstattungen von Sonderausgaben, insbesondere von Kirchensteuern, die die in dem entsprechenden Jahr geleisteten Zahlungen übersteigen, künftig nur noch im Jahr der Erstattung berücksichtigt würden. Damit könne ein Wiederaufrollen der Steuerfestsetzung aus den Vorjahren vermieden werden. Der Steuerpflichtige müsse keine Änderung für zurückliegende Veranlagungszeiträume mehr nachvollziehen.
Dementsprechend ist die Regelung zum Erstattungsüberhang auch von dem Ziel der Verfahrensvereinfachung getragen. Bei einem Erstattungsüberhang betreffend die Kirchensteuer sollen nicht mehr die Bescheide der zurückliegenden Zahlungsjahre geändert werden. Vielmehr sollen die steuerlichen Konsequenzen im Veranlagungszeitraum übergreifend im Erstattungsjahr durch den Ansatz einer umgekehrten bzw. „negativen“ Sonderausgabe gezogen werden. So auch die einhellige Auffassung in der Rechtsprechung. Ein Kirchensteuererstattungsüberhang liegt damit auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum der Kirchensteuererstattung überhaupt keine Kirchensteuer gezahlt hat.
Hinweis: Darüber hinausgehend stellt der Bundesfinanzhof in der aktuell vorliegenden Entscheidung im Anschluss an sein Urteil vom 12.3.2019 unter dem Aktenzeichen IX R 4/17 auch abermals klar, dass die Hinzurechnung des Erstattungsüberhangs auch dann stattfindet, wenn sich die erstattete Zahlung der Kirchensteuer im Zahlungsjahr überhaupt nicht steuermindernd ausgewirkt hat. Dies ist für betroffene Steuerpflichtige sicherlich der schlimmste Fall.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Ist die zumutbare Belastung verfassungswidrig?
Das erstinstanzliche Finanzgericht Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung vom 5.2.2018 unter dem Aktenzeichen 10 K 3153/16 entschieden, dass gegen den Ansatz einer zumutbaren Belastung, wie sie in der gesetzlichen Regelung in § 33 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgesehen ist, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. So die Meinung der Erstinstanzler.
Dabei beziehen sich die erstinstanzlichen Richter auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 2.9.2015 unter dem Aktenzeichen VI R 32/13. Darin hatten die obersten Finanzrichter der Republik bereits entschieden, dass es von Verfassung wegen nicht geboten ist, bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Krankheitskosten auf den Ansatz der zumutbaren Belastung zu verzichten. Eine Überprüfung dieser Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht hat es jedoch seinerzeit nicht gegeben. Zwar wurde die Streitfrage auch dem Bundesverfassungsgericht mittels einer Verfassungsbeschwerde vorgelegt, jedoch wurde diese durch Beschluss vom 23.11.2016 unter dem Aktenzeichen 2 BvR 180/16 nicht angenommen. In der Sache hat sich daher damals das Bundesverfassungsgericht nicht mit der Thematik beschäftigt. Nun könnte es jedoch eine neue Gelegenheit bekommen, diese Frage zu klären.
Der Grund: Mit Beschluss vom 1.9.2021 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 18/19 die Anwendung der zumutbaren Belastung auf sogenannte beihilfefähige Aufwendungen im Krankheitsfall als verfassungsgemäß eingestuft.
Danach gilt im Wesentlichen folgendes: Zunächst zur Definition der außergewöhnlichen Belastungen an sich. Erwachsen Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, so spricht man von außergewöhnlichen Belastungen. Diese ermäßigen entsprechend der Regelung in § 33 Abs. 1 EStG auf Antrag die Einkommensteuer, in dem der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung entsprechend der Regelung in § 33 Abs. 3 EStG übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Tatsächlich geht der Bundesfinanzhof bereits in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Krankheitskosten (vollkommen unabhängig und ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung) dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen immer zwangsläufig entstehen und somit zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören. Dennoch sind auch diese Aufwendungen nur insoweit abziehbar, als sie den Betrag der zumutbaren Belastung, welche sich entsprechend der Regelung in § 33 Abs. 3 EStG ermittelt, überschreiten.
Dabei vertritt das Gericht die Auffassung, dass der Ansatz der zumutbaren Belastung auch bei Krankheitskosten, die beim beihilfeberechtigten Arbeitnehmer beihilfefähig gewesen wären, von Verfassung wegen hinzunehmen sind. Insoweit gebietet der allgemeine Gleichheitssatz nämlich dem Gesetzgeber, dass wesentlich gleiches auch gleich und wesentlich ungleiches ungleich zu behandeln ist.
Der allgemeine Gleichheitssatz ist bereits spezifisch anzuwenden. Dementsprechend hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, die das Gesetz an dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, ist im Bereich des Einkommensteuerrechts durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast und dem Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern, während die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen grundsätzlich immer eines besonderen sachlichen Grundes.
Vor diesem Hintergrund und auf diesen Grundsätzen kommt der Bundesfinanzhof in seiner vorgenannten Entscheidung zu dem Schluss, dass die zumutbare Belastung bei allen Steuerpflichtigen in gleicher Weise zu berücksichtigen ist.
Soweit der Kläger argumentiert, er selbst stünde hinsichtlich seiner beihilfefähigen Aufwendungen bei Anwendung der zumutbaren Belastung schlechter als ein Beamter, weil er sie aus zu versteuerndem Einkommen zu zahlen habe, ergibt sich dies nicht aus einer steuerlichen Belastungsentscheidung des Gesetzgebers. Ein Beamter erhält aufgrund der beihilferechtlichen Bestimmungen zum Teil höhere Aufwendungen für ärztliche Leistungen erstattet, als einem in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Steuerpflichtigen für diese Leistungen nach dem Sachleistungsprinzip zustehen. Trägt ein gesetzlich versicherter Steuerpflichtiger bestimmte Aufwendungen selbst, so ist dies eine Entscheidung des Gesetzgebers hinsichtlich des Umfangs der Sachleistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Wenn nun der Kläger vorträgt, die zumutbare Belastung müsse um beihilfefähige Aufwendungen herabgesetzt werden, begehrt er im Grunde eine zumindest mittelbare Kostenbeteiligung über die Steuer. Es gibt indes im Steuerrecht einschließlich der Regelungen über die außergewöhnlichen Belastungen keinen Grundsatz, der besagt, dass in anderen Rechtsgebieten getroffene Be- oder Entlastungsentscheidungen steuerrechtlich durch eine entsprechende Be- oder Entlastung auszugleichen sind. Auch ist der Gesetzgeber nicht im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes verpflichtet, die streitigen Krankheitskosten von der Besteuerung freizustellen. Im Übrigen begründet die Regelung in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Falle einer Steuervergünstigung für eine Gruppe keinen Anspruch einer anderen Gruppe auf eine vergleichbare steuerliche Entlastung. Dies ist bereits dem Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 15.9.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 6/09 zu entnehmen.
Mit dieser Argumentation kommt der Bundesfinanzhof schließlich zu dem Schluss: Der Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG bei sogenannten beihilfefähigen Krankheitskosten benachteiligt Steuerpflichtige ohne Beihilfeanspruch nicht in verfassungswidriger Weise gegenüber Beihilfeberechtigten Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
Hinweis: Auch diesmal ist damit jedoch noch nicht das letzte Wort gesprochen. Denn gegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofs wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt. Insoweit werden noch die Verfassungsrichter in Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 2 BvR 1579/22 über die grundgesetzliche Einordnung der zumutbaren Belastung auf sogenannte beihilfefähige Aufwendungen zu entscheiden haben. Betroffene sollten entsprechende Verfahren und Bescheide offenhalten.
3. Für alle Steuerpflichtigen: Privates Veräußerungsgeschäft bei der Veräußerung eines Mobilheims
Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind private Veräußerungsgeschäfte im Sinne des § 22 Nummer 2 EStG Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Gebäude und Außenanlagen sind dabei einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden. Dies gilt entsprechend für Gebäudeteile, die selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und in Teileigentum stehende Räume.
Grundstücke im Sinne dieser Regelung sind im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchs gesondert aufgeführte Teilflächen, deren Veräußerung zivilrechtlich möglich ist. In den Anwendungsbereich der Norm fallen sowohl unbebaute als auch bebaute Grundstücke. Gebäude werden als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks erfasst und nicht isoliert als selbstständiges Wirtschaftsgut im Sinne der Regelung des privaten Veräußerungsgeschäftes gesehen. Dementsprechend fallen Gebäude auf fremdem Grund und Boden grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 EStG. Dies macht die Finanzverwaltung häufig falsch!
Zu den Rechten, auf die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke Anwendung finden, gehören neben dem Erbbaurecht und dem Mineralgewinnungsrecht das Wohnungs- und Teileigentum sowie die nach Landesrecht als Immobiliarrecht ausgestalteten Rechte. Hingegen werden sonstige dingliche Rechte wie Dienstbarkeiten einschließlich Nießbrauch, Dauerwohnrecht, Vorkaufsrecht, Reallast, Hypotheken sowie Grund- und Rentenschulden nicht erfasst. So auch bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 11.4.2012 unter dem Aktenzeichen VIII R 28/09.
Auf Basis dieser Grundsätze kann der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung eines sogenannten Mobilheims nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 EStG der Besteuerung unterworfen werden.
Bei dem veräußerten Mobilheim handelt es sich nicht um ein (bebautes) Grundstück, sondern um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, dessen (isolierte) Veräußerung eben nicht besagter Regelung unterfällt. Gegen die rechtliche Würdigung, das Mobilheim sei bewertungsrechtlich als Gebäude zu qualifizieren, bestehen hingegen seitens des Bundesfinanzhofs keinerlei Bedenken, wie es bereits in einer Entscheidung vom 22.7.2020 unter dem Aktenzeichen II R 37/17 geäußert hat.
Ebenso wenig liegt mit Blick auf das Mobilheim ein grundstücksgleiches Recht vor. Ein solches kann nur dann gegeben sein, wenn das Gesetz das Recht wie ein Grundstück behandelt. Dies ist etwa beim Erbbaurecht der Fall. Dies deshalb, weil die Regelungen des Erbbaurechtsgesetzes die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 925, 900, 927, 928 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie die Vorschriften über Ansprüche aus dem Eigentum für entsprechend anwenderbar erklären, soweit sich aus dem Erbbaurechtgesetz nichts anderes ergibt. Für gemietete Grundstücke gilt dies hingegen nicht.
Entgegen der Ansicht des Finanzamtes lässt sich die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 EStG im Fall von Gebäuden auf langfristig angemietetem Grundbesitz auch nicht durch einen Hinweis auf die Vergleichbarkeit des Sachverhalts mit dem Erbbaurecht begründen. Ungeachtet des Umstandes, dass es an einer gesetzlich angeordneten Gleichstellung zum Grundstück fehlt, besteht keine vergleichbare Situation. Zwar fallen sowohl beim Erbbaurecht als auch bei Gebäuden auf langfristig angemietetem Grundbesitz das Eigentum an Grundstück und das zivilrechtliche Eigentum am Gebäude auseinander. Dies hat zur Konsequenz, dass im Fall der Veräußerung des Gebäudes allein die auf das Bauwerk entfallende Wertsteigerung realisiert wird, nicht aber die im Grund und Boden verhafteten stillen Reserven. Allerdings handelt es sich beim Erbbaurecht um ein dingliches Recht, das dem Eigentum angenähert ist. Deshalb spricht man auch von grundstücksgleichen bzw. eigentumsgleichen Rechten. Dagegen gewährt die Miete nur einen schuldrechtlichen Anspruch des Mieters auf Gebrauchsüberlassung der Sache. Eine Gleichbehandlung für Zwecke der Veräußerungsgewinnbesteuerung ist daher nicht gerechtfertigt.
Jetzt kommt hingegen das große „Aber!“. Der Bundesfinanzhof führt nämlich in seiner Entscheidung vom 24.5.2022 unter dem Aktenzeichen IX R 22/21 auch aus, dass die Vorinstanz den Tatbestand des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 (!) EStG zu Unrecht nicht geprüft hat. Nach dieser Vorschrift unterliegt nämlich die Veräußerung eines Mobilheims der Besteuerung.
Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG sind private Veräußerungsgeschäfte auch Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Es handelt sich insoweit um einen Auffangtatbestand. Ausgenommen sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre. So geregelt in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 4 EStG.
Andere Wirtschaftsgüter im Sinne der Vorschrift in Nummer 2 sind Wirtschaftsgüter jedweder Art im Privatvermögen, die nicht unter Nummer 1 fallen, d. h. nicht Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte oder in die Veräußerungsgewinnbesteuerung einzubeziehende Gebäude und Außenanlagen sind. So auch bereits der Bundesfinanzhof in mehreren Entscheidungen, beispielsweise vom 29.10.2019 unter dem Aktenzeichen IX R 10/18.
§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG nimmt Gegenstände des täglichen Gebrauchs von der Besteuerung aus. Diese tatsächlich erst durch das Jahressteuergesetz 2010 eingefügte Norm ist dabei erstmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Gegenstände des täglichen Gebrauchs aufgrund eines nach dem 13.12.2010 rechtskräftig abgeschlossenen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsaktes angeschafft wurden. Diese Vorschrift gilt auch im hier entschiedenen Streitfall für das Mobilheim.
Aus den Materialien zum Jahressteuergesetz 2010 folgt nämlich sinngemäß, dass die damalige Neuregelung darauf abzielt, Verlustgeschäfte von meist vorrangig zur Nutzung angeschafften Gebrauchsgegenständen, die, wie beispielsweise Gebrauchsfahrzeuge, dem Wertverlust unterliegen, steuerrechtlich nicht wirksam werden zu lassen. Bei den Gegenständen des täglichen Gebrauchs im Sinne dieser Vorschrift muss es sich bei objektiver Betrachtung um Gebrauchsgegenstände handeln, die dem Wertverzehr unterliegen und/oder kein Wertsteigerungspotenzial aufweisen, wobei eine Nutzung an jedem Tag nicht erforderlich ist.
Der Gesetzgeber hat seinerzeit mit dieser Regelung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des BFH vom 22.4.2008 unter dem Aktenzeichen IX R 29/06 reagiert. In diesem Urteil hatten die obersten Finanzrichter der Republik entschieden, dass die Regelung nicht teleologisch insoweit zu reduzieren ist, als Wirtschaftsgüter des täglichen Gebrauchs mangels objektiven Wertsteigerungspotenzials aus dem Anwendungsbereich herauszunehmen sind. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs sollte mit der gesetzlichen Einfügung klargestellt werden, dass die Veräußerung von Gebrauchsgegenständen, die regelmäßig mit dem Ziel der Nutzung und nicht mit dem Ziel der zeitnahen gewinnbringenden Veräußerung angeschafft werden, nicht steuerbar ist. Im Ergebnis wurde mit der Gesetzesänderung die seinerzeitige Auffassung der Finanzverwaltung wiederhergestellt.
Erzielt der Steuerpflichtige allerdings aus der Nutzung anderer Wirtschaftsgüter als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte, verlängert sich die Veräußerungsfrist auch bei solchen Wirtschaftsgütern auf zehn Jahre! Diese Regelung ist erstmals auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Wirtschaftsgüter nach dem 31.12.2008 aufgrund eines nach diesem Zeitpunkt rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder gleichstehenden Rechtsaktes angeschafft wurden. Diese Regelung kann auf ein (vermietetes) Mobilheim angewendet werden.
Leider sieht der Bundesfinanzhof ein Mobilheim nicht als einen Gegenstand des täglichen Bedarfs an. Gebäude sind nämlich nach seiner Meinung keine Gebrauchsgegenstände in diesem Sinne. Sie sind vorrangig Objekt einer Veräußerung und werden nur dann von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG erfasst, wenn sie losgelöst vom betreffenden Grundstück isoliert veräußert werden. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG zielt aber auf bewegliche Wirtschaftsgüter (wie PKW) ab. Gebäude wollte der Gesetzgeber mit der Norm, die auf „nicht mit Einkünfteerzielungsabsicht getätigte Verlustgeschäfte“ gerichtet ist, nicht von der Besteuerung ausnehmen. Sie werden regelmäßig gerade nicht nur deshalb veräußert, um die Kosten der eigenen Nutzung zu minimieren, indem ein Teil der Anschaffungskosten durch die Weiterveräußerung aufgefangen wird. So zu entnehmen der Bundestagsdrucksache 17/2249 auf Seite 54.
Zusammengefasst muss hervorgehoben werden, dass Gebäude auch der Vermögensbildung bzw. der Kapitalanlage dienen. Tatsächlich hatte im vorliegenden Fall das Mobilheim offensichtlich auch ein erhebliches Wertsteigerungspotenzial, da immerhin in knapp vier Jahren eine Wertsteigerung von ca. 45 % erzielt wurde.
Wäre das Mobilheim nicht vermietet worden, würde insoweit nur eine einjährige Frist gelten und eine Besteuerung im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes käme nicht in Betracht. Im vorliegend entschiedenen Urteilsfall wurde das Mobilheim zwischen Anschaffung und Veräußerung jedoch als Einkunftsquelle zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Die Folge ist eine verlängerte Veräußerungsfrist auf zehn Jahre entsprechend der Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 4 EStG. Nach Maßgabe dieser Argumentation findet im vorliegenden Fall eine Besteuerung im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes leider statt.
Hinweis 1: Am Rande führt der Bundesfinanzhof noch aus, dass er insoweit auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken sieht. Die in Abhängigkeit von der Haltedauer unterschiedliche Erfassung privater Veräußerungsgeschäfte verstößt seiner Auffassung nach nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Dies ist dabei nicht nur die Auffassung des Bundesfinanzhofs, sondern kann auch einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 7.7.2010 unter dem Aktenzeichen 2 BvL 14/02 entnommen werden.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen auch nicht im Hinblick auf die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 4, wonach sich auch bei den sonstigen Wirtschaftsgütern die Frist auf zehn Jahre verlängert, wenn diese zur Einkünfteerzielung genutzt werden. Zwar wird dieser Norm angesichts ihres Sinnes und Zwecks, der Missbrauchsverhütung, eine stark überschießende Tendenz attestiert. Dem soll allerdings dadurch begegnet werden, dass unter dem Begriff der Einkunftsquelle nur solche Wirtschaftsgüter erfasst werden, die eine eigenständige Erwerbsgrundlage bilden. Im vorliegenden Fall kann daher festgestellt werden, dass das Mobilheim unstreitig eine solche eigenständige Erwerbsgrundlage durch seine Vermietung darstellt.
Hinweis 2: Last but not least erteilt der Bundesfinanzhof der Möglichkeit zur Verringerung der Besteuerung im Hinblick auf die Inflation eine klare Absage. Sofern die Veräußerungsgewinnbesteuerung die Geldentwertung nicht berücksichtigt, ist dies nämlich unbeachtlich, da die Ermittlung der Einkünfte nach Maßgabe des Nominalwertprinzips stattfindet und insoweit mit dem Gleichheitsgebot einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vereinbart ist, wie das Bundesverfassungsgericht ebenfalls bereits in einer der vorgenannten Entscheidungen erwähnt hat.
Man kann es also drehen und wenden, wie man will: Wenn das Mobilheim vermietet wird, muss eine Besteuerung bei Veräußerung innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes stattfinden.
4. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Bezahlte Werbung für den Chef ist steuerpflichtiger Arbeitslohn!
Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Dies gilt vollkommen unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt.
Entsprechende Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. So auch bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 4.7.2018 unter dem Aktenzeichen VI R 16/17.
Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist regelmäßig zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nicht selbstständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitnehmers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Diese Auffassung entspricht dabei der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, so beispielsweise in der Entscheidung vom 13.8.2020 unter dem Aktenzeichen VI R 1/17.
Dagegen liegt kein Arbeitslohn vor, wenn eine Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. So ebenfalls bereits die obersten Finanzrichter der Republik in ihrer Entscheidung vom 19.10.2001 unter dem Aktenzeichen VI R 131/00.
Aus all dem folgt, dass Bezüge oder Vorteile immer dann durch vom Arbeitsverhältnis unabhängige oder eigenständige Sonderrechtsbeziehungen veranlasst sind, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Erwerbskraft des Arbeitnehmers zugrunde liegen. Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist in der Praxis regelmäßig nach dem wirtschaftlichen Gehalt des zu beurteilenden Lebenssachverhalts und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu würdigen. Wie das Kind im Ergebnis heißt, ist daher irrelevant. Deshalb steht auch der Abschluss eines neben dem Arbeitsvertrag bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Behandlung eines Vorteils als Arbeitslohn nicht zwingend entgegen, während umgekehrt allein aus der Vereinbarung eines Vorteils zum Arbeitsvertrag nicht automatisch auf das Vorliegen von Arbeitslohn geschlossen werden kann.
Insoweit obliegt es in allererster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das erstinstanzliche Finanzgericht, ob eine Leistung des Arbeitgebers den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichteinkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist. Denn ob im Endeffekt ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichteinkommensteuerbaren Bereich zuzuordnen ist, kann nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des jeweiligen Einzelfalles entschieden werden. So auch die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie beispielsweise mit Urteil vom 3.7.2019 unter dem Aktenzeichen VI R 12/16 mit weiteren Nennungen. Die Tatsachenwürdigung des Finanzgerichtes ist insoweit dann auch revisionsrechtlich für den Bundesfinanzhof bindend, soweit sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder durch die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist.
Auf der Basis dieser Grundlagen kommt der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 21.6.2022 unter dem Aktenzeichen VI R 20/20 zu dem Ergebnis, dass ein Entgelt für Werbung des Arbeitgebers auf dem Kennzeichenhalter des privaten Fahrzeugs des Arbeitnehmers durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist und damit Arbeitslohn darstellt. Dies gilt zumindest dann, wenn dem mit dem Arbeitnehmer abgeschlossenen „Werbemietvertrag“ kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt. Ist das für die Werbung gezahlte Entgelt als Arbeitslohn zu beurteilen, scheidet eine überwiegend eigenbetriebliche Veranlassung der Zahlung regelmäßig aus. Die Folge ist daher nicht nur die Lohnsteuerpflicht, sondern auch die Sozialversicherungspflicht.
5. Für Beteiligte einer vorweggenommenen Erbfolge: Zur Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Zinssatzes bei der Ermittlung des Kapitalwerts eines Nießbrauchsrechts
Unter dem Aktenzeichen II R 8/22 muss der Bundesfinanzhof die Rechtsfrage klären, ob der zur Berechnung des Kapitalwerts eines Nießbrauchsrechts auf den Jahreswert einzusetzende Vervielfältiger vor dem Hintergrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 8.7.2021 (Aktenzeichen 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) zur Vollverzinsung unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 1,8 % anstelle der gesetzlich vorgesehenen 5,5 % zu ermitteln ist.
Hintergrund ist hier die Frage, ob der Kapitalwert des Nießbrauchsrechtes, welcher insbesondere bei der vorweggenommenen Erbfolge von Immobilien steuermindernd angesetzt werden kann, tatsächlich höher (und damit steuermindernder) ausfallen muss.
Zum Hintergrund: Mit den oben genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes hat dieses grundsätzlich die Vollverzinsung nach § 233a der Abgabenordnung (AO) als verfassungsgemäß bestätigt. Allerdings hat diese Entscheidung ein großes „Aber!“. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber nämlich sehr wohl darauf hingewiesen, dass er den bisherigen Zinssatz von 0,5 % je vollem Zinsmonat durchaus seit dem Veranlagungsjahr 2014 hätte anpassen müssen. Wohl gemerkt: Hätte! Der Zinssatz darf nämlich entsprechend der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes noch für Veranlagungszeiträume bis Ende 2018 weiterhin angewendet werden. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht eine Fortgeltungsanordnung geschaffen. Ab den Veranlagungsjahr 2019 ist die Höhe des Zinses von 0,5 % je vollem Zinsmonat jedoch nicht mehr mit dem Grundgesetz in Einklang zu bringen. Dies hat zur Folge, dass die Verzinsung nach dieser Regelung nicht mehr durchgeführt werden darf.
Der Gesetzgeber war somit gezwungen, eine (rückwirkende) verfassungsgemäße Neuregelung des Zinssatzes für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen zu schaffen. Dies hat er mittlerweile getan.
Danach wird der Zinssatz für Zinsen nach § 233a AO zumindest fortan für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat, also insgesamt 1,8 % pro Jahr, gesenkt. Der Gesetzgeber sieht damit die verfassungsrechtlichen Vorgaben als erfüllt an.
Vor diesem Hintergrund hat das Finanzgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 23.2.2022 (Aktenzeichen 4 K 129/19 Erb) entschieden, dass der bei der Ermittlung des Vervielfältigers zur Berechnung des Kapitalwerts eines Nießbrauchsrechts anzuwendende Zinssatz von 5,5 % zumindest im Jahr 2016 den gleichheitsrechtlichen Anforderungen des Grundgesetzes in Art. 3 Abs. 1 GG genügt. Eine etwaige Verfassungswidrigkeit dieses Zinssatzes könne sich im Übrigen nach der insoweit übertragenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allenfalls auf Besteuerungszeitpunkt nach dem 31.12.2018 beziehen.
Tipp: Beteiligte an einer vorweggenommenen Erbfolge unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechtes sollten daher prüfen, ob man sich an das anhängige Verfahren anhängt um so zu erreichen, dass die Abzugsposition des Kapitalwerts für das Nießbrauchsrecht eventuell erhöht wird und es somit zu einer (weiteren) Einsparung von Schenkungsteuer kommen kann.
6. Für Unternehmer: Zur Verfassungsmäßigkeit des Gewinnzuschlags bei der Reinvestitions-Rücklage nach § 6b Abs. 7 EStG
Die gesamte Regelung des § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) dient dem Zweck, die aufgrund bestimmter Veräußerungsvorgänge aufgedeckten stillen Reserven steuerrechtlich nicht sofort zu erfassen, sondern sie auf eine Reinvestition zu übertragen. So auch bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 9.7.2019 unter dem Aktenzeichen X R 7/17.
Ausweislich der Regelung in § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Steuerpflichtige, der ein dort genanntes Wirtschaftsgut seines Anlagevermögens veräußert, im Wirtschaftsjahr der Veräußerung von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in Satz 2 bezeichneten Wirtschaftsgüter einen Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns abziehen. Soweit ein solcher Betrag mangels einer direkten Reinvestition nicht abgezogen wird, kann der Steuerpflichtige im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden. Entsprechend § 6b Abs. 3 Satz 2 EStG kann der Steuerpflichtige bis zur Höhe der Rücklage von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG bezeichneten Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Wirtschaftsjahr angeschafft oder hergestellt worden sind, im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung ein Betrag abziehen. Die Rücklage ist in Höhe des abgezogenen Betrages gewinnmindernd aufzulösen.
Sofern eine Rücklage zum Abschluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist, ist sie grundsätzlich in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen. Werden Anlagegüter zum Zwecke der Vorbereitung oder Durchführung von städtebaulichen Sanierungs- oder Entwicklungsmaßnahmen an bestimmte Erwerber übertragen, so gilt eine um drei Jahre verlängerte Reinvestitionsfrist. Diese Voraussetzungen sind dann durch eine Bescheinigung einer nach Landesrecht zuständigen Behörde nachzuweisen.
Während der Laufzeit der Reinvestitionsfrist ist der Steuerpflichtige auch befugt, die Rücklage ganz oder teilweise gewinnerhöhend aufzulösen oder auf ein anderes Wirtschaftsgut ganz oder teilweise zu übertragen, wie der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 29.4.2020 unter dem Aktenzeichen XI R 39/18 klargestellt hat.
Soweit eine gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst wird, ohne dass ein entsprechender Betrag nach § 6b Abs. 3 EStG abgezogen wird, ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 % des aufgelösten Rücklagenbetrages zu erhöhen. Das Wirtschaftsjahr der Veräußerung stellt dabei kein volles Wirtschaftsjahr dar.
Mit Urteil vom 24.8.2022 kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 7 K 3764/19 G nun zu dem Schluss, dass der Gewinnzuschlag gemäß der Regelung in § 6b Abs. 7 EStG in Höhe von jährlich 6 % jedenfalls für einen Zeitraum bis zum 31.12.2018 verfassungsgemäß ist.
Hinweis: Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage musste das erstinstanzliche Finanzgericht Münster die Revision zum Bundesfinanzhof zulassen. Ob der Revisionszug jedoch tatsächlich bestiegen wurde, ist derzeit noch nicht bekannt. Betroffene sollten die Entwicklung daher genau im Blick behalten.
7. Für Unternehmer: Zur Rückstellung für Altersfreizeit:
Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Verbindung mit der Norm in § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) sind als Ausdruck eines handelsrechtlichen Grundsatzes ordnungsgemäßer Buchführung für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Ein Bilanzausweis ist unter anderem aber dann sehr wohl geboten, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistung oder Erfüllungsrückstand eines Vertragspartners gestört ist. Dies hat bereits der Große Senat des Bundesfinanzhofs am 23. 6. 1997 unter dem Aktenzeichen GrS 2/93 herausgearbeitet.
Insbesondere ein Erfüllungsrückstand liegt dabei vor, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertragspartner im Rückstand befindet, also weniger geleistet hat, als er nach dem Vertrag für die bis dahin vom Vertragspartner erbrachte Leistung insgesamt zu leisten hatte. Der Bundesfinanzhof knüpft den Begriff des Erfüllungsrückstands herkömmlicherweise eng an den schuldrechtlich gebotenen Zeitpunkt der Erfüllung. Darüber hinaus hatte er aber auch eine an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Betrachtung genügen lassen, allerdings vorausgesetzt, mit der nach dem Vertrag geschuldeten zukünftigen Leistung wird nicht nur an Vergangenes angeknüpft, sondern Vergangenes abgegolten. So zu entnehmen der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 28.7.2004 unter dem Aktenzeichen XI R 63/03.
Wann eine vertragliche Verpflichtung erfüllt ist, bestimmt sich seither auch bei Dauerschuldverhältnissen nicht mehr entscheidend nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, sondern nach dem wirtschaftlichen Gehalt der geschuldeten Leistung. Erfüllungsrückstand setzte nicht die Fälligkeit der vertraglich geschuldeten Leistung zum Bilanzstichtag voraus, wie der BFH in seinem Urteil vom 5.2.1987 unter dem Aktenzeichen IV R 81/84 herausgearbeitet hat.
Um eine Rückstellung gewinnmindernd berücksichtigen zu können, muss im Einzelnen danach zunächst eine ungewisse Verbindlichkeit vorliegen, also eine Verbindlichkeit, die dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewiss ist. Dies ist der Fall, wenn eine Verbindlichkeit dem Grunde nach besteht oder mit Wahrscheinlichkeit entstehen wird und hinsichtlich der Höhe dieser Verbindlichkeit Ungewissheit besteht. Die Inanspruchnahme aus der Verbindlichkeit muss dabei jedoch wahrscheinlich sein. So auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 1.8.1984 unter dem Aktenzeichen I R 88/80.
Auf Basis dieser Grundsätze kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 10.11.2021 unter dem Aktenzeichen 12 K 2486/20 zu dem Schluss, dass die Verpflichtung eines Arbeitgebers in einem Manteltarifvertrag, dem Arbeitnehmer am Ende des laufenden Arbeitsverhältnisses und vor dem Eintritt in die gesetzliche Altersrente Freizeittage zu gewähren, eine Gegenleistung des Arbeitgebers für eine bereits in zurückliegenden Jahren erbrachte Leistung des Arbeitnehmers darstellt.
Obwohl das erstinstanzliche Gericht zum Schluss in der Urteilsbegründung ausdrücklich erwähnt, dass Gründe, die die Zulassung einer Revision rechtfertigen würden, nicht vorliegen, ist mittlerweile die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig. Das erstinstanzliche Gericht vertrat noch ausdrücklich die Auffassung, dass es weder erkennbar ist, dass hier ein Fall grundsätzliche Bedeutung vorliegt, noch dass eine Divergenz zu anderer Rechtsprechung gegeben ist. Insoweit war das erstinstanzliche Gericht der Meinung, lediglich gefestigte Rechtsgrundsätze auf einen Einzelfall angewendet zu haben.
Offensichtlich ist das Finanzamt hier jedoch anderer Meinung, denn mittlerweile ist die Streitfrage beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IV R 22/22 anhängig.
Tipp: Die grundsätzliche Bedeutung der Streitfrage ist dabei auf viele Sachverhalte übertragbar, weshalb Steuerpflichtige, die sich ebenfalls mit der Problematik der Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten beschäftigen müssen, sich gegebenenfalls an das Musterverfahren beim Bundesfinanzhof anhängen sollten.
8. Für GmbH-Gesellschafter: Nutzung von verrechenbaren Verlusten nach § 15a EStG nach Formwechsel einer KG in eine GmbH
Mit Urteil vom 26.1.2022 hat das Hessische Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 9 K 844/20 geurteilt, dass die am steuerlichen Übertragungsstichtag aufgrund eines Formwechsels einer Kommanditgesellschaft in eine GmbH nach § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) festgestellten verrechenbaren Verluste des Kommanditisten seinen Gewinn aus der späteren Veräußerung der GmbH-Anteile nicht mindert.
Der vorliegend erkennende Senat des Hessischen Finanzgerichtes vermag sich der Rechtsansicht des Klägers nicht anzuschließen, wonach sich eine Berücksichtigung des Verlustes bereits aus dem Wortlaut der Regelung in § 15a Abs. 2 Satz 1 EStG ergebe.
Aufgrund dieser Regelung darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust der Kommanditgesellschaft weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. Der Verlust darf insoweit auch nicht nach § 10d EStG im Wege des Verlustabzugs abgezogen werden.
Soweit ein solcher Verlust nicht ausgeglichen oder abgezogen werden darf, mindert er die Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind.
Das Hessische Finanzgericht stellt dabei ganz konkret auf den Wortlaut der Norm ab. Dieser spricht nämlich klar gegen die Rechtsansicht der Kläger, dass eine entsprechende Verlustverrechnung möglich ist. Denn im Gesetz werden ausdrücklich Gewinnminderungen angesprochen, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft zuzurechnen sind. Nach der formwechselnden Umwandlung der Kommanditgesellschaft in eine GmbH gab es aber keinen Kommanditisten und keine Kommanditgesellschaft mehr. Diese Rechtsstellung lebt auch nicht fiktiv fort, wie der Kläger argumentieren wollte. Aus dem klaren Gesetzeswortlaut folgt daher, dass bei der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nicht verbrauchte verrechenbaren Verluste des Kommanditisten nicht mit Gewinnen der Kapitalgesellschaft verrechnet werden können. Eine Verrechnung ist nur mit Gewinnen aus derselben Beteiligung möglich. Nach der Umwandlung hält der Kommanditist jedoch keine Beteiligung mehr an einer Kommanditgesellschaft. Es fehlt somit an der Anteilsidentität. Auch die für die Anwendung erforderliche identische Einkunftsquelle ändert sich, da nun Kapitaleinkünfte statt gewerbliche Einkünfte vorliegen.
Hinweis: Auch wenn sich die oben dargestellte Meinung des Hessischen Finanzgerichtes als sehr schlüssig darstellt, so waren die Richter doch gezwungen, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Unter dem Aktenzeichen X R 5/22 werden die obersten Finanzrichter der Republik darüber entscheiden müssen, ob ein Gesellschafter einen im Zeitpunkt der formwechselnden Umwandlung einer Kommanditgesellschaft hin zu einer GmbH für ihn bestehenden verrechenbaren Verlust nach § 15a EStG bei der Jahre später erfolgten Veräußerung seiner GmbH-Anteile vom dortigen Veräußerungserlös zum Abzug bringen kann.
Auch wenn vorliegend die Erfolgsaussichten gering erscheinen, so ist mit einer etwaigen Verlustverrechnung doch regelmäßig eine sehr hohe Steuerersparnis verbunden, weshalb sich betroffene Steuerpflichtige an das Musterverfahren anhängen sollten.
9. Für GmbH Gesellschafter: Zur Beherrschungsidentität bei einer mittelbaren Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitz-Personengesellschaft im Rahmen der Betriebsaufspaltung
Im Wege der Änderung der Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 16.9.2021 unter dem Aktenzeichen IV R 7/18 entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung entschieden, dass auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zu berücksichtigen ist.
Bei einer Beteiligung an einer Besitz-Personengesellschaft, die ausschließlich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft steht, wurde bislang wegen des sogenannten Durchgriffsverbots weder die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft noch eine damit verbundene Beherrschungsfunktion der Besitzgesellschaft zugerechnet.
Mit dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 21.11.2022 wird nun zu der Änderung der Rechtsprechungsstellung genommen. Grundsätzlich wird insoweit die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs angewendet. Aus Vertrauensschutzgründen ist eine solche Beteiligung bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung allerdings erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 zu berücksichtigen. Betroffene haben daher noch Zeit, die Gegebenheiten zu ändern, sofern im Einzelfall möglich.
10. Für stille Gesellschafter: Zum Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung eines Forderungsverlustes
Wenn ein Kommanditist Schulden der Kommanditgesellschaft zahlt, so steht ihm gegen die Kommanditgesellschaft ein Ausgleichsanspruch zu. Dieser ergibt sich aus den Regelungen der § § 110 und 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB). Dieser Anspruch besteht neben einem eventuellen Einspruch aus gesetzlichem Forderungsüberhang, der sich ergeben kann, wenn der Kommanditist als Bürge in Anspruch genommen wird oder wenn der Zahlung ein Schuldbeitritt vorausgegangen ist, durch den er zum Gesamtschuldner geworden ist.
Solche Ansprüche gehören, ebenso wie Ansprüche eines Gesellschafters aus einer gegenüber der Kommanditgesellschaft bestehenden Darlehensforderung, zwar nicht zu dem in der Gesellschaftsbilanz auszuweisenden Eigenkapital, sondern zum Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten, das in der zusätzlich zur Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft zu bildenden Sonderbilanz als Eigenkapital behandelt wird. Diese Grundsätze hat bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 12.7.1990 unter dem Aktenzeichen IV R 37/89 herausgearbeitet.
Selbst wenn definitiv feststeht, dass ein solcher Ersatzanspruch wertlos ist, weil er weder von der Kommanditgesellschaft noch vom persönlich haftenden Gesellschafter beglichen werden kann, folgt aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht kommt. Das sogenannte Imparitätsprinzip gilt insoweit nicht. Vielmehr wird dieser Verlust im Sonderbetriebsvermögen, ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen, grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also bei Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschafter, realisiert. Diese Auffassung hat dabei nicht nur das hier vorliegend entscheidende Niedersächsische Finanzgericht in seinem Urteil vom 22.3.2017 unter dem Aktenzeichen 9 K 92/15, sondern auch der BFH in ständiger Rechtsprechung. So beispielsweise durch seine Entscheidung vom 26.9.1996 unter dem Aktenzeichen IV R 105/94.
Diese vorgenannten Rechtsgrundsätze sind nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichtes auch auf eine GmbH und atypisch stille Gesellschaft zu übertragen.
Die ertragsteuerliche Gleichstellung einer GmbH und atypisch stillen Gesellschaft mit anderen Mitunternehmerschaften gebietet es nach Auffassung der erstinstanzlichen Rechtsprechung insoweit, den stillen Gesellschafter einem Kommanditisten im Hinblick auf die in seinem Sonderbetriebsvermögen II bestehenden Forderungen gegen die Kommanditgesellschaft gleichzustellen. Daraus ergibt sich dann im Weiteren, dass eine Berücksichtigung des Forderungsverlustes gegen die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäftes erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerschaft zuzulassen ist.
Hinweis: Ob jedoch tatsächlich bis zur Beendigung der Mitunternehmerschaft gewartet werden muss, bis der Verlust steuerlich verrechnet werden darf, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Niedersächsische Finanzgericht nämlich die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Dieser muss nun unter dem Aktenzeichen IV R 8/20 klären, ob bei einer GmbH und atypisch stillen Forderungsverlusten des stillen Gesellschafters gegen die GmbH diese bereits im Zeitpunkt der Veräußerung sämtlichen Anlagevermögens der GmbH und der Einstellung ihres Geschäftsbetriebs realisiert werden können, wenn zu diesem Zeitpunkt ebenso klar ist, dass mit einer Auskehrung von Vermögen an den Forderungsinhaber im Rahmen der Liquidation nicht mehr zu rechnen ist. Dies wäre zumindest die wünschenswerte Entscheidung. Wie nicht anders zu erwarten, vertritt das Finanzamt jedoch die Auffassung, dass infolge der Gleichstellung mit anderen Mitunternehmerschaften ein Forderungsverlust lediglich im Zeitpunkt der Betriebseinstellung berücksichtigt werden kann.
Da insbesondere schon die unterschiedliche Berücksichtigung entsprechender Verluste zu einem erheblichen steuerlichen Unterschied führen kann, sollten sich Betroffene an das Musterverfahren anhängen.