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Mandantenbrief 04/2020

Inhalt:
  1. Für alle Steuerpflichtigen: Kann die vergessene Abschreibung eine offenbare Unrichtigkeit sein?
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Kettenschenkungen können Schenkungsteuer bzw. Erbschaftsteuer sparen
  3. Für alle Steuerpflichtigen: Aufwendungen für künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig?
  4. Für Unternehmer: Erweiterte Gewerbesteuer-Kürzung bei Beteiligung einer grundstücksverwaltenden Gesellschaft
  5. Für Unternehmer: Was ist ein Wirtschaftsjahr beim Investitionsabzugsbetrag?
  6. Für (umsatzsteuerpflichtige) Vermieter: Umsatzsteuer-pflicht bei Zahlungen für die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses?
  7. Für Grundstücksgemeinschaften: So funktioniert die Zurechnung von Einnahmen und Werbungskosten
  8. Für Einzelunternehmer: Einheitlicher Gewerbebetrieb oder doch kein einheitlicher Gewerbebetrieb?
  9. Für alle Steuerpflichtigen: Welchen Umfang hat die Bestandskraft von Steuerbescheiden nach Erledigungserklärungen

1. Für alle Steuerpflichtigen: Kann die vergessene Abschreibung eine offenbare Unrichtigkeit sein?

Ob eine vom Steuerpflichtigen in der Einkommensteuererklärung aus Unachtsamkeit nicht angesetzte Abschreibung eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne der Abgabenordnung (AO) sein kann, kommt ganz auf den Einzelfall an.

In einem vor dem Hessischen Finanzgericht mit Urteil vom 10.09.2019 unter dem Aktenzeichen 4 K 1080/19 entschiedenen Verfahren ging es um einen Sachverhalt, bei dem eine Ehefrau erstmalig einzeln veranlagt wurde. In dieser erstmaligen Einzelveranlagung hatte sie schlicht aus Unachtsamkeit vergessen, die Abschreibungsbeträge zu erklären, weshalb diese nun mithilfe der Berichtigungsvorschrift der offenbaren Unrichtigkeit im Sinne von § 129 AO noch berücksichtigt werden sollten.

Zunächst einmal zum rechtlichen Hintergrund: Aufgrund der Vorschrift der offenbaren Unrichtigkeit kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (dies bedeutet innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass der Fehler in der Sphäre der den Verwaltungsakt erlassenen Finanzbehörde entstanden ist.

Offenbar ist in diesem Sinne eine Unrichtigkeit, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist. Das Tatbestandsmerkmal „ähnliche offenbare Unrichtigkeiten“ setzt voraus, dass die Unrichtigkeit eines Schreib- oder Rechenfehlers ähnlich ist, d. h. dass es sich um einen „mechanischen“ Fehler handeln muss, der ebenso mechanisch, also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden kann.

Eine offenbare Unrichtigkeit kann zwar auch dann vorliegen, wenn das Finanzamt eine in der Steuererklärung enthalten offenbare, d. h. für das Finanzamt erkennbare Unrichtigkeit als eigene übernimmt. Ob ein solcher Fall jedoch gegeben ist, muss ganz genau geprüft werden. Ist nämlich die mehr als theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums gegeben, liegt keine offenbare Unrichtigkeit mehr vor. Auch eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom Sachbearbeiter, gegebenenfalls sogar unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht, jedoch unterlassene Sachverhaltsermittlung ist kein mechanisches Versehen, wie zuletzt der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 27.05.2009 unter dem Aktenzeichen X R 47/08 klargestellt hat. Ob daher ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung im Rahmen der offenbaren Unrichtigkeit ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, ist jeweils nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu beurteilen. Dies ist schlicht mal ein Fakt.

In diesem Zusammenhang entspricht es beispielsweise der leider gesicherten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass grundsätzlich keine offenbare Unrichtigkeit gegeben ist, wenn der Fehler für den zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamtes nur erkennbar gewesen wäre, wenn er die Steuererklärung eines Vorjahres bei der Veranlagung des Streitjahres zugezogen hätte. Soweit die Finanzbehörde daher auf Akten des Vorjahres zurückgreifen muss, liegt eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom Sachbearbeiter jedoch unterlassene Sachverhaltsermittlung vor, die kein mechanisches Versehen ist. Selbst wenn das Finanzamt in solchen Fällen definitiv seine Amtsermittlungspflicht grob verletzt hat, ist diese Pflichtverletzung nicht mit einer offenbaren Unrichtigkeit gleichzusetzen und schließt die Regelung einer Änderung aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit aus.

Soweit aber nur der Grundsatz. Etwas Anderes gilt jedoch dann, wenn der Sachbearbeiter es versehentlich unterlassen hat, die für die Veranlagung der Streitjahre vorliegenden Unterlagen auszuwerten, indem er eine für das Streitjahr einschlägige ihm zugegangene Kontrollmitteilung übersieht oder bei der Veranlagung vorliegende Unterlagen nicht auswertet. In diesem Fall hat die fehlende Nichtberücksichtigung von Aufwendungen ihren Grund in einer bloßen Unachtsamkeit des zuständigen Sachbearbeiters bei der Erstellung des Einkommensteuerbescheides und beruht nicht auf einer unzureichenden Sachaufklärung, so dass Anhaltspunkte für einen möglichen Rechtsirrtum seitens des Sachbearbeiters nicht erkennbar sind.

Daraus ergibt sich, dass früher, im Rahmen der aktengeführten Veranlagung, bei der die Abschreibungstabellen den Akten vorgeheftet und somit bei jeder Neuveranlagung präsent waren, bei Nichtberücksichtigung der Abschreibung ein Versehen und kein Ermittlungsfehler vorlag, da die Unterlagen präsent waren. Nichts Anderes kann im Rahmen der elektronischen Veranlagung gelten. Wie die den Akten vorgehefteten Abschreibungstabellen werden die Abschreibungsdaten zu einem Grundstück zu der jeweiligen Steuernummer als festsetzungsnahe Daten gespeichert und können im Rahmen der Veranlagung hinzugezogen werden. Sofern Abschreibungsinformationen als festsetzungsnahe Daten hinterlegt wurden, werden im Rahmen der Veranlagung bei der maschinellen Verarbeitung diese Daten mit den eingegebenen Veranlagungsdaten im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung abgeglichen. Ist der Datenabgleich nicht plausibel, weil der geltend gemachte Abschreibungsbetrag nicht mit dem Abschreibungsbetrag in den festsetzungsnahen Daten übereinstimmt, fertigt der Computer einen Prüfhinweis, der den Bearbeiter zur Überprüfung auffordert und ihm aufgibt, die festsetzungsnahen Daten gegebenenfalls zu aktualisieren. Durch den automatischen maschinellen Abgleich sind die festsetzungsnahen Daten somit im Rahmen der Veranlagung präsent. Sie gelten als automatisch hinzugezogen, unabhängig davon, ob der jeweilige Bearbeiter dem Prüfhinweis Folge leistet oder insoweit seine Pflicht verletzt und eine Nachsicht in den festsetzungsnahen Daten unterlässt.

Vorliegend sind jedoch durch die für das Streitjahr durchgeführten Einzelveranlagungen der Eheleute, die jeweils unter neuen Steuernummern erfolgten, die festsetzungsnahen Daten, die zu der gemeinsamen Steuernummer hinterlegt waren, maschinell nicht der Steuernummer der Klägerin zugeordnet worden. Es hätte demzufolge weiterer Ermittlungen des Bearbeiters bedurft. Die Situation ist insoweit vergleichbar mit der Hinzuziehung von Vorjahresakten.

Die Folge: Es liegt somit eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom Sachbearbeiter unterlassene Sachverhaltsermittlung vor, die leider kein mechanisches Versehen ist. In solchen Fällen hat das Finanzamt zwar möglicherweise seine Amtsermittlungspflicht verletzt, diese Pflichtverletzung ist aber nicht mit einer offenbaren Unrichtigkeit gleichzusetzen, um den zutreffenden Abschreibungsbetrag für das Grundstück zu ermitteln.

Das führt den erkennenden Senat des hessischen Finanzgerichtes zu dem Schluss: Bei wertender Betrachtung liegt im Streitfall ein Ermittlungsfehler vor, der mangels Vorliegens einer offenbaren Unrichtigkeit keine Berichtigung nach § 129 AO rechtfertigt.

Gegen die Entscheidung des Hessischen Finanzgerichtes wurde jedoch die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Dort ist sie unter dem Aktenzeichen IX R 30/19 anhängig. Insoweit werden die obersten Finanzrichter der Republik zu klären haben, ob bei der beschriebenen Konstellation der Tatbestand der offenbaren Unrichtigkeit erfüllt ist, wenn das Finanzamt im Rahmen der EDV-gestützten Veranlagung einen umfänglichen Prüfhinweis zur Erstveranlagung unter einer neuen Steuernummern übergeht und bei der bisherigen gemeinsamen Steuernummer der Ehegatten die in der EDV hinterlegten elektronischen festsetzungsnahe Daten nicht hinzuzieht.

Tipp: Wie so häufig ist die Abgrenzung zwischen Ermittlungsfehler und mechanischem Fehler bei der Prüfung einer offenbaren Unrichtigkeit ein erhebliches Problem. Betroffenen mit einer ähnlichen Problematik sei daher geraten, sich an das Musterverfahren anzuhängen und den eigenen Steuerfall verfahrensrechtlich offen zu halten.

2. Für alle Steuerpflichtigen: Kettenschenkungen können Schenkungsteuer bzw. Erbschaftsteuer sparen

Unter einer Kettenschenkung versteht man eine Schenkung unter Einschaltung einer Mittelsperson. So ist beispielsweise eine Kettenschenkung gegeben, wenn ein Elternteil seinem Kind etwas schenkt und dieses Kind es dann weiter an das eigene Kind, also den Enkel, weitergibt. Die Sinnhaftigkeit eines solchen Vorgehens ist in den Freibeträgen zu sehen. Während Elternteile zu ihren Kindern einen schenkungs- und erbschaftsteuerlichen Freibetrag von 400.000 Euro haben, wäre eine Schenkung von einem Großelternteil an den Enkel nur bis 200.000 Euro steuerbefreit.

Auch in anderen familiären Konstellationen können sich entsprechende Vorteile ergeben. So besteht für Schwiegerkinder beispielsweise nur ein Freibetrag von 20.000 Euro. Wird hingegen eine Kettenschenkung von einem Elternteil über die Mittelsperson des eigenen Kindes und die abschließende Weiterschenkung an das Schwiegerkind (Ehegatte des eigenen Kindes) durchgeführt, steht für die erste Schenkung ein Freibetrag von 400.000 Euro und für die Weiterschenkung an den Ehegatten (Schwiegerkind) ein Freibetrag von 500.000 Euro zur Verfügung.

Insgesamt also ein Umweg, der sich lohnen kann. Fraglich ist hingegen, ob eine solche Kettenschenkung nicht doch einen Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne der Vorschrift des § 42 der Abgabenordnung (AO) darstellt. Dazu hat das Finanzgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 20.08.2019 unter dem Aktenzeichen 3 K 223/18 ausführlich, übersichtlich und verständlich Stellung genommen.

Insoweit führt das hanseatische Finanzgericht wie folgt aus: Eine Schenkung setzt immer in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht der Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit gegeben ist.

Eine Bereicherung des Empfängers ist dabei grundsätzlich immer dann gegeben, wenn dieser über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und frei verfügen kann, wie der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 30.11.2009 unter dem Aktenzeichen II R 70/6 klargestellt hat.

Ob eine Bereicherung des Empfängers tatsächlich vorliegt und welche Person als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich dabei ausschließlich nach der Zivilrechtslage, wie die obersten Finanzrichter der Republik ebenfalls bereits in einem Urteil vom 09.12.2009 unter dem Aktenzeichen II R 22/08 herausgearbeitet haben.

Wird daher ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung übertragen und wendet diese den Vermögensgegenstand freigiebig einen Dritten zu, ist für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten darauf abzustellen, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat. Auf eine solche Entscheidungsbefugnis hat bereits der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 06.05.2015 unter dem Aktenzeichen II R 35/13 abgestellt.

Erhält daher jemand als Durchgangs- oder Mittelsperson eine Schenkung, die er entsprechend einer bestehenden Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, liegt schenkungsteuerlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten vor, wie die obersten Finanzrichter der Republik in dem 2015er Urteil dargelegt haben. Wegen der Verpflichtung zur Weitergabe besteht keine Bereicherung der Mittelsperson an dem Vermögen des Zuwendenden. Eine Schenkung der Mittelsperson an den Dritten kommt folglich nicht in Betracht.

Wendet hingegen der Bedachte den ihm zugewendeten Gegenstand ohne eine solche rechtliche Verpflichtung dem Dritten zu, scheidet die Annahme einer Schenkung des Zuwendenden an den Dritten aus. Vielmehr ist eine Schenkung des Zuwendenden an den Bedachten und eine weitere Schenkung des Bedachten an den Dritten gegeben.

In diesem Sinne hat auch bereits der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 18.07.2013 unter dem Aktenzeichen II R 37/11 entschieden. Danach gilt: Überträgt ein Elternteil ein Grundstück schenkweise auf ein Kind und schenkt das bedachte Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück an seinem Ehegatten weiter, ohne den Elternteil gegenüber zur Weiterschenkung verpflichtet zu sein, liegt schenkungsteuerrechtlich keine Zuwendung des Elternteils an das Schwiegerkind vor.

Entscheidend ist daher, ob die Mittelsperson frei verfügen kann. Ob ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann oder verpflichtet ist, diesen einem anderen zuzuwenden, ist unter Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie der mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Vertragsparteien zu entscheiden. Insoweit kann sich die Verpflichtung zur Weitergabe aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus den Umständen ergeben. Maßgebend ist dabei die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten.

Für die Annahme einer Weitergabeverpflichtung reicht es jedoch nicht aus, dass der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an einen Dritten weiterschenkt, wie der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 30.11.2011 unter dem Aktenzeichen II B 60/11 klargestellt hat. Wird dagegen im Schenkungsvertrag zwischen dem Zuwendenden und dem Bedachten die Weiterschenkung an einen Dritten vereinbart, kann der Bedachte über den Gegenstand nicht frei verfügen.

Eine kurze Verweildauer des Geschenks bei Bedachten spricht für sich allein genommen nicht für eine Weitergabeverpflichtung. Aus diesem Grund sei eine Weitergabeverpflichtung des zuerst Bedachten nicht schon deshalb anzunehmen, weil die Schenkung die Weiterschenkung in zwei zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden notariellen Urkunden vereinbart wurden und der zuerst Bedachte den geschenkten Gegenstand vor der sich unmittelbar anschließenden Weiterschenkung nicht tatsächlich als Eigentümer nutzen konnte. Die zeitliche Abfolge kann allerdings im Rahmen der Gesamtwürdigung eine Indizwirkung haben.

Von einer Weitergabeverpflichtung kann jedoch auszugehen sein, wenn die Mittelsperson noch vor Ausführung der Schenkung den Gegenstand an einen Dritten weiterschenkt. In diesem Fall kann die Dispositionsmöglichkeit des zuerst Bedachten fehlen. Entscheidend sind jedoch hier die Umstände des Einzelfalls.

Auf Basis dieser Grundsätze kam das Finanzgericht Hamburg in seiner oben bereits zitierten Entscheidung zu dem Schluss: Überträgt ein Großelternteil ein Grundstück schenkungsweise auf ein Kind und schenkt das bedachte Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen Grundstücksteil an das Enkelkind weiter, ohne zur Weiterschenkung verpflichtet zu sein, liegt schenkungsteuerrechtlich keine Zuwendung des Großelternteils an das Enkelkind vor. Dass die Weiterübertragung bereits in einem gemeinschaftlichen Testament der Großeltern vorgesehen ist, reicht für sich nicht aus, um eine Zuwendung des Großelternteils an das Enkelkind zu begründen.

Tipp: Auch wenn im vorliegenden Fall und in der Subsumtion der Rechtsprechung die unmittelbare Weiterschenkung als unproblematisch dargestellt wird, empfiehlt es sich, aus Gründen der Sicherheit in der Praxis an dieser Stelle regelmäßig eine Schamfrist verstreichen zu lassen. Sicher ist sicher!

3. Für alle Steuerpflichtigen: Aufwendungen für künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig?

In direkt drei Urteilen vom 08.10.2019 hat das Finanzgericht München unter den Aktenzeichen 6 K 1423/2 17, 6 K 1420/17 und 6 K 1471/17 ausgeführt, dass Aufwendungen für mit eigenen Eizellen der Frau durchgeführte Kinderwunschbehandlungen als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind. Nicht abzugsfähig sollen hingegen Aufwendungen bei im Ausland durchgeführten Behandlungen mit nichtkommerziellen Eizellenspenden der Schwester sein.

Ob damit jedoch das letzte Wort bereits gesprochen ist, bleibt zunächst einmal abzuwarten, denn gegen alle drei Urteile wurde Revision zum Bundesfinanzhof unter den Aktenzeichen VI R 34/19, VI R 35/19 und VI R 36/19 eingelegt.

Für Betroffene soll jedoch die Entscheidung der ersten Instanz hier weiter aufgegliedert werden, damit man selbst Argumentationspotenzial für die Praxis gewinnt. Konkret hat das Finanzgericht München entschieden: Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität sind als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn diese Behandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnung für Ärzte vorgenommen wird und mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang steht. Die Behandlung darf also nicht nach nationalem Recht verboten sein. Die Aufwendungen für eine in Deutschland verbotene, im Ausland aber zulässige und deswegen im Ausland durchgeführte, reproduktionsmedizinische Behandlung einer Frau mit Eizellen ihrer Schwester sind daher nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Insoweit liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu einer künstlichen Befruchtung mittels einer Drittsamenspende vor, wie das erstinstanzliche Gericht meint.

Grundsätzlich erforderlich für den Abzug entsprechender Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ist, dass die künstliche Befruchtung mit dem Ziel erfolgt, die Kinderlosigkeit aufgrund der Empfängnisunfähigkeit der Frau oder der Zeugungsunfähigkeit des Mannes zu überwinden.

Weiter führt das erstinstanzliche Gericht dann aus: Das Alter der Frau, die im vorliegenden Urteilssachverhalt bei Beginn der Kinderwunschbehandlung das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, stellt keinen Umstand dar, der einer Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung entgegenstehen würde. Das Gericht entschied weiter: Es liegen weder Anzeichen dafür vor, dass die durchgeführte Behandlung in diesem Alter als medizinisch nicht erfolgversprechend zu beachten wäre, noch kann davon ausgegangen werden, dass eine Schwangerschaft in diesem Alter keine gesellschaftliche Akzeptanz mehr finden würde. Diese Linie hat bisher auch das erstinstanzliche Finanzgericht München in seiner Entscheidung vom 20.05.2009 unter dem Aktenzeichen 10 K 2156/08 vertreten. Dennoch kann darin keine allgemeine Meinung der Rechtsprechung gesehen werden.

Anders hat dies nämlich seinerzeit das Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 18.10.2018 unter dem Aktenzeichen 9 K 11.390/16 vertreten. In vorgenannter Entscheidung äußern sich die Richter dahingehend, dass ein Abzug entsprechender Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ausscheidet, wenn die Kinderlosigkeit auf dem fortgeschrittenen Alter eines Menschen beruht, da es sich dann nicht um eine Empfängnisunfähigkeit oder Zeugungsfähigkeit in Form einer Krankheit handelt, sondern um die Folge eines natürlichen biologischen Vorgangs.

Insgesamt erscheint die Rechtsprechung daher hier nicht einheitlich. Wie oben bereits erwähnt, muss sich nun der Bundesfinanzhof ebenfalls mit der Thematik beschäftigen und unter den oben erwähnten Aktenzeichen klären, ob und in welcher Höhe (auch für Eizellenspenden oder medizinisch nicht erfolgversprechende Behandlungen) Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind. Betroffene sollten daher bei einer Streichung etwaiger außergewöhnlicher Belastungen Einspruch einlegen und auf die anhängigen Verfahren verweisen.

4. Für Unternehmer: Erweiterte Gewerbesteuer-Kürzung bei Beteiligung einer grundstücksverwaltenden Gesellschaft

Grundsätzlich unterliegt der gesamte Gewinn eines gewerblichen Unternehmens auch der Gewerbesteuer. Dies ist aber nur der Grundsatz, denn ausweislich des Gewerbesteuergesetzes sind noch Kürzungen oder auch Hinzurechnungen zu berücksichtigen. An dieser Stelle soll die Kürzung des § 9 Nummer 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in den Fokus rücken.

Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Hierbei spricht man von der sogenannten einfachen Kürzung bei der Gewerbesteuer oder auch der einfachen Gewerbesteuerkürzung.

An die Stelle der einfachen Gewerbesteuerkürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Hierbei spricht man von der sogenannten erweiterten Gewerbesteuerkürzung.

In diesem Zusammenhang ist streitbefangen, ob die erweiterte Gewerbesteuerkürzung auch für ein Grundstücksunternehmen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft in Anspruch genommen werden kann, die eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, jedoch daneben auch noch Mitunternehmerin einer anderen gewerblich geprägten Personengesellschaft ist.

Diesbezüglich hatte das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht mit Urteil vom 25.05.2016 unter dem Aktenzeichen 1 K 51/15 entschieden: Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, die eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt, Mitunternehmerin einer anderen gewerblich geprägten Personengesellschaft (also an dieser beteiligt), so ist die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nicht zu gewähren. Das besonders Prekäre daran: Ausweislich der erstinstanzlichen Entscheidung soll dies auch dann gelten, wenn die Beteiligungsgesellschaft ihrerseits die Voraussetzung für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung erfüllen würde.

Gegen diese erstinstanzliche Entscheidung war Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt worden. Leider kam der Bundesfinanzhof jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis und bestätigte die Vorinstanz. Das Halten einer Beteiligung an einer gewerblich geprägten, grundstücksverwaltenden Personengesellschaft soll somit gegen das Ausschließlichkeitsgebot in § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG verstoßen, wonach nur die dort aufgeführten Tätigkeiten unschädlich für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung sind.

Insoweit führen die obersten Finanzrichter der Republik aus, dass die Beteiligung eines grundstücksverwaltenden, dem Grunde nach gewerbesteuerpflichtigen Unternehmens an einer ebenfalls grundstücksverwaltenden, gewerblich geprägten Personengesellschaft nach ständiger Rechtsprechung gegen das Ausschließlichkeitsgebot der erweiterten Gewerbesteuerkürzung verstößt. Der Grund dafür ist denkbar einfach: Das Halten einer solchen Beteiligung gehört schlicht nicht zum Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten laut Gesetz.

Dies hatte auch bereits seinerzeit der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 22.01.1992 unter dem Aktenzeichen I R 61/90 klargestellt. In der damaligen Entscheidung sahen die Richter das Halten einer Kommanditbeteiligung an einer gewerblich geprägten, grundstücksverwaltenden Personengesellschaft als Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot der erweiterten Gewerbesteuerkürzung an. Insoweit grenzten sie deutlich ab, dass nur der zum Betriebsvermögen des eigenen Unternehmens gehörende Grundbesitz auch eigener Grundbesitz im Sinne der erweiterten Gewerbesteuerkürzung ist.

Auch wenn daher der Bundesfinanzhof tatsächlich in ständiger Rechtsprechung in entsprechenden Fällen die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ablehnt, ist die Sache damit definitiv noch nicht abschließend geklärt. Gegen die Entscheidung des BFH vom 27.06.2019 wurde nämlich Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Insoweit müssen nun die obersten Verfassungsschützer der Republik klären, ob eine erweiterte Gewerbesteuerkürzung in entsprechenden Fällen in Betracht kommt oder nicht. Die Entscheidung wird sicherlich mit Spannung zu erwarten sein. Denn auch wenn der Wortlaut der Vorschrift klar und eindeutig ist, macht die Vorgehensweise bzw. die Auslegung wenig Sinn, insbesondere wenn die Beteiligungsgesellschaft selbst in den Genuss der erweiterten Kürzung kommen würde. Dennoch: Vorerst ist Obacht geboten.

5. Für Unternehmer: Was ist ein Wirtschaftsjahr beim Investitionsabzugsbetrag?

Ausweislich der gesetzlichen Regelung zum Investitionsabzugsbetrag gilt: Steuerpflichtige können für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden, bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen.

Die konkrete Definition eines Wirtschaftsjahres ist daher im Rahmen der Regelung für einen Investitionsabzugsbetrag von entscheidender Bedeutung. Wird nämlich ein begünstigtes Wirtschaftsgut nicht bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt, sind die Herabsetzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Verringerung der Bemessungsgrundlage und die Hinzurechnung wieder rückgängig zu machen.

Insoweit stellt sich daher sehr konkret die Frage nach der Definition eines Wirtschaftsjahres. Fündig wird man dabei in der Regelung der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung in § 8b EStDV. Darin heißt es in Satz eins der Vorschrift: Das Wirtschaftsjahr umfasst einen Zeitraum von zwölf Monaten.

Betrachtet man diese Aussage nur isoliert, könnte man auf den Gedanken kommen, dass der Investitionsabzugsbetrag auch rückgängig zu machen ist, wenn es sich bei dem Wirtschaftsjahr, welches der Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsgutes folgt, um ein sogenanntes Rumpfwirtschaftsjahr von weniger als zwölf Monaten handelt.

Abhilfe liefert jedoch dann Satz zwei der Vorschrift in § 8b EStDV. Dort heißt es nämlich weiter: Das Wirtschaftsjahr darf einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten umfassen, wenn ein Betrieb eröffnet, erworben, aufgegeben oder veräußert wird.

Da dann wiederum in der gesetzlichen Regelung des Investitionsabzugsbetrags in § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur von „Wirtschaftsjahr“ gesprochen wird, sollte eigentlich geklärt sein, dass dies in den entsprechenden Fällen auch ein Zeitraum von weniger als zwölf Monaten sein kann.

Offensichtlich ist hier die Finanzverwaltung jedoch noch anderer Meinung, denn aktuell lässt sie beim Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen X R 30/19 klären, ob im Fall einer Betriebsaufgabe der Verbleibens- und Nutzungszeitraum nach § 7g EStG neben dem Jahr der Anschaffung einen Zeitraum von weiteren zwölf Monaten umfassen muss oder ob ein Rumpfwirtschaftsjahr im Betriebsaufgabejahr ebenfalls ausreichend ist. Konkret lautet eine der Rechtsfragen beim Bundesfinanzhof: Ist bei der Formulierung der gesetzlichen Vorschrift zum Investitionsabzugsbetrag unter „folgenden Wirtschaftsjahr“ ein zwölf Monate umfassendes Wirtschaftsjahr gemeint?

Warum diese Frage aufgeworfen wird, erscheint in Anbetracht der zuvor erbrachten Subsumtion, was denn ein Wirtschaftsjahr ist, unerklärlich.

Die Entscheidung der obersten Finanzrichter der Republik und insbesondere die Aussagen in der Urteilsbegründung sind daher mit Spannung zu erwarten. Betroffene, die mit der Finanzverwaltung ebenfalls dieses Problem haben, sollten neben der Begründung, was denn ein Wirtschaftsjahr ist, auch auf das anhängige Verfahren unter dem Aktenzeichen X R 30/19 verweisen.

6. Für (umsatzsteuerpflichtige) Vermieter: Umsatzsteuer-pflicht bei Zahlungen für die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses?

Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass jeder (!) Vermieter auch umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer ist. Dies bedeutet noch nicht, dass er auch tatsächlich umsatzsteuerpflichtige Vermietungsumsätze ausführt. Grundsätzlich besteht nämlich für Vermietungsleistungen eine Umsatzsteuerbefreiung. Unter der Voraussetzung, dass jedoch an einen Unternehmer für dessen Unternehmen vermietet wird und dieser Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, darf der Vermieter auch auf seine Steuerbefreiung verzichten und die Vermietung mit Umsatzsteuer durchführen.

Grundsätzlich hört sich der Verzicht auf eine Steuerbefreiung zwar etwas paradox und nachteilig an, kann insoweit jedoch tatsächlich zu einem Vorteil führen. Der Mieter ist nämlich von der zusätzlichen Umsatzsteuer nicht belastet, da er sie als Vorsteuer abziehen kann. Die Umsatzsteuer ist insoweit also beim vorsteuerabzugsberechtigten Mieter lediglich ein durchlaufender Posten.

Der Vermieter erhält die Umsatzsteuer und muss diese ans Finanzamt abführen. Auch dies ist zunächst einmal nur ein durchlaufender Posten. Aufgrund der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung eröffnet sich dem Vermieter jedoch das Recht auf Vorsteuerabzug, weshalb er aus sämtlichen Immobilienaufwendungen, wie beispielsweise Erhaltungsaufwendungen, 19 % Vorsteuer ziehen und sich diese vom Finanzamt erstatten lassen kann. Unter dem Strich wirkt dies wie ein 19-prozentiger Rabatt. Also ein lohnendes Geschäft.

Sofern jedoch umsatzsteuerpflichtig vermietet wird, kann man pauschal sagen, dass jeder Geldeingang des Vermieters auch der Umsatzsteuer unterliegt, sofern insoweit dem Geldeingang ein Leistungsaustausch zwischen dem Vermieter und einer anderen Partei (in der Regel der Mieter) zu Grunde liegt.

In diesem Zusammenhang hat das Hessische Finanzgericht mit Urteil vom 27.04.2017 unter dem Aktenzeichen 6 K 1986/16 entschieden, dass Abfindungszahlungen des Mieters an den Vermieter im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung eines gewerblichen Mietverhältnisses, also eines umsatzsteuerpflichtigen Mietverhältnisses, auch umsatzsteuerpflichtiges Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches sind. Mit anderen Worten: Aus den erhaltenen Zahlungen muss der Vermieter 19 % Umsatzsteuer herausrechnen und an das Finanzamt abführen.

Sowohl das erstinstanzlich erkennende Hessische Finanzgericht als auch der Bundesfinanzhof in seiner Folgeentscheidung vom 22.05.2019 unter dem Aktenzeichen XI R 20/17 erkennen insoweit keine nicht steuerbaren Schadenersatzzahlungen.

Entschädigungen oder Schadenersatzzahlungen sind zwar grundsätzlich nicht umsatzsteuerbar, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat. In diesen Fällen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung, weshalb der Vorgang bei der Umsatzsteuer nicht steuerbar ist.

Demgegenüber liegen die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch (der der Umsatzsteuer unterliegt) insbesondere dann vor, wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm (auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage) zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet.

Auf Basis dieser Grundlagen kommt der Bundesfinanzhof in seiner vorgenannten Entscheidung aus 2019 zu dem Schluss, dass ein umsatzsteuerbarer Verzicht insbesondere dann vorliegt, wenn der Vermieter der Auflösung des Mietvertrages gegen Abfindungszahlungen zustimmt und damit auf die weitere Durchführung des Mietvertrages verzichtet. Ebenso liegt im umgekehrten Fall ein steuerbarer Vorgang vor, wenn die Pächter vom Verpächter eine Abfindung dafür erhalten, dass sie der vorzeitigen Auflösung des Pachtvertrages zustimmen.

Diese Auffassung vertritt auch die Finanzverwaltung: Entschädigungen an den Mieter oder Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und die Aufgabe des noch laufenden Mietvertrages sind nämlich nach Abschnitt 1.3 Abs. 13 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlass nicht Schadenersatz, sondern umsatzsteuerpflichtiges Leistungsentgelt.

Vorstehender Meinung ist auch die Rechtsprechung in ihren ständigen Entscheidungen. So hat der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 27.02.1969 unter dem Aktenzeichen V 102/65 entschieden: Die „Räumungsentschädigung“, die eine Stadt auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung an den Mieter von zum Abbruch vorgesehenen Geschäftsräumen für die vorzeitige Räumung und die Aufgabe des noch laufenden Mietvertrages zur Abgeltung aller mit der Freimachung der bisherigen Mieträume zusammenhängenden Ansprüche zahlt, ist nicht Schadensersatz, sondern steuerbares Entgelt.

Nach alledem sollte ein entsprechender Sachverhalt daher auch in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht klar zu lösen sein. Dem ist jedoch nicht so, da sich die Kläger nicht mit der Entscheidung der Gerichte zufriedengegeben haben und im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde vor das Bundesverfassungsgericht gezogen sind. Ob also bei vorzeitiger Auflösung eines langfristigen Mietvertrages gegen Abfindungszahlungen des Mieters ein umsatzsteuerpflichtiger Leistungsaustausch gegeben ist, muss nun Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 1 BvR 2453/19 klären.

7. Für Grundstücksgemeinschaften: So funktioniert die Zurechnung von Einnahmen und Werbungskosten

Die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main hat in einer seit geraumer Zeit bestehenden Verfügung (Az: S 2253 A – 84 – St 213) zahlreiche Fallgestaltungen zur Zurechnung von Einnahmen und Werbungskosten bei Grundstücksgemeinschaften aufgeführt. In der Praxis ist diese Thematik von erheblicher Bedeutung, weshalb an dieser Stelle einige Punkte dargelegt werden sollen. Die Ausführungen zeigen, dass selbst alltägliche Fälle die Beteiligten von Grundstücksgemeinschaften vor Zurechnungsprobleme stellen können.

Grundsätzlich funktioniert die Zurechnung wie folgt: Die Einnahmen und Werbungskosten sind den Miteigentümer in der Regel nach dem Verhältnis der bürgerlich-rechtlichen Eigentumsanteile zuzurechnen. Abweichende Zurechnungsvereinbarungen sind möglich, wenn diese zivilrechtlich wirksam sind und wirtschaftlich vernünftige, grundstücksbezogene Gründe gegeben sind. Daneben ist eine weitere Ausnahme bereits bei der Abschreibung gegeben. Diese kann nur dem Miteigentümer zugerechnet werden, der die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auch tatsächlich getragen hat. Das Verhältnis der bürgerlich-rechtlichen Eigentumsanteile ist also für die Zurechnung der Abschreibung nicht von Bedeutung.

Eine häufig auftretende Abweichung der Zurechnung von Einnahmen und Werbungskosten nach den Eigentumsverhältnissen ist gegeben, wenn ein Miteigentümer Räumlichkeiten der Grundstücksgemeinschaften nutzt. In solchen Fällen werden drei Sachverhaltskonstellation unterschieden:

  • Wenn einem Miteigentümer Räumlichkeiten entgeltlich überlassen werden und die überlassene Fläche dessen Miteigentumsanteil nicht übersteigt, liegt steuerlich kein anzuerkennendes Mietverhältnis vor. Dies gilt so weit, bis die überlassene Fläche seinem Miteigentumsanteil entspricht.

  • Sofern die entgeltliche Überlassung an den Miteigentümer dessen Miteigentumsanteil übersteigt, ist hinsichtlich des übersteigenden Teils auch steuerlich ein Mietverhältnis gegeben. Die Einkünfte aus diesem Mietverhältnis werden jedoch nur den überlassenden Miteigentümern zugerechnet.

  • Sofern die dem Mitunternehmer überlassene Fläche dessen Miteigentumsanteil übersteigt, jedoch dafür keine Miete verlangt wird, ist bei den überlassenden Miteigentümern keine Einkünfteerzielungsabsicht zu erkennen, woran der Werbungskostenabzug schließlich auch scheitert.

Ausweislich der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 18.05.2004 unter dem Aktenzeichen IX R 49/02 hat die Oberfinanzdirektion bei der parallel zur Fremdvermietung stattfindenden Eigennutzung durch Miteigentümer ein zweistufiges Prüfschema entwickelt.

1. Stufe: Bevor die Einkünfte auf die Miteigentümer verteilt werden können, muss geklärt werden, wer die Einkünfte überhaupt erzielt. Bei Miteigentümern muss dementsprechend zunächst geprüft werden, ob diese gemeinschaftlich vermieten oder ob nur einer bzw. ein Teil der Miteigentümer den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung realisiert. Schließt nur ein Miteigentümer den Mietvertrag ab, hat auch nur er den Einkunftstatbestand verwirklicht. Die Frage der Zurechnung von Einkünften würde sich dann nicht mehr stellen. Lediglich wenn die Miteigentümer gemeinsam vermieten, haben sie auch den Einkommenstatbestand gemeinschaftlich verwirklicht. Da Letzteres in der Praxis der übliche Fall sein dürfte, wird dies im Weiteren für die Beispielssachverhalte angenommen.

2. Stufe: Im zweiten Schritt stellt sich die Frage, wie und wem die Einkünfte zuzurechnen sind, da es aufgrund der Mitnutzung durch einen Eigentümer Abweichungen zur zivilrechtlichen Eigentumsaufteilung geben kann. Die folgenden Beispiele geben dabei häufig auftretende Fallkonstellationen wieder.

Zunächst wird im Folgenden ein Sachverhalt dargestellt, bei dem es um die Zurechnungsfrage der Einkünfte aus entgeltlicher Nutzung im Rahmen des Miteigentumsanteils geht. Folgendes Beispiel soll den Ausgangssachverhalt und die Lösung verdeutlichen:

Bruder und Schwester sind jeweils hälftige Miteigentümer eines Zweifamilienhauses. Die Wohneinheiten sind weitestgehend identisch. Das fremdvermietete Obergeschoss erzielt Mieteinkünfte in Höhe von minus 10.000 Euro. Das unter fremdüblichen Bedingungen an die Schwester vermietete Erdgeschoss erzielt ebenfalls Einkünfte von minus 10.000 Euro.

Lösung: Aus der Vermietung des Obergeschosses werden gemeinschaftliche Einkünfte erzielt, welche im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung dem Bruder und der Schwester jeweils in Höhe von minus 5.000 Euro zuzurechnen sind.

Die Vermietung des Erdgeschosses ist steuerlich nur insoweit anzuerkennen, als die entgeltliche Überlassung den ideellen Miteigentumsanteil der Schwester übersteigt. Das Mietverhältnis ist folglich nur zu 50 % anzuerkennen. Der Bruder erzielt daher aus der Vermietung abermals Einkünfte in Höhe von minus 5.000 Euro.

Sofern die Schwester das Erdgeschoss für eigengenutzte Wohnzwecken nutzt, kann sie keinerlei Aufwendungen steuermindernd abziehen. Etwas anderes kann gelten, wenn die Schwester das Erdgeschoss zur Erzielung von Einkünften (beispielsweise als Büro ihres Unternehmens) benutzt. In diesem Fall können die Aufwendungen für das Erdgeschoss entsprechend des Miteigentumsanteils bei der Einkünfteerzielung abgezogen werden.

Anders ist die Sache hingegen zu handhaben, wenn eine entgeltliche Nutzung über den Miteigentumsanteil hinaus stattfindet. Eine solche Konstellation ist im folgenden Beispiel dargestellt:

Während im ersten Beispiel die entgeltliche Überlassung im Rahmen des Miteigentumsanteils stattfand, ist in der Praxis häufig der Fall gegeben, dass die an den Miteigentümer überlassene Fläche dessen Miteigentumsanteil übersteigt. Auf Basis eines Urteilssachverhalts des Finanzgerichts München vom 05.06.2012 unter dem Aktenzeichen 5 K 62/11 soll die Zurechnung in solchen Fällen erläutert werden. Im vorgenannten Urteil entschieden die Richter: „Soweit der Gesellschafter eine Wohnung von der Gesellschaft mietet, an der er selbst beteiligt ist, erzielt er keine Vermietungseinkünfte.“ Das nachfolgende Beispiel ist dem Urteilsachverhalt nachgebildet. Aus Vereinfachungsgründen wurde das Zahlenwerk geglättet.

Ein Mehrfamilienhaus befindet sich im Eigentum einer Gemeinschaft. An der Gemeinschaft sind A, B, C und D zu gleichen Teilen beteiligt. 73 % des Mehrfamilienhauses sind fremdvermietet, womit Einnahmen von 60.000 Euro erzielt werden. Die restlichen 27 % des Objektes sind zu eigenen Wohnzwecken an den Miteigentümer D zu fremdüblichen Bedingungen vermietet. Es werden Einnahmen von 20.000 Euro erzielt. Die Werbungskosten für das gesamte Objekt betragen 42.000 Euro, wovon 2.000 Euro direkt dem fremdvermietet Teil zugeordnet werden können.

Im Hinblick auf die Fremdvermietung entscheiden die Eigentumsanteile über die Verteilung der Einkünfte. Dementsprechend sind jedem Miteigentümer aus der Fremdvermietung Einkünfte in Höhe von 7.200 Euro (28.800 Euro x 25 %) zuzurechnen.

Da die entgeltlich an D überlassene Fläche dessen Miteigentumsanteil übersteigt, ist das Mietverhältnis insoweit steuerlich anzuerkennen. Einkünfte können jedoch lediglich die überlassenden Miteigentümer erzielen. Daher müssen die Einkünfte zunächst auf deren Eigentumsanteile (insgesamt 75 %) herunter gerechnet werden. Die anteiligen Mieteinkünfte betragen 6.900 Euro (9.200 Euro x 75 %). Diese werden in der gesonderten und einheitlichen Feststellung zu gleichen Teilen in Höhe von 2.300 Euro (6.900 Euro durch 3) auf die überlassenden Miteigentümer A, B und C verteilt.

Im Ergebnis haben die Miteigentümer A, B und C insgesamt Einkünfte in Höhe von 9.500 Euro (7.200 Euro + 2.300 Euro), während der selbstnutzende Miteigentümer D über Einkünfte in Höhe von 7.200 Euro aus der Fremdvermietung verfügt.

Anhand der Beispiele ist schon ersichtlich, dass die Zurechnung von Einnahmen und Werbungskosten auch in sehr häufig auftretenden Sachverhalten nicht zu unterschätzen ist. Ob in der Praxis die dargestellte Vorgehensweise tatsächlich immer Anwendung findet, darf an dieser Stelle bezweifelt werden. Die Verwaltungsanweisung der Oberfinanzdirektion stellt daher eine gute Hilfestellung dar, auf die betroffene Mitglieder einer Grundstücksgemeinschaft ruhig zurückgreifen sollten.

8. Für Einzelunternehmer: Einheitlicher Gewerbebetrieb oder doch kein einheitlicher Gewerbebetrieb?

Für die Frage der Gewerbesteuer ist es insbesondere beim Einzelunternehmer von enormer Bedeutung, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb vorliegt oder gegebenenfalls mehrere Gewerbebetriebe gegeben sind. Immerhin besteht für jeden einzelnen Gewerbebetrieb ein Freibetrag bei der Gewerbesteuer von 24.500 Euro.

Ob es nun Sinn macht, einen einheitlichen Gewerbebetrieb zu haben, oder doch eher Gewerbebetriebe sinnvoll sind, kommt mitunter auch auf das Ergebnis der Gewerbebetriebe an. Der Einzelfall wird daher hier mal wieder entscheiden. Erzielt ein Unternehmen Verluste, so hat der einheitliche Gewerbebetrieb den Vorteil, dass die Verluste auch die Gewerbesteuer des anderen Betriebs mindern. Liegen in diesem Fall hingegen zwei einheitlichen Gewerbebetriebe vor, muss der eine zwar aufgrund des Verlustes keine Gewerbesteuer zahlen, der andere hingegen muss jedoch die Gewerbesteuer auf seinen kompletten Gewinn (ohne Berücksichtigung des Verlustes aus dem anderen Betrieb) entrichten.

So war es auch im Urteilssachverhalt einer Entscheidung des Finanzgerichtes Münster vom 10.10.2017 unter dem Aktenzeichen 7 K 3662/14 G. Im Urteilsfall wurde ein Eiscafé mit Verlust betrieben und ein Imbiss mit Gewinn. Der Steuerpflichtige war also daran interessiert, einen einheitlichen Gewerbebetrieb zu haben, damit die Verluste das Gewerbesteueraufkommen im Gewinnunternehmen entsprechend mindern. Die Entscheidung des erstinstanzlichen Finanzgerichts Münster viel jedoch (leider) anders aus:

Nach dem Gesamtbild der vorliegenden Verhältnisse stellen ein Eiscafé und ein Imbiss, die sich zwar in einem Gebäude befinden, allerdings nicht miteinander verbunden und getrennt begehbar sind, auch dann zwei selbstständige Betriebe dar, wenn sie einen einheitlichen Namensbestandteil und dieselbe Telefon- und Faxnummer nutzen, dieselbe Kundentoilette haben, dasselbe Inventar für die Außengastronomie haben und dasselbe Geschäftsfahrzeug für gemeinsame Warenweinkäufe nutzen.

Ob es im zuvor genannten Sachverhalt tatsächlich bei der erstinstanzlichen Entscheidung des Finanzgerichts Münster bleibt, ist zunächst abzuwarten, da Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen X R 15/18 eingelegt wurde. Insoweit müssen noch die obersten Finanzrichter der Republik klären, ob der gleichzeitige Betrieb eines Eiscafés und eines Imbisses desselben Unternehmers in dem gleichen Gebäude unter Verwendung derselben Außengastronomie eine gleichartige Betätigung im Sinne des Gewerbesteuergesetzes darstellt. Dabei gilt es zu klären, wie der wirtschaftliche Zusammenhang bei identischen, gleichartigen und ungleichartigen bzw. sich ergänzenden Tätigkeiten zu beurteilen ist. In diesem Zusammenhang kommt es auch darauf an, ob es für die Annahme des "sich ergänzen" bei der wirtschaftlichen Betätigung erforderlich ist, dass bei Vorliegen mehrerer gewerblicher Betätigungen desselben Unternehmers Produkte des einen Unternehmens in dem anderen Unternehmen mitverkauft werden.

Unabhängig von dem vorgenannten Streitfall in Sachen Imbiss und Eiscafé soll an dieser Stelle jedoch ein Überblick über die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung gegeben werden, da diese natürlich auch auf andere Gewerbezweige angewendet werden kann. Insoweit soll eine kleine Leitlinie gegeben werden, worauf in der Praxis zu achten ist. Die tatsächliche Entscheidung, ob ein einheitliches Unternehmen oder doch zwei Unternehmen gegeben sind, kann hingegen nur individuell getroffen werden.

Für die Entscheidung der Frage, ob die gewerblichen Betätigungen, die eine natürliche Person ausübt, zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammenzufassen sind, kommt es immer auf das Gesamtbild der Verhältnisse an. Maßgebend sind dabei die objektiven Merkmale. Zu diesen objektiven Merkmalen eines Gewerbebetriebs gehören insbesondere die Art der Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten, die Organisation und Finanzierung sowie der Umfang und die Zusammensetzung des Aktivvermögens.

Unter Berücksichtigung dieser Merkmale muss ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang zwischen den Beteiligten bestehen, wie der Bundesfinanzhof bisher in ständiger Rechtsprechung entschieden hat. Aber was bedeutet dies nun konkret?

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist immer dann gegeben, wenn zwei Unternehmensbereiche sich gegenseitig stützen und ergänzen und nur miteinander wirtschaftlich betrieben werden können.

Kennzeichnend für einen organisatorischen Zusammenhang ist beispielsweise, dass die Unternehmensbereiche in einem Geschäftslokal untergebracht sind, unter Einsatz derselben Arbeitskräfte ausgeübt werden, dass die Ware oder Betriebsmittel gemeinsam eingekauft und bezahlt werden oder eine gegenseitige Aushilfe in sachlicher oder personeller Hinsicht stattfindet.

Der finanzielle Zusammenhang zeigt sich in einer einheitlichen Buch- und Kassenführung, in gemeinsamen Bankkonten und Rechnungsformularen bis hin zur einheitlichen Bilanzierung sowie Gewinn- und Verlustrechnung.

Dabei müssen die drei Kriterien nicht gleichwertig auftreten. Die Gewichtung der einzelnen Merkmale kann dabei nur nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalles erfolgen. Allerdings gewinnt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs das Merkmal des wirtschaftlichen Zusammenhangs besonderes Gewicht für die Gesamtbeurteilung, wie diese in seiner Entscheidung vom 20.03.2013 unter dem Aktenzeichen X R 38/11 herausgearbeitet hat. Besondere Bedeutung hat hiernach die Gleichartigkeit der Betätigungen bzw. bei ungleichartigen Betätigungen die Möglichkeit, dass sich die verschiedenen Tätigkeiten ergänzen. Bei ungleichartigen Betätigungen ist selbst bei organisatorischer, finanzieller und wirtschaftlicher Verflechtung ein einheitlicher Gewerbebetrieb nur anzunehmen, wenn die verschiedenen Betätigungen einander ergänzen.

Bei ungleichartigen bzw. sich nicht ergänzenden Tätigkeiten ist nach der obersten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in München zumindest in der Regel von der Selbstständigkeit der einzelnen Aktivitäten auszugehen. So der Grundsatz. Bestehen in einem solchen Fall gewisse organisatorische oder finanzielle Zusammenhänge, werden diese eher auf der Identität des Unternehmers, als auf objektiven sachlichen Notwendigkeiten beruhen. Diese auf der Identität des Unternehmers beruhenden Zusammenhänge müssen daher außer Betracht bleiben. Anderenfalls würde bestimmten Betrieben lediglich im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse der Vorteil einer Saldierung von Verlusten und Gewinnen eingeräumt.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze wird daher sowohl das Finanzamt als auch die Rechtsprechung auch in anderen Fällen prüfen, ob ein einheitlicher Gewerbebetrieb oder doch zwei unterschiedliche Betriebe in gewerbesteuerliche Hinsicht gegeben sind. Je nachdem, was gewünscht ist, sollten Betroffene daher eine entsprechende Abgrenzung schaffen bzw. diese verhindern.

9. Für alle Steuerpflichtigen: Welchen Umfang hat die Bestandskraft von Steuerbescheiden nach Erledigungserklärungen

Mit Urteil vom 31.10.2019 hat das Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 15 K 1814/16 entschieden, dass die Finanzbehörde, solange sie dem Begehren des Steuerpflichtigen in einem Einspruch nicht umfassend stattgegeben hat, auch nach Änderung des Bescheides, gegen den der Einspruch eingelegt wurde, über den ursprünglichen Einspruch vollumfänglich zu entscheiden hat.

Der Grund hinter diesem Urteil: Ein Einspruch erledigt sich nicht dadurch, dass Änderungsbescheide erlassen werden, die dem Begehren des Steuerpflichtigen im ursprünglichen Einspruch nicht in vollem Umfang stattgegeben. Ist es in der Praxis der Fall, dass das Finanzamt dem Steuerpflichtigen also nur teilweise Recht gibt, werden die neuen Steuerbescheide zum Gegenstand des bestehenden Einspruchsverfahrens, sodass hierdurch keine Beendigung des Einspruchsverfahrens durch Abhilfe eintreten konnte.

Konkret regelt insoweit bereits § 365 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), dass ein im Rahmen eines anhängigen Einspruchs- oder Klageverfahrens ergangener Änderungsbescheid grundsätzlich zum Gegenstand des laufenden Rechtsbehelfsverfahrens wird, ohne dass es einer erneuten Einspruchseinlegung bedarf. Die Finanzbehörde hat, solange sie dem Begehren des Steuerpflichtigen nicht umfassend stattgibt, auch nach gegebenenfalls mehrfacher Änderung eines Steuerbescheides, gegen den Einspruch eingelegt wurde, über den ursprünglichen Einspruch und das darin geäußerte Begehren des Steuerpflichtigen zu entscheiden.

Es entspricht insoweit der gefestigten Rechtsprechung, dass ein Einspruch sich nicht dadurch erledigt, dass Änderungsbescheide erlassen werden, die dem Begehren des Steuerpflichtigen nicht in vollem Umfang stattgeben.

Auch wenn die Entscheidung des Finanzgerichtes Münster im vorliegenden Fall positiv ist, ist der Sachverhalt damit noch nicht gewonnen. Zwar ist es unstrittig, dass das Finanzamt nicht durch eine teilweise Abhilfe ein Einspruchsverfahren beenden kann. Fraglich ist jedoch wie es aussieht, wenn beide Seiten sogenannte Erledigungserklärungen abgeben.

Da dies im vorliegenden Fall noch streitbefangen war, muss sich abschließend noch der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 39/19 zu der Frage äußern, ob durch die Erledigungserklärung der Verfahrensbeteiligten in einem Klageverfahren gegen die auszulegende Einspruchsentscheidung auch dann Unanfechtbarkeit hinsichtlich eines im Einspruchsverfahren vorgetragenen, jedoch übersehenen und daher in der Einspruchsentscheidung nicht aufgeführten Streitpunktes eintritt oder ob diese Einspruchsentscheidung als Teil-Einspruchsentscheidung auszulegen ist, bei der hinsichtlich des nicht aufgeführten Streitpunktes keine Bestandskraft eingetreten ist.

Da insbesondere nach Betriebsprüfungen und einem sich anschließenden Klageverfahren solche verfahrensrechtlichen Ungereimtheiten häufiger auftreten könnten, sollten sich Betroffene durchaus auf die positive Entscheidung der ersten Instanz in Form des Finanzgerichtes Münsters stützen und auf das anhängige Verfahren bei den obersten Finanzrichter der Republik verweisen.

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