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Mandantenbrief 05/2022

Inhalt:
  1. Für alle Steuerpflichtigen: Beschränkt abzugsfähige Berufsausbildungskosten trotz langjähriger Tätigkeit zuvor
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Abzug von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung
  3. Für alle Steuerpflichtigen: Umsatzsteuerfreiheit für Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen
  4. Für alle Steuerpflichtigen: Fiskalisch motivierter grenzüberschreitender Informationsaustausch und Speicherung von Vermögensbeständen ausländischer Konten und Depots als Datenschutzverstoß?
  5. Für alle Steuerpflichtigen: Verfassungsrechtliche Zweifel bei den Säumniszuschlägen
  6. Für alle Steuerpflichtigen: Abfindungszahlungen im Scheidungsfall
  7. Für Vermieter: Eine kürzere Restnutzungsdauer des Gebäudes kann durch Wertgutachten nachgewiesen werden
  8. Für gewerbliche Vermieter: Vorsicht bei Überlassung von Betriebsvorrichtung und erweiterter Gewerbesteuerkürzung

1. Für alle Steuerpflichtigen: Beschränkt abzugsfähige Berufsausbildungskosten trotz langjähriger Tätigkeit zuvor

Immer wieder kommt ein Streit auf, ob Aufwendungen für die Berufsausbildung lediglich im Bereich der Sonderausgaben abgezogen werden dürfen oder doch eventuell Werbungskosten sein können. Der Grund des Streits: Wenn die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung nur Sonderausgaben sind, ist der Abzug im Kalenderjahr entsprechend der Regelung in § 10 Abs. 1 Nummer 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf 6.000 Euro begrenzt. Werbungskosten, auch vorweggenommene, sind hingegen unbegrenzt abzugsfähig. Insoweit hatte aktuell das erstinstanzliche Finanzgericht aus Niedersachsen darüber zu entscheiden, ob auch nach langjähriger gewerblicher Tätigkeit ohne abgeschlossene Berufsausbildung noch beschränkt abzugsfähige Aufwendungen für eine Erstausbildung vorliegen. Es geht dabei also ganz konkret um Autodidakten.

Zum Hintergrund der Entscheidung: Werbungskosten sind entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 1 Satz eins EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Beruflich veranlasste Aufwendungen sind grundsätzlich in dem Veranlagungszeitraum als Werbungskosten zu berücksichtigen, in dem sie geleistet wurden. Das muss nicht notwendigerweise der Veranlagungszeitraum sein, in dem die zugehörigen Einnahmen erzielt worden sind bzw. erzielt werden sollen. Der erforderliche Zusammenhang zwischen Aufwendungen und Einnahmen kann auch über mehrere Veranlagungszeiträume hinweg bestehen. Entscheidend ist, dass durch die Teilnahme am Marktgeschehen im weitesten Sinne steuerpflichtige Einnahmen erzielt werden sollen bzw. erzielt worden sind. So auch die einhellige Meinung in diversen Gesetzeskommentaren.

Sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung heißt es daher weiter: Somit können Werbungskosten schon zu einem Zeitpunkt anfallen, zu dem noch keine Einnahmen erzielt worden sind. Voraussetzung ist auch hier, dass ein hinreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, bei der der Abzug begehrt wird. Das ist der Fall, wenn der Steuerpflichtige im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen einen endgültigen Entschluss zur Einkünfteerzielung gefasst hat und diesen zwischenzeitlich nicht wieder aufgegeben hat. Dass tatsächlich Einnahmen erzielt worden sind, ist hingegen nicht zwingend erforderlich. So zum Beispiel Krüger in Schmidt, EStG § 9 Rz. 95.

Damit wären auch grundsätzlich Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Berufsausbildung entstehen und letztlich der Vorbereitung der Erzielung von Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit dienen, den Werbungskosten zuzurechnen. Denn diese Aufwendungen dienen jedenfalls mittelbar der Erzielung der späteren Einnahmen.

Um jedoch einem ausufernden Werbungskostenabzug entgegenzuwirken (oder anders ausgedrückt, um steuerliches Abzugspotenzial zu minimieren), hat der Gesetzgeber eine einschränkende Regelung in § 9 Abs. 6 EStG aufgenommen. Danach sind Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder für ein Studium des Steuerpflichtigen nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (darunter fällt eine Berufsausbildung oder ein Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Das Gesetz sieht vor, dass eine Erstausbildung in diesem Sinne nur dann vorliegt, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von zwölf Monaten bei vorzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.

Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird. Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen. Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von zwölf Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.

Entsprechend diesen Ausführungen ist daher eine erstmalige Berufsausbildung anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige vor der zu beurteilen Ausbildungsmaßnahme noch keine andere Berufsausbildung durchlaufen oder eine frühere Berufsausbildung ohne Abschluss abgebrochen hat. Eine Erstausbildung hat dabei mindestens zwölf Monate Vollzeit zu umfassen. Vollzeit bedeutet, dass die Ausbildung durchschnittlich mit mindestens 20 Stunden wöchentlich durchgeführt wird. Wie so vieles ist also auch dies bürokratisch genau definiert.

Darüber hinaus führen die Richter des Niedersächsischen Finanzgerichtes in ihrer Entscheidung vom 26.3.2021 unter dem Aktenzeichen 2 K 130/20 unter Bezug auf Einkommensteuer-Kommentare aus, dass die Erstausbildung weiterhin in einem geordneten Ausbildungsgang stattfinden muss. Hiervon ist nur dann auszugehen, wenn ihre Durchführung auf der Grundlage von Rechts- bzw. Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers erfolgt. Sie muss die Vermittlung der zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten zum Ziel und zum Gegenstand haben. Eine geordnete Ausbildung setzt ferner voraus, dass die Ausbildungsziele definiert sind, ein feststehender Lehrplan existiert sowie Beginn und Abschluss festliegen. Neben staatlich anerkannten oder geregelten Ausbildungen können dies auch solche Berufsausbildungen sein, die nach den Richtlinien von Berufs- und Wirtschaftsverbänden oder internen Vorschriften der Bildungsträger geordnet sind.

Zudem betonen die Richter in ihrer Entscheidung, dass die Berufsausbildung auch abgeschlossen sein muss. Nur dann ist sie als Erstausbildung zu berücksichtigen.

Aufgrund dieser Ausführungen erkennen die erstinstanzlichen Richter im abgeurteilten Streitfall keine Erstausbildung. Vorliegend hatte sich ein Steuerpflichtige nach einem Praktikum im Bereich der Veranstaltungsbranche selbstständig gemacht. Tatsächlich gab es jedoch zum damaligen Zeitpunkt noch keine staatlich anerkannte Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann. Auch dies ist jedoch nach Ansicht der Richter kein Grund, trotz der langjährigen Tätigkeit in dem Bereich und eines Praktikums ausnahmsweise von einer Erstausbildung auszugehen. Dies wäre allenfalls möglich gewesen, wenn der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt die Abschlussprüfung zum Veranstaltungskaufmann bestanden hätte.

Insoweit ist das Urteil das erstinstanzliche Gericht knallhart, dass im vorliegenden Fall die Aufwendungen für die Verkehrspilotenausbildung des Klägers zu den beschränkt abzugsfähigen Berufsausbildungskosten im Bereich der Sonderausgaben gehören. Dies gilt auch, wenn der Kläger bereits seit geraumer Zeit und langjährig in einem anderen Beruf gewerblich tätig war und er seinerzeit dafür gar keine Erstausbildung abschließen konnte.

Hinweis: Insbesondere für alle Autodidakten ist diese Entscheidung verheerend, wenn später eine Berufsausbildung in einem anderen Bereich angegangen werden soll. Daher wird sich aktuell noch der Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen VI R 22/21 mit der Kernfrage beschäftigen müssen, ob Umschulungskosten eines Steuerpflichtigen bei den Werbungskosten entgegen der Regelung des § 9 Abs. 6 EStG erfasst werden können, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine langjährige und eigenständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte, ohne hierfür eine formalisierte Berufsausbildung abgeschlossen zu haben, weil diese schlicht nicht existierte. Betroffenen ist daher geraten, sich an das Musterverfahren anzuhängen!

2. Für alle Steuerpflichtigen: Abzug von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung

Unter dem Aktenzeichen VI R 2/22 müssen die obersten Finanzrichter der Republik klären, ob Aufwendungen für eine homologe künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation einer in einer Partnerschaft lebenden empfängnisfähigen Frau, bei deren männlichem Partner krankheitsbedingte chromosomale Zeugungsrisiken bestehen, als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 EStG zu berücksichtigen sind. Zudem gilt es zu klären, ob bei Berücksichtigungsfähigkeit als außergewöhnliche Belastung auch die vom Partner im Rahmen des abgekürzten Zahlungsweges gezahlten Aufwendungen anerkannt werden können.

Es ist traurig, dass man über solche Fragen streiten muss, es zeigt aber auch, dass das Steuerrecht immer hinterherhinkt. Aber zu den Fakten des Steuerstreits:

Mit Entscheidung vom 14.12.2021 hat das Niedersächsische Finanzgericht bereits unter dem Aktenzeichen 6 K 20/21 dazu eine lediglich bedingt positive Entscheidung getroffen. Danach gilt: Entsprechend der gesetzlichen Vorschrift in § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. In diesem Fall spricht man von außergewöhnlichen Belastungen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen immer dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof dabei davon aus, dass Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen immer aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zweck der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglicher zu machen. So die ständige Rechtsprechung des BFH unter anderem mit Urteil vom 2.9.2010 unter dem Aktenzeichen VI R 11/09.

Im Hinblick auf die für den Abzug erforderliche Zwangsläufigkeit wird nicht danach unterschieden, ob ärztliche Behandlungsmaßnahmen oder medizinisch indizierte Hilfsmittel der Heilung dienen oder lediglich einen körperlichen Mangel ausgleichen sollen. Deshalb werden regelmäßig auch Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, obwohl der körperliche Mangel durch die betreffende Maßnahme nicht behoben, sondern nur „umgangen“ oder kompensiert wird. So beispielsweise im Fall der künstlichen Befruchtung infolge einer Sterilität. Tatsächlich erkennt der Bundesfinanzhof (mittlerweile) in ständiger Rechtsprechung Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität an, wenn diese in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnung für Ärzte vorgenommen wird.

Vorliegend ging es um eine chromosomale Translokation beim Mann, welche als Krankheit anzusehen ist, da sie mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führt, dass ein gemeinsames Kind schwerste körperliche oder geistige Behinderungen erleidet und unter Umständen nicht lebensfähig ist. Das erstinstanzliche Finanzgericht hält es deshalb für angemessen, die vorliegend gegebene chromosomale Translokation angesichts der erheblichen, hieraus resultierenden Risiken und weitreichenden Folgen für ein auf natürlichem Weg gezeugtes Kind als Krankheit des Mannes einzuordnen.

Obwohl selbst nach dieser Einordnung eine Krankheit der Klägerin nicht vorliegt, gelten die für Krankheitskosten entwickelten Grundsätze auch für die Klägerin, denn die Außergewöhnlichkeit sowohl des auslösenden Ereignisses als auch der Höhe der Aufwendungen sowie auch die Zwangsläufigkeit der zur Umgehung der Krankheit durch einen Kinderwunschbehandlung notwendige Aufwendungen sind infolge der gebotenen Gesamtbetrachtung für die gesunde Frau gleichermaßen gegeben. Die aufgrund der biologischen Vorgänge bestehende Zwangsläufigkeit für beide Partner und die Abziehbarkeit von Aufwendungen als dem Grunde nach außergewöhnliche Belastung entfällt entgegen der Auffassung des Finanzamtes auch nicht deshalb, weil die Partner nicht verheiratet sind.

Insoweit ist die Entscheidung der erstinstanzlichen Richter durchgehend positiv, da der Abzug der außergewöhnlichen Belastung zunächst einmal bejaht wird. Vorliegend ist aber noch die Besonderheit, dass entsprechende Zahlungen in Abkürzung des Zahlungsweges geleistet wurden. In Bezug auf die Höhe der als außergewöhnliche Belastung der Klägerin anzuerkennenden Aufwendungen kommt daher das erstinstanzliche Gericht zu der Auffassung, dass lediglich diejenigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, die die Klägerin durch Bezahlung der ihr in Rechnung gestellten Beträge für die Durchführung der künstlichen Befruchtung selbst getragen hat. Die vom potenziellen Kindesvater (mit dem die Klägerin nicht verheiratet ist) geleisteten Zahlungen auf an die Klägerin adressierte bzw. ausgestellte Rechnungen und Rezepte sieht der Senat im Ergebnis nicht als wirtschaftliche Belastung an, die der Klägerin im Sinne des § 33 EStG erwachsen sind.

Insoweit entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass Ausgaben eines Dritten im Fall der sogenannten Abkürzung des Zahlungsweges als Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu werten sein können. Abkürzung des Zahlungsweges bedeutet die Zuwendung eines Geldbetrags an den Steuerpflichtigen in der Weise, dass der Zuwendende in Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld tilgt. Die Aufwendungen sind nicht nur im Fall der Abkürzung des Zahlungsweges den Steuerpflichtigen zurechenbar, sondern ebenso, wenn der Dritte im eigenen Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag abschließt und aufgrund dessen auch selbst die geschuldete Zahlung leistet. Hierbei spricht man vom sogenannten abgekürzten Vertragsweg.

Im Bereich der außergewöhnlichen Belastung gilt jedoch der Grundsatz, dass die fraglichen Aufwendungen dem Steuerpflichtigen erwachsen sein müssen. Der Steuerpflichtige muss wirtschaftlich mit den Aufwendungen belastet sein. Auf die Herkunft der Mittel kommt es nicht an. Unerheblich ist auch, ob der Steuerpflichtige über eigenes Vermögen verfügt oder ob er Geld von einem Dritten geschenkt erhalten hat. Es entspricht zudem der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass eine außergewöhnliche Belastung des Steuerpflichtigen durch Krankheitskosten dann nicht anzuerkennen ist, wenn der Steuerpflichtige wegen seiner Aufwendungen dadurch entschädigt worden ist, dass ihm entsprechende Beihilfen oder Versicherungsleistungen gewährt wurden. Könnte dem Steuerpflichtigen die Anerkennung auch dann nicht versagt werden, wenn ihm die für die Begleichung der Aufwendungen erforderlichen Mittel geschenkt worden sind, müsste im Fall des Ersatzes der Aufwendungen durch Beihilfen oder Versicherungsleistungen die Belastung doch deswegen verneint werden, weil hier eine enge Bindung zwischen Aufwand und Ersatz besteht.

Dementsprechend sind die erstinstanzlichen Richter der Meinung, dass eine Berücksichtigung bei dem anderen Partner bzw. der anderen Partnerin nach den Grundsätzen des abgekürzten Zahlungsweges nicht erfolgen kann.

Tipp: Betroffene sollten sich an das Musterverfahren beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 2/22 anhängen, denn aktuell bleibt erst einmal abzuwarten, ob die drakonische Entscheidung aus Niedersachsen auch tatsächlich durch die obersten Finanzrichter der Republik bestätigt wird.

3. Für alle Steuerpflichtigen: Umsatzsteuerfreiheit für Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen

Durch Entscheidung vom 25.1.2022 hat das Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 15 K 3545/18 klargestellt, dass Leistungen im Zusammenhang mit betreutem Wohnen umsatzsteuerfrei sind.

Im Urteilsfall war die Klägerin eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die eine Seniorenresidenz bestehend aus einem Pflegeheim und sieben Wohnungen des betreuten Wohnens betreibt. Die Wohnungen befinden sich im Gebäude des Pflegeheims. Mit den Bewohnern des betreuten Wohnens schloss die klagende GmbH entsprechende Betreuungsverträge ab, die diverse Leistungen einer erweiterten Grundversorgung und Wahlleistungen einschließlich eines Notrufsystems umfassten. Die Leistungen wurden durch das im Pflegeheim eingesetzte Personal erbracht. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass diese Umsätze teilweise steuerfrei seine, soweit die entsprechenden Leistungen eng mit der Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Personen zusammenhängen.

Das Finanzamt hingegen kam zu der Auffassung, dass diese Leistungen sämtlich der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind. Erst der 15. Senat des Finanzgerichts Münsters hat mit oben genannter Entscheidung der Klage der Seniorenresidenz stattgegeben. Kurz wiedergegeben lautet der Tenor der Entscheidung: Die gegenüber einzelnen Bewohnern erbrachten Umsätze des betreuten Wohnens sind im von der Klägerin beantragten Umfang steuerfrei. Konkret kommt die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nummer 16 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zum Tragen. Nach dieser Vorschrift sind die eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistung steuerfrei, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder bestimmten Einrichtungen erbracht werden.

Im Streitfall zählten die Bewohner des betreuten Wohnens zum Kreis der hilfsbedürftigen Personen, weil sie an altersbedingten Einschränkungen der Alltagskompetenzen litten. Die von der Klägerin im Rahmen des betreuten Wohnens erbrachten Leistungen sind zudem auch eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden.

Die Seniorenresidenz bietet den Bewohnern des betreuten Wohnens ein breites Angebot an Leistungen an, die zur ambulanten Pflege gehören und der Altenhilfe im Sinne des § 71 SGB XII zuzurechnen sind. In diesen Bereich gehören beispielsweise verschiedene Betreuungsleistungen im Rahmen der ambulanten Pflege, aber auch die Bereitstellung eines Notrufdienstes und bedarfsweise die kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnungen und das Waschen der Kleidung.

Auch soweit die vorgenannten Leistungen der Befriedigung von Grundbedürfnissen dienten, seien diese ganz konkret auf die Behebung altersspezifischer Einschränkungen gerichtet, weil auch diese Leistungen durch das im Pflegeheim eingesetzte und hierfür geschulte Personal erbracht würden. So die Auffassung der erstinstanzlichen Richter.

Im Fazit heißt es daher: Da die Leistungen der Seniorenresidenz im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen bereits nach § 4 Nummer 16 Satz 1 UStG steuerfrei sind, muss der Senat des Finanzgerichtes Münster nicht mehr darüber entscheiden, ob die Vorschrift mit Unionsrecht vereinbar ist und die Leistungen der Klägerin aus dem betreuten Wohnen nach Art. 132 Absatz 1 Buchstabe g der Mehrwertsteuersystemrichtlinie umsatzsteuerfrei wären. Schon nach innerdeutschem Recht kommt eine Steuerbefreiung in Betracht, weshalb diese Leistungen als steuerfrei einzuordnen sind.

4. Für alle Steuerpflichtigen: Fiskalisch motivierter grenzüberschreitender Informationsaustausch und Speicherung von Vermögensbeständen ausländischer Konten und Depots als Datenschutzverstoß?

Vielerorts wird der Datenschutz hochgehalten. Sofern es jedoch eine fiskalisch motivierte Situation gibt, auf Datenbestände zuzugreifen, scheint der Datenschutz nicht mehr ganz so wichtig zu sein (um es mal bewusst provozierend darzustellen).

Vor diesem Hintergrund muss aktuell der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 46/21 klären, ob der Zweck einer gleichmäßigen und gerechten Steuererhebung den generellen Informationsaustausch über die Vermögenswerte von Inländern auf im Ausland geführten Konten, im vorliegenden Verfahren geht es dabei konkret um die Schweiz, rechtfertigt.

So viel kann vorweggenommen werden: Das erstinstanzliche Finanzgericht Köln ist ausweislich seiner Entscheidung vom 27.10.2021 unter dem Aktenzeichen zwei K 2835/19 sehr wohl der Meinung, dass dies nicht nur unproblematisch ist, sondern auch ein Grundrechtseingriff gerechtfertigt ist.

Konkret argumentieren die Richter diesbezüglich wie folgt: Aus Sicht des erstinstanzlichen Gerichts besteht aus verfassungsrechtlichen Gründen kein Unterlassungs- bzw. Löschungsanspruch im Hinblick auf die von der Finanzverwaltung durchgeführte Datenverarbeitung, da die der Datenverarbeitung zugrunde liegenden Vorschriften schlicht verfassungsgemäß sind. So führt das Gericht weiter aus:

Das sogenannte Finanzkunden-Informationsaustauschgesetz, welches die Rechtsgrundlage für den grenzüberschreitenden Datenaustausch mit der Schweiz bildet, basiert seinerseits auf der unter anderem von der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz unterzeichneten mehrseitigen Vereinbarung aus 2014 zwischen den zuständigen Behörden über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten.

Das Abkommen wurde in der Erwägung abgeschlossen, dass die unterzeichnenden Staaten beabsichtigen, die Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten durch den weiteren Ausbau ihrer Beziehung im Bereich der gegenseitigen Unterstützung im Steuerrecht zu fördern und hierbei den von der OECD zusammen mit den G 20-Staaten zur Bekämpfung der Steuervermeidung und Steuerhinterziehung sowie zur Förderung der Steuerehrlichkeit entwickelten gemeinsamen Meldestandard zu nutzen.

Insoweit bestimmt bereits das Abkommen, dass für jedes meldepflichtige Konto eines anderen Staates neben weiteren Angaben der Kontosaldo, der Kontowert (einschließlich des Barwerts oder Rückkaufswert bei rückkaufsfähigen Versicherungsverträgen) zum Ende des betreffenden Kalenderjahres oder eines anderen geeigneten Meldezeitraums oder, wenn das Konto im Laufe des Jahres bzw. Zeitraums aufgelöst wurde, die Auflösung des Kontos zu melden ist. Weiterhin bestimmt das Abkommen, dass der Gesamtbruttobetrag der auf dem Konto erzielten Einkünfte sowie die Gesamtbruttoerlöse aus der Veräußerung oder dem Rückkauf von Finanzvermögen zu melden sind. Bei Einlagekonten ist nach dem Abkommen der Gesamtbruttobetrag der Zinsen, die während des Meldezeitraums eingezahlt oder gutgeschrieben wurden, zu melden.

Ebenso ist geklärt, dass die Regelungen des Abkommens in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden, weshalb die zuvor skizzierten Rechtsgrundlagen verfassungsgemäß sind.

Auch die erstinstanzlichen Richter des Finanzgerichtes Köln führen klar und deutlich aus, dass der Datenaustausch und die Datenverarbeitung nicht gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers verstoßen.

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung trägt der Gefährdung und Verletzung der Persönlichkeitsrechte Rechnung, die sich für den Einzelnen aus informationsbezogenen Maßnahmen, insbesondere unter den Bedingungen der Datenverarbeitung, ergeben. Es flankiert und es erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit, indem es ihn schon auf der Stufe der Persönlichkeitsgefährdung beginnen lässt. Eine derartige Gefährdungslage kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen der Rechtsgüter entstehen, so insbesondere, wenn personenbezogene Informationen in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden, die der Betroffene weder überschauen noch beherrschen kann. Aus solchen Informationen können weitere Informationen erzeugt und so Schlüsse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeinträchtigen als auch Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit mit sich bringen können. Der durch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vermittelte Grundrechtsschutz stellt daher ein Abwehrrecht gegen staatliche Datenerhebung und Datenverarbeitung dar, wie bereits das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 10.3.2008 unter dem Aktenzeichen eins BvR 2388/03 entschieden hat.

Nur, was bedeutet dies nun alles konkret? Tatsächlich räumen die Richter ein, dass die Speicherung und Weiterverarbeitung der aus der Schweiz erhaltenen Kontodaten den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung berührt, da auf diese Weise durch staatliches Handeln persönliche Daten der Steuerpflichtigen verarbeitet werden.

Aber: Es besteht ein öffentliches Interesse an der Aufgabenerfüllung des Beklagten im Zusammenhang mit der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern. Die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung von Steuern stellt ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel dar, das aufgrund des Gebots der steuerlichen Belastungsgleichheit selbst Verfassungsrang hat. So auch bereits das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 27.6.1991 unter dem Aktenzeichen 2 BvR 1493/89.

Dementsprechend führt das Gericht weiter aus: Die Vorschriften über den grenzüberschreitenden Informationsaustausch dienen ausweislich der Erwägungsgründe der mehrseitigen Vereinbarung der Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung. Damit dienen die Vorschriften der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern, verfolgen also ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel. Die der Datenverarbeitung zugrunde liegenden Vorschriften sind also insoweit nach Auffassung des Gerichtes auch verhältnismäßig.

Insoweit soll die Mitteilung von Vermögensbeständen und die Verarbeitung entsprechender Daten nicht über das hinausgehen, was zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Ziels der gleichmäßigen Steuerfestsetzung notwendig ist.

Als Gegenargument bringen die Kläger an, dass spätestens seit dem Zeitpunkt, seit dem in Deutschland keine Vermögensteuer mehr erhoben wird, Vermögensbestandsdaten für die Besteuerung keine Relevanz hätten. Dieser Auffassung folgt das Gericht jedoch (leider) nicht. Zum einen wird in der Bundesrepublik Deutschland in bestimmten Konstellationen auch eine Vermögenssubstanz besteuert, beispielsweise in Fällen der Schenkungen und Erbschaften, sodass bereits vor diesem Hintergrund ein staatliches Interesse an der Kenntnis von Vermögensbeständen besteht. Zum anderen argumentieren die Richter, dass Vermögensbestände gegebenenfalls auch Rückschlüsse auf erzielte Einkünfte zulassen. Durch die Mitteilung von Kontensalden wird der deutsche Fiskus so bereits in die Lage versetzt, zu prüfen, ob die Vermögensbestände aus den steuerlich erklärten Einkünften stammen können. Hierdurch wird es den Finanzbehörden ermöglicht, Steuerhinterziehungen aufzudecken und eine gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen.

Neben diesen vorgenannten wesentlichen Argumenten führt das erstinstanzliche Gericht noch eine ganze Reihe weiterer Argumente an, für die jedoch an dieser Stelle auf die Lektüre der Urteilsbegründung verwiesen werden soll. Konkret muss gesagt werden, dass das Verfahren noch nicht abschließend entschieden ist, da wie eingangs bereits gesagt noch die obersten Finanzrichter der Republik dazu Stellung nehmen müssen. Gegebenenfalls kann es danach sogar auch noch zur Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts mittels Verfassungsbeschwerde kommen.

5. Für alle Steuerpflichtigen: Verfassungsrechtliche Zweifel bei den Säumniszuschlägen

Im Verfahren über den vorläufigen Rechtsschutz hat das erstinstanzliche Finanzgericht Münster in seinem Beschluss vom 16.12.2021 unter dem Aktenzeichen 12 V 2684/21 Zweifel an der Höhe der ab 2019 entstandenen Säumniszuschläge in verfassungsrechtlicher Weise geäußert. Der sehr bemerkenswerten Aussage des erstinstanzlichen Gerichtes liegt ein Sachverhalt zugrunde, in dem ein Steuerpflichtiger die Höhe der Säumniszuschläge als verfassungswidrig bemängelte. Zudem brachte der Steuerpflichtige an, dass die Säumniszuschläge nicht nur hälftig, sondern vollständig aufzuheben seien.

Wie nicht anders zu erwarten, erkannte der Fiskus keine verfassungsrechtlichen Bedenken an der Höhe der Säumniszuschläge. Es folgte insoweit die Argumentation, die seitens des Fiskus immer wieder kommt: Säumniszuschläge wirken danach als Druckmittel und dienen der Abgeltung von zusätzlichem Verwaltungsaufwand und sind insoweit eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung durch den Steuerpflichtigen. Um die vom Bundesverfassungsgericht zu den Zinsen ergangene Rechtsprechung nicht in die Nähe der Säumniszuschläge gelangen zu lassen, argumentierte die Finanzverwaltung, dass ein fester Zinsanteil sich bei Säumniszuschlägen nicht ermitteln lasse. Die Folge: Die positive Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Zinsen sei nach Auffassung des Fiskus insoweit auf Säumniszuschläge nicht zu übertragen.

Das erstinstanzliche Finanzgericht Münster war hingegen sehr wohl der Meinung, dass die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge von einem Prozent pro Monat zweifelhaft erscheint.

Dies begründeten die erstinstanzlichen Richter wie folgt: Ausweislich des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 8.7.2021 unter dem Aktenzeichen 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 sind Nachzahlungszinsen (gemeint sind diese ausweislich der Regelung in § 233 a der Abgabenordnung (AO)) verfassungswidrig, soweit sie auf Verzinsungszeiträume ab 2017 entfallen. Allerdings gilt die verfassungswidrige Regelung bis zum 31.12.2018 fort.

Mit Beschluss vom 31.8.2021 hat der Bundesfinanzhof zudem unter dem Aktenzeichen VII B 69/21 darüber hinaus ausgeführt, dass die verfassungsrechtlichen Zweifel (die an den Nachzahlungszinsen bestehen) auch auf Säumniszuschläge übertragbar sind, zumindest soweit ihnen nicht die Funktion eines Druckmittels, sondern eine zinsähnliche Funktion zukommt. Da sich im Verfahren vor dem Bundesfinanzhof das Aussetzungsbegehren nur auf die hälftigen Säumniszuschläge beschränkte, hatte er darüber hinaus keine Entscheidung treffen müssen.

Die erstinstanzlichen Richter vertreten die Meinung, welche durchaus nachvollziehbar und logisch ist, dass die Regelung zur gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge nur insgesamt verfassungsgemäß oder insgesamt verfassungswidrig sein kann und es keine teilweise Verfassungswidrigkeit in Bezug auf einen bestimmten Zweck einer Norm geben kann. Im Volksmund sagt man dazu: Ein bisschen schwanger geht nicht. Entsprechend dieser durchaus logischen Argumentation kommt das Gericht zu dem Schluss, dass durchaus so hohe verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge bestehen, dass die Vollziehung dieser in vollem Umfang aufzuheben ist.

Hinweis: Selbstverständlich hat das erstinstanzliche Gericht zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Beschwerde gegen seinen Beschluss zugelassen. Die Frage, ob die gesetzlich festgelegte Höhe der Säumniszuschläge verfassungsgemäß ist und ob sich eine etwaige Verfassungswidrigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge auf die entstandenen Säumniszuschläge insgesamt auswirkt oder sich nur auf den Teil der Säumniszuschläge beschränkt, der ein Ausgleich für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern beinhaltet, mithin eine zinsähnliche Funktion hat, ist insoweit bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt.

Die Thematik wird uns daher mit Sicherheit auch in der Zukunft noch weiter beschäftigen und wir werden dementsprechend bei Neuigkeiten wieder berichten.

6. Für alle Steuerpflichtigen: Abfindungszahlungen im Scheidungsfall

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sowie auch entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung des Finanzgerichtes München vom 2.5.2018 unter dem Aktenzeichen 4 K 3181/16 hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 1.9.2021 unter dem Aktenzeichen II R 40/19 entschieden: Regeln zukünftige Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung umfassend individuell und sehen sie für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners in einer bestimmten Höhe vor, die erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten sind, so ist in einer solchen Bedarfsabfindung keine freigiebige Zuwendung, sprich keine steuerpflichtige Schenkung, zu sehen.

In den Urteilsgründen erläutert der Bundesfinanzhof sehr genau, wann überhaupt eine steuerpflichtige Schenkung vorliegt. So unterliegt der Schenkungsteuer jede freigiebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Der Erwerb eines zugewendeten Gegenstandes, auf den kein Rechtsanspruch besteht, ist unentgeltlich, wenn er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, beispielsweise im Urteil vom 27.11.2013 unter dem Aktenzeichen II R 25/12.

Zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands einer freigebigen Zuwendung bedarf es des Bewusstseins des Zuwendenden, die Leistung ohne Verpflichtung und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung oder einem Gemeinschaftswerk zu erbringen. Der subjektive Tatbestand entfällt, wenn der Zuwendende seine Leistung als entgeltlich ansieht, selbst wenn dies irrtümlich ist. Für die zutreffende Vorstellung des Zuwendenden von dem Begriff der Unentgeltlichkeit genügt es, wenn er dessen rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt laienhaft zutreffend erfasst.

Die Zahlung einer Pauschalabfindung unter Preisgabe eines möglicherweise künftig entstehenden Zugewinnausgleichsanspruchs vor Eingehung der Ehe erfüllt als freigiebige Zuwendung den Tatbestand einer Schenkung. Denn diese Zahlung wird weder zur Befriedigung eines außervertraglichen Forderungsrechts preisgegeben noch als Gegenleistung für einen Verzicht getätigt. Ein die Pauschalabfindung rechtfertigendes Forderungsrecht besteht in diesen Fällen nicht, denn die Zugewinnausgleichsforderung entsteht erst, wenn die Zugewinngemeinschaft endet.

Der Verzicht auf den möglicherweise künftig entstehenden Zugewinnausgleich gegen eine Pauschalabfindung erfüllt zudem die Voraussetzung der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 3 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG). Nach dieser Vorschrift werden Gegenleistungen, die nicht in Geld veranschlagt werden können, bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, nicht berücksichtigt. Vor Beginn der Ehe ist ungewiss, ob und wann die Ehe wieder geschieden oder die Zugewinngemeinschaft aus anderen Gründen beendet wird. Bis zur Entstehung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich können sich zudem noch gravierende Veränderungen ergeben. Die Zugewinnausgleichsforderung kann in der Person des Zuwendungsempfängers entweder überhaupt nicht oder nicht in der im Zeitpunkt der Zuwendung erwarteten Höhe entstehen oder der Zuwendungsempfänger umgekehrt sogar selbst Schuldner einer Zugewinnausgleichsforderung werden.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die zukünftigen Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung (abweichend von den gesetzlichen Leitbildern) umfassend individuell regeln und für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners an den anderen in einer bestimmten Höhe vorsehen, die erst zu diesem Zeitpunkt zu leisten sind. Man spricht dabei von einer sogenannten Bedarfsabfindung.

Im Fall einer Bedarfsabfindung wird keine Pauschalabfindung ohne Gegenleistung erbracht. Es werden lediglich Rechte und Pflichten der künftigen Ehegatten durch umfangreiche Modifikation denkbarer gesetzlicher familienrechtlicher Ansprüche im Fall der Scheidung im Wege einer Pauschalierung neu austariert. Wird ein derartiger Vertrag abgeschlossen, der nach Art eines Gesamtpaketes alle Scheidungsfolgen regelt, kann dieses Paket nicht in Einzelleistungen aufgeteilt und eine der Einzelleistungen der Schenkungsbesteuerung unterworfen werden, so der Bundesfinanzhof. Damit würde der Umstand verkannt, dass ein solcher Vertrag einen umfassenden Ausgleich aller Interessensgegensätze anstrebt und insofern keine der Einzelleistungen ohne Gegenleistung ist. Wird die Ehe dann tatsächlich beendet, erfolgt die Zahlung des vorab vereinbarten Betrags in Erfüllung dieser Vereinbarung.

Auf eine solche Vereinbarung ist jedoch die Regelung des § 7 Absatz 3 ErbStG nicht anwendbar. Während bei Zahlung einer Pauschalabfindung zu Beginn der Ehe ein Zugewinnausgleichsanspruch in der Zukunft nur möglicherweise besteht, die Zahlungsverpflichtung damit ungewiss ist und nicht bewertet werden kann, ist bei der Bedarfsabfindung die Zahlung des Ausgleichsanspruchs bzw. der Abfindung an die Beendigung der Ehe geknüpft. Der Zahlungsanspruch ist damit aufschiebend bedingt und erwächst erst mit Eintritt der betreffenden Bedingung zum Vollrecht. Allein der Umstand, dass die Eheleute es mittels eines solchen Vertrags vermeiden, die gegenseitigen Ansprüche auf diesem Zeitpunkt bewerten zu müssen, bedeutet nicht, dass diese Bewertung nicht grundsätzlich möglich wäre.

Daher gehen die obersten Finanzrichter der Republik davon aus, dass die Zahlung nicht den objektiven Tatbestand einer Schenkung erfüllt. Zudem scheitert die Annahme einer Schenkung auch daran, dass der Ehemann die Zahlung subjektiv nicht freiwillig erbringt, sondern den seinerzeit geschlossenen Vertrag erfüllt.

Eheschließende können daher durchaus überlegen, ob nicht individuelle einzelvertragliche Vereinbarungen geeigneter sind, um etwaige Scheidungsfolgen zu regeln.

7. Für Vermieter: Eine kürzere Restnutzungsdauer des Gebäudes kann durch Wertgutachten nachgewiesen werden

Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, ist jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Man spricht dabei vom Grundfall der sogenannten Abschreibung in gleichen Jahresbeträgen. Die Abschreibung bemisst sich dabei nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes. Abweichend von dieser Grundregel bestimmt sich die Abschreibung für ein zur Einkünfteerzielung genutztes Gebäude nach den festen Prozentsätzen der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Regelung stellt eine gesetzliche Typisierung der Nutzungsdauer dar. Grundfall ist hier ein Abschreibungssatz von 2 %, also eine Nutzungsdauer von 50 Jahren.

Ausweislich der Vorschrift in § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG kann anstelle der vorgenannten Abschreibung auch die der tatsächlichen kürzere Nutzungsdauer eines Gebäudes entsprechende Abschreibung vorgenommen werden. Nutzungsdauer im Sinne dieser Vorschrift ist dabei ausweislich einer Regelung in § 11c Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) der Zeitraum, in dem ein Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Die zu schätzende Nutzungsdauer wird bestimmt durch den technischen Verschleiß, die wirtschaftliche Entwertung sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können. Auszugehen ist von der technischen Nutzungsdauer, also dem Zeitraum, in dem sich das Wirtschaftsgut technisch abnutzt. Sofern die wirtschaftliche Nutzungsdauer kürzer als die technischen Nutzungsdauer ist, kann sich der Steuerpflichtige hierauf berufen. Ob der Abschreibung eine die gesetzlich vorgesehenen, stilisierten Zeiträume unterschreitende verkürzte Nutzungsdauer zugrunde gelegt werden kann, beurteilt sich jeweils nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Dies hatten bereits die obersten Richter des Bundesfinanzhofs in einem Urteil vom 4.3.2008 unter dem Aktenzeichen IX R 16/07 herausgearbeitet.

Im Ergebnis ist es damit Sache des Steuerpflichtigen, im Einzelfall eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen. So auch der Bundesfinanzhof in einer recht jungen Entscheidung vom 28.7.2021 unter dem Aktenzeichen IX R 25/19. Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächliche Nutzungsdauer eines zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint. Erforderlich ist dabei allerdings, dass die Darlegung des Steuerpflichtigen Aufschluss über die maßgeblichen Gründe, zum Beispiel den technischen Verschleiß, wirtschaftliche Entwertung oder rechtliche Nutzungsbeschränkungen gibt, welche die Nutzungsdauer im Einzelfall beeinflussen und auf deren Grundlage der Zeitraum, in dem das maßgebliche Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, im Wege der Schätzung mit hinreichender Bestimmtheit zu ermitteln ist.

Dies bedeutet, dass die Bestimmung zur verkürzten Nutzungsdauer dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht einräumt, ob er sich mit dem typisierenden Abschreibungssatz ausweislich der Regelung in § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG zufrieden gibt oder eine tatsächlich kürzere Nutzungsdauer geltend macht und dann natürlich auch die Gründe dafür darlegt. Auszugehen ist im Rahmen der vom Finanzamt durchzuführenden Amtsermittlung von der Schätzung des Steuerpflichtigen, solange dieser Erwägungen zugrunde liegen, wie sie ein vernünftig wirtschaftender Steuerpflichtiger üblicherweise anstellt. Auch dies hat der Bundesfinanzhof in seiner oben zitierten Entscheidung vom 28.7.2021 ganz konkret dargelegt.

Da im Rahmen der Schätzung des Steuerpflichtigen nicht Gewissheit über die kürzere tatsächliche Nutzungsdauer, sondern allenfalls größtmögliche Wahrscheinlichkeit verlangt werden kann, ist sie nur dann seitens der Finanzverwaltung zu verwerfen, wenn sie eindeutig außerhalb des angemessenen Schätzungsrahmens liegt. So hat nicht nur das Finanzgericht Köln in einer Entscheidung vom 23.1.2001 unter dem Aktenzeichen 8 K 6294/95 entschieden, sondern auch bereits eine ganze Zeit früher der Bundesfinanzhof durch Urteil vom 28.9.1971 unter dem Aktenzeichen VIII R 73/68.

Auf Linie der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs arbeiten auch die erstinstanzlichen Richter heraus, dass entgegen der Auffassung des Finanzamtes die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens seitens der Steuerpflichtigen nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächliche Nutzungsdauer ist. Wählt ein Steuerpflichtiger oder ein beauftragter Sachverständiger aus nachvollziehbaren Gründen eine andere Nachweismethode, kann diese Grundlage für eine Schätzung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer sein. Da im Rahmen der Schätzung nur die größtmögliche Wahrscheinlichkeit über eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer verlangt werden kann (siehe die Ausführungen oben), würde eine Verengung der Gutachtermethodik oder eine Festlegung auf ein bestimmtes Ermittlungsverfahren die Anforderungen an die Feststellungslast übersteigen.

Im vorliegend abgeurteilten Streitfall hatte der Kläger ein Wertgutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vorgelegt, welches vom Amtsgericht in Auftrag gegeben wurde, also kein Parteigutachten darstellt. Der Gutachter kommt darin zu dem Ergebnis, dass die Restnutzungsdauer des Hauses lediglich 30 Jahre beträgt. Hierbei hat er wegen Modernisierungen und Zustand ein fiktives Baujahr angegeben, obwohl das Gebäude tatsächlich früher errichtet wurde. Nach seiner Einschätzung bzw. der Einschätzung der Eigentümer entsprachen jedoch mehrere Wohnungen der Ausstattung des tatsächlichen Baujahres. Dies wurde faktisch dadurch bestätigt, dass in den nach der Anschaffung folgenden Jahren umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt wurden, welche als anschaffungsnahe Herstellungskosten in die Abschreibungsbemessungsgrundlage eingeflossen sind. In seiner Wertermittlung für das streitige Gebäude muss der Gutachter das Alter und die Restnutzungsdauer des Gebäudes einbeziehen. Nach der auf den Stichtag der Bewertung der streitigen Immobilie geltenden Wertermittlungsverordnung bestimmt sich eine Wertminderung wegen Alters nach dem Verhältnis der Restnutzungsdauer zur Gesamtnutzungsdauer der baulichen Anlage. Sie ist mit einem Prozentsatz des Herstellungswert auszudrücken. Ist die bei ordnungsgemäßem Gebrauch übliche Gesamtnutzungsdauer der baulichen Anlage durch Instandsetzungen oder Modernisierungen verlängert worden oder haben unterlassene Instandhaltungen oder andere Gegebenheiten zu einer Verkürzung der Restnutzungsdauer geführt, soll der Bestimmung der Wertminderung wegen Alters die geänderte Restnutzungsdauer und die für die baulichen Anlagen übliche Gesamtnutzungsdauer zugrunde gelegt werden.

Dementsprechend kommt der vorliegend erkennende Senat des erstinstanzlichen Gerichtes zu dem Schluss, dass der Sachverständige aufgrund sachlicher Kriterien eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren zugrunde gelegt hat und damit eine von der gesetzlichen typisierenden Nutzungsdauer abweichende Restnutzungsdauer. Unter anderem hat er festgestellt, dass erhebliche Instandsetzungsarbeiten bis zur Kernsanierung mit Erneuerung und Ergänzung der gesamten Installation erforderlich waren, um eine nachhaltige Nutzung mit modernem Wohnraum zu schaffen. Dementsprechend folgt der Senat den fundierten Ausführungen des Gutachters und kann im vorliegenden Fall entgegen der Meinung des Finanzamtes feststellen, dass die tatsächliche Nutzungsdauer der streitgegenständlichen Immobilie zum Zeitpunkt der Anschaffung auf 30 Jahre verkürzt war.

Tipp: In der Praxis sollte genau geprüft werden, ob in dem jeweiligen Einzelfall eventuell eine kürzere Restnutzungsdauer der Immobilie angesetzt werden kann, welche natürlich wiederum zu einer erhöhten Abschreibung und damit zu einer wahrscheinlich deutlichen Steuerersparnis führt.

8. Für gewerbliche Vermieter: Vorsicht bei Überlassung von Betriebsvorrichtung und erweiterter Gewerbesteuerkürzung

Aufgrund der Vorschrift des § 9 Nummer 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) wird die Summe des Gewinns und der restlichen gewerbesteuerlichen Hinzurechnung um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Bei dieser Regelung spricht man von der sogenannten einfachen Kürzung. Anstelle der einfachen Kürzung tritt entsprechend § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz und neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Dabei spricht man von der sogenannten erweiterten Kürzung. Zweck der erweiterten Kürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen. Dies hatte bereits der große Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Beschluss vom 25.9.2018 unter dem Aktenzeichen GrS 2/16 herausgearbeitet.

Eigener Grundbesitz im Sinne dieser Vorschrift ist der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz. Dieser wird verwaltet und genutzt, wenn er zum Zweck der Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa durch Vermietung und Verpachtung. Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in der früheren Fassung des Gewerbesteuergesetzes in § 9 Nummer 1 Sätze 2 und 3 des Gesetzes abschließend aufgezählt.

Darüber hinaus können nach ständiger Rechtsprechung auch Nebentätigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens liegen. Die im Gesetz geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bedeutet zwar, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss. Nebentätigkeiten liegen aber dann noch innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung angesehen werden können. Ist der Umfang einer solchen Tätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot.

Der Umfang des Grundvermögens ergibt sich aus § 68 des Bewertungsgesetzes (BewG). Danach gehören zum Grundvermögen unter anderem der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, nicht aber Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Insoweit können Betriebsvorrichtungen niemals zum Grundvermögen gehören.

Aus dem gesetzlichen Erfordernis der Zugehörigkeit „zu einer Betriebsanlage“ ergibt sich, dass der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Dagegen reicht es nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden. Für die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtung kommt es deshalb darauf an, ob die Vorrichtung im Rahmen der allgemeinen Nutzung des Gebäudes erforderlich ist oder ob sie unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient. Die zivilrechtliche Einordnung eines Gegenstandes als wesentlicher Gebäudebestandteil schließt das Vorliegen einer Betriebsvorrichtung hingegen nicht aus, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 18.12.2019 unter dem Aktenzeichen III R 36/17 entschieden hat.

Ausgehend von dieser gesetzlichen Einordnung kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Münster mit Urteil vom 11.2.2022 unter dem Aktenzeichen 14 K 2267/19 G, F zu dem Schluss, dass eine Bodenvertiefung für einen Bremsprüfstand und Fundamente für eine Werbeanlage keine Betriebsvorrichtungen sind.

Mit Blick auf die Bodenvertiefung hat der BFH in seinem oben bereits zitierten Urteil vom 18.12.2019 unter dem Aktenzeichen III R 36/17 bereits angenommen, dass es sich bei den Zapfsäulen, Rohrleitungen und Tanks sowie insbesondere bei der Bodenbefestigung einer Tankstelle um Betriebsvorrichtungen der Tankstelle handelt. Gegenstand des Betriebs einer Tankstelle sei es unter anderem, die Tankstellenkunden mit Treibstoffen wie Benzin und Diesel in unterschiedlichen Treibstoffqualitäten zu versorgen. Insoweit würden die Tanks, Rohrleitungen und Zapfsäulen unmittelbar zur Durchführung des Tankvorgangs genutzt und dienten damit auch unmittelbar der Ausübung des Gewerbes. Gleiches gelte für die Bodenbefestigung im Tankbereich. Die Rechtsprechung erkenne zwar an, dass Wege- und Platzbefestigung der allgemeinen Erschließung des Grundstücks und dem Zugang zum Gebäude dienten und sie insoweit keine unmittelbar den Betriebsablauf betreffende Funktion erfüllen. Dabei wird es nicht als ausreichend für die Qualifikation als Betriebsvorrichtung angesehen, wenn die Zu- und Abfahrten unmittelbar dem Betrieb dienen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Wege- und Platzbefestigung zu einer Betriebsanlage gehören. Dies ist bei einer Tankstelle der Fall, da die Bodenbefestigung zur Tankanlage gehört. Sie steht im räumlichen Zusammenhang mit der Tankanlage und bildet funktionell eine Einheit mit der Tankanlage, wenn hier die wesentlichen Betriebsvorgänge der Tankstelle, nämlich einerseits das Befüllen des Tanks durch entsprechende Tanklastzüge des Treibstofflieferanten und andererseits die Betankung der Kundenfahrzeuge, stattfinden. Insoweit unterscheidet sich die Bodenbefestigung im Tankstellenbereich durch ihre besondere betriebliche Ausgestaltung und Zweckbestimmung von sonstigen Boden- oder Hofbefestigungen zum allgemeinen Personenzugang oder zur allgemeinen Befahrbarkeit.

Im Unterschied zu der Bodenbefestigung einer Tankstelle erfüllt jedoch eine Bodenvertiefung keine spezielle Funktion für den Bremsprüfstand und darauf aufbauend für die Kfz-Werkstatt. Der eigentliche Betrieb einer Kfz-Werkstatt wäre auch ohne eine entsprechende Vertiefung im Boden durchführbar, eben durch eine mobile Bremsen-Prüfanlage. Die Vertiefung hätte einzig den Zweck, dass die später an dieser Stelle eingebaute Bremsprüfanlage ebenerdig befahrbar werden konnte und die Notwendigkeit einer ansonsten mobilen Bremsen-Prüfanlage entfällt. Allein durch die Vertiefung kann eine Kfz-Werkstatt aber nicht unmittelbar betrieben werden, sondern allenfalls mittelbar im Zusammenhang mit der auf ihr errichteten Bremsen-Prüfanlage. Folglich kommen diesbezüglich die Richter zu dem Schluss, dass eine Bodenvertiefung keine Betriebsvorrichtung ist.

Ebenso sehen es die erstinstanzlichen Richter des Finanzgerichtes Münster mit Blick auf die Fundamente für eine Werbeanlage. Auch dabei handelt es sich nach Überzeugung des erstinstanzlichen Gerichtes nicht um eine Betriebsvorrichtung. Denn auch ohne entsprechende Fundamente für eine Werbeanlage kann eine Kfz-Werkstatt (oder auch ein anderer Betrieb) grundsätzlich betrieben werden. Durch die Fundamente wird ein Unternehmen jedenfalls nicht unmittelbar betrieben.

Hinsichtlich der Frage, ob die Überlassung daher bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung schädlich ist, kann daher Entwarnung gegeben werden.

Hinweis: Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass die Vorschrift zur erweiterten Gewerbesteuerkürzung geändert wurde. Danach sind Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern des Grundbesitzes generell nicht mehr schädlich, sofern diese Einnahmen im Wirtschaftsjahr nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes sind. Darunter sollte zukünftig auch die Mit-Vermietung bzw. Mitüberlassung von Betriebsvorrichtung fallen.

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