Kontakt

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage per E-Mail pder per Telefon.

E-Mail: info@stb-kp.de

Telefon: 0 62 04 / 33 17

Mandantenbrief 06/2023

Inhalt:
  1. Für alle Steuerpflichtigen: Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio als außergewöhnliche Belastungen?
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Umfang des privaten Veräußerungsgeschäftes bei Vermietung von einzelnen Räumen des selbstgenutzten Wohneigentums
  3. Für alle Steuerpflichtigen: Trennungsunterhalt durch Naturalleistungen
  4. Für Unternehmer: Erschütterung des für die Privatnutzung eines betrieblichen PKW sprechenden Anscheinsbeweises
  5. Für Immobilienbesitzer: Sonder-AfA für Baudenkmäler - Beschränkung auf im Inland belegene Gebäude und die Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht
  6. Für Schenker und Beschenkte: Zur Grundstückswertermittlung bei Existenz eines zeitnahen Kaufpreises
  7. Für Unternehmer: Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von Luxusfahrzeugen
  8. Für Unternehmer: Zur Zulässigkeit der Erweiterung einer Anschlussprüfung

1. Für alle Steuerpflichtigen: Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio als außergewöhnliche Belastungen?

Im Berechnungsschema der Einkommensteuer ist der sogenannte Gesamtbetrag der Einkünfte unter anderem um die außergewöhnlichen Belastungen zu kürzen. Außergewöhnliche Belastungen liegen entsprechend der gesetzlichen Definition in § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) immer dann vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Aufwendungen erwachsen immer dann zwangsläufig, wenn sie aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht abgewendet werden können und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Der Bundesfinanzhof geht dabei in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dabei kommt es auf die Art und die Ursache der Erkrankung niemals an. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zweck der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen. Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. So bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 25.4.2017 unter dem Aktenzeichen VIII R 52/13.

Jedoch hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall in einer Reihe von Fällen formalisiert nachzuweisen. Dies hat bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 19.11.2015 unter dem Aktenzeichen VI R 42/14 herausgearbeitet. So hat der Steuerpflichtige entsprechend der Vorschrift des § 33 Abs. 4 EStG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 Nummer 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu erbringen. Eine Verordnung ist dabei ein formalisierter Nachweis, der für jedes einzelne Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel geführt werden muss.

Hingegen gehören mit einer Krankheit verbundene Folgekosten ebenso wie die Kosten für die vorbeugende oder der Gesundheit ganz allgemein dienenden Maßnahme, die nicht gezielte der Heilung oder Linderung von Krankheiten dienen, nicht zu den Krankheitskosten. Auch dies hat der Bundesfinanzhof leider bereits in einer Entscheidung vom 3.12.1998 unter dem Aktenzeichen III R 5/98 festgestellt und es stellt seitdem die ständige Rechtsprechung dar.

In diesem Zusammenhang haben sich bereits mehrere Finanzgerichte mit der Problematik der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Fitnessstudiobeiträge und damit zusammenhängende Fahrtkosten als Heilbehandlungskosten befasst. Dabei hatte bis jetzt kein Finanzgericht den Abzug von Mitgliedsbeiträgen für ein Fitnessstudio als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wobei in allen Fällen der erforderliche Nachweis der Zwangsläufigkeit ganz oder teilweise nicht vorlag.

Folgend eine Übersicht über einige Entscheidungen:

Das Finanzgericht München hat mit Urteil vom 15.4.2002 unter dem Aktenzeichen 13 K 2506/98 entschieden, dass Aufwendungen für ein Herz-Kreislauf-Training in einem Fitnesscenter, das seiner Art nach nicht nur von kranken, sondern auch von gesunden Menschen besucht wird, um die Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll zu gestalten, dann nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können, wenn der Steuerpflichtige nicht den Nachweis, dass das Training für die Heilung oder Linderung einer Krankheit erforderlich ist, durch eine vor Beginn des Trainings erstellte amts- oder vertrauensärztliche Bescheinigung erbringen kann.

Aufwendungen für die Ausübung eines Sports gehören grundsätzlich zu den nicht abzugsfähigen Kosten der privaten Lebenshaltung. Ausnahmen von diesem Grundsatz können nur dann in Betracht kommen, wenn der Sport betrieben wird, um eine Krankheit oder ein Gebrechen zu heilen oder zu seiner Besserung oder Linderung beizutragen. So auch bereits das Finanzgericht München zum Besuch eines Sportstudios in seinem Urteil vom 8.9.2017 unter dem Aktenzeichen 7 K 732/17. Insoweit muss die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme vor Beginn feststehen, zumal wenn sie in einem auch von gesunden Menschen besuchten Fitnessstudio durchgeführt werden und sie ihrer Art nach nicht eindeutig rein medizinische Maßnahmen einer Heilbehandlung darstellen. In beiden Streitfällen fehlte der Nachweis der medizinischen Indikation und der Zwangsläufigkeit für die in einem Fitnessstudio durchgeführten Kurse.

Nach Auffassung des Sächsischen Finanzgerichtes im Urteil vom 24.1.2011 unter dem Aktenzeichen 8 K 1403/09 können Aufwendungen für die Ausübung von Sport nur dann ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden, wenn der Sport nach genauer Einzelverordnung und unter Verantwortung eines Arztes, Heilpraktikers oder einer sonst zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person betrieben wird. Im damaligen Urteilsfall aus Sachsen ging es um eine Rückenschule, um Gesundheitssport, um Krankenkassen-Aktivwochen und eine Krankengymnastik. Gehen Ausgaben über das zur Heilung unbedingt erforderlich medizinisch ausreichende und wirtschaftliche Maß hinaus, d. h. es besteht kein Leistungsanspruch des Versicherten gegen seine gesetzliche Krankenkasse, sind die Aufwendungen nicht aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, sondern als Teil der allgemeinen Lebensführung bereits durch den Grundfreibetrag abgegolten, denn die gleichen Aufwendungen erwachsen auch einem gesundheitsbewussten, aber gesunden Dritten, der Gesundheitsschäden durch gezielte sportliche Aktivitäten und Aufklärung vorbeugen möchte.

Das Finanzgericht Nürnberg hat in einer Entscheidung vom 30.4.2014 unter dem Aktenzeichen 3 K 363/13 zum Besuch eines Thermalbades ebenfalls entschieden, dass Aufwendungen für die Ausübung von Sport nur dann ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden können, wenn der Sport nach genauer Einzelverordnung und unter Verantwortung eines Arztes, Heilpraktikers oder einer sonst zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person betrieben wird. Sportliche Übungen zur Kräftigung der Rückenmuskulatur, ein Herz-Kreislauftraining und eine Wirbelsäulen- und Muskeldehnungsgymnastik sowie Aquajogging können diesen Anforderungen allenfalls genügen, wenn ihr Umfang und ihre Durchführung im Einzelnen nicht im Wesentlichen dem Patienten selbst oder gegebenenfalls einer selbstständig handelnden, zur Ausübung der Heilkunde nicht zugelassenen Person (beispielsweise einem Sportlehrer) überlassen sind, sondern nach genauer Einzelverordnung und unter Verantwortung eines entsprechenden Arztes, Heilpraktikers oder einer sonst zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person durchgeführt werden. Sofern Aufwendungen grundsätzlich berücksichtigungsfähig sind, kommt ein Abzug nur in Betracht, soweit sie notwendig sind. Nach den Umständen notwendig und angemessen bei einer Therapie in eigener Regie sind nur Aufwendungen für Fahrten zu der nächstliegenden Einrichtung, an der die Therapie oder Heilbehandlung durchgeführt werden kann.

Nach Auffassung des Finanzgerichts Köln in der Entscheidung vom 30.1.2019 unter dem Aktenzeichen 7 K 2297/17 stellen Aufwendungen für eine Bewegungstherapie im Bewegungsbad, Gymnastik und Gerätetraining Krankheitskosten dar, wenn zur Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung deren Zwangsläufigkeit nachgewiesen wird. Bei den genannten Maßnahmen kann es sich allenfalls um Heilmittel im Sinne einer physikalischen Therapie handeln, für die das Nachweiserfordernis der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung gilt. Im seinerzeitigen Streitfall hatte die Klägerin zusätzlich zu den verordneten und in der Physiotherapiepraxis vorgenommenen Maßnahmen in einem Fitness- und Gesundheit-Club neben der Krankengymnastik und Bewegungstherapie im Thermal-Bewegungsbad auch Wirbelsäulengymnastik und Muskelaufbautraining an Geräten durchgeführt. Für das Finanzgericht war seinerzeit bereits fraglich, ob und wie weit es sich bei den Fitnessstudiobeiträgen und den aus den Fitnessstudiobesuchen folgenden Fahrtkosten überhaupt um unmittelbare Krankheitskosten und nicht vielmehr um Kosten für vorbeugende oder allgemein gesundheitsfördernde Maßnahmen handelt, die zu den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung gehören. In diesem Zusammenhang stellte seinerzeit das Finanzgericht darauf ab, dass die Beiträge für den Fitness- und Gesundheitsclub im Streitjahr von der Klägerin schon nicht allein für die tatsächlichen angesprochenen Maßnahmen im Zusammenhang mit ihren orthopädischen Beschwerden gezahlt worden sind, sondern für die Zurverfügungstellung der Gesamtheit der von dem Club angebotenen Leistungen, zu denen wie in Fitnessstudios üblicherweise auch medizinisch nicht notwendige Leistungen wie Sport- und Fitnesskurse, allgemein gesundheitsfördernde und Präventionskurse, Geräte für Kraft- und Ausdauertraining, Sauna und weiteres gehörten. Diese Leistungen würden ihrer Art nach nicht nur von kranken, sondern auch von gesunden Menschen in Anspruch genommen, um die Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll zu gestalten und gehören nicht zu den im Rahmen der außergewöhnlichen Belastung abziehbaren Krankheitskosten. Dies gilt auch dann, wenn die Klägerin von den bezahlten umfassenden Nutzungsmöglichkeiten keinen Gebrauch macht und eine Aufteilung nach objektiven Kriterien nicht möglich ist. Das Argument der Beschränkung des Fahrtaufwandes bei der Nutzung nur eines Fitnessstudios, in dem alle Therapien angeboten werden, könne keine Zwangsläufigkeit begründen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der in Anspruch genommenen Leistungen wie die Wirbelsäulengymnastik und das Gerätetraining nicht spezifisch medizinisch indizierte Maßnahmen darstellen, die von einer Vielzahl gesunder Menschen präventiv oder zur Erhaltung der Fitness durchgeführt werden und nach den vorstehenden Ausführungen als allgemein gesundheitsfördernde Maßnahmen nicht bei den außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigungsfähig sind.

Da in dem Fall vor dem Finanzgericht Köln im Übrigen aber der gesetzlich vorgeschriebene Nachweis entsprechend der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung nicht erbracht war, brauchte das Finanzgericht auf die vorgenannten Bedenken nicht abstellen. Nach Auffassung des Finanzgerichts Köln teilen die Fahrtkosten das Schicksal der Behandlungskosten. Da die Zwangsläufigkeit der unmittelbaren Aufwendungen für den Besuch des Fitness- und Gesundheit-Club nicht feststellbar gewesen sind, sind auch die damit zusammenhängenden Fahrtkosten nicht im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen berücksichtigungsfähig.

Dieser Auffassung folgte auch das Finanzgericht Münster in einer Entscheidung vom 17.1.2022 unter dem Aktenzeichen 9 K 1471/20.

Vor diesem Hintergrund kommt aktuell das Finanzgericht Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 14.12.2022 unter dem Aktenzeichen 9 K 17/21 zu folgendem Ergebnis: Entscheidet sich ein Steuerpflichtiger, ein ärztlich verordnetes Funktionstraining in einem näher zu seinem Wohnort gelegenen Fitnessstudio durchzuführen, stellen die Mitgliedsbeiträge für ein hierfür zugeschnittenes Grundmodul jedenfalls dann keine außergewöhnlichen Belastungen dar, wenn mit den Beiträgen auch weitere Leistungen abgegolten werden, die ihrer Art nach nicht nur von Kranken, sondern auch von Gesunden in Anspruch genommen werden und eine Aufteilung nach objektiven Kriterien nicht möglich ist. Gegen die Zwangsläufigkeit spricht insbesondere, wenn dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet ist, die ärztlich verordneten Kurse auch außerhalb eines Fitnessstudios durchführen zu können. Allein die räumliche Nähe des Fitnessstudios zum Wohnort, die Einsparung von Park- und Fahrtkosten sowie die größere zeitliche Flexibilität hinsichtlich der Durchführung und Nachholung der Kurse können die Zwangsläufigkeit der Mitgliedsbeiträge für das Fitnessstudio nicht begründen. Ob etwas anderes gelten kann, wenn dem Steuerpflichtigen zur Durchführung der ärztlich verordneten Kurse in einem Fitnessstudio keine sinnvolle Alternative zur Verfügung steht, konnte das erstinstanzliche Gericht in der vorliegenden Entscheidung offenlassen.

Etwas anderes gilt jedoch für die zwangsläufig anfallenden Mitgliedsbeiträge für einen Reha-Verein, der die ärztlich verordneten Kurse in einem Fitnessstudio durchführt. Diese zählen zu den als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennenden Heilbehandlungskosten. Die Aufwendungen für die Fahrtkosten zum Fitnessstudio, die ausschließlich im Zusammenhang mit der Durchführung der ärztlich verordneten Kurse anfallen, teilen das Schicksal der Hauptkosten als zwangsläufige Heilbehandlungskosten und stellen daher ebenfalls außergewöhnliche Belastungen dar.

Hinweis: Trotz dieser eindeutigen und breiten Meinung in der ersten Instanz der Finanzgerichte hat hier vorliegend das Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Nach Auffassung der erstinstanzlichen Richter hat die Sache grundsätzliche Bedeutung. Der Bundesfinanzhof erhält insoweit aufgrund der großen Breitenwirkung der Problematik Gelegenheit, höchstrichterlich zu klären, ob und gegebenenfalls inwieweit bei medizinischen Indikationen der Behandlung die Mitgliedsbeiträge für ein Fitnessstudio außergewöhnliche Belastungen sein können.

Tipp: Ob vorliegend die Revision bereits eingelegt ist, konnte zum Redaktionsschluss noch nicht festgestellt werden. Sofern es aber hier zu einer höchstrichterlichen Überprüfung kommt, werden wir mit Sicherheit über die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wieder berichten. Für Betroffene kann es daher durchaus sinnvoll sein, den eigenen Steuerfall verfahrensrechtlich offen zu halten.

2. Für alle Steuerpflichtigen: Umfang des privaten Veräußerungsgeschäftes bei Vermietung von einzelnen Räumen des selbstgenutzten Wohneigentums

Seinerzeit berichteten wir bereits über eine positive Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts mit Urteil vom 27.5.2021 unter dem Aktenzeichen 10 K 198/20. Darin entschieden die Richter zu Gunsten der Steuerpflichtigen, dass der Gewinn aus der Veräußerung von selbstgenutztem Wohneigentum auch dann im vollen Umfang von der Besteuerung ausgenommen ist, wenn in den Jahren vor der Veräußerung wiederkehrend einzelne Räume des Gebäudes lediglich an einzelnen Tagen an Messegäste vermietet wurden. Im Urteilsfall lag dabei lediglich eine Vermietung von 12 bis 25 Tagen im Jahr vor, weshalb die erstinstanzlichen Richter dies als unbedeutend ansahen. Schon seinerzeit berichteten wir darüber, dass diese Auslegung dem Fiskus nicht recht war, weshalb er in Revision vor dem Bundesfinanzhof gezogen ist.

Leider hat der Bundesfinanzhof die positive erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und zugunsten des Finanzamts entschieden. Mit Urteil vom 19.7.2022 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 20/21 nämlich klargestellt, dass, wenn ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Haus innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert wird, der Veräußerungsgewinn insoweit nicht steuerfrei ist, als er auf tageweise an Dritte vermietete Räume entfällt.

Zur Begründung seiner Entscheidung führt der Bundesfinanzhof wie folgt aus: Nach § 22 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zählen zu den sonstigen Einkünften auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften, welche in § 23 EStG geregelt sind. Dazu gehören auch Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre betragen hat. Allerdings sind auch Besteuerungsausnahmen geregelt. So sind Immobilien ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (erste Alternative) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (zweite Alternative) genutzt wurden. Geregelt sind diese Besteuerungsausnahmen in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG.

Das Tatbestandsmerkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ setzt dabei in beiden Alternativen voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch tatsächlich bewohnt wird. Dabei wird seit jeher der Ausdruck der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ stets sehr weit gefasst und eigenständig ausgelegt, damit die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei der Aufgabe eines Wohnsitzes vermieden werden kann. Ausreichend ist insoweit, dass der Steuerpflichtige das Gebäude zumindest auch selbst bewohnt. Unschädlich hingegen ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie selbst gleichzeitig zu bewohnen.

Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Erfasst sind daher auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden. Ist deren Nutzung auf Dauer angelegt, kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige noch eine oder mehrere weitere Wohnungen hat oder wie oft er sich darin aufhält. Auch eine geringfügige Nutzung zu eigenen Wohnzwecken reicht dann schon aus, um in den Genuss der Steuerbefreiung zu kommen. Zudem ist mittlerweile geklärt, dass auch ein häusliches Arbeitszimmer zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, da es überwiegend in die Sphäre der Privatwohnung eingebunden ist.

Ausgehend von diesen Grundsätzen schließt allerdings nach Auffassung des Bundesfinanzhofs auch die nur vorübergehende Vermietung einzelner Zimmer einer Wohnung die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aus, soweit der Mieter die vermieteten Räume unter Ausschluss des Vermieters nutzt. Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist einerseits von der eigenen Nutzung zu anderen als Wohnzwecken und andererseits von der Nutzung zu fremden Wohnzwecken abzugrenzen. Erstere schließt die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht notwendigerweise aus, wie das Arbeitszimmer zeigt. Letztere schließt die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken hingegen sehr wohl aus. Mit der vertraglichen Verpflichtung, die Räume dem Mieter zur ausschließlichen Nutzung vorübergehend zu überlassen, nimmt sich der Vermieter der Möglichkeit, die Räume auch selbst zu nutzen. Findet die Vermietung wie vereinbart statt, schließt dies die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken insoweit aus. Eine räumliche oder zeitliche Bagatellgrenze für eine unschädliche Vermietung an Dritte ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, wie der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung ganz ausdrücklich herausarbeitet.

Die vorübergehende Nutzung von Räumlichkeiten durch fremde Dritte schließt die Anwendung der ersten Alternative der Besteuerungsausnahme aber nicht insgesamt aus. Das Kriterium der Ausschließlichkeit bezieht sich auf die zeitlich durchgängige, nicht auf die räumliche Nutzung des Wirtschaftsguts. Hat der Steuerpflichtige einzelne Zimmer seiner Wohnung vorübergehend Fremden zur ausschließlichen Nutzung überlassen, die Wohnung aber im Übrigen durchgängig zu eigenen Wohnzwecken genutzt, ist die Tatbestandsausnahme nur teilweise zu versagen. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift unter besonderer Berücksichtigung der Gesetzesbegründung. Danach entspricht es nämlich dem Willen des Gesetzgebers, dass sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht auf das gesamte Objekt erstrecken muss. Der Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäftes ist danach nicht erfüllt, soweit die Wohnung im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich, d. h. zeitlich durchgängig, zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Nur soweit das nicht der Fall war (vorübergehende Fremdvermietung), liegt ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft vor. Eine solche Auslegung entspricht dem Normzweck, die nicht gerechtfertigte Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes so weit wie möglich zu vermeiden.

Maßstab für die Ermittlung des anteilig steuerbaren Veräußerungsgewinns ist dabei das Verhältnis der Wohnflächen zueinander. Es kommt also auf die durchgängig zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnfläche im Vergleich zu der vorübergehend zu fremden Wohnzwecken überlassenen Wohnfläche an. In diesem Zusammenhang ist auf die Wohn- und nicht auf die Nutzflächen abzustellen, weil die Norm die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken privilegiert.

Tipp: Wer eine selbst genutzte Wohnung innerhalb von zehn Jahren veräußern möchte und zwischenzeitlich eine Fremdvermietung einzelner Räumlichkeiten durchgeführt hat, sollte nach Möglichkeit darauf achten, dass das Objekt im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Ist dies der Fall, dürfte immerhin die zweite Besteuerungsausnahme greifen.

3. Für alle Steuerpflichtigen: Trennungsunterhalt durch Naturalleistungen

Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 10 Absatz 1a Nummer 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zählen zu den Sonderausgaben die Aufwendungen für Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, und zwar bis zu 13.805 Euro in Kalenderjahr. Der Empfänger hat diese Leistungen als sonstige Einkünfte entsprechend der gesetzlichen Vorschrift in § 22 Nummer 1 EStG zu versteuern. Insgesamt spricht man dabei vom sogenannten begrenzten Realsplitting.

Das für den Abzug von Sonderausgaben bestehende Erfordernis des Vorliegens von Aufwendungen setzt dabei voraus, dass dem Steuerpflichtigen Ausgaben in Geld oder Geldeswert entstanden und bei ihm abgeflossen sind. Entgangene Einnahmen sind grundsätzlich keine Aufwendungen. Das zentrale Merkmal der Unterhaltsleistungen entspricht dabei dem in § 33 Abs. 1 Satz 1 EStG verwendeten Begriff „Aufwendungen für den Unterhalt“, wobei die Aufwendungen für Zwecke des Unterhalts gemacht worden sein müssen. Danach sind Unterhaltsleistungen die typischen Aufwendungen zur Bestreitung der Lebensführung, wie zum Beispiel für Ernährung, Kleidung oder Wohnung. Der Unterhalt kann in Geld oder geldwerten Sachleistungen erbracht werden, wie bereits auch schon der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 12.4.2000 unter dem Aktenzeichen XI R 127/96 zu entnehmen ist.

Ebenso ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt, dass die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung eine Natural-Unterhaltsleistung darstellt, die für Zwecke des Sonderausgabenabzugs im Sinne des begrenzten Realsplittings in sinngemäßer Anwendung mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen ist. Zur Begründung dieses Faktors hat die Rechtsprechung seinerzeit angeführt, hierdurch werde der Anspruch des Unterhaltsberechtigten auf Barunterhalt vermindert, sodass die Wohnungsüberlassung einer geldwerten Sachleistung (Ausgabe) gleichzusetzen sei, die mit der Überlassung zur Nutzung abschließe. Die Wohnungsüberlassung unter gleichzeitiger Verminderung des Barunterhalts kürze den Zahlungsweg der Unterhaltsleistungen ab. Der Fall, dass der Unterhaltsberechtigte mit dem ihm gewährten höheren Barunterhalt selbst eine Wohnung mietet, können im vorliegenden rechtlichen Kontext nicht anders behandelt werden als der Fall, in dem sich der Unterhalt aus niedrigerem Barunterhalt und unentgeltlicher Wohnungsüberlassung zusammensetzt.

Wird die Wohnung auf Grundlage einer Unterhaltsvereinbarung zwischen geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden Ehegatten an den unterhaltsberechtigten Ehegatten überlassen, ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass der unterhaltsverpflichtete Ehegatte mangels eines Entgelts insoweit keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. So die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 17.3.1992 unter dem Aktenzeichen IX R 264/87.

Auf der anderen Seite hat der Bundesfinanzhof auch entschieden, dass die entgeltliche, d. h. auf einem Mietvertrag beruhende Überlassung einer Immobilie an den geschiedenen oder dauernd getrenntlebenden Ehegatten keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darstellt und somit zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen kann. Dies gilt selbst dann, wenn die Miete mit dem geschuldeten Barunterhalt verrechnet wird. Hieraus folgt, dass der sachliche Anwendungsbereich des begrenzten Realsplittings bzw. des damit zusammenhängenden Sonderausgabenabzugs insoweit nicht eröffnet ist, als die Nutzungsüberlassung Gegenstand eines entgeltlichen Rechtsverhältnisses ist.

Auf Basis dieser Argumentation fasst der Bundesfinanzhof daher seine Entscheidung in folgenden Leitsätzen zusammen: Die auf einem entgeltlichen Rechtsverhältnis beruhende Überlassung einer Wohnung an den geschiedenen oder dauerhaft getrenntlebenden Ehegatten unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nummer 1 EStG und führt daher nicht zu einem Sonderausgabenabzug.

Dagegen handelt es sich bei einer unentgeltlichen Nutzungsüberlassung um Naturalunterhalt, der in sinngemäßer Anwendung des Bewertungsgesetzes in Höhe der ortsüblichen Miete als Sonderausgaben berücksichtigt werden kann. Damit schließt sich der Bundesfinanzhof aktuell in seiner Entscheidung vom 29.6.2022 unter dem Aktenzeichen X R 33/20 einem früheren Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.4.2000 unter dem Aktenzeichen XI R 127/96 ausdrücklich an. Dort hatte der Bundesfinanzhof entschieden: Überlässt der geschiedene Ehemann seiner Ehefrau aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung das Haus zur alleinigen Nutzung (beide waren hier Miteigentümer eines Einfamilienhauses), so kann er den Mietwert seines Miteigentumsanteils als Sonderausgabe im Rahmen des begrenzten Realsplittings absetzen. Auch die verbrauchsunabhängigen Kosten für den Miteigentumsanteil der geschiedenen Ehefrau, welche der Ehemann nach der Unterhaltsvereinbarung trägt, sind dabei Sonderausgaben.

Hinweis: Im aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs haben die obersten Finanzrichter der Republik weiterhin klargestellt, dass die ortsübliche Miete auch dann anzusetzen ist, wenn die Parteien unterhaltsrechtlich einen betragsmäßig geringeren Wohnvorteil vereinbart haben.

4. Für Unternehmer: Erschütterung des für die Privatnutzung eines betrieblichen PKW sprechenden Anscheinsbeweises

Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 1 Nummer 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit einem Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Alternativ dazu kann die Privatnutzung durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Andere Möglichkeiten für die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils eines betrieblichen Fahrzeuges gibt es nicht. Daher wird ohne ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch in den meisten Fällen die Ein-Prozent-Regelung anzuwenden sein.

Es kommt allerdings nicht zur Anwendung der Ein-Prozent-Regelung, wenn eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. So auch schon ausdrücklich der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 4.12.2012 unter dem Aktenzeichen VIII R 42/09. Das Finanzgericht muss sich deshalb grundsätzlich die volle Überzeugung davon bilden, dass eine private Nutzung tatsächlich stattgefunden hat, wenn die Ein-Prozent-Regelung angewendet werden soll.

Dabei gelten die folgenden Grundsätze:

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung werden dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die auch zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spricht der sogenannte Beweis des ersten Anscheins, wie der Bundesfinanzhof beispielsweise in seinem Beschluss vom 14.5.1999 unter dem Aktenzeichen VI B 258/98 geklärt hat.

Etwas anderes gilt allerdings, wenn es sich um ein Fahrzeug handelt, das typischerweise zum privaten Gebrauch nicht geeignet ist. So hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 18.12.2008 unter dem Aktenzeichen VI R 34/07 klargestellt, dass ein Fahrzeug, das aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und Einrichtung typischerweise so gut wie ausschließlich nur zur Beförderung von Gütern bestimmt ist, nicht der Ein-Prozent-Regelung unterliegt. Im allgemeinen Sprachgebrauch spricht man dabei von den sogenannten Werkstattwagen.

Soweit allerdings keine besonderen Umstände hinzutreten, ist aufgrund der Anscheinsbeweisregel grundsätzlich davon auszugehen, dass eine private Nutzung stattgefunden hat.

Allerdings kann der Beweis des ersten Anscheins nach der Rechtsprechung durch den sogenannten Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu ist der Vollbeweis des Gegenteils nicht erforderlich. Der Steuerpflichtige muss also nicht beweisen, dass eine private Nutzung des betrieblichen Kraftfahrzeugs nicht stattgefunden hat, wie der Bundesfinanzhof in einem Beschluss vom 13.12.2011 unter dem Aktenzeichen VIII B 82/11 herausgearbeitet hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ein Sachverhalt dargelegt (und im Zweifelsfall nachgewiesen) wird, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt. So auch bereits der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 7.11.2006 unter dem Aktenzeichen VI R 19/05.

Allerdings wird der Anscheinsbeweis im Regelfall noch nicht erschüttert, wenn lediglich behauptet wird, für privat veranlasste Fahrten hätten auch private Fahrzeuge zur Verfügung gestanden. Auch ein eingeschränktes privates Nutzungsverbot vermag den Anscheinsbeweis regelmäßig noch nicht zu entkräften.

Durch die finanzgerichtliche Rechtsprechung sind der Anscheinsbeweis, der für eine private Nutzung spricht, und die Umstände, die zu einer Erschütterung dieses Anscheinsbeweises führen können, präzisiert worden. Demnach spricht die allgemeine Lebenserfahrung auch dann für eine private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs, wenn dem Steuerpflichtigen zwar für private Fahrten ein Fahrzeug zur Verfügung steht, aber dieses Fahrzeug mit dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert nicht vergleichbar ist. Allerdings ist unter diesen Umständen der für eine private Nutzung sprechende Anscheinsbeweis umso leichter zu erschüttern, je geringer die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen ausfallen. So beispielsweise bereits das erstinstanzliche Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 19.2.2020 unter dem Aktenzeichen 9 K 104/19, wie auch das Finanzgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 11.12.2019 unter dem Aktenzeichen 2 K 10/19. Denn bei einer Vergleichbarkeit der Fahrzeuge ist keine nachvollziehbare Veranlassung ersichtlich, für private Fahrten das betriebliche Fahrzeug zu nutzen. So auch bereits der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 19.5.2009 unter dem Aktenzeichen VIII R 60/06. Eine Erschütterung des Anscheinsbeweises kommt jedoch insoweit nur dann in Betracht, wenn das private in Status und Gebrauchswert vergleichbare Fahrzeug dem Steuerpflichtigen ständig und uneingeschränkt zur Verfügung steht. So ebenfalls wieder das Niedersächsische Finanzgericht in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 20.3.2019 unter dem Aktenzeichen 9 K 125/18.

Über die Frage, ob der für eine Privatnutzung sprechende Beweis des ersten Anscheins erschüttert ist, entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.

Vor diesem Hintergrund kommt das Finanzgericht Münster seiner Entscheidung vom 16.8.2022 unter dem Aktenzeichen 6 K 2688/19 E zu dem Schluss, dass der Anscheinsbeweis der Privatnutzung eines dienstlichen Fahrzeugs, vorliegend eines großen Ford Ranger, nicht allein dadurch erschüttert wird, dass dem Steuerpflichtigen ein weiteres Dienstfahrzeug, in diesem Fall ein BMW X3, für das die Ein-Prozent-Regelung angewendet wird, für Privatfahrten zur Verfügung steht. Tatsächlich sah das erstinstanzliche Finanzgericht Münster den Anscheinsbeweis jedoch aufgrund anderer glaubhafter Darlegungen des Steuerpflichtigen als erschüttert. So war das erstinstanzliche Finanzgericht nicht überzeugt, dass eine private Nutzung des Ford Rangers tatsächlich stattgefunden hat und wollte daher keine Ein-Prozent-Regelung ansetzen.

Der Anscheinsbeweis ist nämlich nach Überzeugung des FG Münster deshalb erschüttert, weil der Kläger insbesondere mit seiner glaubhaften und überzeugenden persönlichen Einlassung in der mündlichen Verhandlung einen Sachverhalt dargelegt hat, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens eröffnet. So legte der Kläger glaubhaft dar, dass er und seine Familie den Ford Ranger bereits aufgrund dessen Größe nicht privat nutzen würden. Vielmehr ist das Fahrzeug arbeitstäglich als Zugmaschine und als Fahrzeug für Mitarbeiter im Einsatz. Weiterhin übte der Steuerpflichtige seine gewerbliche Betätigung nur neben einer in Vollzeit ausgeübten nicht selbstständigen Arbeit aus, für den der Steuerpflichtige und dessen Ehefrau für Fahrten zwischen Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte keinen Pkw benötigten. Auch war die Werbefolie auf dem Ford Ranger nicht jederzeit entfernbar und (was unter dem Strich vielleicht am wichtigsten war) das Finanzamt konnte eine tatsächliche private Nutzung des Ford Rangers nicht belegen.

Vor diesem Hintergrund musste vorliegend keine Ein-Prozent-Regelung durchgeführt werden, was jedoch dem Fiskus überhaupt nicht schmeckte. Daher hat dieser mittlerweile die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt, um zu klären, welche Kriterien zur Erschütterung des Anscheinsbeweises der privaten Fahrzeugnutzung eines im Betriebsvermögen befindlichen Pkw ganz konkret herangezogen werden dürfen. Die Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III R 34/22 anhängig.

Tipp: Betroffenen mit einer ähnlichen Problematik sei geraten, sich an das Verfahren anzuhängen, wenn tatsächlich zahlreiche Argumente dafür gegeben sind, dass ein betriebliches Fahrzeug tatsächlich nicht privat genutzt wird.

Hinweis: Es muss jedoch leider darauf hingewiesen werden, dass eine Erschütterung des Anscheinsbeweises sich im vorliegenden Fall nicht aufgrund des Vorhandenseins des weiteren betrieblichen Pkw BMW X3 ergibt. Zum einen ist insoweit ein in Status und Gebrauchswert vergleichbares Fahrzeug nicht gegeben. Zudem steht dieses Fahrzeug nicht ständig und uneingeschränkt für private Fahrten zur Verfügung. Im Urteilssachverhalt gehörte nämlich der BMW X3 nicht zum Privatvermögen, sondern war ebenfalls ein betriebliches Fahrzeug, das nicht vollumfänglich für Privatfahrten zur Verfügung stehen kann, da es auch für den Betrieb eingesetzt wird. Allein die Tatsache, dass die private Nutzungsmöglichkeit des BMW X3 steuerrechtlich mit der Ein-Prozent-Regelung bewertet wird, führt insoweit nicht zu Erschütterung des Anscheinsbeweises.

5. Für Immobilienbesitzer: Sonder-AfA für Baudenkmäler - Beschränkung auf im Inland belegene Gebäude und die Vereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht

Die Regelung in § 7i des Einkommensteuergesetzes (EStG) enthält eine erhöhte Absetzung für Baudenkmäler. Danach kann der Steuerpflichtige bei einem im Inland belegenen Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, abweichend von den üblichen Abschreibungsregeln im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 % und in den folgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 % der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, absetzen.

Insoweit stellte sich in einem Verfahren vor dem Finanzgericht Düsseldorf die Frage, ob die Regelung tatsächlich ein im Inland belegenes Baudenkmal voraussetzt. Konkret war insoweit streitbefangen, ob nicht auch eine Immobilie im Gebiet der Europäischen Union, außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, in den Genuss der erhöhten Absetzung für Baudenkmäler kommen muss.

Anders als der klagende Steuerpflichtige geht jedoch das Finanzgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 4.4.2019 unter dem Aktenzeichen 9 K 2480/17 E davon aus, dass das Europarecht keine Anwendung der erhöhten Absetzung für Baudenkmäler auf ein im Gebiet der Europäischen Union, vorliegend in Polen, belegenes Gebäudes gebietet.

Die im deutschen Einkommensteuergesetz vorgesehene Beschränkung auf im Inland belegene Gebäude stellt insoweit weder einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit des Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar noch gegen die in Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union beherbergten Kapitalverkehrsfreiheit. Diese Auffassung stützt das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf maßgeblich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18.12.2014 unter dem Aktenzeichen C-87/13, welches zu einer dem § 7i EStG vergleichbaren niederländischen Bestimmung ergangen ist. Danach ist die maßgebliche Regelung zur Niederlassungsfreiheit dahingehend auszulegen, dass die Niederlassungsfreiheit Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates nicht entgegensteht, nach denen zum Schutz des nationalen kulturgeschichtlichen Erbes der Abzug von Aufwendungen für Denkmalgebäude nur den Eigentümern von in seinem Hoheitsgebiet belegenen Denkmalgebäuden ermöglicht wird, sofern diese Möglichkeit Eigentümern von Denkmalgebäuden, die trotz ihrer Lage im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates zum nationalen kulturgeschichtlichen Erbe des erstgenannten Mitgliedstaats gehören können, eröffnet ist.

Hieraus folgt, dass ein Steuerpflichtiger, der in der Bundesrepublik Deutschland mit seinen Einkünften der Besteuerung unterliegt und dem ein im europäischen Ausland belegenes Denkmalgebäude gehört, für das er die Begünstigung des § 7i EStG in Anspruch nehmen will, zumindest nachweisen muss, dass das ausländische Denkmalgebäude zum deutschen kulturgeschichtlichen Erbe zählt. Kann er diesbezüglich nichts vortragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die entsprechende Immobilie zum deutschen kulturgeschichtlichen Erbe zählt, besteht auch aufgrund der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit oder der Kapitalverkehrsfreiheit kein Grund für eine erhöhte Absetzung bei Baudenkmälern.

Hinweis: Da die Rechtssache allerdings grundsätzliche Bedeutung hat, hatte das erstinstanzliche Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Unter dem Aktenzeichen X R 17/19 wird sich daher noch der Bundesfinanzhof mit der Frage beschäftigen, ob die Beschränkung der Vornahme erhöhter Absetzungen bei Baudenkmälern gemäß der gesetzlichen Regelung in § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG auf im Inland belegenen Gebäude ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit bzw. gegen die Kapitalverkehrsfreiheit der europäischen Union darstellt.

Auch wenn die Argumentation des Finanzgerichts Düsseldorf durchaus nachvollziehbar und logisch klingt, sollten sich Betroffene an das Musterverfahren anhängen, damit sie gegebenenfalls von einer positiven Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs profitieren können.

6. Für Schenker und Beschenkte: Zur Grundstückswertermittlung bei Existenz eines zeitnahen Kaufpreises

Nach § 12 Abs. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes sind Grundbesitzwerte gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer von Bedeutung sind. Die Grundbesitzwerte sind dabei nach § 157 Abs. 3 Satz 1 Bewertungsgesetz (BewG) für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens, zu denen der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör gehören zu ermitteln.

Die Bewertung des Grundvermögens vollzieht sich dabei grundsätzlich im typisierten Verfahren und erlaubt nur zu Gunsten des Steuerpflichtigen den unmittelbaren Rückgriff auf den gemeinen Wert im Rahmen der Regelung des § 198 BewG. Danach kann der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert nachweisen.

Soweit der gemeine Wert des Grundvermögens für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu ermitteln ist, geschieht das grundsätzlich anhand der typisierenden Bewertungsregeln. Diese Bewertungssystematik entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber ist in der Wahl der Methode, derer er sich zur Bestimmung des gemeinen Werts von Vermögensgegenständen bedient, grundsätzlich frei. Insbesondere kann er die Wertermittlungsregeln unter Berücksichtigung der Erfordernisse eines praktikablen Steuererhebungsverfahrens sowie der Gesetzessystematik notwendigen Typisierungen und Pauschalierungen ausgestalten, solange der gemeine Wert annähernd erreicht wird.

Diese Vorgaben hat der Gesetzgeber durch die in § 179 und § 182 bis § 196 BewG vorgesehenen Bewertungsmethoden für einzelne Grundstücke umgesetzt, wie bereits der BFH in seinem Beschluss vom 5.7.2018 unter dem Aktenzeichen II B 122/17 bestätigt hat. Die Vorschriften enthalten keinen generellen Vorrang tatsächlich erzielter Verkaufspreise. Der vereinbarte Kaufpreis kann lediglich im Rahmen des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG zu Gunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Die typisierenden Bewertungsmethoden gelten daher grundsätzlich auch dann, wenn das zu bewertende Grundstück in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag am Markt zu fremdüblichen Bedingungen erworben oder veräußert wurde. Gleichwohl hat sich die Auslegung der bewertungsrechtlichen Vorschriften am gemeinen Wert zu orientieren. In diesem Zusammenhang kann daher ein zeitnah zum Bewertungsstichtag erzielter Kaufpreis von Bedeutung sein.

Die jeweilige Bewertungsmethode für bebaute Grundstücke ist von der Grundstücksart abhängig. Für Ein- und Zweifamilienhäuser kommt insoweit grundsätzlich das Vergleichswertverfahren zum Einsatz. Nur wenn kein Vergleichswert oder keine Vergleichsfaktoren vorliegen, sind sie im Sachwertverfahren zu bewerten.

Bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens sind Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen. Man spricht dabei von sogenannten Vergleichsgrundstücken. Grundlage sind vorrangig die vom Gutachterausschuss mitgeteilten Vergleichspreise. Anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke können von den Gutachterausschüssen für geeignete Bezugseinheiten, insbesondere Flächeneinheiten des Gebäudes, ermittelte und mitgeteilte Vergleichsfaktoren herangezogen werden.

Der Vorrang einer Auskunft des Gutachterausschusses basiert auf dessen besonderer Sach- und Fachkenntnis, der größeren Ortsnähe sowie dessen Kompetenz bei der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung. Erst wenn der Gutachterausschuss keine Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren mitteilt, ist der Rückgriff auf andere Berechnungsgrundlagen und Berechnungsmethoden möglich. So bereits auch das Niedersächsische Finanzgericht in einem Urteil vom 7.12.2017 unter dem Aktenzeichen eins K 2019/15 mit Verweisen auf die seinerzeitige Bundestagsdrucksache.

Liegen weder vom Gutachterausschuss ermittelte Vergleichspreise noch Vergleichsfaktoren vor, kann sich der Vergleichspreis auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück ergeben. Insoweit sind Grundlage zunächst die von den Gutachterausschüssen ermittelten und mitgeteilten Vergleichspreise. Liegen solche nicht vor, steht dies einer Ermittlung von Vergleichspreisen durch das für die Bewertung zuständige Finanzamt nicht entgegen.

Ein Vergleichspreis lässt sich auch aus der Veräußerung eines einzelnen Grundstücks ableiten. Dies gilt auch dann, wenn dieses Grundstück das zu bewertende Grundstück selbst ist.

Der Wortlaut des Gesetzes spricht zwar von „Vergleichsgrundstücken“ im Plural. Daraus folgt jedoch nicht zwingend, dass stets mehrere Grundstücke den Vergleichspreis bilden müssen. Ist zeitnah zum Bewertungsstichtag ein Kaufpreis für ein einzelnes Vergleichsgrundstück bezahlt worden, das mit dem zu bewertenden Grundstück hinsichtlich seiner den Wert beeinflussenden Merkmale hinreichend übereinstimmt, so kann dieser Kaufpreis für die Bewertung als Vergleichspreis herangezogen werden. Voraussetzung dabei ist, dass der Kaufpreis unter fremden Dritten unter marktüblichen Bedingungen vereinbart wurde.

Vergleichsgrundstück in diesem Sinne kann auch das zu bewertende Grundstück selbst sein. Der Wortlaut des Gesetzes steht dem nicht entgegen. Vorrangig soll danach der Grundbesitzwert des zu bewertenden Grundstückes zwar aus Kaufpreisen anderer Vergleichsgrundstücke oder aus Vergleichsfaktoren abgeleitet werden. Sind solche jedoch nicht vorhanden, kann noch ein zeitnah zum Bewertungsstichtag erzielter Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück herangezogen werden. Das folgt aus der gesetzlich geltenden Orientierung am gemeinen Wert. Der zeitnah und unter fremden Dritten vereinbarte Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück bildet mangels weiterer Vergleichspreise eine ausreichende Grundlage für die Bewertung im Vergleichswertverfahren. Ein Rückgriff auf das Sachwertverfahren, der nur dann zulässig ist, wenn kein Vergleichswert vorliegt, ist in diesen Fällen weder erforderlich noch geboten. Dem Steuerpflichtigen bleibt es insoweit unbenommen, einen niedrigeren gemeinen Wert nach § 198 BewG nachzuweisen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist es im abgeurteilten Sachverhalt im Falle einer unmittelbaren Schenkung eines Grundstückes dazu gekommen, dass diese Schenkung schließlich mit dem unter Fremden vereinbarten Kaufpreis bewertet wurde. Kaufpreise aus anderen Vergleichsgrundstücken oder Vergleichsfaktoren konnten vom Gutachterausschuss nicht mitgeteilt werden. Der Kaufpreis wurde in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag unter fremden Dritten vereinbart. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Kaufpreis nicht marktüblichen Bedingungen entsprach, bestehen nicht, weshalb insoweit auch dieser Kaufpreis anzuwenden ist. Vollkommen unbeachtlich dabei ist dann allerdings leider, dass der eigentliche Bewertungsvorteil einer mittelbaren Grundstücksschenkung vollkommen untergeht.

7. Für Unternehmer: Vorsteuerabzug aus dem Erwerb von Luxusfahrzeugen

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Dies ist die Grundregel. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 168a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Danach gilt: Soweit Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist danach der Steuerpflichtige berechtigt, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht wurden oder werden, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.

Die Verwendung von Eingangsleistungen für Zwecke der besteuerten Umsätze des Steuerpflichtigen erfordert dabei, dass er diese Umsätze im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ausführt. Die wirtschaftliche Tätigkeit wird in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie dahingehend definiert, dass sie alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Produzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe unter diesen gleichgestellten Berufe umfasst. Der objektiv festgelegte Begriff erstreckt sich auf einen weiten Bereich, wobei die Tätigkeit an sich, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, betrachtet wird. Eine Tätigkeit ist dementsprechend im Allgemeinen wirtschaftlich, wenn sie nachhaltig ist und gegen ein Entgelt ausgeübt wird, das derjenige erhält, der die Leistung erbringt.

Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen. Der Begriff „Nutzung“ bezieht sich auf alle Vorgänge, die darauf abzielen, aus einem Gegenstand nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Allerdings sind der bloße Erwerb und der bloße Verkauf eines Gegenstands keine Nutzung zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen, da das einzige Entgelt aus diesen Vorgängen in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf des Gegenstands besteht. Ebenso kann die bloße Ausübung des Eigentumsrechts durch seinen Inhaber als solche nicht als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden. Unternimmt hingegen eine Person als Verkäufer aktive Schritte zum Vertrieb, indem sie sich ähnlicher Mittel bedient wie Erzeuger, Händler oder Dienstleistende, übt sie eine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Auf die Zahl und den Umfang der Umsätze kommt es dabei nicht an. Kann ein Gegenstand seiner Art nach sowohl zu wirtschaftlichen als auch zu privaten Zwecken verwendet werden, sind alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird.

Vor diesem Hintergrund kommt der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 8.9.2022 unter dem Aktenzeichen V R 26/21 zu dem Schluss, dass der Vorsteuerabzug aus dem nur gelegentlichen Erwerb eines Pkw einem Unternehmer mit andersartiger Haupttätigkeit nur dann zusteht, wenn damit eine wirtschaftliche Tätigkeit begründet oder die wirtschaftliche Haupttätigkeit des Unternehmens unmittelbar, dauernd und notwendig erweitert wird. Damit grenzen sich die höchstrichterlichen Finanzrichter deutlich von der Entscheidung ihre erstinstanzlichen Kollegen ab.

Aus Sicht des Bundesfinanzhofs ist das erstinstanzliche Finanzgericht zwar zutreffend davon ausgegangen, dass das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers umfasst. Allerdings schließt das erstinstanzliche Finanzgericht hieraus fälschlicherweise, es sei daher unerheblich, wenn der Steuerpflichtige neben seinem Handeln nicht wie ein gewerblicher Autohändler am Markt auftritt, sondern das Fahrzeug als Wertanlage mit dem Ziel eines späteren Verkaufs und daher mit Einnahmenerzielungsabsicht erworben hat, auch wenn es sich dabei um eine gelegentliche wirtschaftliche Tätigkeit handeln soll. Entgegen der höchstrichterlichen Auffassung genügt dem erstinstanzlichen Finanzgericht damit bereits eine bloße Verkaufsabsicht beim Erwerb, um eine wirtschaftliche Tätigkeit anzuerkennen. Allein der mögliche Verkauf eines Gegenstands ist jedoch nicht ausreichend, um eine insoweit eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit zu bejahen. Der bloße Erwerb eines Gegenstandes in der Hoffnung, Gewinne infolge eines durch Zeitablauf gesteigerten Werts des Gegenstands zu erzielen, genügt für sich nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass Umstände vorliegen, die zeigen, dass sich der Steuerpflichtige wie ein Unternehmer verhält.

Im Ergebnis kommt der Bundesfinanzhof daher zu dem Schluss, dass der Erwerb entsprechender Fahrzeuge als solcher bei eigenständiger Betrachtung keine wirtschaftliche oder unternehmerische Tätigkeit des Steuerpflichtigen begründet. Die Richter des Bundesfinanzhofs begründen dies auch dahingehend, dass selbst wenn der Steuerpflichtige in einem engen Marktumfeld für hochpreisige Fahrzeuge nicht wie ein Gebrauchtwagenhändler ein Geschäftslokal unterhalten muss und regelmäßige Anzeigen zeigen schalten musste, dennoch jegliche Hinweise darauf fehlen, dass er hinsichtlich der in Rede stehenden Fahrzeuge wie ein Händler tätig war oder aus der Nutzung der erworbenen Fahrzeuge Einnahmen erzielten wollte. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger über den bloßen Erwerb und den Verkauf der Fahrzeuge hinaus die Absicht hatte, die Fahrzeuge unternehmerisch zu verwenden, liegen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht vor. Etwaige Tätigkeiten, die über ein Handeln zur Veräußerung privater Gegenstände hinaus gingen oder auf einen unternehmerischen Nutzen hindeuten, sind insoweit aus Sicht der obersten Finanzrichter nicht manifestiert.

Hinweis: Im entschiedenen Urteilsfall verwundert die Aussage der obersten Finanzrichter schon sehr, da im vorliegenden Fall der Steuerpflichtige die erworbenen Luxusfahrzeuge tatsächlich nicht genutzt hat, sondern sie verschlossen, abgedeckt und nicht zugelassen in einer Halle standen, damit sie später (zu einem höheren Wert) wieder veräußert werden konnten. Warum darin nicht auch die Erweiterung des Unternehmens, hin zum Luxus-Gebrauchtwagenhandel, zu erkennen ist, ist insoweit nicht wirklich schlüssig. Dennoch gilt: Ist das Urteil noch so schlecht, der Bundesfinanzhof hat immer recht!

8. Für Unternehmer: Zur Zulässigkeit der Erweiterung einer Anschlussprüfung

Sofern nicht ein Großbetrieb vorliegt, soll der Prüfungszeitraum einer Finanzamtsprüfung in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen. So geregelt in § 4 Abs. 3 der Betriebsprüfungsordnung (BpO). Allerdings ist dort auch geregelt, dass der Prüfungszeitraum insbesondere dann drei Besteuerungszeiträume übersteigen kann, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlage zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht. Ganz ausdrücklich führt die BpO an, dass auch Anschlussprüfungen zulässig sind. So geregelt in § 4 Abs. 3 Satz 3 BpO.

Auf Basis dieser gesetzlichen Grundlage hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 3.8.2022 unter dem Aktenzeichen XI R 32/19 klargestellt, dass es für die Erweiterung einer zulässigen ersten Anschlussprüfung von einem auf drei Jahre insoweit keiner besonderen Begründung bedarf.

Ob und in welchem Umfang bei einem Steuerpflichtigen eine Außenprüfung angeordnet wird, ist grundsätzlich eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht nur darauf zu prüfen ist, ob die gesetzlichen Grenzen der Ermessensvorschrift eingehalten wurden und ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen unter Beachtung des Gesetzeszwecks fehlerfrei ausgeübt hat. Dies hat bereits so der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 28.9.2011 unter dem Aktenzeichen VIII R 8/09 herausgearbeitet und soweit ersichtlich zuletzt mit Beschluss vom 11.12.2019 unter dem Aktenzeichen II B 67/18 wiederholt. Insoweit ist nämlich ein Verstoß gegen das Willkür- und Schikaneverbot nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die angeordnete Außenprüfung ein in irgendeiner Weise umsetzbares Ergebnis haben könnte. Die Grenze des Ermessens der Finanzverwaltung für die Ausweitung des Prüfungszeitraums ist insoweit dort erreicht, wo die Außenprüfung einer unzulässigen Ausforschungsprüfung „ins Blaue“ hinein gleichkommt.

Daher führt der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung aus: In Bezug auf die Ermessensausübung bei der Anordnung sowie der Durchführung einer Außenprüfung hat sich die Finanzverwaltung durch die Regelungen in der allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Betriebsprüfungen, konkret der BpO, eine Selbstbindung auferlegt. So hat die Finanzverwaltung hinsichtlich des Prüfungsumfangs der zu prüfenden Betriebe ihr Auswahlermessen dahingehend ausgeübt, dass für sogenannte Großbetriebe der Prüfungszeitraum lückenlos an den vorhergehenden Prüfungszeitraum anschließen soll. Bei anderen Betrieben soll der Prüfungszeitraum dagegen nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen. Diese Beschränkung der Prüfung auf drei Besteuerungszeiträume gilt jedoch nicht, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlage zu rechnen ist oder wenn der Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit besteht.

Im strittigen Sachverhalt war jedoch hingegen eine erste Anschlussprüfung gegeben, für die keine besondere Begründung erforderlich ist. Anschlussprüfungen sind zulässig, so ganz ausdrücklich geregelt in § 4 Abs. 3 Satz 3 BpO. Weder der Abgabenordnung (AO) noch der BpO ist zu entnehmen, dass Außenprüfungen nur in einem bestimmten Turnus oder mit zeitlichen Abständen erfolgen dürfen. In diesem Zusammenhang hatte gerade der Bundesfinanzhof noch mit Beschluss vom 15.10.2021 unter dem Aktenzeichen VIII B 130/20 klargestellt, dass die von den Besonderheiten des Einzelfalls abstrahierte Frage, ob bei einem Unternehmer eine dritte Anschlussprüfung zulässig ist, nach Maßgabe der Rechtsprechung zu bejahen ist. Ob bei Anordnung einer dritten Anschlussprüfung die Finanzverwaltung ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Insoweit sind Anschlussprüfungen grundsätzlich zulässig. Weitere Anschlussprüfungen sind ganz ausdrücklich nicht ausgeschlossen.

Die Regelung in der BpO lässt Anschlussprüfungen nicht nur ausdrücklich zu, sondern macht sie auch nicht von besonderen Voraussetzungen abhängig. Die Anordnung einer ersten Anschlussprüfung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Für eine erste Anschlussprüfung bedarf es zudem keiner besonderen Begründung. So im Kern die aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs, welche oben bereits mit Datum und Aktenzeichen zitiert ist.

Zurück