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Mandantenbrief 07/2020

Inhalt:
  1. Für alle Steuerpflichtigen: Kinderwunschbehandlungen und die Steuer
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Wo ist mein Wohnsitz?
  3. Für alle Steuerpflichtigen: Kann der behindertengerechte Umbau eines Gartens als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden?
  4. Für GmbH-Gesellschafter: Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen durch eigene GmbH
  5. Für Unternehmer: Antworten rund um die Corona-Soforthilfen, auch zur eventuellen Steuerfreiheit!
  6. Für Unternehmer: Garagen daheim als (notwendiges) Betriebsvermögen?
  7. Für Freiberufler: Zur tarifbegünstigten Veräußerung einer freiberuflichen Praxis

1. Für alle Steuerpflichtigen: Kinderwunschbehandlungen und die Steuer

Wenn sich Paare heutzutage einer Kinderwunschbehandlung unterziehen wollen, ist sicherlich viel zu beachten. Dies gilt nicht nur aus medizinischer Sicht. Auch auf die nicht zu unterschätzenden Kosten muss man ein wachsames Auge haben.

Zunächst gilt es hier zu klären, ob und ggf. wie viel die eigene Krankenversicherung von den Aufwendungen einer Kinderwunschbehandlung übernimmt. Darüber hinaus sollte man sich bei den Familienministerien von Bund und Ländern darüber informieren, ob nicht auch noch eine Zuschussmöglichkeit besteht. Vereinzelt haben hier insbesondere verschiedene Bundesländer Förderprogramme aufgelegt. Ein genauer individueller Blick kann daher sehr lohnend sein.

Trotz alledem wird es jedoch wahrscheinlich am Ende so sein, dass die Steuerpflichtigen zumindest einen Teil der Kinderwunschbehandlung selbst tragen müssen. Für diesen Teil gilt es dann zu klären, ob er einkommensteuerlich berücksichtigt werden kann. Im Ergebnis ist hier ein Abzug als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art möglich, sofern die persönliche und individuelle zumutbare Belastung mit den Aufwendungen überschritten wird.

In der Tat war dies jedoch nicht immer so. So konnten unverheiratete Paare früher keinerlei Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung zum Abzug bringen. Geändert hat sich dies erst durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10.5.2007 unter dem Aktenzeichen III R 47/05. Darin urteilten seinerzeit die obersten Finanzrichter der Republik im Wege der Änderung der Rechtsprechung in reinstem Juristendeutsch: Aufwendungen einer nicht verheirateten, empfängnisunfähigen Frau für Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung durch sog. In-vitro-Fertilisation sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn die Maßnahmen in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen werden.

Auch wenn damit ein erster Schritt getan war, ist dann jedoch immer noch einiges zu beachten gewesen: Herauszuarbeiten ist an dieser Stelle, dass die vorgenannte (sicherlich positive) Entscheidung nur galt, wenn die Unfruchtbarkeit auf die Frau zurückzuführen ist. Mit heute nicht mehr nachvollziehbarer Entscheidung hat der Bundesfinanzhof nämlich im Jahre 1999 unter dem Aktenzeichen III R 46/97 geurteilt: Lässt sich eine Frau, die mit einem zeugungsunfähigen Mann verheiratet ist, mit dem Samen eines Dritten künstlich befruchten, so sind die Aufwendungen hierfür nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Erfreulicherweise ist diese archaische Meinung mittlerweile jedoch auch überholt, auch wenn ein höchstrichterliches Umdenken hier tatsächlich erst Ende 2010 (!) stattgefunden hat. In der Tat haben die obersten Finanzrichter der Republik erst mit Urteil vom 16.12.2010 unter dem Aktenzeichen VI R 43/10 in Abkehr der früheren Rechtsprechung geurteilt, dass Aufwendungen eines Ehepaares für die heterologe künstliche Befruchtung durchaus als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sein können.

In der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in München ist dabei durchaus ein Umdenken feststellbar und eine erfreuliche Tendenz zu entnehmen. So haben die obersten Finanzrichter der Republik insbesondere in der Entscheidung vom 05.10.2017 unter dem Aktenzeichen VI R 47/15 klargestellt, dass Aufwendungen einer empfängnisunfähigen (unfruchtbaren) Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation (IVF) auch dann als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) zu berücksichtigen sind, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.

Auch wenn insoweit die Tendenzen in der Rechtsprechung durchaus positiv sind, sind zum jetzigen Zeitpunkt für Betroffene noch nicht alle Steuerkämpfe gewonnen. So hat das Finanzgericht München in direkt drei Entscheidungen vom 08.10.2019 unter den Aktenzeichen 6 K 1420/17, 6 K 1471/17 und 6 K 1423/17 klargestellt, dass Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität nur dann als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig sind, wenn die Behandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird und mit der innerstaatlichen Rechtsordnung in Einklang steht, also nicht nach nationalem Recht, gemeint ist hier insbesondere das Embryonenschutzgesetz (ESchG), verboten ist.

Aus dem vorgenannten Grundsatz leiten die Münchner Richter ab, dass die Aufwendungen für eine in Deutschland verbotene, im Ausland aber zulässige und deswegen im Ausland durchgeführte reproduktionsmedizinische Behandlung einer Frau mit Eizellen ihrer Schwester nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind.

Ob und in welcher Höhe (auch für Eizellenspenden oder medizinisch nicht erfolgversprechende Behandlungen) Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung in den Fällen, in denen eine Präimplantationsdiagnostik oder vergleichbare Verfahren zulässig sind, als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, muss nun der Bundesfinanzhof in den eingelegten Revisionen klären. Die Aktenzeichen der anhängigen Verfahren lauten: VI R 34/19, VI R 35/19 und VI R 36/19.

Zu den vorgenannten Punkten wird in der Finanzrechtsprechung auch weiterhin immer mal wieder problematisiert, bis zu welchem Alter denn die Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd abzugsfähig sein sollen. Hinsichtlich dieser Frage hat sich das Finanzgericht München in seinen drei Entscheidungen vom 8.10.2019 (Aktenzeichen vergleiche oben) jedoch erfreulich geäußert. Danach gilt: Das Alter der Frau, die bei Beginn der Kinderwunschbehandlung das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, stellt keinen Umstand dar, der einer Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen entgegenstehen würde. Es liegen weder Anzeichen dafür vor, dass die durchgeführte Behandlung in diesem Alter als medizinisch nicht erfolgversprechend zu erachten wäre, noch kann davon ausgegangen werden, dass eine Schwangerschaft in diesem Alter keine gesellschaftliche Akzeptanz mehr finden würde.

Demgegenüber hat sich hingegen das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in einer Entscheidung vom 18.10.2018 unter dem Aktenzeichen 9 K 11.390/2 16 nicht so liberal und aufgeschlossen gezeigt. Im Urteil führen die Richter nämlich aus: Beruht eine objektiv feststellbare herabgesetzte Fertilität (Fruchtbarkeit) nicht auf anormalen organischen Ursachen, sondern auf dem fortgeschrittenen Alter eines Menschen, so handelt es sich in diesem Fall gerade nicht um einen einer Krankheit gleichzustellenden „regelwidrigen” Körperzustand, sondern um die Folge eines natürlichen biologischen Vorgangs. Die Folge: Ab einem bestimmten Alter wollen die Richter aus Berlin-Brandenburg einen Abzug von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nicht mehr zulassen.

Erfreulicherweise stehen jedoch die Richter des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg damit soweit ersichtlich allein auf weiter Flur. Tatsächlich hat nämlich schon mit Urteil vom 20.05.2009 das Finanzgericht München unter dem Aktenzeichen 10 K 2156/08 entschieden, dass die Aufwendungen für eine allein durch die verminderte Beweglichkeit der Spermien des Ehemanns (Asthenozoospermie) verursachte künstliche Befruchtung (hier: In-vitro-Fertilisation, IVF) auch dann als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein können, wenn die Krankenkasse der privat versicherten Eheleute die Übernahme der Kosten abgelehnt hat, weil die zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung 45-jährige Ehefrau älter als 40 Jahre war.

Ganz ähnlich auch die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts mit Urteil vom 20.10.2009 unter dem Aktenzeichen 15 K 492/208. Auch danach sind Aufwendungen einer empfängnisunfähigen Frau für Maßnahmen der Fortpflanzungsmedizin, die in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen werden, als steuerlich angemessene und notwendige Heilbehandlung zu bewerten und können als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein. Demgemäß sind auch die Kosten für künstliche Befruchtungen (im Streitfall: In-vitro-Fertilisation) einer 44 Jahre alten Steuerpflichtigen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein Erstattungsanspruch gegen ihre Krankenversicherung nicht besteht.

2. Für alle Steuerpflichtigen: Wo ist mein Wohnsitz?

Ausweislich der Regelung in § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind natürliche Personen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Insoweit ist es allein schon für die eigentliche Steuerpflicht bei der Einkommensteuer relevant, wo der Wohnsitz eines Steuerpflichtigen sich tatsächlich befindet.

Darüber hinaus kann die Frage des Wohnsitzes jedoch auch noch in anderen Bereichen durchaus wichtig sein. So beispielsweise beim Kindergeld. Entsprechend der gesetzlichen Vorschriften in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1, Abs. 1 Satz 6 EStG hat nämlich derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz (oder gewöhnlichen Aufenthalt) verfügt, einen Kindergeldanspruch für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem EU Mitgliedstaat oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder eben gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Die Definition des Wohnsitzes ist daher an zahlreichen Stellen im Steuerrecht durchaus von erheblicher Bedeutung. Gefunden wird eine Definition in § 8 der Abgabenordnung (AO). Diese ist kurz und bündig und lautet: „Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.“ Mehr Definition gibt es zu dem Thema Wohnsitz im Gesetz nicht.

Allerdings hat der Bundesfinanzhof in München in seiner Entscheidung vom 25.09.2014 unter dem Aktenzeichen III R 10/14 bereits verlauten lassen, dass die Grundsätze, nach denen sich bestimmt, ob jemand einen Wohnsitz im Inland hat, durch die langjährige Rechtsprechung im Wesentlichen geklärt sind. Für weitere Hintergründe verweisen die obersten Finanzrichter der Republik an dieser Stelle auf die Entscheidung vom 20.11.2008 unter dem Aktenzeichen III R 53/05 sowie den Senatsbeschluss vom 19.09.2013 unter dem Aktenzeichen III B 53/13.

Im Hinblick auf die Frage, wo sich der Wohnsitz für Fragen des Kindergeldes befindet, führen die Richter daher in ihrer Entscheidung aus 2014 wie folgt aus: Wie schon im Gesetz definiert, hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Darin erkennen die obersten Finanzrichter, dass der Begriff des Wohnsitzes ausschließlich an die tatsächliche Gestaltung und nicht an die subjektive Vorstellung anknüpft.

Ein Wohnsitz im Sinne der Vorschrift des § 8 AO setzt daher neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumen auch das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch wenigstens in einer gewissen Regelmäßigkeit (wenn auch mit größeren Zeitabständen) aufsucht. Der Wohnsitzbegriff setzt jedoch keinesfalls voraus, dass die Wohnung im Inland den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet, wie der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 28.01.2004 unter dem Aktenzeichen I R 56/02 klargestellt hat.

Darüber hinaus wurde schon in einer frühen Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19.03.1997 unter dem Aktenzeichen I R 69/96 klargestellt, dass ein Steuerpflichtiger mehrere Wohnungen und mehrere Wohnsitze im Sinne der steuerrechtlichen Vorschriften des § 8 AO haben kann. Diese Wohnsitze können sich dabei auch im Inland oder/und im Ausland befinden. Klar und deutlich stellten die Richter seinerzeit zudem klar, dass ein Wohnsitz ganz und gar nicht voraussetzt, dass der Steuerpflichtige von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass der Steuerpflichtige sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhält.

Erforderlich ist insoweit eine Nutzung, die über bloße Besuche, kurzfristige Ferienaufhalte und das Aufsuchen der Wohnung zu Verwaltungszwecken hinausgeht. In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof schon mit seiner Entscheidung vom 10.04.2013 unter dem Aktenzeichen I R 50/12 geklärt, dass es in rechtlicher Sicht auch ausreicht, wenn die Wohnung mit einfachsten Mitteln ausgestattet ist. Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob die Ausstattungsgegenstände vom Vermieter gestellt oder vom Mieter selbst beschafft worden sind.

Vor dem Hintergrund der vorgenannten Rechtsprechung besteht jedoch das Wesen des steuerrechtlichen Wohnsitzes nicht nur darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit zur Verfügung steht, sondern auch darin, dass diese von ihm subjektiv zu einem entsprechenden Aufenthalt mit Wohncharakter bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthalt in einer Wohnung und dem Wohnsitz, wie der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 26.02.1986 unter dem Aktenzeichen II R 200/82 herausgearbeitet hat.

Auf Basis dieser Argumentation gilt auch: Bei Kindern, die zum Zwecke der Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung auswärtig untergebracht sind, reicht es für einen Inlandswohnsitz daher nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht. Einen allgemeinen Grundsatz, dass die Aufnahme im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils grundsätzlich für die Dauer der Ausbildung fortbesteht, gibt es nicht. Es muss, um einen inländischen Wohnsitz in diesen Fällen annehmen zu können, eine Beziehung zur elterlichen Wohnung vorhanden sein, die über die allein durch das Familienverhältnis begründete Beziehung hinausgeht und erkennen lässt, dass der Steuerpflichtige die elterliche Wohnung nach wie vor auch als seine eigene betrachtet.

Der Wohnsitzbegriff des § 8 AO setzt vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Betroffene tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsucht. Vollkommen klar muss insoweit abgegrenzt werden: Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume, beispielsweise zu Erholungszwecken, reicht nicht aus. Damit knüpft der steuerrechtliche Wohnsitzbegriff ausschließlich an die tatsächliche Gestaltung und nicht an subjektive Vorstellungen an.

Vor diesem Hintergrund hat das Finanzgericht München mit Urteil vom 05.06.2018 unter dem Aktenzeichen 5 K 2646/17 in der Frage des Wohnsitzes eines Kindergeldberechtigten entschieden: Das Innehaben eines Wohnsitzes im Inland setzt neben dem zur Verfügung stehen einer Wohnung voraus, dass diese nicht nur gelegentlich zu Besuchszwecken aufgesucht wird. Doch wann ist dies nun gegeben?

Dies ist aktuell die streitbehaftete Rechtsfrage im Rahmen eines anhängigen Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof. Unter dem Aktenzeichen III R 47/19 muss dort geklärt werden, ob das Innehaben einer Wohnung im Sinne der steuerrechtlichen Regelung in § 8 AO tatsächlich eine jährliche Mindestanzahl an Aufenthaltstagen in der Wohnung voraussetzt.

Wie eingangs schon dargelegt, sehen das Gesetz und auch (zumindest bisher) die Rechtsprechung insoweit keine Mindestanzahl an Aufenthaltstagen vor. Der tatsächliche Aufenthalt dürfte insoweit in der Praxis eine indizielle Wirkung haben. Fraglich ist und bleibt bis auf weiteres, ob der Bundesfinanzhof in dem vorliegenden Musterverfahren nun eine entsprechende Mindestanzahl an Aufenthaltstagen definiert.

Tipp: Betroffenen, denen der inländische Wohnsitz insbesondere deshalb aberkannt wurde, weil sie (angeblich) diesen im Kalenderjahr zu wenig genutzt haben, sollten sich an das Musterverfahren anhängen. Dabei ist es ohne Belang, ob es sich beim eigenen Streitfall um eine Frage hinsichtlich des Kindergelds handelt (wie im vorliegenden Verfahren) oder ob es schlicht um die Frage der allgemeinen Einkommensteuerpflicht geht. Jegliche Regelungen, die sich auf den steuerrechtlichen Wohnsitz in § 8 AO beziehen, sind von dem vorliegenden Verfahren betroffen.

3. Für alle Steuerpflichtigen: Kann der behindertengerechte Umbau eines Gartens als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden?

Mit Urteil vom 15.01.2020 hat das Finanzgericht Münster diese Frage unter dem Aktenzeichen 7 K 2740/18 G leider mit einem „Nein“ beantwortet. Ausweislich dieser Entscheidung können Aufwendungen für die Anlage eines rollstuhlgerechten Weges im Garten eines Einfamilienhauses nicht als außergewöhnliche Belastungen im Sinne der Regelung in § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt werden, wenn sich auf der anderen Seite des Hauses eine Terrasse befindet, die mit dem Rollstuhl erreichbar ist. Die erstinstanzlichen Richter sehen in einem solchen Fall schlichtweg keine Zwangsläufigkeit für die Aufwendungen, da ein Zugang zum Garten bereits gewährleistet ist.

Da die Grundsätze dieser Entscheidung durchaus auf anders gelagerte Sachverhalte ebenso anwendbar sein können, empfiehlt sich ein Blick in die Urteilsbegründung zu werfen. Zuvor jedoch kurz eine Einordnung zum Bereich der außergewöhnlichen Belastung:

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens-, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, nennt man diese Aufwendungen auch außergewöhnliche Belastung. Diese außergewöhnlichen Belastungen ermäßigen auf Antrag die Einkommensteuer dadurch, dass der Teil der Aufwendungen, der eine dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

Ein zentrales Voraussetzungsproblem in diesem Zusammenhang ist regelmäßig die zwingend notwendige Zwangsläufigkeit der Aufwendungen. Im Sinne dieser Vorschrift sind Aufwendungen immer dann zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Ziel der gesetzlichen Regelungen rund um die außergewöhnlichen Belastungen ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Ungewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich der Regelung der außergewöhnlichen Belastung allgemeiner Art in § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind.

Vor diesem Hintergrund der allgemeinen Ausführungen zum Thema außergewöhnliche Belastungen entscheidet das Finanzgericht Münster weiter, dass eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen grundsätzlich eine tatsächliche Zwangslage begründet, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht. Entsprechende Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung können daher als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art abziehbar sein. Derartige Aufwendungen stehen so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände regelmäßig in den Hintergrund tritt. Es ist auch nicht erforderlich, dass die Behinderung auf einem nicht vorhersehbaren Ereignis beruht und deshalb ein schnelles Handeln des Steuerpflichtigen oder seiner Angehörigen geboten ist.

Die vorstehenden Aufwendungen bedeutet jedoch keinesfalls, dass insoweit bei behinderten Menschen grundsätzlich außergewöhnliche Belastungen im Zusammenhang mit Immobilien gegeben sein müssen. Abgrenzend zu der vorgenannten Aussage hat nämlich bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 17.07.2014 unter dem Aktenzeichen VI R 42/13 klargestellt, dass Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG zu berücksichtigen sind. Der Grund für die Nichtberücksichtigung: Die Aufwendungen entstehen nicht zwangsläufig. Denn Aufwendungen sind nicht vornehmlich der Krankheit oder der Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge des frei gewählten Wohnflächenbedarfs des Steuerpflichtigen. Insoweit muss immer genau hingeschaut werden, warum entsprechende Aufwendungen tatsächlich getätigt werden.

Grundsätzlich gilt jedoch: Auch Aufwendungen, die geleistet werden, um den existenziellen Wohnbedarf zu befriedigen, existenznotwendige Gegenstände wieder zu beschaffen oder gesundheitsgefährdende Gegenstände des existenznotwendigen Bedarfs auszutauschen bzw. von diesen ausgehende Gesundheitsgefahren zu beseitigen können als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein.

Nicht abzugsfähig sind dagegen Aufwendungen, die über die Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein hinausgehen. Aufwendungen für den behinderungsgerechten Umbau einer Motoryacht gehören daher nicht zu den außergewöhnlichen Belastungen, wie der BFH bereits seinerzeit im Beschluss vom 02.06.2015 unter dem Aktenzeichen VI R 30/14 entschieden hat.

Im vorliegenden Fall ging es nun um die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein Garten zum existenziell notwendigen Wohnbereich gehört. Soweit ersichtlich, ist dies bisher in der Rechtsprechung zumindest nicht einheitlich beantwortet.

Für den Abzug der Aufwendungen ist bisher entscheidend, dass den Grundstückseigentümer kein Verschulden an der Belastung trifft, die Belastung für ihn zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs nicht erkennbar war, realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte nicht gegeben sind, der Eigentümer bodenschutzrechtlich zur Sanierung verpflichtet ist oder aufgrund etwa einer Dioxinbelastung konkrete Gesundheitsgefährdungen von dem Grundstück ausgehen, die durch ein vor der Sanierung erstelltes amtliches technisches Gutachten nachgewiesen werden, und das Hausgrundstück nach seiner Größe nicht über das Notwendige und Übliche hinausgeht.

Weiterhin hat das Finanzgericht Baden-Württemberg in seinem rechtskräftigen Urteil vom 6.4.2011 unter dem Aktenzeichen 4 K 2647/08 auch Aufwendungen eines stark gehbehinderten Steuerpflichtigen für den Einbau eines Treppenschräglifts im Garten als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Insoweit stellten die Richter fest, dass die Notwendigkeit der Nutzung nicht auf die unmittelbare Nutzung innerhalb des Wohnbereichs beschränkt ist, sondern sich auch auf die Nutzung des Gartens erstreckt. Ein eventuell durch den Einbau des Treppenliftes erlangter Gegenwert ist aufgrund der Zwangsläufigkeit der Krankheit nicht zu berücksichtigen. Die Aufwendungen sind daher in voller Höhe zu berücksichtigen und nicht auf die Dauer der voraussichtlichen Nutzung nach den Regelungen über die Abschreibung anzusetzen.

Demgegenüber hat das erstinstanzliche Finanzgericht Köln es für zweifelhaft erachtet, ob die Terrasse und der Gartenbereich eines Einfamilienhauses überhaupt zu dem existenziell notwendigen Bereich gezählt werden können. Die Entscheidung aus Köln vom 01.12.2017 unter dem Aktenzeichen 3 K 625/17 wurde sogar bis vor den Bundesfinanzhof getragen, dort wurde die Rechtssache jedoch mit Beschluss vom 22.10.2018 unter dem Aktenzeichen VI B 14/18 abgelehnt. Im Ergebnis ging es in der Sache allerdings nicht um behinderte Menschen, sondern darum, ob Aufwendungen zur Beseitigung von Biberschäden im Garten und für die Errichtung einer Bibersperre als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art berücksichtigt werden können.

Im Hinblick auf außersteuerliche Entscheidungen ist ein Urteil des Bundessozialgerichtes vom 17.07.2008 unter dem Aktenzeichen B 3 P 12/07 R anzuführen, worin zur Pflegeversicherung entschieden wurde, dass der Hausgarten grundsätzlich nicht zu dem individuellen Wohnumfeld gehört, dessen barrierefreie Gestaltung die Pflegeversicherung durch Zuschüsse zu fördern hat.

Vor dem Hintergrund der zuvor zitierten Rechtsprechung geht der erkennende Senat des Finanzgerichtes Münster in der vorliegenden Entscheidung nun dennoch davon aus, dass Aufwendungen für die behindertengerechte Umgestaltung des Gartens als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art berücksichtigungsfähig sind. Dies gilt allerdings ausweislich der Ausführungen im Urteil nur für solche Aufwendungen, die getätigt werden, um einem behinderten Steuerpflichtigen den Zugang zum Garten und damit die Nutzung des Gartens dem Grunde nach zu ermöglichen. Ist dagegen der Zugang zum Garten bereits gewährleistet, so sind Baumaßnahmen, die lediglich eine bestimmte Art der Gartennutzung ermöglichen sollen, nicht mehr als zwangsläufig anzusehen.

Im Streitfall befand sich auf der Rückseite des Hauses eine Terrasse, die vom Haus aus mit einem Rollstuhl zu erreichen war. Die Klägerin konnte den Garten demnach bereits vor Durchführung der hier streitbefangenen Baumaßnahmen nutzen. Die Verbreiterung des Weges auf der Hausvorderseite erfolgte ausschließlich zu dem Zweck, der Klägerin den Anbau von Pflanzen auf Beeten und damit eine Freizeitaktivität zu ermöglichen. Dies erkannten die erstinstanzlichen Richter nicht als außergewöhnliche Belastung an, weil ihrer Meinung nach insoweit nicht der existenznotwendige Wohnbedarf betroffen ist.

Damit ist jedoch immer noch nicht abschließend geklärt, ob entsprechende Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können. Das erstinstanzliche Gericht war nämlich gezwungen, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen, weshalb schließlich dieser unter dem Aktenzeichen VI R 25/20 noch klären wird, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Gartens als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art berücksichtigungsfähig sind.

4. Für GmbH-Gesellschafter: Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen durch eigene GmbH

Nach § 35a Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 Euro. Die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen setzt nach § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG voraus, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Infrage steht dabei im Weiteren insbesondere die tatsächliche Bezahlung der Leistung.

In einem Streitfall vor dem Thüringer Finanzgericht sah dieses mit Entscheidung vom 22.10.2019 die genannten Voraussetzungen unter dem Aktenzeichen 3 K 452/19 jedoch als nicht erfüllt an.

Lässt nämlich ein Steuerpflichtiger eine grundsätzlich nach § 35 a Abs. 3 EStG steuerbegünstigte Handwerkerleistungen durch eine GmbH erbringen, an der er selbst beteiligt ist, und wird die Handwerkerrechnung durch Buchung auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto des Gesellschafters beglichen, so fehlt es an den formellen Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerermäßigung.

Wohl gemerkt schließt allein die Tatsache, dass die Handwerkerleistung durch die vom Steuerpflichtigen beherrschte GmbH ausgeführt wird, alleine die Gewährung der Steuerermäßigung nicht aus! Lediglich an der Formalie „Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung“ ist im vorgenannten Fall die Gewährung der Steuerermäßigung gescheitert.

Zwar mag die erfolgte Buchung auf dem Gesellschafterverrechnungskonto des Klägers bei der leistungserbringenden GmbH ebenso wie eine Buchung auf deren Bankkonto bei deren Kreditinstitut begrifflich ein „Konto des Erbringers der Leistung” betroffen haben und damit eine ähnliche kontenmäßige „Dokumentation” des Zahlungsvorgangs darstellen, wie diese bei Bezahlung der Rechnung durch Überweisung auf ein Bankkonto der GmbH durch das kontoführende Kreditinstitut erfolgt wäre. Jedoch war im Streitfall in den Vorgang der Begleichung der Handwerkerrechnung kein Kreditinstitut eingebunden.

Nach Überzeugung des erkennenden Senats ist es aber für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG im Anschluss an die Auffassung der zitierten obersten Rechtsprechung unbedingt erforderlich, dass die Zahlung mit Einbindung eines Kreditinstituts und entsprechender bankmäßiger Dokumentation des Zahlungsvorgangs abgewickelt wird. In diesem Zusammenhang versteht der erkennende Senat – anders als die Klägerseite – die gemachten Ausführungen des Bundesfinanzhofs in seiner ständigen Rechtsprechung „ohne Einbindung eines Kreditinstituts” (und damit ohne bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs) dahingehend, dass auch eine von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geforderte „bankenmäßige Dokumentation” stets voraussetzt, dass – anders als im Streitfall – ein Kreditinstitut bzw. eine Bank in irgendeiner Weise in den Zahlungsvorgang eingebunden ist, so dass allein eine irgendwie geartete „kontenmäßige” Erfassung des Zahlungsvorgangs den formellen Voraussetzungen der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 5 Satz 5 EStG nicht genügt. Für diese Wertung des Senats spricht auch der Umstand, dass der Bundesfinanzhof in seiner Rechtsprechung die von ihm geforderte „bankenmäßige Dokumentation” auch ohne Überweisung vom eigenen Bankkonto etwa nur in den Fällen bejaht, in denen Steuerpflichtige ohne eigenes Bankkonto den Rechnungsbetrag bei einem Kreditinstitut einzahlen und dieses sodann den Betrag unbar auf das Konto des Leistungserbringers überweist.

So urteilte zum Beispiel der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 20.11.2008 unter dem Aktenzeichen VI R 14/208. Darin heißt es: Die Barzahlung einer Rechnung aus der Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ohne bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs schließt die entsprechende Aufwendung der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35 a Abs. 2 Satz 2 EStG aus. Ohne Bank also keine Steuerermäßigung.

Allein der Umstand, dass das leistungserbringende Unternehmen den Rechnungsbetrag ordnungsgemäß als betrieblichen Ertrag verbucht hat, ist unbeachtlich. Denn auch Barzahlungen, Baranzahlungen oder Barteilzahlungen können selbst dann nicht anerkannt werden, wenn die Barzahlung von dem Erbringer der haushaltsnahen Dienstleistung, der Pflege- und Betreuungsleistung oder der Handwerkerleistung tatsächlich ordnungsgemäß verbucht worden ist und der Steuerpflichtige einen Nachweis über die ordnungsgemäße Verbuchung erhalten hat oder wenn eine Barzahlung durch eine später veranlasste Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung ersetzt wird.

Erfreulicherweise hat das Finanzgericht aus Thüringen die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, welche auch tatsächlich eingelegt wurde. Unter dem Aktenzeichen VI R 23/20 müssen daher nun die obersten Finanzrichter der Republik klären, ob eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen zu gewähren ist, wenn diese von einer GmbH erbracht wird, an der der Leistungsempfänger beteiligt ist, und dessen Gesellschafter-Verrechnungskonto damit belastet wird. Im Kern geht es dabei nach wie vor um die Frage, ob für die Steuerermäßigung tatsächlich zwingend die Einbindung eines Kreditinstitutes erforderlich ist.

5. Für Unternehmer: Antworten rund um die Corona-Soforthilfen, auch zur eventuellen Steuerfreiheit!

Bis Ende Mai 2020 konnten Unternehmer die Corona-Soforthilfe beantragen. Auch wenn die eigentliche Antragsfrist nun abgelaufen ist, scheint es so, als wenn uns die Corona-Soforthilfe auch noch weiterhin beschäftigen wird.

Dies wird insbesondere deshalb der Fall sein, weil höchstwahrscheinlich auch noch im Nachgang festgestellt werden wird, dass der eine oder andere Unternehmer die Corona-Soforthilfe zwar beantragt und auch tatsächlich erhalten hat, die eigentlichen Voraussetzungen jedoch nicht gegeben waren.

In diese Kategorie fallen sicherlich die zu sanktionierenden Betrugsversuche, jedoch höchstwahrscheinlich auch Sachverhalte, hinter denen keine böse Absicht steckt. Der Grund dafür wird sicherlich sein, dass die seinerzeitige Corona-Soforthilfe mit heißer Nadel gestrickt und ebenso heiß serviert wurde.

So sind im kompletten Antrags- und Gewährungsverfahren nicht nur Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern gegeben, sondern auch in der Abarbeitung der Antragsverfahren Unterschiede innerhalb eines Bundeslandes hervorgetreten. Im Zentrum dieser Unterschiede stehen dabei die Voraussetzungen der Corona-Soforthilfe.

Grundsätzlich waren insoweit (hier am Beispiel von Nordrhein-Westfalen) vier Voraussetzungen genannt, wobei jedoch der Anspruch auf die Corona-Soforthilfe bereits gegeben war, wenn nur eine der Voraussetzungen einschlägig war.

Erste Voraussetzung war hier sicherlich die Schließung des Unternehmens aufgrund behördlicher Auflagen vor dem Hintergrund von Corona. Eine weitere Voraussetzung war die fehlende Liquidität im Unternehmen. Die dritte Voraussetzung bestand in einem Umsatzeinbruch von mehr als 50 % und als letzte Voraussetzung war der Einbruch der Aufträge in gleicher Höhe gegeben.

Ausweislich dieser Kriterien erfüllte ein Unternehmen, welches also mit Beginn der Pandemie einen Auftragseinbruch um 100 % erlitt, die Voraussetzungen. Insbesondere in Nordrhein-Westfalen sind nun jedoch Fälle bekannt geworden, in denen mit Bescheiderteilung mindestens eine weitere Voraussetzung (quasi durch die Hintertür) hinzugefügt wurde. In zahlreichen Bewilligungsbescheiden der Corona-Soforthilfe ist nämlich zu finden, dass der Zuschuss ganz oder teilweise zurückzuzahlen sein soll, wenn dem Unternehmen ausreichend Liquidität zur Verfügung steht.

Die Tatsache, dass ein Unternehmen einen 100%igen Auftragseinbruch, einen Umsatzeinbruch oder gar eine behördliche Schließung zu ertragen hat, bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass nicht auch Rücklagen da sind.

Tatsächlich würden damit die ursprünglichen Voraussetzungen ausgehebelt. Wie in entsprechenden Fällen dabei zu verfahren ist, bleibt zunächst abzuwarten.

Jenseits dieser Problematik kommt in der Literatur jedoch auch die Frage nach der steuerlichen Behandlung der Corona-Soforthilfe auf. Geklärt scheint in diesem Zusammenhang lediglich die umsatzsteuerrechtliche Behandlung. Insoweit hat die Finanzverwaltung die Corona-Beihilfe nämlich als echten Zuschuss eingeordnet, weshalb mangels eines vorliegenden Leistungsaustausches überhaupt keine steuerbare Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes gegeben ist.

Mit Blick auf die ertragsteuerliche Behandlung der Corona-Soforthilfe war seitens der Verwaltung immer zu vernehmen, dass es sich dabei um eine steuerpflichtige Betriebseinnahme handelt. In der Literatur wird nun vereinzelt die Auffassung vertreten, dass die Corona-Beihilfe jedoch zumindest teilweise auch steuerfrei sein kann.

Die Argumentation dahinter: Beispielsweise das Land Nordrhein-Westfalen hatte entschieden, dass vor allem die sogenannten Solo-Selbstständigen bis zu 2.000 Euro der Corona-Soforthilfe zur Bestreitung und Finanzierung des Lebensunterhaltes nutzen dürfen. In der Literatur wird an vereinzelter Stelle daraus nun geschlossen, dass, wenn die Beihilfe zulässigerweise zur Deckung von Privataufwendungen eingesetzt werden darf, damit auch der betriebliche Bezug gekappt wird und eine zu versteuernde Betriebseinnahme überhaupt nicht mehr vorliegt. Insoweit wird darauf abgestellt, dass die Mittelverwendung für die Einordnung als steuererhöhende Betriebseinnahme oder steuerneutraler Privatzuschuss ausschlaggebend ist.

An gleicher Stelle in der Literatur wird die Meinung vertreten, dass, wenn die Corona-Soforthilfe beispielsweise für Investitionen im Anlagevermögen verwendet wird, eine Berücksichtigung als steuererhöhende Betriebseinnahme unterbleiben könnte, wenn die Anschaffungskosten des Anlagegutes entsprechend um die Höhe der Corona-Soforthilfe gemindert werden.

Hinweis: Aus unserer Sicht sollte diese Literaturmeinung mit äußerster Vorsicht betrachtet werden. Mit anderen Worten: Wir halten die Auffassung, dass die Verwendung der Corona-Soforthilfe über deren (eventuell nur teilweise) Steuerfreiheit entscheidet, schlicht für falsch.

Der Grund: Die Corona-Soforthilfe wird nur Unternehmern oder Unternehmen gewährt. Dies ist unumgängliche und unstrittige Voraussetzung für die Beihilfe. Insoweit besteht daher ein unserer Ansicht nach untrennbarer Veranlassungszusammenhang zwischen Unternehmer bzw. Unternehmen und der Gewährung der Corona-Soforthilfe, weshalb insoweit auch eine zu versteuernde Betriebseinnahme gegeben sein dürfte.

Zudem entscheidet grundsätzlich nicht die Verwendung einer Einnahme über deren steuerliche Behandlung. Regelmäßig ist an dieser Stelle darauf abzustellen, warum eine Einnahme erzielt wurde. Insoweit gehen wir davon aus, dass die Corona-Soforthilfe (leider) immer in kompletter Höhe eine steuerpflichtige Betriebseinnahme ist. Dies gilt auch dann, wenn die Soforthilfe oder auch nur Teile davon zur Finanzierung und Deckung des privaten Lebensbedarfs eingesetzt wurde.

Tipp: Insgesamt gilt es jedoch zu bedenken: Bei der Corona-Soforthilfe handelt es sich nicht um eine gesetzliche Regelung. Insoweit ist es zumindest nicht undenkbar, dass die Verwaltung im Wege einer Billigkeitsregelung auch festlegt, ob die Soforthilfe oder zumindest Teile davon, vielleicht doch steuerfrei sein könnte. Wohl gemerkt würde es sich dann jedoch um eine Billigkeitsregelung handeln, die derzeit zumindest noch nicht ersichtlich ist. So oder so wird sich jedoch in der Zukunft noch einiges tun, weshalb Betroffene die weitere Berichterstattung über die steuerliche Behandlung der Corona-Soforthilfe durchaus im Auge behalten sollten.

6. Für Unternehmer: Garagen daheim als (notwendiges) Betriebsvermögen?

Wird ein (zivilrechtlich einheitliches) Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils durch Vermietung zu fremden Wohnzwecken oder teils zu eigenen Wohnzwecken genutzt, bilden die einzelnen, in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehenden Gebäudeteile bilanzsteuerrechtlich selbständige Wirtschaftsgüter und sind gesondert zu behandeln. Es ist also für jeden Teil gesondert zu entscheiden, ob es sich um notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen oder gar (notwendiges) Privatvermögen handelt. Diese Aufteilung ist nicht nur in den Einkommensteuer-Richtlinien unter Richtlinie 4.2 Abs. 4 EStR zu finden, sondern geht vor allem auf einen Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 26.11.1973 unter dem Aktenzeichen GrS 5/71 zurück. Die Aufteilungsregelungen sind daher ganz und gar unumstritten.

Praktisch bedeutet dies: Wird beispielsweise ein Raum im Rahmen der ansonsten zu privaten Wohnzwecken genutzten Immobilie vollständig für das Unternehmen genutzt, so wird dieser Raum zum notwendigen Betriebsvermögen im Unternehmen, während die übrige Immobilie weiterhin Privatvermögen bleibt. Der wesentliche steuerliche Unterschied: Während die Privatimmobilie entweder aufgrund ihrer privaten Nutzung nicht im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäftes zu versteuern ist oder spätestens nach Ablauf der Zehnjahresfrist des privaten Veräußerungsgeschäftes steuerfrei veräußert werden kann, ist der Raum, der dem Betriebsvermögen zugeordnet werden muss, auf ewig steuerverhangen. Die Folge: In der Regel ist der Steuerpflichtige daher eher an Privatvermögen interessiert, als dass er später einmal einen Teil seiner Immobilie versteuern muss.

Die Aufteilung in Betriebsvermögen und Privatvermögen ist in solchen Fällen grundsätzlich nach den Größenverhältnissen der für den einen oder anderen Zweck eingesetzten Nutzfläche vorzunehmen. Es wird also schlicht die Quadratmeterrelation errechnet. Wird ein einzelner Raum eines Gebäudes für mehrere Zwecke genutzt, ist keine weitere Aufteilung vorzunehmen. Ein solcher Raum ist also immer als Ganzes zu beurteilen und nicht noch weiter zu unterteilen.

Insoweit gilt: Nur ein Raum (und nicht ein Teil davon) ist die kleinste Einheit, die einer gesonderten Zuordnung, also der Frage, ob Betriebsvermögen oder Privatvermögen vorliegt, fähig ist. Die Annahme eines selbstständigen Gebäudeteils setzt also etwas technokratisch dargestellt voraus, dass dieser durch Bauteile wie Decken, Wände, Fenster und Türen umschlossen und abgeschlossen, also ein separater Raum ist.

Mit Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 10.10.2017 hat dieser unter dem Aktenzeichen X R 1/16 klargestellt, dass diese Grundsätze auch für die Beurteilung einer Garage gelten. Der dahinterstehende Sachverhalt ist dabei durchaus interessant und relevant. In der abgeurteilten Entscheidung ging es um eine Doppelgarage, die zu einem privaten Wohnhaus gehört. In der Doppelgarage wurde sowohl ein Firmenwagen als auch ein Privatwagen abgestellt. Herausgearbeitet muss nun dabei werden, dass der Firmenwagen sich im Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens (alternativ auch einer Personengesellschaft) befand und der Einzelunternehmer (alternativ auch Gesellschafter der Personengesellschaft) auch der Eigentümer der kompletten Wohnimmobilie war.

Aufgrund dieser Konstellation erkannte die Finanzverwaltung aufgrund des Parkens des Firmenwagens in der Doppelgarage insoweit notwendiges Betriebsvermögen. Demgegenüber stellte der Bundesfinanzhof fest, dass die Doppelgarage nur einheitlich zu betrachten ist. Es ist insoweit nicht möglich, nur die Hälfte der Doppelgarage als notwendiges Betriebsvermögen einzuordnen, weil darin der Firmenwagen (welcher ebenfalls notwendiges Betriebsvermögen ist) abgestellt wird.

Damit die Doppelgarage daher zum notwendigen Betriebsvermögen wird, muss sie zu mehr als 50 % auch tatsächlich betrieblich genutzt werden. Im Fall der Doppelgarage wird daher klar, dass diese im Maximum nur zu 50 % betrieblich genutzt wird, weil insoweit der Firmenwagen dort eingestellt wird. Würden sich nun auch noch neben dem Firmenwagen und dem Privatwagen beispielsweise Fahrräder, Mülltonnen, Rasenmäher oder sonstige Gegenstände ebenfalls in der Garage befinden, könnte die betriebliche Nutzung schon nicht mehr über 50 % betragen, weshalb notwendiges Betriebsvermögen nicht mehr möglich ist. So auch im Kern die Entscheidung der obersten Richter.

Allenfalls kann in einem solchen Fall noch gewillkürtes Betriebsvermögen vorliegen, welches jedoch einer eindeutigen Einlagehandlung des Unternehmers bedarf. Fehlt es an der tatsächlichen Einlage, bleibt es insoweit Privatvermögen.

Problembehaftet an dem Streitfall vor dem Bundesfinanzhof war seinerzeit exakt die Tatsache, dass es sich um eine Doppelgarage handelt. In der Literatur und der fachlichen Diskussion wurde daher häufig herausgearbeitet, dass über einer Einzelgarage, die den Firmenwagen beherbergt, folglich das Damoklesschwert des notwendigen Betriebsvermögens schweben könnte. Insoweit wird man nämlich von einer mehr als 50-prozentigen betrieblichen Nutzung der Einzelgarage mit darin abgestelltem Firmenwagen ausgehen können und hier die 50 %-Grenze nicht etwa durch das Einstellen von Fahrrädern, Rasenmähern, Mülltonnen und ähnlichem unterbieten können. Die Folge: Die Garage wird in der oben beschriebenen Konstellation zum notwendigen Betriebsvermögen des Einzelunternehmens oder zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft. Sicherlich eine durchgehend ungewollte Folge!

An dieser Stelle kann nun jedoch zumindest im Verwaltungswege eine deutliche Entwarnung gegeben werden. Grund dieser Entwarnung ist die Kurzinformation EStG Nummer 01/2020 der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen vom 26.01.2020. Darin vertritt die Finanzverwaltung die für Steuerpflichtige erfreuliche Auffassung, dass auch eine Einzelgarage nicht zu mehr als der Hälfte betrieblich genutzt wird, wenn in der Einzelgarage des eigenen Wohnhauses ein betriebliches Fahrzeug untergebracht ist.

Insoweit möchte die Oberfinanzdirektion typisierend unterstellen, dass auch eine Einzelgarage eines Einfamilienhauses regelmäßig in einem solchen Umfang privat genutzt wird, dass eine Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen ausscheidet. Trotz Einstellung des betrieblichen Fahrzeugs in die Einzelgarage wird diese also typisierend zu mehr als 50 % privat genutzt. Notwendiges Betriebsvermögen ist damit verhindert.

Im Ergebnis muss daher nicht mehr befürchtet werden, dass die stillen Reserven der Einzelgarage nun beim Verkauf der Gesamtimmobilie oder bei Beendigung des Unternehmens versteuert werden müssen. Insgesamt also eine erfreuliche Verwaltungsanweisung.

Hinweis: Wer jedoch einen Vorteil darin sieht, die Garage in seinem Betriebsvermögen zu halten, kann diese selbstverständlich dem gewillkürten Betriebsvermögen zuordnen. Allerdings greifen dann auch wieder die allgemeinen Folgen des Betriebsvermögens und die Garage ist wiederum steuerverhangen. Eine entsprechende Einlagehandlung sollte daher gut durchdacht sein.

7. Für Freiberufler: Zur tarifbegünstigten Veräußerung einer freiberuflichen Praxis

Ausweislich der gesetzlichen Regelungen insbesondere in § 18 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehört zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit auch der Gewinn aus der Praxisveräußerung.

Erfreulicherweise sieht § 34 EStG für einen solchen Veräußerungsgewinn aus der Praxisveräußerung eine Tarifbegünstigung vor. Alternativ zu dieser ermäßigten Besteuerung des Veräußerungsgewinnes kann auf Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG unter weiteren Voraussetzungen auch ein ermäßigter Steuersatz gewährt werden.

Bei alledem setzt jedoch die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs voraus, dass der Steuerpflichtige die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu gehören insbesondere die immateriellen Wirtschaftsgüter der Praxis wie Mandantenstamm bzw. Praxiswert. Dies hat beispielsweise der Bundesfinanzhof so auch in seiner Entscheidung vom 21.08.2018 unter dem Aktenzeichen VIII R 2/15 klargestellt.

Darüber hinaus muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis (wenigstens für eine gewisse Zeit) einstellen. Dies beruht auf der Überlegung, dass bei fortdauernder Tätigkeit des Freiberuflers in seinem bisherigen örtlichen Wirkungskreis eine weitere Nutzung der persönlichen Beziehungen zu den früheren Mandanten auf eigene Rechnung des „Veräußerers“ naheliegt und es dadurch nicht zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen der Praxis auf den Erwerber kommt.

Wann eine „definitive“ Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen vorliegt, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab, die im Zweifel das Finanzgericht als Tatsacheninstanz zu würdigen hat. Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit sind insbesondere die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigungen, die Art und Struktur der Mandate sowie die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts zu berücksichtigen. Dies hatte der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 21.08.2018 unter dem Aktenzeichen VIII R 2/15 mit Nennung weiterer Fundstellen, die auch für die Praxis interessant sein können, herausgearbeitet. Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit steuerunschädlich wieder aufgenommen werden kann, besteht jedoch ausdrücklich nicht.

Dementsprechend hat aktuell der Bundesfinanzhof in einem Aussetzungsbeschluss mit dem Aktenzeichen VIII B 131/19 klargestellt, dass entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung keine „Wartezeit“ von mindestens drei Jahren einzuhalten ist. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann ein Zeitraum von etwa zwei bis drei Jahren vollkommen ausreichend sein.

Nimmt der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit nach einer gewissen Zeit wieder auf, kann dies aber auch dann schädlich sein, wenn die Wiederaufnahme zum Zeitpunkt der Übertragung der Praxis nicht geplant war. Maßgebend ist allein, ob es objektiv zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen gekommen ist. Maßnahmen des Veräußerers, die wegen einer von Anfang an geplanten Wiederaufnahme dazu dienen sollen, die spätere Zurückgewinnung der Mandanten zu erleichtern, können eine definitive Übertragung des Mandantenstammes von vornherein ausschließen bzw. die erforderliche Zeitspanne für die Einstellung der Tätigkeit (deutlich) verlängern.

Grundsätzlich unschädlich ist es aber durchaus, und dies wäre daher auch der in der Praxis einzuschlagende Weg, wenn der Veräußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig wird, denn der Erwerber ist trotzdem zivilrechtlich und wirtschaftlich in der Lage, die Beziehungen zu den früheren Mandanten des Veräußerers zu verwerten.

Auch eine geringfügige Fortführung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit steht der Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung insoweit nicht entgegen. So auch schon der Leitsatz des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 07.11.1991 unter dem Aktenzeichen IV R 14/90. Dort heißt es: Die Fortführung einer freiberuflichen Nebentätigkeit steht der tarifbegünstigten Veräußerung einer Praxis nicht entgegen, wenn die Nebentätigkeit nur in geringem Umfang ausgeübt worden ist. Mit Beschluss vom 20.01.2009 hat der Bundesfinanzhof diese Grundsätze unter dem Aktenzeichen VIII B 58/08 bestätigt.

Eine solche geringfügige Tätigkeit liegt regelmäßig vor, wenn die auf sie entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren vor der Veräußerung weniger als 10 % der gesamten Einnahmen ausmachten.

Im Ergebnis der Gesamtwürdigung zeigt sich daher: Es bestehen sehr wohl Möglichkeiten, auch steuerunschädlich für die Tarifermäßigung nach dem Verkauf der Praxis weiterzuarbeiten. Dennoch müssen die Details genau geplant sein und es gibt auch einiges zu beachten. Geschieht dies jedoch, steht der ermäßigten Besteuerung nichts im Wege.

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