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Mandantenbrief 07/2021
- Steuertermine
- Für alle Steuerpflichtigen: Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten?
- Für Vermieter und Betreiber einer Fotovoltaikanlage: Stromlieferung als selbstständige Hauptleistung neben der Vermietung?
- Für Gewerbetreibende im Bargewerbe: Geringfügige Mängel der Kassenführung berechtigen nicht immer zu Hinzuschätzungen!
- Für Immobilieneigentümer: Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei An- und Weitervermietung von fremdem Grundbesitz
- Für Vermieter: Zum Abzug des bei Tod des Steuerpflichtigen noch nicht berücksichtigten Teils der (verteilten) Erhaltungsaufwendungen
- Für Einnahmen-Überschussrechner: Kostendeckelung beim Firmenwagen im Hinblick auf die Leasingsonderzahlung
- Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Zur Überlassung eines Job-Tickets als lohnsteuerpflichtiger Sachbezug
- Für Vermieter: Besteuerung von Mieteinnahmen beim Ausbleiben dieser aufgrund der Coronakrise
- Für Eltern und Kinder: Kindergeld für ein erkranktes Kind
1. Steuertermine
12.07. Umsatzsteuer |
Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 15.07. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
Alle Angaben ohne Gewähr |
Vorschau auf die Steuertermine August 2021:
02.08. Einkommensteuererklärung |
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10.08. Umsatzsteuer |
Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 13.08. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. |
16.08. Gewerbesteuer |
Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 19.08. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck. Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen. |
Alle Angaben ohne Gewähr |
Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge Juli 2021
Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für Juli ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 28.07.2021.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten?
Ausweislich der Regelung in § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Betriebsausgaben alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dabei können auch Aufwendungen, die durch strafbare Handlungen ausgelöst werden, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, zu Betriebsausgaben führen. Dies folgt nicht nur aus dem objektiven Nettoprinzip, sondern ergibt sich auch aus der Regelung des § 40 der Abgabenordnung (AO). Dementsprechend ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, wie der Bundesfinanzhof bereits in seinem Beschluss vom 17.8.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 75/10 festgestellt hat.
Ausweislich einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 17.8.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 75/10 sind Strafverteidigungskosten nur dann als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch ein betriebliches oder berufliches Verhalten veranlasst war. Diese Einordnung kann mittlerweile als ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs angesehen werden.
Auf die Frage, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben wurde, kommt es bei Beurteilung der Kosten der Strafverteidigung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten überhaupt nicht an, wie seinerzeit bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 13.12.2016 unter dem Aktenzeichen VIII R 43/14 erkannt hat.
Vielmehr muss die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat ausschließlich und mittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein. Die vorgeworfenen Handlungen müssen in Ausübung und nicht nur bei Gelegenheit der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit begangen worden sein, wie der Bundesfinanzhof auch in einer Entscheidung vom 16.4.2013 unter dem Aktenzeichen IX R 5/12 klargestellt hat. Nicht ausreichend für die Annahme eines Veranlassungszusammenhangs ist es, dass die betriebliche oder berufliche Tätigkeit nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Aufwendungen entfielen. Nicht entscheidend ist daher, ob ein Steuerpflichtiger nur aufgrund seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit in der Lage war, die ihm zur Last gelegte Straftat zu begehen. So der Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 30.6.2004 unter dem Aktenzeichen VIII B 265/03.
Die steuermindernde Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten setzt somit vielmehr voraus, dass die die Aufwendungen auslösenden vorgeworfenen schuldhaften Handlungen im Rahmen der betrieblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung liegen, um sie als ausschließlich und unmittelbar aus der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar einstufen zu können.
Eine in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangene Tat kann dennoch keinen Veranlassungszusammenhang der Strafverteidigungskosten mit diesen Einkünften begründen, wenn die Handlung nicht im Rahmen der betrieblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung liegt oder ein betrieblicher oder beruflicher Veranlassungszusammenhang durch einen überlagernden privaten Veranlassungszusammenhang ausgeschlossen wird. Dies soll ausweislich der Meinung des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz vom 20.10.2020 unter dem Aktenzeichen 5 K 1613/17 auch dann der Fall sein, wenn eine persönliche Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die Tat angestrebt wird.
Betrieblich veranlasst können jedoch auch Verteidigungskosten in einem Strafverfahren sein, wenn die Straftaten Betriebssteuern, wie die Umsatzsteuer oder die Gewerbesteuer, betreffen, soweit ein betrieblicher Zusammenhang zur Schaffung günstiger Rahmenbedingungen hergestellt werden kann. Nicht betrieblich veranlasst ist die Hinterziehung von Betriebssteuern, wenn dadurch zwar die betriebliche Steuerschuld gemindert wird, die Minderung jedoch darauf beruht, dass betriebliche Mittel privat vereinnahmt oder für private Zwecke verwendet und damit dem Betrieb entzogen werden. So zu entnehmen einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.9.1989 unter dem Aktenzeichen X R 43/86. Dagegen sind Strafverteidigungskosten im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung regelmäßig privat veranlasst, wie das Hessische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 12.2.2014 unter dem Aktenzeichen 4 K 2757/11 dargelegt hat.
Daraus folgt die Rechtsprechung regelmäßig, dass bereits eine private Mitveranlassung der Aufwendungen für den Abzug schädlich ist, weil gemischt veranlasste Strafverteidigungskosten nicht objektiv aufteilbar sind. So auch zu entnehmen der bereits zitierten Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 13.12.2016 unter dem Aktenzeichen VIII R 43/14 unter Verweis auf den Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 21.9.2009 unter dem Aktenzeichen GrS 1/06.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein ausschließlicher und unmittelbarer Veranlassungszusammenhang zur betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen besteht, ist auf den konkreten Tatvorwurf abzustellen. Denn nur zur Abwehr der Anschuldigungen wegen dieser vorgeworfenen Handlungen werden die Strafverteidigungskosten aufgebracht. So auch das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 20.11.2018 unter dem Aktenzeichen 15 K 655/16 E.
Wie schon eingangs gesagt, kommt es auf die Frage, ob der strafrechtliche Vorwurf zu Recht erhoben wurde, nicht an. Daher ist in Fällen, in denen aufgrund der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens weder eine Verurteilung noch ein Freispruch des Steuerpflichtigen erfolgt, auf den Anklagevorwurf abzustellen.
Auf Grundlage der vorstehenden Argumentation hat nun das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in dem bereits zitierten Urteil vom 20.10.2020 entschieden, dass für die im Zusammenhang mit der Strafverteidigung gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung entstandenen Beratungs- und Prozesskosten nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden können. Insoweit sahen die Richter im entschiedenen Einzelfall keinen ausreichenden ausschließlichen und unmittelbaren Veranlassungszusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit.
Hinweis: Gegen diese erstinstanzliche Entscheidung, die sicherlich gut begründet, aber dennoch diskutabel ist, hat der Kläger Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen X R 34/20 eingelegt. Insbesondere ist dort zu klären, ob der Fiskus tatsächlich einfach annehmen darf, dass Strafverteidigungskosten im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung regelmäßig privat veranlasst sind und damit die Kosten nicht steuerlich zum Abzug zugelassen sind und auch ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist.
Ebenso gilt es zu klären, ob die Prüfung des Betriebsausgabenabzugs tatsächlich anhand des Anklagevorwurfs stattfinden kann, wenn das Verfahren eingestellt wurde, also weder eine Verurteilung noch ein Freispruch gegeben ist.
Zu guter Letzt stellt sich auch noch die Frage nach der Höhe. So ist zu klären, ob Kosten, die ein Mandant seinen Verteidigern aufgrund einer Vergütungsvereinbarung zahlt, und die die gesetzliche Gebührenordnung übersteigen, noch zwangsläufig sind.
Tipp: Insgesamt dürfte die Entscheidung des Bundesfinanzhofes mit Spannung zu erwarten sein, da die Fragestellung durchaus vielschichtig ist. Betroffene Steuerpflichtige, denen bisher der Abzug ihrer Strafverteidigungskosten als Betriebsausgabe oder Werbungskosten versagt wurde, sollten sich daher an das Musterverfahren anhängen.
3. Für Vermieter und Betreiber einer Fotovoltaikanlage: Stromlieferung als selbstständige Hauptleistung neben der Vermietung?
Wer als Vermieter eine Fotovoltaikanlage betreibt und den so erzeugten Strom an seine Mieter verkauft, kommt unweigerlich zu der Frage, wie denn die Stromlieferung umsatzsteuerrechtlich zu behandeln ist. Um dies direkt vorwegzunehmen: Handelt es sich dabei um eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung, kann auch weiterhin die Vorsteuer aus der Anschaffung der Fotovoltaikanlage vom Finanzamt erstattet werden. Ist die Stromlieferung jedoch wie die Vermietung steuerfrei, entfällt dieser Vorsteuererstattungsanspruch. Für den Vermieter ist daher die Frage von höchster Relevanz. Beantwortet hat sie aktuell das Niedersächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 25.2.2021 unter dem Aktenzeichen 11 K 201/19.
Darin argumentieren die erstinstanzlichen Richter wie folgt: Grundsätzlich kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der Unternehmer ist demnach zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit entgeltlich zu verwenden beabsichtigt. Ausgeschlossen von diesem Vorsteuerabzug ist jedoch die Steuer für die Lieferung von Gegenständen, die zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von den sogenannten Ausschlussumsätzen.
Ausweislich der Regelung in § 4 Nummer 12 Buchstabe a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist unter anderem die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken steuerfrei. Lediglich wenn der Vermieter auf diese Steuerbefreiung verzichtet, kann insoweit auch ein steuerpflichtiger Umsatz entstehen. Dies war jedoch im vorliegenden Streitfall nicht gegeben. Hier war es unstrittig, dass die Vermietungsleistungen der vorgenannten Steuerbefreiung unterlagen.
Im Weiteren kommt nun das erstinstanzliche Gericht zu dem Schluss, dass die Stromlieferung an die Mieter jedoch keine unselbstständige Nebenleistung zu der vorgenannten umsatzsteuerfreien Vermietungsleistung des Klägers ist. Dabei ist zunächst von Bedeutung, dass Elektrizität entsprechend der Regelung in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie einem körperlichen Gegenstand gleichgestellt wird. Strom wird deshalb ebenfalls geliefert. Fraglich ist nun, ob in der Stromlieferung ein eigener selbstständiger Umsatz gesehen werden kann oder ob dies lediglich eine Nebenleistung zur Vermietung ist.
Grundlegend gilt hierzu folgende Einschätzung: Jeder Umsatz ist in der Regel als eigenständige, selbständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind nach zutreffender Rechtsauffassung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesfinanzhofs die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer gegenüber dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Entscheidend ist dabei die Sicht des sogenannten Durchschnittsverbrauchers, wie bereits der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 11.6.2009 unter dem Aktenzeichen C-572/07 herausgearbeitet hat.
Eine einheitliche Leistung liegt danach insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistung sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Um eine unselbstständige Nebenleistung handelt es sich dann, wenn eine Leistung im Zusammenhang mit einer anderen Leistung steht, im Verhältnis zu dieser nebensächlich ist und in deren Gefolge üblicherweise vorkommt.
Vor diesem Hintergrund hatte die Rechtsprechung lange Zeit die Lieferung sogenannter Mietnebenkosten, wie zum Beispiel Wasser und Strom, üblicherweise den Nebenleistungen zur Hauptleistung „Vermietung“ zugerechnet. Diese Auffassung wird aktuell auch weiterhin von der Finanzverwaltung in Abschnitt 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) geteilt.
In jüngster Zeit hat der Europäische Gerichtshof im Rahmen seiner Entscheidung vom 16.4.2015 unter dem Aktenzeichen C-42/14 seine Rechtsprechung zur Abgrenzung von Hauptleistungen und Nebenleistungen einerseits und selbstständig nebeneinander stehenden Hauptleistungen andererseits fortentwickelt und konkretisiert.
Er hat dabei vor allem herausgestellt, dass, wenn der Mieter die Möglichkeit hat, Lieferanten und/ oder Nutzungsmodalitäten der in Rede stehenden Gegenstände oder Dienstleistungen auszuwählen, die Leistungen, die sich auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen beziehen, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt anzusehen sind.
Wörtlich heißt es daher in der Entscheidung: „Insbesondere wenn der Mieter über seinen Verbrauch von Wasser, Elektrizität oder Wärme, die durch die Anbringung von individuellen Zählern kontrolliert und in Abhängigkeit dieses Verbrauchs abgerechnet werden können, entscheiden kann, können die Leistungen, die sich auf diese Gegenstände oder Dienstleistungen beziehen, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt angesehen werden. (…) In diesem Fall ändert der bloße Umstand, dass die Nichtzahlung der Nebenkosten dem Vermieter die Kündigung des Mietvertrags ermöglicht, nichts daran, dass die Leistungen, auf die sich diese Nebenkosten beziehen, von der Vermietung getrennte Leistungen darstellen.“
Das Vorhandensein von individuellen Zählern zur Ermittlung der jeweiligen Verbrauchsmenge durch den Mieter sieht der Europäische Gerichtshof mithin als wichtiges Indiz dafür an, dass die Lieferung von Versorgungsleistungen, wie zum Beispiel Strom, als eine von der Vermietung getrennte Leistung anzusehen ist. Auch der Bundesfinanzhof hat in seinen neueren Entscheidungen die Rechtsauffassung des Europäischen Gerichtshofs aufgegriffen und in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 darauf verwiesen, dass insbesondere den Mietnebenkosten zugrunde liegende Leistungen, wie die Zurverfügungstellung von Wasser, Elektrizität oder Wärme, über deren Verbrauch der Mieter entscheiden kann und die durch die Anbringung von individuellen Zählern kontrolliert und in Abhängigkeit des Verbrauchs abgerechnet werden, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt anzusehen sind. So konkret das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11.11.2015 unter dem Aktenzeichen V R 37/14.
Vor diesem Hintergrund kommt aktuell auch das erstinstanzliche Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 25.2.2021 unter dem Aktenzeichen 11 K 201/19 zu dem Schluss, dass, auch wenn Strom über eine Fotovoltaikanlage vom Vermieter erzeugt und an die Mieter geliefert wird, es sich dabei im Regelfall eben nicht um eine unselbstständige Nebenleistung der Vermietung handelt.
Hinweis: Die Finanzverwaltung hat sich mit dieser Auffassung allerdings noch nicht zufriedengegeben und ist daher in Revision vor den Bundesfinanzhof gezogen. Dieser muss nun die Frage nach der unselbständigen Nebenleistung oder der selbstständigen eigenen Leistung unter dem Aktenzeichen XI R 8/21 klären.
Tipp: Insbesondere Vermietern, die bisher nicht in den Genuss des Vorsteuerabzugs kamen, weil das Finanzamt entsprechende Leistungen als unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung eingeordnet hat, sollten sich an das Musterverfahren beim Bundesfinanzhof anhängen und im eigenen Rechtsbehelfsverfahren die Verfahrensruhe beantragen. Aus unserer Sicht stehen die Chancen recht gut, dass der Bundesfinanzhof die erstinstanzliche Entscheidung aus Niedersachsen bestätigen wird.
4. Für Gewerbetreibende im Bargewerbe: Geringfügige Mängel der Kassenführung berechtigen nicht immer zu Hinzuschätzungen!
Eine erfreuliche Entscheidung ist vom 1. Senat des Finanzgerichtes Münster mit Urteil vom 9.3.2021 unter dem Aktenzeichen 1 K 3085/17 E, G, U zu verzeichnen. Dabei geht es um das regelmäßig problematische und streitbefangene Thema der ordnungsgemäßen Kassenführung und welche steuerlichen Folgerungen aus (auf im vorliegenden Fall nur geringfügigen) Mängeln zu ziehen sind.
Um die erfreuliche Entscheidung dieser Stelle vorwegzunehmen: Das erstinstanzliche Finanzgericht Münster hat entschieden, dass geringfügige Mängel in der Kassenführung eines Imbissbetriebes keine über die konkreten Auswirkungen dieser Mängel hinausgehenden Hinzuschätzungen von Umsätzen und Erlösen rechtfertigen.
Bei dieser bemerkenswerten Entscheidung lohnt es sich, die Details des Sachverhaltes einmal konkreter zu beleuchten: Die Klägerin betreibt einen griechischen Imbiss, dessen Gewinn sie in den Streitjahren durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte. Die erklärten Gewinne betrugen für die Streitjahre jeweils ca. 30.000 Euro.
Wie es in der Branche üblich ist, verwendete sie zur Erfassung der Bareinnahmen eine elektronische Registrierkasse, für die sie die täglichen Bonrollen aufbewahrte. Im Rahmen einer Betriebsprüfung führte der Prüfer zunächst Geldverkehrsrechnungen durch, die lediglich geringfügige Unterdeckungen ergaben. Ferner stellte er fest, dass die Klägerin während des dreijährigen Prüfungszeitraums an insgesamt fünf Tagen einzelne Barumsätze nicht in der Kasse erfasst hatte. In der Gesamtsumme (ja, wohlgemerkt in der Gesamtsumme!), beliefen sich die nicht enthaltenen Beträge auf knapp 100 Euro. Darüber hinaus wurden an neun weiteren Tagen Kassenbewegungen um ein bis wenige Tage verspätet in der Kasse verbucht.
Nach Auffassung des Prüfers waren die Aufzeichnungen nicht ordnungsgemäß und es bestand eine Schätzungsbefugnis.
Hierzu nahm der Prüfer eine Ausbeutekalkulation für einen Teil des Warensortiments der Klägerin vor und schätzte im Übrigen anhand der amtlichen Rohgewinnaufschlagsätze. Dies führte im Ergebnis in etwa zu einer Verdreifachung der erklärten Gewinne.
Der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage weitgehend stattgegeben und die Hinzuschätzungen auf die in der Kasse nicht erfassten Beträge von knapp 100 Euro begrenzt. Die vom Betriebsprüfer festgestellten Kassenführungsmängel führten nicht dazu, dass die Aufzeichnungen der Klägerin insgesamt verworfen werden könnten. Dies ergebe sich zum einen aus der geringen Häufigkeit der Mängel im Verhältnis zu den gesamten Geschäftsvorfällen, die das Finanzamt selbst mit 25.000 bis 30.000 pro Jahr geschätzt habe, und zum anderen aus der geringen Gewinnauswirkung von weniger als 100 Euro. Auch die aufgrund dieser Mängel möglicherweise nicht gegebene Kassensturzfähigkeit beschränke sich lediglich auf einzelne kurze Zeiträume.
Ganz deutlich fasste das Gericht daher zusammen: Es bestehe auch aus anderen Gründen kein Anlass, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen der Klägerin zu beanstanden. Die von ihr ermittelten Ergebnisse lägen innerhalb der amtlichen Richtsätze, und die durchgeführten Geldverkehrsrechnungen führten lediglich zu Ergebnissen, die sich im Rahmen üblicher Unschärfen bewegten. Schließlich reiche die durchgeführte Ausbeutekalkulation nicht aus, um die sachliche Richtigkeit der ansonsten formell ordnungsgemäßen Aufzeichnungen zu erschüttern. An eine solche Kalkulation seien strenge Anforderungen zu stellen. Vorliegend bestünden bereits große Unsicherheiten bei den Portionsgrößen, die der Prüfer nicht anhand repräsentativer Testkäufe belegt, sondern aufgrund angeblicher Erfahrungswerte geschätzt habe. Im Übrigen seien nicht alle Warengruppen kalkuliert worden, sodass es sich zum Teil um eine Richtsatzschätzung handele.
Für die Praxis ist diese Entscheidung durchaus erfreulich, da es bei entsprechenden Registrierkassen immer wieder Streitigkeiten mit dem Finanzamt gibt. Voreilige Prüfer sollten daher auf diese Entscheidung hingewiesen und ihnen klargemacht werden, dass nicht jede geringfügige Abweichung schon dazu führt, dass die Buchführung komplett verworfen werden kann und entsprechende Hinzuschätzungen gerechtfertigt werden können. Eine realitätsnahe Betrachtung ist schon auch noch erforderlich.
5. Für Immobilieneigentümer: Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei An- und Weitervermietung von fremdem Grundbesitz
Ausweislich der Regelungen in § 9 Nummer 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Man spricht dabei auch von der einfachen Gewerbesteuerkürzung.
Anstelle dieser einfachen Gewerbesteuerkürzung tritt nach § 9 Nummer 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenen Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. In diesem Zusammenhang spricht man von der sogenannten erweiterten Gewerbesteuerkürzung.
Der Sinn und Zweck der erweiterten Gewerbesteuerkürzung ist es, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben, freizustellen.
Eigener Grundbesitz im Sinne dieser Vorschrift ist dabei der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz. Dieser wird verwaltet und genutzt, wenn er zum Zwecke der Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa durch Vermietung und Verpachtung, wie seinerzeit bereits der BFH in seiner Entscheidung vom 17.1.2006 unter dem Aktenzeichen VIII R 60/06 herausgearbeitet hat.
Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in den Sätzen 2 und 3 der Regelung abschließend aufgezählt. Dies hat auch bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 14.6.2005 unter dem Aktenzeichen VIII R 3/03 herausgearbeitet. Darüber hinaus können nach ständiger Rechtsprechung auch Nebentätigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens liegen, wie aktuell der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 22.10.2020 unter dem Aktenzeichen IV R 4/19 herausgearbeitet hat.
Ausweislich vorgenannter Entscheidung gilt dazu ganz konkret folgendes: Die ausweislich der gesetzlichen Regelung geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bedeutet, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss. Nebentätigkeiten liegen aber dann noch innerhalb des vom Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung angesehen werden können. Dieser Auffassung ist dabei in der vorliegenden Entscheidung nicht neu, sondern entspricht der ständigen Rechtsprechung, wie beispielsweise dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28.11.2019 unter dem Aktenzeichen III R 34/17 entnommen werden kann.
Die Anmietung und Weitervermietung von fremdem Grundbesitz neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes kann danach nur dann eine begünstigte Nebentätigkeit sein, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist. Ist der Umfang einer solchen Tätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen eines Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot, wie bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 4.10.2006 unter dem Aktenzeichen VIII R 48/05 herausgearbeitet hat. Insoweit sind durchaus unschädliche Nebentätigkeiten bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung möglich, auch wenn die Finanzverwaltung regelmäßig eine andere Auffassung vertritt.
6. Für Vermieter: Zum Abzug des bei Tod des Steuerpflichtigen noch nicht berücksichtigten Teils der (verteilten) Erhaltungsaufwendungen
Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Vermietungseinnahmen geeignet sind. Grundsätzlich gilt dabei, dass Werbungskosten aufgrund des sogenannten Abflussprinzips in dem Veranlagungszeitraum steuermindernd zu berücksichtigen sind, in dem sie geleistet worden sind. Soweit der Grundsatz.
Als Ausnahme von dieser grundsätzlichen Regelung im Bereich der Überschusseinkünfte kann der Steuerpflichtige größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden, die im Zeitpunkt der Leistung des Erhaltungsaufwandes nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend zu Wohnzwecken dienen, abweichend vom sogenannten Geldflussprinzip auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen. Wird das Gebäude während des Verteilungszeitraums veräußert, ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Jahr der Veräußerung als Werbungskosten in einer Summe abzusetzen, wie bereits die Regelung in der Durchführungsverordnung ausdrücklich vorschreibt. Ebenso ist zu verfahren, wenn ein Gebäude in ein Betriebsvermögen eingebracht wird oder schlicht nicht mehr zur Einkünfteerzielung genutzt wird.
Die Regelung rund um die Verteilung von größeren Erhaltungsaufwendungen hat den Sinn und Zweck, dem Steuerpflichtigen eine bessere Ausnutzung seiner Tarifprogression zu ermöglichen, in dem er seine Erhaltungsaufwendungen interperiodisch besser verteilen kann. Dieser Sinn und Zweck ist bereits durch den Bundesfinanzhof bestätigt worden, geht jedoch auch zurück auf die seinerzeitige Bundestagsdrucksache bei der Einführung der Regelung.
Dieser beabsichtigte Zweck der Regelung geht jedoch ins Leere, wenn in Folge des Versterbens des Steuerpflichtigen eine weitere Ausnutzung seiner Tarifprogression nicht möglich ist, wie der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 10.11.2020 unter dem Aktenzeichen IX R 32/19 festgestellt hat. Insoweit vertreten die Richter weitergehend folgende Auffassung: Mit dem Tod des Steuerpflichtigen endet die auf ihn als natürliche Person und Steuersubjekt bezogen Einkünfteerzielung. Eine weitere Berücksichtigung der verteilten Erhaltungsaufwendungen und noch nicht berücksichtigten Aufwendungen ist bei ihm nicht mehr möglich.
Insbesondere weil die Einkommensteuer eine Personensteuer ist, ist nur der Steuerpflichtige, der die Aufwendungen auch tatsächlich getragen hat, Zurechnungsobjekt der von ihm erzielten Einkünfte. Der insoweit bislang nicht berücksichtigte Teil der Aufwendungen kann daher nur im Veranlagungszeitraum des Versterbens berücksichtigt werden, wie die Richter vorliegend herausarbeiten. Ansonsten kann beim Steuerpflichtigen mit dem Abfluss der Aufwendung die erfolgte Minderung seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit nicht im Rahmen der ihn betreffenden Steuerveranlagung abgebildet werden. Verstirbt der Steuerpflichtige daher innerhalb des Verteilungszeitraums, ist folglich der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Veranlagungszeitraum seines Versterbens als Werbungskosten abzusetzen.
Zu dieser Entscheidung kommen die Richter vorliegend auch deshalb, weil die steuerliche Situation im Todesfall mit den übrigen ausdrücklich im Gesetz schon genannten Fällen vergleichbar ist. So ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Jahr der Veräußerung des Gebäudes als Werbungskosten abzusetzen. Gleiches gilt, wenn ein Gebäude in ein Betriebsvermögen eingebracht oder nicht mehr zur Einkünfteerzielung genutzt wird, wie eingangs schon gesagt. Insoweit geht also die gesetzliche Regelung schon davon aus, dass vom Veranlagungszeitraum der Veräußerung, der Einbringungen in ein Betriebsvermögen oder des Wegfalls der Nutzung des Gebäudes zur Einkünfteerzielung an die weitere Berücksichtigung der verteilten Erhaltungsaufwendungen und der noch nicht berücksichtigten Aufwendungen nicht mehr möglich ist. Dies hat auch bereits der Bundesfinanzhof für den Fall der Veräußerung in seiner Entscheidung vom 7.8.1990 unter dem Aktenzeichen VIII R 223/85 herausgearbeitet.
Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass eine Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abschließend in der Person des Steuerpflichtigen nicht mehr möglich ist.
Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung folgenden Leitsatz verfasst: Hat der Steuerpflichtige größere Erhaltungsaufwendungen aufgrund der Vorschrift des § 82 b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) auf mehrere Jahre verteilt und verstirbt er innerhalb des Verteilungszeitraums, ist der nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Veranlagungsjahr des Versterbens als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen.
Hinweis: Die Entscheidung ist deshalb so bemerkenswert, weil die obersten Finanzrichter der Republik damit der schon seit Jahrzehnten geltenden Verwaltungsauffassung in den Einkommensteuerrichtlinien (EStR) widersprechen. So heißt es ausdrücklich in Richtlinie 21.1 Absatz 6 EStR: Wird das Eigentum an einem Gebäude unentgeltlich auf einen anderen übertragen, kann der Rechtsnachfolger Erhaltungsaufwand noch in dem von seinem Rechtsvorgänger gewählten restlichen Verteilungszeitraum geltend machen. Dabei ist der Teil des Erhaltungsaufwand, der auf den Veranlagungszeitraum des Eigentumswechsels entfällt, entsprechend der Besitzdauer auf den Rechtsvorgänger und den Rechtsnachfolger aufzuteilen.
Ganz ausdrücklich geht also die Finanzverwaltung entgegen der Auffassung der Finanzrichter nicht davon aus, dass im Falle des Versterbens der noch nicht verbrauchte Erhaltungsaufwand beim Verstorbenen sofort anzusetzen ist.
Tipp: Welche Vorgehensweise im Einzelfall die günstigere ist, ist und bleibt sicherlich eine Einzelfallentscheidung. Praktisch muss man jedoch sagen, dass der Verstorbene Gründe gehabt haben wird, warum er den Erhaltungsaufwand auf mehrere Jahre verteilen möchte. Insoweit ist zumindest die Wahrscheinlichkeit groß, dass eine Weiterführung des Erhaltungsaufwandes beim Rechtsnachfolger unter dem Strich zu einer höheren Steuerersparnis führen würde.
Für die Praxis empfiehlt sich daher folgendes Vorgehen: Sofern der Abzug beim Verstorbenen im Veranlagungszeitraum des Versterbens zu einer höheren Steuerersparnis führt, sollte auf das vorliegende Urteil des Bundesfinanzhofs verwiesen werden. Möchte die Finanzverwaltung diesem noch nicht folgen, muss allerdings geklagt werden. Dann wird man jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch Recht bekommen. Denn die erstinstanzlichen Gerichte werden dem Bundesfinanzhof folgen.
Ist dies jedoch nicht der Fall und die höchste Steuerersparnis ergibt sich aus der Veranlagung des Rechtsnachfolgers, so sollte unter Verweis auf die Einkommensteuerrichtlinien die Auffassung der Verwaltung vertreten werden. Dabei gilt es zu bedenken, dass die Einkommensteuerrichtlinien für die Finanzverwaltung bindend sind. Zudem hat die Finanzverwaltung das vorliegende Urteil des Bundesfinanzhofs noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht, sodass in solchen Fällen auch gute Chancen bestehen, dies auf Ebene des Finanzamtes durchzudrücken. Im Streitfall kann man auch überlegen, gegebenenfalls die Oberfinanzdirektion als Oberbehörde des Finanzamtes einzuschalten, damit diese das Finanzamt auffordert, die Richtlinie zu befolgen. Das Finanzgericht wird nämlich sicherlich anders entscheiden.
Fraglich ist derzeit, ob die Finanzverwaltung ihre offizielle Meinung noch ändern wird. Dies bleibt abzuwarten und ist dann von Fall zu Fall zu prüfen.
7. Für Einnahmen-Überschussrechner: Kostendeckelung beim Firmenwagen im Hinblick auf die Leasingsonderzahlung
Fraglich ist aktuell, ob eine Unbilligkeit darin liegt, dass bei der Deckelung des nach der Ein-Prozent-Methode ermittelten Entnahmewerts für die private Fahrzeugnutzung beim Überschuss-Rechner auf die tatsächlichen Kosten und nicht allein auf die in den Streitjahren abgeschlossenen Fahrzeugkosten abgestellt wird. Zusätzlich möchte insbesondere die Finanzverwaltung nämlich auch noch rechnerisch den auf die Streitjahre entfallenden Anteil der in einem früheren Veranlagungszeitraum für das Fahrzeug geleisteten Leasingsonderzahlung berücksichtigen.
Ob dies tatsächlich rechtmäßig ist, wird abschließend der Bundesfinanzhof in der vorliegenden Anhängigkeit unter dem Aktenzeichen VIII R 26/20 zu klären haben.
Hintergrund ist der Fall eines Unternehmers, der seinen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. Dies bedeutet auch, dass insoweit das sogenannte Zufluss- und Abflussprinzip gilt. Dies bedeutet wiederum, dass unabhängig von der wirtschaftlichen Veranlassung von Betriebsausgaben, diese im Jahr des Abflusses steuermindernd berücksichtigt werden.
Im Urteilsfall hatte der Kläger ein Kraftfahrzeug geleast, für welches er außerhalb des Streitzeitraums eine erhebliche Leasingsonderzahlung in Höhe von 40 % des Kaufpreises geleistet hatte. Vollkommen unstrittig war im Sachverhalt, dass das Fahrzeug zu mehr als 50 % betrieblichen Zwecken diente. Ein Fahrtenbuch lag jedoch nicht vor, weshalb der private Nutzungsanteil nach der sogenannten Ein-Prozent-Regelung entsprechend der gesetzlichen Vorschrift in § 6 Abs. 1 Nummer 4 EStG ermittelt wurde.
Rechnerisch kam der Kläger dabei zu dem Schluss, dass die sogenannte Kostendeckelung die Ein-Prozent-Regelung begrenzt. Bei der Kostendeckelung handelt es sich um eine Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung, wonach der private Nutzungsanteil nur maximal in Höhe der tatsächlichen Gesamtkosten des Pkws im Veranlagungszeitraum angesetzt wird.
Der Kläger kam insbesondere deshalb zur Kostendeckelung, weil er die geleistete Leasingsonderzahlung (welche außerhalb des Veranlagungszeitraums geleistet wurde) bei der Ermittlung seiner Gesamtkosten nicht berücksichtigte. Im Rahmen einer Betriebsprüfung forderte das Finanzamt nun, dass für die sogenannte Kostendeckelung auch die geleistete Leasingsonderzahlung anteilig über den Leasingvertrag zu berücksichtigen sei und änderte dementsprechend den Gewinn, da somit der private Nutzungsanteil erhöht wurde.
Hiergegen richtete sich schließlich der Kläger durch Einlegung der erstinstanzlichen Klage beim Finanzgericht Schleswig-Holstein. Dieses kam jedoch mit Entscheidung vom 26.8.2020 unter dem Aktenzeichen 5 K 294/18 zu dem Schluss, dass die Auffassung der Finanzverwaltung richtig ist. Die von der Finanzverwaltung im Rahmen der sogenannten Kostendeckelung getroffene Auslegung des Begriffs der „tatsächlich entstandenen Aufwendungen“, also der Gesamtkosten, als nicht rein steuerrechtlichen, sondern darüber hinaus wirtschaftlichen Begriff zu sehen, begegnete bei den erstinstanzlichen Richtern keinerlei Bedenken. Konkret urteilten sie sogar: Die Anwendung des Zufluss- bzw. Abflussprinzips des § 11 EStG bei der Kostendeckelung hinsichtlich einer Leasingsonderzahlung widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz und dem Grundsatz der Gesamt- und Totalgewinngleichheit.
Ob diese Entscheidung tatsächlich richtig ist, wird nun noch der Bundesfinanzhof, wie eingangs schon gesagt, zu klären haben. Betroffenen sei daher dringend geraten, sich an das entsprechende Musterverfahren anzuhängen, auch wenn derzeit noch niemand sagen kann, wie hier die Chancen stehen.
8. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Zur Überlassung eines Job-Tickets als lohnsteuerpflichtiger Sachbezug
In einem Fall vor dem Finanzgericht Hessen ging es um die Frage, ob die verbilligte Überlassung eines Job-Tickets zum lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn gezählt werden muss. Die Streitfrage hatte dabei folgenden Hintergrund: Bei einem Unternehmen entstand durch eine erhöhte Mitarbeiterzahl auf den von den Unternehmen unterhaltenen Parkplätzen eine extreme Parkplatznot. Die Folge: Das Unternehmen arbeitete ein Parkraumbewirtschaftungskonzept aus. Dies endete mit dem Ergebnis, dass ein Gesamtkonzept für Mobilität erforderlich sei. Dieses mündete hinsichtlich der Beschäftigten der Klägerin in einer Mobilitätskarte, welche zwei Bestandteile umfasste: Zum einen kostenloses Parken auf den Parkplätzen, zum anderen ein ÖPNV-Ticket, also ein Job-Ticket. Damit wollte man mehr Mitarbeiter für die Nutzung des ÖPNV gewinnen und so die Parkplatzsituation entspannen. Vor diesem Hintergrund nahm das Unternehmen mit dem örtlichen ÖPNV-Betrieb Kontakt auf und handelte Konditionen für ein entsprechendes Job-Ticket aus. Die so ausgehandelten niedrigeren Preise wurden seitens des Unternehmens komplett an die Arbeitnehmer weitergegeben, worin das Finanzamt einen geldwerten Vorteil sehen wollte und die Hand aufhielt.
Hinweis: Die Steuerbefreiung des § 3 Nummer 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) greift im vorliegenden Fall nicht, da der Vorteil nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wurde, sondern der von den Mitarbeitern zu zahlende vergünstigte Preis für das Job-Ticket monatlich über die Lohnabrechnung eingezogen wurde.
Nun neigt man zu dem Reflex, dass dann die Pauschalversteuerung für Job-Tickets zum Einsatz kommt, jedoch müsste man sich zuvor überhaupt mal die Frage stellen, ob überhaupt Arbeitslohn gegeben ist.
Zu den lohnsteuerpflichtigen Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit gehören nämlich alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. Hierzu zählen neben Gehältern, Löhnen, Gratifikationen und Tantiemen auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Dabei ist es gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht oder unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie gewährt werden.
Zu diesen Einnahmen zählen auch Sachbezüge, wie Wohnung, Kost, Waren, Dienstleistungen und sonstige Sachbezüge. Ein Sachbezug liegt auch vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern den Anspruch, eine Sach- und Dienstleistung beziehen zu können, einräumt, wie der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 11.11.2010 unter dem Aktenzeichen VI R 42/10 dargelegt hat. Allerdings muss die Zuwendung einen wirtschaftlichen Wert haben und darf nicht bloß einen ideellen Vorteil darstellen. Entscheidend für die Bejahung eines geldwerten Vorteils durch den verbilligten oder unentgeltlichen Sachbezug ist, dass ein objektiver Betrachter aus der Sicht des Empfängers einen geldwerten Vorteil im Sinne einer objektiven Bereicherung bejahen würde. In der Folge können auch Preisvorteile und Rabatte Dritter Arbeitslohn sein.
Diese Bereicherung, also der Sachbezug, muss den Arbeitnehmern auch „für“ ihre Arbeitsleistung gewährt worden sein. Nach ständiger Rechtsprechung werden Bezüge oder Vorteile für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind. So beispielsweise die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 30.5.2001 unter dem Aktenzeichen VI R 159/99.
Nicht erforderlich ist es in diesem Zusammenhang, dass sie eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers sind. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist vielmehr zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, das heißt, wenn die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zufließt.
Auch Preisvorteile und Rabatte, die Arbeitnehmer von Dritten erhalten, sind nur dann Lohn, wenn sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen, wie der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 18.10.2012 unter dem Aktenzeichen VI R 64/11 bereits einmal herausgearbeitet hat. Dies bedeutet auch, dass ein überwiegend eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten die Annahme von Arbeitslohn in der Regel ausschließt.
Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzung könnte für das Vorliegen eines geldwerten Vorteils der Umstand sprechen, dass der Arbeitgeber an der Verschaffung des Preisvorteils aktiv mitgewirkt hat. Diese Auffassung wird jedenfalls seitens der Finanzverwaltung vertreten, wie aus dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 29.9.1993 hervorgeht. Eine aktive Mitwirkung wird von der Verwaltung insbesondere dann angenommen, wenn der Arbeitgeber für den Dritten Verpflichtungen übernommen hat. Diese Voraussetzung ist jedoch im Streitfall nicht erfüllt. Zum einen ist das Unternehmen für die Ausgabe der Tickets zuständig. Es hat von dem ÖPNV-Betrieb die entsprechenden Fahrkarten-Rohlinge erhalten und teilt diese an die Mitarbeiter aus. Zum anderen obliegt dem Unternehmen im Verhältnis zum ÖPNV-Betrieb die Bezahlung der Job-Tickets.
Die vorstehend dargelegte Rechtsauffassung, wonach die aktive Mitwirkung des Arbeitgebers an der Rabattgewährung durch Dritte zum Vorliegen eines Sachbezug führt, wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ausnahmslos geteilt, wie aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18.10.2012 unter dem Aktenzeichen VI R 64/11 hervorgeht. Danach gehören Preisvorteile, die ein Dritter Arbeitnehmern einräumt, nicht allein deshalb zum Arbeitslohn, weil der Arbeitgeber an der Verschaffung der Rabatte mitgewirkt hat. Zwar könne die Mitwirkung des Arbeitgebers an Preisvorteilen, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt würden, den Schluss zulassen, dass die Drittzuwendung wirtschaftlich betrachtet Arbeitslohn sei. Dieses Ergebnis ist aber nicht zwingend. Entscheidend kommt es darauf an, ob die Zuwendung des Dritten Prämie oder Belohnung für eine Leistung darstelle, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber erbringe, wie die obersten Finanzrichter der Republik in der vorgenannten Entscheidung herausgearbeitet haben.
Bei Übertragung dieser Rechtsprechung auf den Streitfall, ist im Hinblick auf das überlassene Job-Ticket nicht vom Vorliegen eines steuerpflichtigen Sachbezug auszugehen. Das Job-Ticket stellt schlicht keine Prämien oder Belohnung für eine Leistung dar, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber erbringt. Dabei ist insbesondere der Geschehensablauf, der zum Entstehen des Doppel-Tickets geführt hat, zu berücksichtigen.
Ein weiteres wichtiges Kriterium, das vorliegend die Annahme eines steuerpflichtigen Sachbezug verhindert hat, ist die Tatsache, dass der ÖPNV-Betrieb ein nicht unerhebliches eigenes wirtschaftliches Interesse daran hatte, die gewählte Tarifkonstruktion umzusetzen. Der ÖPNV-Betrieb war daran interessiert, sich den attraktiven Kundenkreis der Beschäftigten des klagenden Unternehmens zu erhalten oder zu erschließen. Dafür sprechen im vorliegenden Fall die Tarifkonstruktion und Kalkulation des Job-Tickets. Auch unter diesem Gesichtspunkt stellt sich das mit dem Jobticket verbundene verbilligte Beförderungsentgelt für die Arbeitnehmer nicht als Frucht ihre Arbeitsleistung dar. Es handelt sich vielmehr um einen positiven Reflex aus einem zwischen dem Unternehmen und dem ÖPNV-Betrieb geschlossenen Vertrag. Die verbilligte Ticketüberlassung durch den ÖPNV-Betrieb stellt keine Gegenleistung für eine Tätigkeit dar, die der jeweilige Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für die Klägerin erbringt.
Folglich kommt das Finanzgericht Hessen in seiner Entscheidung vom 25.11.2020 unter dem Aktenzeichen 12 K 2283/17 zu dem Schluss, dass die Überlassung eines Doppel-Tickets im Rahmen einer sogenannten Mobilitätskarte, die in erster Linie auf die Beseitigung der Parkplatznot auf den vom Arbeitgeber unterhaltenen Parkplätzen gerichtet ist, keinen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug darstellt.
Hinweis: Obwohl das erstinstanzliche Finanzgericht keinen Grund für die Zulassung einer Revision gesehen hat, war die Finanzverwaltung offensichtlich derart erzürnt, dass die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI B 5/21 eingelegt wurde. Es bleibt schon fast zu hoffen, dass der Bundesfinanzhof diese Nichtzulassungsbeschwerde auch annimmt und den Fall abschließend klärt, da diese Entscheidung dann auch erhebliches Gestaltungspotenzial für die Praxis beinhalten würde. Über die Entscheidung des Bundesfinanzhofs werden wir daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder berichten.
9. Für Vermieter: Besteuerung von Mieteinnahmen beim Ausbleiben dieser aufgrund der Coronakrise
Auf Bund-/Länderebene ist die Verfahrensweise zur Besteuerung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beim Ausbleiben von entsprechenden Mieteinnahmen aus der Vermietung von Objekten beraten worden, wenn das Ausbleiben der Mieteinnahmen aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise besteht. Die in diesem Gremium ausgearbeiteten Grundsätze wurden seitens der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen in deren Erlass vom 2.12.2020 veröffentlicht.
Danach gilt folgendes: Erlässt der Vermieter der Wohnung aufgrund einer finanziellen Notsituation des Mieters die Mietzahlung zeitlich befristet ganz oder teilweise, führt dies grundsätzlich nicht zu einer Veränderung der vereinbarten Miete und hat folglich auch keine Auswirkung auf die bisherige Beurteilung des Mietverhältnisses im Rahmen der Frage rund um die verbilligte Vermietung im Sinne der Regelung des § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Insbesondere wird hierdurch nicht erstmalig der Anwendungsbereich der Regelung der verbilligten Vermietung eröffnet. Insoweit muss sich der Vermieter daher keine Gedanken machen, dass der jährliche Mietzins nun nicht mehr dem ortsüblichen Mietzins entspricht. Erfüllte hingegen das Mietverhältnis bereits vor dem ganzen oder teilweisen Mieterlass die Tatbestandsvoraussetzung für die Kürzung des Werbungskostenabzugs entsprechend der Regelung rund um die verbilligte Vermietung, verbleibt es dabei. Eine weitere Kürzung aufgrund des Mieterlasses ist hingegen nicht vorzunehmen.
Neben der Frage rund um die verbilligte Vermietung hat die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen auch noch zur Frage der Einkünfteerzielungsabsicht Stellung genommen. Denn auch dieser Problembereich könnte grundsätzlich betroffen sein. Dazu gilt folgendes:
Erlässt der Vermieter der im Privatvermögen gehaltenen und nicht Wohnzwecken dienenden Immobilie aufgrund einer finanziellen Notsituation des Mieters die Mietzahlung zeitlich befristet ganz oder teilweise, führt dies nicht ohne weiteres zu einem erstmaligen Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht des Vermieters für dessen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. War hingegen für das Mietverhältnis bereits vor dem ganzen oder teilweisen Mieterlass das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht zu verneinen, verbleibt es bei dieser Entscheidung. Irrelevant für die vorgenannte Vorgehensweise ist hingegen, ob es sich um ein Mietverhältnis oder ein Pachtverhältnis handelt, sodass die Regelung ebenso auf Pachtverhältnisse anzuwenden ist.
Hinweis: Insgesamt hat die Finanzverwaltung hier im Billigkeitswege sehr positive Regeln aufgestellt. Leider ist es häufig so, dass die eigenen Finanzbeamten länger brauchen als die steuerberatende Zunft, entsprechende Verwaltungsanweisung zu kennen. Betroffene Steuerpflichtige sollten daher nicht zögern, in entsprechenden Problemfällen auf die oben genannte Verwaltungsanweisung der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen hinzuweisen.
10. Für Eltern und Kinder: Kindergeld für ein erkranktes Kind
Mit Urteil vom 31.7.2018 hat das Finanzgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 6 K 292/17 zu einem Fall Stellung genommen, in dem ein Kind erkrankt war, welches sich in der Folge aus gesundheitlichen Gründen nicht um ein Arbeitsplatz bemühen kann. In dem Streitfall ging es um die Frage, ob auch für ein solches Kind ein Kindergeldanspruch besteht.
In der zuvor genannten Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg kam dieses zu folgendem Schluss: Ist ein Kind ausbildungswillig, aber zeitweise wegen einer Erkrankung nicht in der Lage, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen, ist es ebenso zu behandeln wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb aufgrund der Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen ist. Damit wendet sich das Finanzgericht Hamburg gegen eine Dienstanweisung der Familienkasse. Insoweit ist es ausweislich der Meinung der hanseatischen Richter eben nicht erforderlich, dass eine Erklärung des Kindes, aus der sich ergibt, dass das Kind plant, sich nach seiner Genesung zum nächstmöglichen Ausbildungsbeginn zu bewerben, bereits vorab vorgelegt wird. Ebenso sieht es das erstinstanzliche Gericht als nicht schädlich an, dass das voraussichtliche Ende der Erkrankung zunächst vom Arzt nicht mitgeteilt wurde. Unter dem Strich eine zu begrüßende Entscheidung.
Leider ist ganz aktuell diese positive Entscheidung des Finanzgerichtes Hamburg seitens des Bundesfinanzhofs verworfen worden. Daher gilt nun: Kindergeld wird nur für ein Kind gewährt, dass das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und das eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.
Kinder, die einen Ausbildungsplatz suchen, sollen mit denen, die bereits einen Ausbildungsplatz gefunden haben, gleichgestellt werden Dies setzt voraus, dass der Beginn der Ausbildung nicht an anderen Umständen als dem Mangel des Ausbildungsplatz scheitert, wie beispielsweise der Bundesfinanzhof schon in seiner Entscheidung vom 7.4.2011 unter dem Aktenzeichen III R 24/08 klargestellt hat. Dabei ist zwar grundsätzlich jeder Ausbildungswunsch des Kindes zu berücksichtigen, seine Verwirklichung darf jedoch nicht an den persönlichen Verhältnissen des Kindes scheitern. Das Kind muss die Ausbildungsstelle im Falle des Erfolgs seiner Bemühungen antreten können, wie der Bundesfinanzhof auch schon in seiner Entscheidung vom 15.7.2003 unter dem Aktenzeichen VIII R 79/99 herausgearbeitet hat und was mittels Urteils vom 27.9.2012 unter dem Aktenzeichen III R 70/11 bestätigt wurde.
In der Person des Kindes liegende Gründe, welche der Aufnahme einer Berufsausbildung entgegenstehen, liegen insbesondere dann vor, wenn ein Kind nicht die Voraussetzungen für den angestrebten Studiengang erfüllt oder wenn ausländerrechtliche Gründe einer Berufsausbildung entgegenstehen. Ein Kind ist auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn es seine Ausbildung wegen Übergewichts nicht antreten konnte, wie der Bundesfinanzhof in einem Beschluss vom 8.11.1999 unter dem Aktenzeichen VI B 322/98 herausgearbeitet hatte. Für den Bezug von Kindergeld ist es ausnahmsweise unschädlich, wenn das Kind wegen der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz an der Aufnahme einer Berufsausbildung gehindert ist.
Fälle, in denen ein Kind aus Gesundheitsgründen dauerhaft gehindert ist, eine Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit aufzunehmen und deshalb unterhaltsberechtigt ist, werden durch die gesetzliche Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nummer 3 EStG gesetzlich typisiert. Hiernach ist ein Kind zu berücksichtigen, dass wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, sofern die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
Daher kommen die obersten Finanzrichter der Republik in ihrer aktuellen Entscheidung vom 12.11.2020 unter dem Aktenzeichen III R 49/18 zu dem Schluss, dass entgegen der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Finanzgerichts in Fällen, in denen ein Kind aus Krankheitsgründen gehindert ist, einen Ausbildungsplatz zu suchen oder in denen derartige Bemühungen angesichts der Erkrankung sinnlos wären, die allgemeine Ausbildungsfähigkeit, die auf eine in der Zukunft zu Beginn der Berufsausbildung gerichtet ist, nicht ausreicht. Vielmehr muss das Ende der Erkrankung absehbar sein. Dementsprechend hat bereits die Rechtsprechung zur Unterbrechung der Ausbildungsplatzsuche auf die regelmäßig auf 14 Wochen beschränkten Fristen nach dem Mutterschutzgesetz hingewiesen. Allerdings hat die Rechtsprechung bisher die Frage offen gelassen, ab welcher Zeitdauer die Erkrankung eines Kindes dessen Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c EStG ausschließt.
Dementsprechend kommen die obersten Finanzrichter der Republik vorliegend zu dem Schluss, dass ein Kind unter 25 Jahren, dass wegen einer Erkrankung eine Berufsausbildung nicht beginnen kann, nur dann als ausbildungsplatzsuchendes Kind zu berücksichtigen ist, wenn das Ende der Erkrankung absehbar ist. Ist dieses nicht absehbar, reicht der Wille des Kindes, sich nach dem Ende der Erkrankungen um einen Ausbildungsplatz zu bemühen, nicht aus. So war es auch im vorliegenden Fall, da die Zeit bis zur Aufnahme einer künftigen Berufsausbildung keine Frage von Wochen oder Monaten war. Denn sowohl der behandelnde Arzt als auch der behandelnde Psychologe gaben im finanzgerichtlichen Verfahren an, dass die Ausbildungsfähigkeit des Kindes nicht absehbar gewesen sei.
Ausweislich der Entscheidung der obersten Finanzrichter der Republik bleibt in solchen Fällen dann nur noch zu prüfen, ob eine Berücksichtigung als behindertes Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nummer 3 EStG möglich ist.