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Mandantenbrief 08/2021
- Für alle Steuerpflichtigen: Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste
- Für alle Steuerpflichtigen: Schenkungsteuer bei Einladung zu einer Weltreise
- Für alle Steuerpflichtigen: Doppelbelastung von Stückzinsen mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer
- Für Unternehmer: Zwingende Nachversteuerung nicht entnommener Gewinne im Falle eines sogenannten Entnahmeüberhangs
- Für Immobilieneigentümer: Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden
- Für Ferienheim-Besitzer: Ortsübliche Vermietungszeit für eine Ferienwohnung
- Für Unternehmer: Verwendung einer Excel-Tabelle führt nicht zwingend zu einem Mangel der Kassenführung! Auch geringfügige Mängel berechtigen nicht zur Hinzuschätzung!
- Für Ehegatten: Zu den Anforderungen an die steuerliche Anerkennung eines geringfügigen Ehegattenarbeitsverhältnisses
- Für Unternehmer: Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Bilanz
- Für Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft: Verdeckte Gewinnausschüttung schon bei lediglich unentgeltlicher Nutzungsmöglichkeit einer GmbH-Immobilie?
1. Für alle Steuerpflichtigen: Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste
Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 hat der Gesetzgeber die Besteuerung von Kapitalanlagen zum 1.1.2009 grundlegend neu gestaltet. Durch die Zuordnung von Gewinnen aus der Veräußerung von Kapitalanlagen (insbesondere Veräußerung von Aktien) zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (zuvor sonstige Einkünfte im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäftes) unterliegen die dabei realisierten Gewinne und Verluste nunmehr in vollem Umfang und unabhängig von einer Haltefrist der Besteuerung, wenn sie nach dem 31.12.2008 erworben wurden.
Insbesondere Veräußerungsgewinne und Veräußerungsverluste aus Aktien unterliegen seitdem der Abgeltungsteuer, wenn die Aktien dem Privatvermögen zuzuordnen sind und der Veräußerer am Kapital der Gesellschaft nicht innerhalb der letzten fünf Jahre unmittelbar oder mittelbar zu mindestens einem Prozent beteiligt war.
Eben weil seitdem Aktiengewinne und Aktienverluste und die übrigen Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungsteuer unterliegen, hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass Verluste aus Kapitalvermögen nicht mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und von diesen auch nicht im Zuge des Verlustrücktrages abgezogen werden dürfen. Verluste aus Kapitalvermögen mindern innerhalb der zum gesonderten Tarif (Abgeltungsteuer) zu besteuernden Kapitaleinkünfte jedoch dann auch nur diejenigen Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Steuerpflichtige im Verlustentstehungsjahres und in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Kapitalvermögen erzielt. Ein Verlustrücktrag ist ausgeschlossen.
Von dieser Verlustverrechnung innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen gibt es jedoch Ausnahmen. So dürfen Verluste, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, nicht mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden. Lediglich eine Verrechnung mit gleichartigen Gewinnen, die aus der Veräußerung von Aktien stammen, ist möglich. Insoweit unterliegen Verluste aus Aktienveräußerungen einer gesonderten Verlustverrechnungsbeschränkung.
Sinn und Zweck dieser Regelung ist nach der Gesetzesbegründung die Verhinderung von durch Spekulationsgeschäfte bedingten, abstrakt drohenden qualifizierten Haushaltsrisiken, wie der seinerzeitigen Bundestagsdrucksache zu entnehmen ist: Die Verrechnung von Verlusten aus Aktienveräußerungen mit anderen positiven Kapitaleinkünften berge bei erheblichen Kursstürzen die Gefahr erheblicher Steuermindereinnahmen. Insoweit wurde die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber aufgrund seiner Verantwortung für verfassungsgemäße öffentliche Haushalte befugt ist, den mit den Aktienmärkten verbundenen spekulationsbedingten Risiken für die öffentlichen Haushalte durch die Einführung einer speziellen Verlustverrechnungsbeschränkung vorzubeugen.
Diese Begründung für das Verlustverrechnungsverbot bei Verlusten aus der Aktienveräußerung hält der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs jedoch für Makulatur. Konkret macht der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 17.11.2020 unter dem Aktenzeichen VIII R 11/18 klar, dass er die Regelung für verfassungswidrig hält. Die obersten Finanzrichter der Republik erkennen insoweit einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, als Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien, nicht aber mit anderen Kapitaleinkünften, verrechnet werden dürfen.
Insoweit ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Dieses Normenkontrollverfahren ist aktuell unter dem Aktenzeichen 2 BvL 3/21 anhängig.
Tipp: Insbesondere solange hinsichtlich des nun anhängig gewordenen Normenkontrollverfahrens noch kein Vorläufigkeitsvermerk in die Einkommensteuerbescheide aufgenommen wird, sollten Kapitalanleger mit Aktienverlusten und positiven Einkünften aus anderen Kapitalanlagen Einspruch gegen den eigenen Einkommensteuerbescheid einlegen und unter Verweis auf das vorliegende Normenkontrollverfahren beim Bundesverfassungsgericht die eigene Verfahrensruhe beantragen.
2. Für alle Steuerpflichtigen: Schenkungsteuer bei Einladung zu einer Weltreise
Es gibt Steuerstreitigkeiten, die fallen wegen ihrer Kuriosität auf. So war es bei dem vorliegenden Fall schon bei der erstinstanzlichen Entscheidung im Jahr 2018. Aktuell hat der Bundesfinanzhof entschieden, jedoch nicht weniger kurios. Das Besondere daran: Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs geht inhaltlich in eine ganz andere Richtung, wobei zumindest steuerlich das gleiche Ergebnis herauskommt.
Am besten stellt man solche Steuerstreitigkeiten anhand des individuellen Sachverhalts dar: Im Urteilsfall hatte ein sehr vermögender Kläger seine Lebensgefährtin auf eine fünfmonatige Luxus-Weltreise auf einem Kreuzfahrtschiff eingeladen. Die beiden residierten in einer Luxuskabine, die unter dem klangvollen Namen Penthouse Grand Suite mit Butler Service bekannt war. Die Kosten für diese Luxusreise beliefen sich insgesamt auf rund eine halbe Million Euro. Der vermögende Steuerpflichtige und spätere Kläger war extrem steuerehrlich, sodass er noch während der Reise das Finanzamt über den Sachverhalt informierte und um eine entsprechend schenkungsteuerrechtliche Einschätzung bat.
Wie nicht anders zu erwarten, reagierte das Finanzamt, indem es die Abgabe einer Schenkungsteuererklärung einforderte. Dem kam unser vermögender Kläger auch nach und erklärte in der abgegebenen Schenkungsteuererklärung eine Schenkung von rund 25.000 Euro. Dieser im Vergleich zu den Gesamtkosten der Reise von rund einer halben Million geringe Betrag entfiel im Wesentlichen auf Anreisekosten der Lebensgefährtin und ihren Kostenanteil für Ausflüge und Verpflegung.
Wie ebenfalls nicht anders zu erwarten, folgte das Finanzamt natürlich dieser Schenkungsteuererklärung nicht und erließ demgegenüber Bescheide, die als steuerpflichtigen Erwerb die hälftigen Gesamtkosten zuzüglich der dafür übernommenen Schenkungsteuer bezifferten. Unter dem Strich wollte der Fiskus so rund 100.000 Euro Schenkungsteuer einsacken.
Dagegen erhob unser vermögender und spendabler Steuerpflichtiger Klage beim zuständigen Finanzgericht Hamburg. Und als ob der Sachverhalt an sich nicht schon kurios genug wäre, kam das erstinstanzliche Finanzgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 12.6.2018 unter dem Aktenzeichen 3 K 77/2 17 zu einer kuriosen, allerdings auch sehr erfreulichen Entscheidung.
Die erstinstanzlichen Richter vertraten nämlich unter dem Strich die Auffassung, dass die Einladung zur Kreuzfahrt überhaupt keine Schenkungsteuer auslöst: Zum einen fehle es an der erforderlichen Bereicherung der beschenkten Lebensgefährtin. Zum anderen sei die Schenkung daran geknüpft, dass die Lebensgefährtin den vermögenden Kläger auch begleitet. Insoweit erkannten die hanseatischen Finanzrichter im Ergebnis nur eine Gefälligkeit und verwiesen darauf, dass eine Vermögensverfehlung auch nicht durch den Verzicht auf einen Wertausgleich erfolgte. Schließlich handelt es sich um absolute Luxusaufwendungen, die die Lebensgefährtin sonst nicht aufgewendet hätte. Da im Ergebnis durch das Erleben der Reise das Vermögen der Lebensgefährtin auch nicht vermehrt wurde, verneinten die Richter überhaupt das Vorhandensein einer Schenkung.
Allerdings sahen sich die erstinstanzlichen Richter aus Hamburg gezwungen, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen. Der Grund: Bisher war noch nie höchstrichterlich geklärt worden, ob die Verschaffung von entsprechenden Reiseleistungen oder einfach gesagt das Mitnehmen auf eine Reise im Fall des gemeinsamen Konsums eine Schenkung sein kann oder nicht. Im Hinblick auf diese Frage war daher die Entscheidung des Bundesfinanzhofs mit Spannung erwartet worden.
Leider hat der Bundesfinanzhof diese Frage jedoch nicht beantwortet, sondern den Sachverhalt über das Verfahrensrecht gelöst. So lautet der Leitsatz der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16.9.2020 unter dem Aktenzeichen II R 24/18: Mehrere Steuerfälle erfordern grundsätzlich entweder eine Festsetzung in getrennten Steuerbescheiden oder —bei körperlicher Zusammenfassung in einem Schriftstück— die genaue Angabe, welche Lebenssachverhalte (Besteuerungstatbestände) dem Steuerbescheid zugrunde liegen, sowie eine gesonderte Steuerfestsetzung für jeden einzelnen Lebenssachverhalt (Steuerfall).
Zugegebenermaßen kann man selbst bei Kenntnis des Sachverhaltes mit diesem Leitsatz zunächst nicht viel anfangen. Der Knackpunkt an der Sache ist jedoch schnell erläutert. Wie oben dargelegt, hatte das Finanzamt schlicht die Gesamtkosten der Weltreise halbiert (jedenfalls ungefähr) und dies in einem Schenkungsteuerbescheid mit dem Schenkungsgegenstand Weltreise zusammengefasst. Mit Blick auf diese Zusammenfassung kommen die obersten Finanzrichter der Republik jedoch zu dem Schluss, dass der Bescheid über die Schenkungsteuer insoweit nicht hinreichend bestimmt und damit nichtig ist.
Das Finanzamt hat schlicht der Besteuerung zu Unrecht eine einheitliche Schenkung zugrunde gelegt. Der Grund: Konkret handelt es sich im Streitfall bei der Übernahme der Kosten für die Kabine und die auf dem Bordkonto gebuchten Leistungen jeweils um einzelne und voneinander zu unterscheidende selbstständige Schenkungen. Eine Trennung dieser selbstständigen Schenkungen oder zumindest eine Aufklärung in einem Schenkungsteuerbescheid ist schon deshalb unumgänglich, weil jede Schenkung einzeln geprüft werden muss. So etwa im Hinblick auf etwaige Steuerbefreiungen. Tatsächlich ist es im vorliegenden Fall nicht mal so unwahrscheinlich, dass einige dieser Zuwendungen als Gelegenheitsgeschenke schlicht steuerfrei sind. Insoweit muss jede einzelne Leistung darauf hin überprüft werden, ob es sich überhaupt um einen schenkungsteuerlichen Vorgang handelt oder ob gegebenenfalls entsprechende Steuerbefreiungen greifen können.
Auch gilt es zu bedenken, dass die Weltreise über einen Zeitraum von fünf Monaten stattgefunden hat. Die meisten Zuwendungen sind tatsächlich über das Bordkonto taggenau abzurechnen, was auch im Sinne der Schenkungsteuer notwendig ist, da nur so der Zehn-Jahres-Zeitraum mit Blick auf den Freibetrag ermittelt werden kann.
Erheblich ist auch, ob sämtliche Aufwendungen von einem einheitlichen Schenkungsversprechen umfasst gewesen waren. Selbst wenn dies nämlich der Fall gewesen wäre, hätten sie nicht in einem Bescheid zusammengefasst werden dürfen.
Weil der Bundesfinanzhof insoweit überhaupt nicht klären musste, ob in der Einladung zu der Reise schon eine Schenkung gegeben war, ist diese Frage schließlich offen geblieben. Leider offen geblieben, muss man sagen. Eine abschließende höchstrichterliche Prüfung dieser Fragestellung muss daher an anderer Stelle erfolgen. In der Literatur sind jedoch Aussagen zu finden, die zumindest Zweifel daran äußern, dass überhaupt eine Schenkung vorgelegen hat. Das Besondere daran: Bei einem Autor handelt sich um Professor Dr. Matthias Lohse, welcher seinerseits als Richter des II. Senats an der vorliegenden Entscheidung beteiligt gewesen ist.
3. Für alle Steuerpflichtigen: Doppelbelastung von Stückzinsen mit Erbschaftsteuer und Einkommensteuer
Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 17.2.2021 (Az. 7 K 3409/20 AO) entschieden, dass es nicht unbillig ist, Stückzinsen bei der Veräußerung ererbter Investmentanteile mit dem Abgeltungsteuersatz zu belasten, wenn diese auf einen Zeitraum vor dem Erbfall entfallen und daher bereits der Erbschaftsteuer unterlegen haben.
Der Sachverhalt verdeutlicht die Problematik und das ungeheuerliche Ergebnis der Rechtsprechung: Der Kläger erbte Investmentanteile an einem thesaurierenden Geldmarktfonds. Diese Anteile wurden mit einem Wert von ca. 120.000 Euro der Erbschaftsteuer unterworfen. Circa vier Jahre später veräußerte der Steuerpflichtige die Wertpapiere zu einem Kurswert von ca. 115.000 Euro.
Nach der Steuerbescheinigung der Sparkasse waren im Veräußerungserlös Stückzinsen in Höhe von ca. 35.000 Euro enthalten. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger geltend, dass aufgrund des gefallenen Kurses die Stückzinsen auf einen Zeitraum vor dem Erbfall entfielen. Die anteilige Erbschaftsteuerbelastung hierauf betrage 30% (was im vorliegenden Fall 10.500 Euro entsprach), sodass die Einkommensteuer nach § 35b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu ermäßigen sei.
Ausweislich der Regelung in § 35b EStG gilt: Sind bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, so wird auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer, die auf diese Einkünfte entfällt, ermäßigt.
Im vorliegenden Fall wendete das Finanzamt die Norm des § 35b EStG jedoch nicht an. Vielmehr unterwarf das Finanzamt die Stückzinsen dem Abgeltungsteuersatz von 25% und berücksichtigte keine Steuerermäßigung, weil diese nur für die tarifliche Einkommensteuer gelte.
Der Einkommensteuerbescheid wurde bestandskräftig, nachdem der Kläger auf Hinweis des Gerichts die hiergegen erhobene Klage zurückgenommen hatte. Anschließend beantragte der Kläger eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen und führte hierfür die Doppelbelastung der Stückzinsen an, die mit 30% Erbschaftsteuer und 25% Abgeltungsteuer über dem Spitzensteuersatz liege.
Spätestens seit Einführung der Abgeltungsteuer seien Erbschaft- und Einkommensteuergesetz nicht hinreichend aufeinander abgestimmt. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab und verwies auf die eindeutige gesetzliche Regelung in § 35b EStG, der nur die tarifliche Einkommensteuer erfasse, sowie auf die Möglichkeit der Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG.
Auch wenn es vorliegend zu einer Besteuerung unter dem Strich von 55% gekommen ist, hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster in der vorliegenden Entscheidung die Klage abgewiesen.
Der Umstand, dass die Steuerermäßigung nach § 35b EStG auf Kapitaleinkünfte, die dem Abgeltungsteuersatz unterliegen, nicht anwendbar sei, sei nach seiner Auffassung nicht sachlich unbillig. Es könne schlicht nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen hätte, wenn er diese Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte.
Zudem ergebe sich aus der gesetzlichen Systematik, dass die streitbefangenen Wertpapiere sowohl der Erbschaft- als auch der Einkommensteuer zu unterwerfen seien. Die aus der späteren Veräußerung resultierende Einkommensteuer sei nicht als Nachlassverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer abziehbar. Umgekehrt könne die Erbschaftsteuer als Personensteuer auch nicht bei der Einkommensteuer abgezogen werden.
Mit § 35b EStG habe der Gesetzgeber zwar die Doppelbelastung mit beiden Steuern abmildern wollen, habe dies aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Diese Abmilderung habe er (angeblich) bewusst auf die tarifliche Einkommensteuer beschränkt. Hierfür spricht nach Meinung der erstinstanzlichen Richter aus Münster, dass bei Einfügung des § 35b im Jahr 2008 das Unternehmenssteuerreformgesetz, mit dem die Abgeltungsteuer eingeführt wurde, bereits verabschiedet gewesen sei.
Außerdem solle mit § 35b EStG eine Doppelbelastung lediglich verringert und nicht vollständig ausgeschlossen werden. Bei Kapitaleinkünften, die dem Abgeltungsteuersatz unterliegen, falle die Doppelbelastung weniger stark ins Gewicht als bei anderen Einkünften. Zudem finde § 35b EStG bei einer positiv ausfallenden Günstigerprüfung Anwendung. Die Doppelbelastung führe auch nicht zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung, da es sich bei der Erbschaftsteuer einerseits und der Einkommensteuer andererseits um unterschiedliche steuerauslösende Tatbestände handele.
Gegen die Entscheidung haben die erstinstanzlichen Finanzrichter die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Aktuell ist nicht ersichtlich, ob diese auch eingelegt wurde, jedoch ist es sehr zu hoffen. Sollte es hier zu dem ersehnten Revisionsverfahren kommen, werden wir über dessen Ausgang sicherlich berichten.
4. Für Unternehmer: Zwingende Nachversteuerung nicht entnommener Gewinne im Falle eines sogenannten Entnahmeüberhangs
Unter dem Aktenzeichen VIII R 46/19 prüft der Bundesfinanzhof, ob eine Nachversteuerung bei der Thesaurierungsbegünstigung auch dann vorzunehmen ist, wenn nicht entnommene sogenannte Altgewinne aus Veranlagungszeiträumen vor Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung vorhanden sind. Konkret geht es dabei auch um die Rechtsfrage, ob eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend vorzunehmen ist, dass der Entnahmeüberhang auch mit regelbesteuerten Altgewinnen verrechnet werden kann.
Leider ist die Auffassung des erstinstanzlichen schleswig-holsteinischen Finanzgerichts in seiner Entscheidung vom 19.9.2019 unter dem Aktenzeichen 1 K 139/18 negativ. Insoweit ordnet das Gericht die Rechtslage wie folgt ein:
Entsprechend der Regelung in § 34a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist, sofern in dem zu versteuernden Einkommen nicht entnommenen Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit enthalten sind, die Einkommensteuer für diese Gewinne auf Antrag des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise mit einem Steuersatz von 28,25% zu berechnen.
Ziel dieser Regelung war es nach dem Willen des Gesetzgebers, Einzelunternehmer und Mitunternehmer mit ihren Gewinneinkünften in vergleichbarer Weise wie das Einkommen einer Kapitalgesellschaft tariflich zu belasten. Der Anteil des Gewinns aus einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil, den der Steuerpflichtige im Wirtschaftsjahr nicht entnommen hat, sollte auf Antrag nicht mehr dem höheren persönlichen progressiven Steuersatz des Steuerpflichtigen, sondern lediglich einen ermäßigten Steuersatz von besagten 28,25% (zuzüglich Solidaritätszuschlag) unterliegen.
Darüber hinaus war es aber auch Ziel dieser Tarifbegünstigungsvorschrift, dass „demjenigen Steuerpflichtigen eine Vergünstigung gewährt wird, der durch den Verzicht auf die private Verwendung von Gewinnen in seinem Betrieb erwirtschaftetes Kapital weiterhin zur Verfügung stellt und damit die Eigenkapitalbasis seines Unternehmens nachhaltig stärkt. Außerdem würden durch diese steuerliche Vergünstigung die Investitionsmöglichkeiten verbessert, ohne dass Fremdkapital in Anspruch genommen werden müsse“.
Soweit jedoch der begünstigte besteuerte Gewinn in späteren Jahren vom Steuerpflichtigen entnommen und damit die Eigenkapitalbasis des Unternehmens wieder geschwächt werde, entfalle der Begünstigungsgrund und es sei insoweit eine Nachversteuerung in Höhe von 25% vorzunehmen.
Wie und unter welchen Voraussetzungen die Nachversteuerung vorzunehmen ist, ist in § 34 a Abs. 3 und 4 EStG geregelt. Danach ist der Begünstigungsbetrag der im Veranlagungszeitraum auf Antrag begünstigte Gewinn. Die Regelung legt sodann fest, wie - ausgehend von dem Begünstigungsbetrag - der sogenannte „nachversteuerungspflichtige Betrag“ des Betriebes oder Mitunternehmeranteils zum Ende eines Veranlagungszeitraums zu ermitteln ist. Dieser nachversteuerungspflichtige Betrag ist dann für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil jährlich gesondert festzustellen.
§ 34 a Abs. 4 Satz 1 EStG bestimmt sodann, dass dann, wenn der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres bei einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil den ermittelten Gewinn übersteigt (Nachversteuerungsbetrag), vorbehaltlich des § 34 a Abs. 5 EStG eine Nachversteuerung durchzuführen ist, soweit zum Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums ein nachversteuerungspflichtiger Betrag festgestellt wurde. Die Einkommensteuer auf diesen Nachversteuerungsbetrag beträgt wie schon oben dargelegt 25% (§ 34 a Abs. 4 Satz 2 EStG).
Dementsprechend kommt das erstinstanzliche Finanzgericht zu dem Schluss: Aus dem Wortlaut der Regelung und dem systematischen Zusammenhang zu § 34 a Abs. 3 EStG ergibt sich, dass im Falle eines sogenannten Entnahmeüberhangs (Übersteigen des positiven Saldos der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres über den in diesem Jahr ermittelten Gewinn) zwingend eine Nachversteuerung vorzunehmen ist, soweit ein nachversteuerungspflichtiger Betrag zum Ende des vorangegangenen Zeitraums festgestellt wurde.
Anhaltspunkte für ein Wahlrecht des Betriebes oder Mitunternehmers, bei vorhandenen nicht entnommenen Altgewinnen aus vorangegangenen Jahren, für die die Tarifbegünstigung nach § 34 a Abs. 1 EStG nicht in Anspruch genommen wurde, eine Verrechnung des Entnahmeüberhangs zunächst mit diesen Gewinnen vorzunehmen und damit eine Nachversteuerung zu vermeiden, ergeben sich aus der gesetzlichen Regelung nicht.
Die Regelung verstößt daher nach Meinung der erstinstanzlicher Richter - auch bei vorhandenen thesaurierten Altgewinnen, für die eine Tarifbegünstigung nicht in Anspruch genommen wurde - weder gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) noch gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitende Gebot der Normenklarheit (Bestimmtheitsgebot).
In nächster Instanz wird jedoch wie eingangs gesagt der Bundesfinanzhof diese Aussagen des erstinstanzlichen Gerichts zu prüfen haben und sehr wahrscheinlich wird zu guter Letzt auch noch das Bundesverfassungsgericht ein Wörtchen mitzureden haben. Betroffene sollten sich daher ruhig auf das Musterverfahren berufen.
5. Für Immobilieneigentümer: Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden
Verwendet ein Unternehmer den für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. So äußert sich der Bundesfinanzhof in einer aktuellen Entscheidung vom 11.11.2020 unter dem Aktenzeichen XI R 7/20.
Was die obersten Finanzrichter hier mit einem etwas sperrigen Satzbau erklären, bedeutet nichts anderes, als dass die Vorsteuer nur insoweit abgezogen werden darf, als auch tatsächlich Vorsteuerabzugsumsätze realisiert werden. Dies ist nichts Neues, fraglich und immer wieder streitbefangen ist hingegen, wie dieses Verhältnis zu ermitteln ist.
Dazu der Bundesfinanzhof: Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Es ist dabei zunächst Sache des Unternehmers, welche Schätzungsmethode er wählt. Finanzbehörden und Finanzgerichte können aber nachprüfen, ob die Schätzung tatsächlich unter dem Strich sachgerecht ist.
Schon ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
Betrachtet man nun eine gemischt genutzte Immobilie, so wird man im Normalfall nur schwerlich darlegen können, dass keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Eine Flächenaufteilung wird meist möglich sein. Dies bedeutet unter dem Strich auch, dass grundsätzlich ein Umsatzschlüssel nicht angewendet werden kann. Wohlgemerkt grundsätzlich.
Zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden ist seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9.6.2016 unter dem Aktenzeichen C-332/14 und dem Nachfolge-Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10.8.2016 unter dem Aktenzeichen XI R 31/09 von folgenden Grundsätzen auszugehen:
Zunächst einmal werden die Vorsteuern in der ersten Phase direkt und unmittelbar zugeordnet. Werden beispielsweise Sanitäranlagen einer umsatzsteuerpflichtig vermieteten Einheit renoviert, kann dieser Aufwand dieser Einheit auch direkt zugeordnet werden und der Vorsteuerabzug kann vollständig stattfinden.
In einer zweiten Phase ist bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes im Regelfall grundsätzlich eine Vorsteueraufteilung nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel vorzunehmen. Bestehen aber erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume, soweit es um Flächen innerhalb eines Gebäudes geht, oder wenn eine Aufteilung nach den Flächenschlüssel aus sonstigen Gründen nicht präziser ist, sind die Vorsteuerbeträge nach einem objektbezogenen Umsatzschlüssel aufzuteilen. So auch bereits der Beschluss des BFH vom 27.3.2019 unter dem Aktenzeichen V R 43/17.
Vor diesem Hintergrund hat ganz aktuell der BFH in seiner oben bereits zitierten Entscheidung vom 11.11.2020 unter dem Aktenzeichen XI R 7/20 klargestellt, dass wenn bei gemischt genutzten Gebäuden erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume bestehen, die Vorsteuerbeträge nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel aufzuteilen sind.
Hinweis: Grundsätzlich muss man daher sagen, dass der Flächenschlüssel die erste Wahl bei der Aufteilung der Vorsteuer ist. Der Flächenschlüssel ist also der Grundsatz. Definitiv gibt es von diesem Grundsatz aber Ausnahmen, so beispielsweise wenn die verschiedenen Einheiten unterschiedlich ausgestattet sind. In diesen Fällen kommt regelmäßig auch ein Umsatzsteuerschlüssel zum Tragen, auch wenn sich die Finanzverwaltung häufig dagegen wehrt. Die Gegenwehr des Fiskus ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass gewerbliche Vermietungen häufig zu einem höheren Quadratmeterpreis stattfinden, sodass der Umsatzsteuerschlüssel unter dem Strich auch zu einem höheren Vorsteuerabzug führt, als man ihn beim Flächenschlüssel hätte erreichen können.
Definitiv wird sich die Finanzverwaltung jedoch dem Umsatzsteuerschlüssel beugen müssen, wenn die verschiedenen Zwecken dienenden Räumlichkeiten unterschiedlich ausgestattet sind.
6. Für Ferienheim-Besitzer: Ortsübliche Vermietungszeit für eine Ferienwohnung
Ausweislich der Regelungen im Einkommensteuergesetz (EStG) ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend von der Absicht des Steuerpflichtigen auszugehen, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften. Daher können auch anhaltende Verluste immer wieder mit anderen Einkunftsarten steuermindernd verrechnet werden.
In Bezug auf Ferienheime oder Ferienwohnungen muss diese Regelung jedoch ein wenig differenzierter betrachtet werden.
Bei ausschließlich an Feriengäste vermietete und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnungen (also solchen, die der Eigentümer nicht selbst nutzt) gilt dies nur, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnung nicht erheblich unterschreitet. „Erheblich unterschreiten“ ist dabei gegeben, wenn die ortsübliche Vermietungszeit um mindestens 25% unterschritten wird, wie der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 31.1.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 23/16 bereits herausgearbeitet hat.
Um diese 25%-Grenze in der Praxis zu prüfen, sind die individuellen Vermietungszeiten des Ferienobjektes mit denen zu vergleichen, die bezogen auf den gesamten Ferienort im Durchschnitt erzielt werden können. Auch hier gibt es wieder ein Praxisproblem: Können die ortsüblichen Vermietungszeiten nämlich nicht festgestellt werden, ist die Vermietung an Feriengäste mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar. In diesem Fall muss die Einkünfteerzielungsabsicht dann durch eine umständliche Prognose überprüft werden, die wiederum den Anforderungen der Rechtsprechung, konkret den Anforderungen des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 6.11.2001 unter dem Aktenzeichen IX R 97/00, entspricht. Die Feststellungslast für die Voraussetzungen der Typisierung obliegt dabei dem Steuerpflichtigen, wie der Bundesfinanzhof zuletzt in seiner Entscheidung vom 31.1.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 23/16 klargestellt hat.
Auf Basis dieser grundlegenden Einordnung hat aktuell das Niedersächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 19.10.2020 unter dem Aktenzeichen 1 K 258/19 die folgenden (auch für andere Ferienheim-Besitzer relevanten) Aussagen getroffen:
Die in Zweitwohnungssteuersatzungen festgesetzten Eigenverfügbarkeitstage von Ferienwohnungen bieten ohne Kenntnis ihrer Empirie keine hinreichende Grundlage, um die ortsüblichen Vermietungszeiten in der betreffenden Gemeinde feststellen zu können.
Die Statistiken nach dem Beherbergungsstatistikgesetz (BeherbStatG) geben die Möglichkeit, aus der Bettenauslastung einen hinreichenden Rückschluss auf die Anzahl der ortsüblichen Vermietungstage zu ziehen, wenn sie sich auf die im Einzelfall maßgebliche Ferienwohnungskategorie und den maßgeblichen örtlichen Erhebungsbereich beziehen. So führen die obersten Richter in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 26.5.2020 unter dem Aktenzeichen IX R 33/19 an, wonach zur Prüfung der Auslastung einer Ferienwohnung die individuellen Vermietungszeiten des jeweiligen Objekts an Feriengäste mit dem verglichen werden müssen, die bezogen auf den gesamten Ort im Durchschnitt erzielt werden. Dabei kann das Finanzgericht auf Vergleichsdaten eines Statistikamtes auch dann zurückgreifen, wenn diese Werte für den betreffenden Ort nicht allgemein veröffentlicht, sondern nur auf Nachfrage zugänglich gemacht werden.
Es ist ausweislich der erstinstanzlichen Entscheidung nicht erforderlich, dass die Ferienwohnung in dem Gebiet liegt, aus dessen statistischen Werten die ortsüblichen Vermietungszeiten abgeleitet werden. Es können auch die Werte anderer, aber vergleichbarer Gebiete herangezogen werden, sofern diese Gebiete mit dem Belegenheitsort der Ferienwohnung zu einem strukturellen einheitlichen Ferienwohnungsmarkt gehören.
Das nach dem Beherbergungsstatistikgesetz nur Beherbergungsbetriebe erfasst werden, die nach Einrichtung und Zweckbestimmung dazu dienen, mindestens zehn Gäste gleichzeitig vorübergehend zu beherbergen, steht der Repräsentativität der Beherbergungsstatistiken zumindest dann nicht entgegen, wenn das zuständige Landesstatistikamt auch Daten von Vermietungsagenturen als auskunftspflichtige Inhaber oder Leiter eines Beherbergungsbetriebes erhoben hat.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird die steuerliche Problematik rund um das Ferienheim auch in Zukunft immer wieder auftauchen, sodass dies sicherlich nicht der letzte Beitrag zu dieser Thematik ist.
7. Für Unternehmer: Verwendung einer Excel-Tabelle führt nicht zwingend zu einem Mangel der Kassenführung! Auch geringfügige Mängel berechtigen nicht zur Hinzuschätzung!
Mit erstinstanzlicher Entscheidung vom 29.4.2021 hat das Finanzgericht Münster unter dem Aktenzeichen 1 K 2214/17 E, G, U, F entschieden, dass die Erfassung von Bareinnahmen in einer Excel-Tabelle bei Verwendung einer elektronischen Registrierkasse keinen Kassenführungsmangel darstellt, wenn ansonsten alle Belege in geordneter Form vorliegen.
Da dies in der Praxis mit der Finanzverwaltung ein regelmäßiger Streit ist, wird im Folgenden der hier zugrunde liegende Sachverhalt kurz dargestellt: Die Klägerin betrieb in den Streitjahren einen Irish Pub mit Getränke- und Speisenangebot. Der Gewinn wurde dabei durch Bilanzierung ermittelt. Für die Erfassung der Bareinnahmen in der Gaststätte wurde eine elektronische Registrierkasse verwendet. Die in den vollständig vorliegenden Z-Bons ausgewiesenen Einnahmen übertrug die Klägerin unter Ergänzung von Ausgaben und Bankeinzahlungen in eine Excel-Tabelle, mit der sie täglich den Soll- mit dem Ist-Bestand der Kasse abglich. Darüber hinausgehende Kassenberichte erstellte die Klägerin nicht.
Außerhalb des regulären Betriebs nahm die Klägerin auch an Sonderveranstaltungen teil, bei denen sie Erlöse aus dem Verkauf über Außentheken erzielte. Hierfür nutzte sie teilweise geliehene elektronische Registrierkassen, deren Einnahmen die Klägerin der gleichen Form erfasste wie die Erlöse in der Gaststätte selbst. Teilweise erfasste sie Bareinnahmen aber auch in offenen Ladenkassen, für die sie keine Kassenberichte führte. Auch die Einnahmen der Sonderveranstaltungen trug die Klägerin im Anschluss in die Excel-Tabelle ein.
Es kam schließlich wie es kommen musste: Im Rahmen einer Betriebsprüfung beanstandete das Finanzamt insbesondere die Verwendung der Excel-Tabelle im Rahmen der Kassenführung. Die Begründung: Wegen der jederzeitigen Änderbarkeit erfülle die Verwendung eines solchen Computerprogramms nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung. Auf Grundlage einer überschlägigen Getränkekalkulation nahm der Fiskus daher zu den erklärten Umsätzen von jährlich 300.000 Euro Sicherheitszuschläge zum Umsatz und Gewinn zwischen 15.000 Euro und 29.000 Euro pro Jahr vor.
Hiergegen argumentierte die klagende Steuerpflichtige, dass ihre Buchführung sehr wohl ordnungsgemäß sei, da sämtliche Ursprungsaufzeichnungen unabänderlich vorhanden sein. So beispielsweise die Z-Bons, die Belege über EC-Kartenzahlungen und Ausgaben.
Erfreulicherweise hat der 1. Senat des Finanzgerichtes Münster der Klage überwiegend stattgegeben. Tatsächlich ist die Buchführung nämlich nur insoweit formell ordnungswidrig, als im Rahmen der Sonderveranstaltungen offene Ladenkassen ohne Führung täglicher Kassenberichte eingesetzt wurden und Gutscheine nicht ordnungsgemäß verbucht wurden.
Ein täglicher Kassenbericht, der auf der Grundlage eines Auszählens der Bareinnahmen erstellt wird, sei nur im Rahmen einer offenen Ladenkasse erforderlich. Soweit die Klägerin ihre Bareinnahmen in einer elektronischen Registrierkasse erfasst habe, sind die Kassenaufzeichnungen dagegen sehr wohl ordnungsgemäß. Hierfür genüge eine geordnete Ablage der Belege.
Der tägliche Abgleich von Soll- und Ist-Bestand durch Nutzung einer Excel-Tabelle ist hingegen nach der erfreulichen Auffassung der Münsteraner Richter unschädlich, da ein derartiger Kassensturz nach den gesetzlichen Vorgaben überhaupt nicht erforderlich ist.
Zudem weisen die Richter auf ein nicht unerhebliches Detail für die Praxis hin: Da die einzelnen Mängel für jede verwendete Kasse gesondert zu beurteilen sind, wirkt sich die mangelhafte Führung der offenen Ladenkassen nicht auf die Verwendung der elektronischen Registrierkassen aus.
Angesichts der nicht ordnungsgemäßen Kassenführung hinsichtlich der offenen Ladenkassen bei den Sonderveranstaltungen hat der erkennende Senat des Finanzgerichts Münsters insoweit noch einen Sicherheitszuschlag von 2.000 Euro pro Streitjahr als plausibel und wirtschaftlich realistisch erachtet. Die überschlägigen Getränkekalkulationen des Finanzamts können hingegen nicht herangezogen werden, da es wegen der fehlenden Trennung der Getränkeeinkäufe nicht möglich sei, die Sonderveranstaltungen isoliert zu kalkulieren.
Hinweis: Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass man den Wünschen des Betriebsprüfers nicht blind folgen sollte, sondern selbst überlegen muss, ob nicht doch alles rechtens von statten gegangen ist.
Dies zeigt sich auch ausweislich der Entscheidung des Finanzgerichtes Münster vom 9.3.2021 unter dem Aktenzeichen 1 K 3085/17 E, G, U. Mit diesem Urteil hat das erstinstanzliche Gericht klargestellt, dass geringfügige Mängel in der Kassenführung eines Imbissbetriebes keine über die konkrete Auswirkung dieser Mängel hinausgehenden Hinzuschätzungen rechtfertigen.
Ähnlich wie zuvor wird auch hier die konkrete Bedeutung dieser Entscheidung erst deutlich, wenn man sich den Sachverhalt einmal ein wenig genauer anschaut. Dies soll daher im Folgenden geschehen:
Im Urteilsfall betrieb die Klägerin einen griechischen Imbiss dessen Gewinne durch Einnahmeüberschussrechnung ermittelt wurde. Die darin festgemachten Gewinne betrugen in den Streitjahren jeweils ca. 30.000 Euro. Bareinnahmen erfasste die Klägerin mit einer elektronischen Registrierkasse, für die sie die täglichen Bonrollen aufbewahrte und im Rahmen der Betriebsprüfung vorlegen konnte.
Die Betriebsprüfung führte eine Geldverkehrsrechnung durch, wobei lediglich geringfügige Unterdeckungen festgestellt wurden. Stein des Anstoßes war etwas anderes. Der Prüfer stellte nämlich fest, dass die Klägerin während des dreijährigen Prüfungszeitraumes (also während eines Zeitraums von 1095 Kalendertagen) an insgesamt fünf Tagen einzelne Barumsätze nicht in der Kasse erfasst hatte. Die Summe dieser fehlenden Umsätze belief sich dabei auf knapp 100 Euro.
Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass an neun weiteren Tagen Kassenbewegungen erst einen bis wenige Tage verspätet in der Kasse verbucht wurden.
Allein diese beiden Punkte nahm der Prüfer zum Anlass, die gesamte Buchführungsaufzeichnung als nicht ordnungsgemäß zu verwerfen und entsprechende Hinzuschätzungen durchzuführen. Dies geschah anhand einer sogenannten Ausbeutekalkulation, welche unter dem Strich zu dem Ergebnis kam, dass sich die erklärten Gewinne verdreifachten. Prüfer und Finanzamt kamen dabei nicht auf die Idee, dass dies nicht mehr realistisch sein könnte. Erst der 1. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage (weitgehend) stattgegeben. Die vom Prüfer gewünschte Hinzuschätzungen auf das Dreifache der erklärten Gewinne begrenzte das Gericht auf die in der Kasse nicht erklärten Beträge von knapp 100 Euro.
Klar und deutlich führten die erstinstanzlichen Richter aus, dass die vom Betriebsprüfer festgestellten Kassenprüfungsmängel nicht dazu führten, dass die Aufzeichnungen insgesamt verworfen werden müssen. Dies ergibt sich zum einen aus der geringen Häufigkeit der Mängel im Verhältnis zu den gesamten Geschäftsvorfällen, die das Finanzamt selbst mit 25.000-30.000 pro Jahr geschätzt habe und zum anderen aus der geringen Gewinnauswirkung von weniger als 100 Euro. Auch die aufgrund dieser Mängel möglicherweise nicht gegebene Kassensturzfähigkeit beschränkt sich lediglich auf einzelne kurze Zeiträume, weshalb das erstinstanzliche Gericht keinen Anlass sieht, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnung zu beanstanden. Die erklärten Gewinne liegen nämlich bereits innerhalb der amtlichen Richtsätze und die durchgeführte Geldverkehrsrechnung führt lediglich zu Ergebnissen, die sich im Rahmen üblicher Unschärfen bewegen.
Schließlich kamen die erstinstanzlichen Richter zu dem Fazit, dass die durchgeführte Ausbeutekalkulation nicht ausreicht, um die sachliche Richtigkeit der ansonsten formell ordnungsgemäßen Aufzeichnung zu erschüttern. An eine entsprechende Ausbeutekalkulation sind strenge Anforderungen zu stellen. Vorliegend waren schon Unsicherheiten bei den Portionsgrößen gegeben, die der Prüfer nicht anhand repräsentativer Testkäufe belegt hatte, sondern aufgrund angeblicher Erfahrungswerte geschätzt hat. Im Übrigen wurden auch nicht alle Warengruppen kalkuliert, sodass es sich zum Teil um eine Richtsatzschätzung handelt.
Tipp: Beide Entscheidungen zeigen, dass man sich durchaus gegen die überbordenden Wünsche der Betriebsprüfer stellen und zur Not den Gerichtsweg beschreiten sollte.
8. Für Ehegatten: Zu den Anforderungen an die steuerliche Anerkennung eines geringfügigen Ehegattenarbeitsverhältnisses
Grundsätzlich sind bei gegenseitigen Verträgen die zivilrechtlichen Vereinbarungen auch für Zwecke der Besteuerung maßgebend. Fehlt es allerdings an einem natürlichen Interessengegensatz der Vertragsparteien, was insbesondere innerhalb des Familienverbundes in Betracht kommt, bedarf es einer (am Maßstab des Fremdvergleichs ausgerichteten) Überprüfung, inwieweit Zahlungen wirtschaftlich durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind oder ob sie aus sonstigen Rechtsgründen erbracht werden. Dies hat bereits der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 12.7.2017 unter dem Aktenzeichen VI R 59/15 so herausgearbeitet.
Eine derartige Überprüfung hat zu berücksichtigen, ob die Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam, klar und eindeutig sind, ihrem Inhalt nach dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen und auch tatsächlich durchgeführt werden. Diese Vorgaben für die Überprüfung sind der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie beispielsweise dem Urteil vom 7.5.1996 unter dem Aktenzeichen IX R 69/94, zu entnehmen. Die Anforderungen beruhen dabei auf der Überlegung, dass es innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem Interessengegensatz fehlt und zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten insoweit steuerlich missbraucht werden können.
Für die Praxis und für die Diskussion mit dem Finanzamt ist dabei jedoch überaus wichtig, dass nicht jede Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen ausschließt. So bereits auch ganz deutlich der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 10.10.2018 unter dem Aktenzeichen X R 44-45/17. Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie Rückschluss auf eine private veranlasste Vereinbarung zulassen. Bei der Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen ist auch der Anlass des Vertragsschlusses mit zu berücksichtigen. Bedeutung kommt außerdem der Frage zu, ob es sich um ein Rechtsgeschäft unter volljährigen, voneinander insbesondere wirtschaftlich unabhängigen Verwandten oder um eine Vereinbarung mit minderjährigen Kindern des Steuerpflichtigen handelt, wie der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 4.6.1991 unter dem Aktenzeichen IX R 150/85 herausgearbeitet hat.
Maßgebend für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkünfteerzielung veranlasst, aber auch durch private Zuwendung- oder Unterhaltsüberlegungen motiviert sind, ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Die gebotene Gewichtung und Würdigung obliegt dabei grundsätzlich dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz. Verstößt die Gesamtabwägung weder gegen Erfahrungssätze noch gegen die Denkgesetze, ist der Bundesfinanzhof daran gebunden. Vor diesem Hintergrund hat das oberste Finanzgericht der Republik bereits mit Urteil vom 21.10.2014 unter dem Aktenzeichen VIII R 21/12 klargestellt, dass die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH an dessen in der GmbH beschäftigte Ehefrau, für deren Altersversorgung die Arbeitgeberanteile irrtümlich gezahlt wurden, keine Zuwendung des Arbeitgebers ist, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen ist, sofern das Arbeitsverhältnis fremdübliche vereinbart und tatsächlich durchgeführt wurde.
Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zugeordneten Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben oder aber um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt. So hat der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 15.10.2002 unter dem Aktenzeichen IX R 46/01 klargestellt, dass ein Kaufvertrag zwischen nahen Angehörigen im Rahmen des sogenannten Fremdvergleichs hinsichtlich seiner Hauptpflichten zu überprüfen ist. Wird zur Finanzierung eines solchen Kaufvertrags ein Darlehensvertrag mit einer Bank abgeschlossen, sind die in diesem Vertrag getroffenen Vereinbarungen auch dann nicht dem Fremdvergleich zu unterwerfen, wenn der Verkäufer zugleich Sicherungsgeber ist.
Mit Blick auf Arbeitsverhältnisse geht die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, dass Lohnzahlungen an einen im Betrieb oder Beruf des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind, wenn der Angehörige aufgrund eines wirksamen, inhaltlich dem zwischen Fremden üblichen entsprechenden Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt.
Dabei ist die Intensität der Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen auch vom Anlass des Vertragsschlusses abhängig. Hätte der Steuerpflichtige im Falle der Nichtbeschäftigung seines Angehörigen einen fremden Dritten einstellen müssen, ist der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen, als wenn der Angehörige für solche Tätigkeiten eingestellt wird, die üblicherweise vom Steuerpflichtigen selbst oder unentgeltlich von Familienangehörigen erledigt werden.
Vor diesem Hintergrund kommt der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 18.11.2020 unter dem Aktenzeichen VI R 28/18 zu dem Schluss, dass bei der nicht vollzeitigen Beschäftigung Angehöriger Unklarheiten bei der Wochenarbeitszeit für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses unschädlich sind, wenn die konkrete Arbeitszeit des Angehörigen von den beruflichen Erfordernissen des Steuerpflichtigen abhängt und Unklarheiten deshalb auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses und nicht auf eine unübliche Gestaltung zurückzuführen sind.
Klar und deutlich arbeiten die obersten Finanzrichter der Republik dabei heraus, dass Aufzeichnungen betreffend die Arbeitszeit, also insbesondere Stundenzettel, lediglich Beweiszwecken dienen. Sie sind für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses zwischen nahen Angehörigen aber nicht zwingend erforderlich.
9. Für Unternehmer: Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Bilanz
Nach § 5b Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Inhalt der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln.
Lediglich auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Dem Antrag ist zu entsprechen, wenn die elektronische Übermittlung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist.
Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine elektronische Übermittlung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der elektronischen Übermittlung zu nutzen.
Liegt eine persönliche oder wirtschaftliche Unzumutbarkeit vor, besteht ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf den Verzicht der Finanzbehörde auf elektronische Übermittlung des Inhalts der E-Bilanz. So bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 14.03.2012 unter dem Aktenzeichen XI R 33/09.
Liegen die Voraussetzungen nicht vor, so kann die Finanzbehörde dennoch gemäß § 5b Abs. 2 Satz 1 EStG auf die elektronische Übermittlung verzichten, insoweit besteht ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf ermessensfehlerfreie Bescheidung.
Das Finanzgericht Münster stellt nun in seiner Entscheidung vom 28.1.2021 unter dem Aktenzeichen 5 K 436/20 AO klar: Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt insbesondere vor, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre.
Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass bei wirtschaftlicher Zumutbarkeit der Anschaffung allein das Fehlen der für eine elektronische Übermittlung der Steuererklärung erforderlichen Technik keinen Anspruch auf Befreiung von der Abgabe der Steuererklärung in elektronischer Form begründet. Nicht ausdrücklich geregelt ist indes, unter welchen Voraussetzungen die Grenze zu einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand im Sinne der Vorschrift überschritten ist. In diesem Zusammenhang vergleiche das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.06.2020 unter dem Aktenzeichen VIII R 29/17.
Bei der Auslegung des Merkmals der wirtschaftlichen Zumutbarkeit ist insbesondere der Umstand zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bewusst eine „großzügige Ausnahmeregelung” eingeführt und diese „so weit gefasst” hat, dass die „ungerechtfertigte Versagung einer Ausnahmegenehmigung ausgeschlossen” sein sollte. Insbesondere „Kleinstbetriebe” sollten sich auf die Härtefallregelung berufen können.
Dieser gesetzgeberischen Zielsetzung ist zum Beispiel im Hinblick auf die Pflicht nach § 25 Abs. 4 Satz 2 EStG zur elektronischen Abgabe der Einkommensteuerklärung dahingehend Rechnung zu tragen, dass über die Anwendung der Härtefallregelung lediglich unter Berücksichtigung der Einkünfte i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG zu entscheiden ist. Im Hinblick auf die Pflicht nach § 5b Abs. 1 EStG zur elektronischen Übermittlung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz ist nach Auffassung des erkennenden Senates dahingehend Rechnung zu tragen, dass über die Anwendung der Härtefallregelung unter Berücksichtigung des Umsatzes und des Gewinns des Gewerbebetriebs zu entscheiden ist. Denn dabei handelt es sich um die maßgeblichen Kriterien für die Einteilung in Betriebsgrößenklassen, auf die der Gesetzgeber mit dem Begriff „Kleinstbetrieb” erkennbar Bezug nimmt.
10. Für Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft: Verdeckte Gewinnausschüttung schon bei lediglich unentgeltlicher Nutzungsmöglichkeit einer GmbH-Immobilie?
Auch wenn es in der Überschrift um eine GmbH geht, liegt dem hier vorliegenden Fall eine spanische Kapitalgesellschaft zu Grunde. Für die Rechtsfolgen der vorliegenden Entscheidung dürfte dies jedoch irrelevant sein, da sie ebenso auf eine deutsche GmbH übertragbar sind.
Mit Urteil vom 14.12.2020 hat das Hessische Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 9 K 2266/17 vereinfacht gesagt die Entscheidung getroffen, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung auch schon dann gegeben sein kann, wenn die in Deutschland wohnenden Gesellschafter einer spanischen Kapitalgesellschaft lediglich die Möglichkeit gehabt haben, eine der spanischen Kapitalgesellschaft im Spanien gehörende Immobilie jederzeit unentgeltlich nutzen zu können. Sicherlich wird es so sein, dass die Nutzung der Immobilie ohne ein entsprechendes Geld definitiv zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt. Die erstinstanzlichen Richter des Hessischen Finanzgerichtes kommen jedoch zu dem Schluss, dass es auf den Umfang der tatsächlichen Nutzung überhaupt nicht ankommt, sodass auch schon eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen kann, obwohl eine tatsächliche Nutzung nicht stattgefunden hat, sondern lediglich die Möglichkeit dafür bestanden hat.
Zur Begründung dieser Entscheidung führen die Richter aus: Ausweislich der Regelung in § 20 Abs. 1 Nummer 1 Satz 1 und Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen unter anderem auch Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung. In diesem Bereich der sonstigen Bezüge sind auch verdeckte Gewinnausschüttungen zu besteuern. Zudem muss, wie eingangs schon gesagt, hervorgehoben werden, dass Anteile im Sinne dieser Vorschrift auch Anteile an einer spanischen Kapitalgesellschaft sind. Dies hat etwa der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 12.6.2013 unter dem Aktenzeichen I R 109-111/10 bereits herausgearbeitet.
Wenn eine Gesellschaft eine in ihrem Gesellschaftsvermögen vorhandene Immobilie ihren Gesellschaftern unentgeltlich ganzjährig zur jederzeitigen Nutzung überlässt und auf die Zahlung marktüblicher Entgelte verzichtet, führt dies bei den Gesellschaftern zu einer verdeckten Gewinnausschüttung und damit zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Denn der Gewinnverzicht der Gesellschaft beruht auf einer verhinderten Vermögensmehrung in Gestalt der marktüblichen Entgelte, die nach der insoweit maßgebenden deutschen Regelungslage geeignet ist, bei der Gesellschaft nach den auch insoweit einschlägigen Maßstäben des Körperschaftsteuergesetzes eine verdeckte Gewinnausschüttung auszulösen.
Um nun eine verdeckte Gewinnausschüttung zu verhindern, argumentierten die Kläger, dass die Immobilie in den Streitjahren überhaupt nicht genutzt worden ist. Vielmehr hätten immer nur sehr kurze Aufenthalte vorgelegen, welche den Zweck gehabt hätten, die Immobilie zu veräußern. Dies hindert jedoch die erstinstanzlichen Richter des Hessischen Finanzgerichtes nicht daran, dennoch eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen.
Die Argumentation der Justiz: Selbst wenn man davon ausgeht, dass die kurzen Aufenthalte der Kläger in der Immobilie nur dazu dienten, deren Verkaufsprozess zu fördern, steht dies der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht entgegen. Dies soll nach Auffassung der erstinstanzlichen Richter daraus folgen, dass die Kläger im fraglichen Streitzeitraum jederzeit die Möglichkeit hatten, die Immobilie unentgeltlich zu nutzen und diese Möglichkeit auch mehrfach wahrnahmen.
Dagegen argumentierten die Kläger, dass die Einräumung der Nutzungsmöglichkeit im vorliegenden Fall nicht festgestellt ist. Insoweit erwiderte jedoch das Finanzgericht, dass darauf hinzuweisen ist, dass die Kläger weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht daran gehindert waren, die Immobilie zu Aufenthalten zu nutzen. Weder war die Immobilie anderweitig vermietet, noch gab es Gesellschafterbeschlüsse der spanischen Kapitalgesellschaft, wonach den Klägern die Nutzung untersagt worden wäre. Tatsächlich haben die Kläger auch bereits nach ihrem eigenen Vortrag die Immobilie zu Unterkunftszwecken genutzt, wenn auch im Hinblick auf die behaupteten Verkaufsbemühungen.
In Rechtsprechung und Literatur wurde soweit ersichtlich bislang kaum erörtert, ob die bloße unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit einer zum Gesellschaftsvermögen einer Kapitalgesellschaft gehörenden Immobilie durch die Gesellschafter zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führt. Vereinzelt wird dies in der Literatur unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16.12.1992 unter dem Aktenzeichen I R 32/92 verneint.
Dieses Urteil betraf allerdings eine Aktiengesellschaft, die satzungsgemäß ihren Aktionären Ferienwohnungen zur zeitlich vorübergehenden Nutzung nach Maßgabe eines Wohnungsberechtigen-Punktesystems überließ. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Aktionäre durch die Überlassung einen sonstigen Bezug aus Aktien erzielten. Der Zufluss dieses Beteiligungsertrages erfolgte nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht schon mit dem Abschluss des Vertrags über die unentgeltliche Nutzung einer bestimmten Ferienwohnung, sondern erst im Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung der einzelnen Wohnungen, wobei diese nicht notwendigerweise die tatsächliche Nutzung durch den Aktionär voraussetzte. Vielmehr konnte dieser auf die Nutzung des ihm eingeräumten Vorteils verzichten. Er konnte denselben auch durch einen anderen nutzen lassen. So gesehen erschöpften sich laut Bundesfinanzhof die Einkünfte des Aktionärs aus Kapitalvermögen in der ihnen eingeräumten Möglichkeit, eine bestimmte Ferienwohnung in einem bestimmten Zeitraum unentgeltlich zu nutzen.
Entgegen der Literatur interpretiert das Hessische Finanzgericht die zuvor zitierte Entscheidung des Bundesfinanzhofs dergestalt, dass die bloße unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit der Immobilie durch die Kläger ausreichte, um eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen. Dies soll sich daraus ergeben, dass der Bundesfinanzhof in seinem zu entscheidenden Fall den Zuflusszeitpunkt des sonstigen Bezugs im Zeitpunkt der Nutzungsüberlassung annahm und dabei keine tatsächliche Nutzung durch den Gesellschafter verlangte, sondern vielmehr die Möglichkeit zur Nutzung der Immobilie ausreichen ließ.
Insoweit argumentierten die erstinstanzlichen Richter, dass sich aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofs von 2013 entgegen der Literaturmeinung nicht entnehmen lässt, dass es für den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung auf die tatsächliche Immobiliennutzung durch die Gesellschafter ankäme.
Weiterhin gibt es jedoch auch noch eine Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts zu einer ähnlichen Thematik. Hier wurde in dem Fall einer schweizerischen Ferienimmobilie mit Urteil vom 21.8.2003 unter dem Aktenzeichen 11 K 499/98 ausdrücklich festgehalten, dass es für den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung unerheblich ist, ob die Immobilie nur drei Monate oder das ganze Jahr über von den Gesellschaftern genutzt worden ist. Die Immobilie habe dem Gesellschafter das ganze Jahr hindurch zur Verfügung gestanden, sodass der gesamte Jahresmietwert als verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen ist. Gegen diese Entscheidung aus Niedersachsen wurde seinerzeit die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, welche jedoch erfolglos war und mit Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 2.3.2005 unter dem Aktenzeichen VIII B 298/03 abgelehnt wurde.
Vor diesem Hintergrund bleiben die Finanzrichter des Hessischen Finanzgerichtes dabei, dass allein die bloße Nutzungsmöglichkeit ausreicht, damit im vorliegenden Fall eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben ist.
Tipp: Das letzte Wort ist hier jedoch noch nicht gesprochen. Gegen die Entscheidung des Hessischen Finanzgerichtes ist nämlich mittlerweile die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 4/21 anhängig. Steuerpflichtige mit ähnlich gelagerten Sachverhalten (und dabei muss es nicht unbedingt um Immobilien gehen) sollten sich daher an das Musterverfahren anhängen und die Verfahrensruhe beantragen.