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Mandantenbrief 09/2023

Inhalt:
  1. Für Arbeitnehmer: Stellplatzkosten bei der doppelten Haushaltsführung unbegrenzt abzugsfähig?
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Verfassungsfrage bei der erweiterten beschränkten Schenkungsteuerpflicht
  3. Für alle Steuerpflichtigen: Freiwillig gezahlte Beiträge an das wegen Lockdown geschlossene Fitnessstudio als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt?
  4. Für Immobilieneigentümer: Unentgeltliche Überlassung an Angehörige als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken?
  5. Für (ehemalige) GmbH-Gesellschafter: Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns bei teilentgeltlicher Übertragung im § 17 EStG
  6. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Kein Fahrtenbuch bei Schätzung der Benzinkosten
  7. Für Unternehmer: Billigkeitserlass von Nachforderungszinsen bei unzutreffender zeitlicher Zuordnung von Umsätzen

1. Für Arbeitnehmer: Stellplatzkosten bei der doppelten Haushaltsführung unbegrenzt abzugsfähig?

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nummer 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten.

Zu den notwendigen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung zählen neben Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten und zeitlich befristeten Verpflegungsmehraufwendungen vor allem die notwendigen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort. Seit der Neufassung des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 EStG zum Veranlagungszeitraum 2014 können die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung einer inländischen Unterkunft höchstens mit 1.000 Euro im Monat als Werbungskosten angesetzt werden. Von den nur begrenzt abziehbaren Unterkunftskosten sind jedoch nach ständiger und im Anschluss an die gesetzliche Neufassung fortgeführten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sonstige notwendige Mehraufwendungen abzugrenzen. So beispielsweise der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 4.4.2019 unter dem Aktenzeichen VI R 18/17.

Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung gehören daher nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichtes mit Urteil vom 16.3.2023 unter dem Aktenzeichen 10 K 202/22 die Mietkosten eines Steuerpflichtigen für einen Tiefgaragenstellplatz nicht zu den Kosten der Wohnung. Vielmehr sind solche Aufwendungen unter Beachtung der Einzelfallumstände nur mittelbar und gelegentlich im Zusammenhang mit der Anmietung bzw. Nutzung der Zweitwohnung angefallen und deshalb den sonstigen notwendigen Mehraufwendungen zuzuordnen. Insoweit ist die Stellplatzanmietung nicht mit der Nutzung der Zweitwohnung gleichzusetzen. So die erstinstanzliche Entscheidung aus Niedersachsen.

Welche Aufwendungen der doppelten Haushaltsführung als sonstige Kosten einzuordnen sind oder auf die Nutzung der Unterkunft entfallen und daher nur in Höhe der gesetzlichen Höchstgrenze abziehbar sind, wird durch das Gesetz leider nicht näher bestimmt. Im Schriftentum, in der Rechtsprechung und durch die Finanzverwaltung werden hierzu leider unterschiedliche Meinungen vertreten. Dies gilt zum Leidwesen für alle Praktiker insbesondere auch für die Einordnung zusätzlicher Stellplatzkosten am Zweitwohnsitz.

Das Finanzgericht in Niedersachsen vertritt jedoch in der oben bereits zitierten Entscheidung ganz klar folgende Meinung: Vom Wortlaut der Norm ausgehend versteht der Bundesfinanzhof die von der Abzugsbeschränkung erfassten Unterkunftskosten als die Summe aller Aufwendungen, die der Steuerpflichtige getragen hat, um die Unterkunft zu nutzen, soweit sie ihr einzelnen zugeordnet werden können. So auch in dem oben bereits zitierten Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4.4.2019. Dies gilt für die Bruttokaltmiete, aber auch für alle Betriebskosten einschließlich Stromkosten, da diese ebenfalls durch den Gebrauch der Unterkunft entstehen. Nicht zu den nur beschränkt abzugsfähigen Unterkunftskosten, sondern zu den sonstigen notwendigen Mehraufwendungen, gehören demgegenüber Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände. Hat der Steuerpflichtige eine möblierte oder teilmöblierte Wohnung angemietet, liegt in der gestatteten Mitbenutzung der Möbel regelmäßig ebenfalls ein gesteigerter und in Entgelt messbarer, gegebenenfalls der Höhe nach zu schätzender eigener Nutzungswert.

Auch der Bundesfinanzhof rechnete Stellplatz- und Garagenkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung schon bislang den sonstigen Mehraufwendungen und nicht den beschränkt abzugsfähigen beruflichen Mobilitätskosten zu. Auf dieser Linie ist beispielsweise seine ältere Entscheidung vom 13.11.2012 unter dem Aktenzeichen VI R 50/11. Hieran hat sich nach Meinung des Niedersächsischen Finanzgerichtes durch die gesetzliche Neuregelung nichts geändert.

Die gleiche Meinung vertritt das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 21.9.2022 unter dem Aktenzeichen 3 K 48/22 sowie das Finanzgericht des Saarlandes mit Gerichtsbescheid vom 20.5.2020 unter dem Aktenzeichen 2 K 1251/17. Ebenfalls wird diese Auffassung an zahlreichen Stellen in der Literatur vertreten. Denn die Kosten werden (ebenso wie die Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände oder für gemietete Möbel) nicht unmittelbar durch die Nutzung der Zweitwohnung verursacht, sondern durch die dem Stellplatzmieter eröffnete und vom reinen Gebrauchswert der Wohnung zu trennende Möglichkeit, den Pkw in der Tiefgarage geschützt abstellen zu können. Hierfür ist unerheblich, dass die durch den Kläger abgeschlossenen Mietverträge inhaltlich aufeinander Bezug nehmen. Auch der Umstand, dass sich die Tiefgarage im gleichen Gebäude befindet und der Stellplatz durch den gleichen Vermieter überlassen wurde, nimmt dem Steuerpflichtigen nicht den mit der Stellplatzüberlassung verbundenen Mehrwert an Gebrauchsmöglichkeiten. Das hier erkennende erstinstanzliche Finanzgericht bezweifelt deshalb, dass der Fall tatsächlich anders zu beurteilen wäre, wenn Unterkunft und Stellplatz eine untrennbare Einheit bildeten. Im vorliegenden Fall konnte dies jedoch letztendlich offenbleiben.

Weiterhin stellte das Gericht jedoch noch fest, dass seine Meinung auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspricht. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs sollte auf die aufwändige Ermittlung der früheren ortsüblichen Vergleichsmiete verzichtet werden und stattdessen auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abgestellt werden. Die Festsetzung des Betrags von 1.000 Euro orientierte sich dabei an einer von der Rechtsprechung bisher immer herangezogenen, nach Lage und Ausstattung durchschnittlichen, ca. 60 Quadratmeter großen Wohnung. Deren Bruttokaltmieten lägen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes deutschlandweit überwiegend innerhalb dieser Preisgrenze.

Unveränderte Bezugsgröße sind demnach nur diejenigen Unterkunftskosten, die üblicherweise in die Berechnung der durchschnittlichen Wohnungsmiete einfließen und damit auch von dem Pauschalbetrag von 1.000 Euro, der die aufwändige Berechnung der Durchschnittsmiete ersetzen soll, erfasst werden. Das sind neben der Grundmiete die monatlich aufzuwenden Beträge für Wasser, Kanalisation, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Hausreinigung, Hausbeleuchtung, Schornsteinreinigung, Hauswart, öffentliche Lasten und Kabelanschluss. Nicht zu Bruttokaltmiete gerechnet werden Umlagen für Zentralheizung, Warmwasserversorgung, Untermieterzuschläge und Zuschläge für Möblierung wie bereits das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern in der oben bereits zitierten Entscheidung unter Verweis auf das Statistische Bundesamt festgestellt hat.

Dass für den zum Maßstab erhobenen Durchschnittshaushalt regelmäßig auch Stellplatzkosten anfielen und deshalb in die vorstehende Berechnung der gesetzlichen Betragsobergrenze von 1.000 Euro einbezogen worden wären, hat weder das Finanzamt vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Zutreffend ist zwar, dass der Gesetzesbegründung beiläufig ausgeführt wird, dass von den Unterkunftskosten unter anderem auch die Miet- oder Pachtgebühren für Pkw-Stellplätze erfasst seien. Allerdings bleibt eine weitergehende Einordnung dieser Annahme bzw. eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit der aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übernommenen Berechnungsgrundlage aus. Weiterhin stellt das erstinstanzliche Finanzgericht ganz deutlich klar, dass die Gesetzesmaterialien ohnehin nicht dazu verleiten dürfen, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen mit dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen. Die Materialien können bei der Gesetzesauslegung nur unterstützend und insgesamt nur insofern herangezogen werden, als sie auf einen objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen. Dies erfordert, dass der subjektive Wille des Gesetzgebers bzw. der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten auch im Gesetzestext Niederschlag gefunden hat. So bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 30.9.2020 unter dem Aktenzeichen VI R 34/18. Hieran fehlt es nach Meinung der vorliegend erkennenden erstinstanzlichen Richter aus Niedersachsen. Eine beispielhafte oder gar abschließende Aufzählung der von der Abgeltungswirkung erfassten Unterkunftskosten enthält das Gesetz nicht, ebenso wenig eine über den Bereich der berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten hinausgehende Begrenzung der gesamten Kosten der Zweitwohnung auf höchstens 1.000 Euro.

Vorliegend kommt daher das erstinstanzliche Gericht zu dem Schluss, dass entsprechende Stellplatzkosten als sonstige Mehraufwendungen der doppelten Haushaltsführung unbegrenzt abgezogen werden können und nicht in den monatlichen Höchstbetrag von 1.000 Euro für Unterkunftskosten eingerechnet werden müssen.

Hinweis: Wie zu erwarten, war das Finanzamt mit dieser Auffassung nicht zufrieden und hat die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Unter dem Aktenzeichen VI R 4/23 müssen daher die obersten Richter der Republik entscheiden, wie Stellplatzkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung tatsächlich zu behandeln sind. Im Hinblick auf die eigentlich in der erstinstanzlichen Rechtsprechung und auch in der Fachliteratur einhellig vertretenen Meinung sollten Betroffene den eigenen Fall offenhalten, um von einer positiven höchstrichterlichen Rechtsprechung schließlich profitieren zu können.

2. Für alle Steuerpflichtigen: Verfassungsfrage bei der erweiterten beschränkten Schenkungsteuerpflicht

Als Schenkung unter Lebenden im Sinne der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 1 Nummer 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) gilt gemäß § 7 Abs. 1 Nummer 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Besteuert wird eine solche Schenkung jedoch nur, wenn zusätzlich auch noch eine Steuerpflicht besteht. Nach § Abs. 2 Abs. 1 Nummer 1 ErbStG tritt die Steuerpflicht grundsätzlich ein, wenn der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist. In diesem Fall tritt die Steuerpflicht für den gesamten Vermögensanfall ein, sodass man von der sogenannten unbeschränkten Steuerpflicht spricht. Damit aber nicht genug!

Nach § 2 Abs. 1 Nummer 1 Satz 2 Buchstabe b ErbStG gelten als Inländer auch deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben.

Mit Blick auf diese Regelung hat bereits das erstinstanzliche Finanzgericht München in einer Entscheidung vom 3.7.2019 unter dem Aktenzeichen 4 K 1286/18 entschieden, dass die Regelung, wonach deutsche Staatsangehörige als Inländer gelten, wenn sie sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben, weder verfassungswidrig noch europarechtswidrig ist. Die zuständigen erstinstanzlichen Richter hatten also insoweit an der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht nichts zu bemängeln.

Ebenso sahen es tatsächlich auch ihre höchstrichterlichen Kollegen beim Bundesfinanzhof in München mit Urteil vom 12.10.2022 unter dem Aktenzeichen II R 5/20:

Auch sie erkennen in der sogenannten erweiterten unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht keinen Verstoß gegen das Grundgesetz, insbesondere keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Ihrer Meinung nach liegt auch keine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes unter dem Aspekt der Ausreisefreiheit vor. Ebenso soll die erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht auch nicht gegen Unionsrecht verstoßen. Eine Verletzung der unionsrechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit soll nicht gegeben sein.

Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit ist aus Sicht des Bundesfinanzhofs auch nicht ersichtlich.

Ausgehend von diesen Aussagen kommt daher auch der Bundesfinanzhof zu der Überzeugung, dass die Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dennoch ist mittlerweile eine Verfassungsbeschwerde gegen die sogenannte erweiterte unbeschränkte Schenkungsteuerpflicht beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig. Unter dem Aktenzeichen 1 BvR 325/23 müssen die Verfassungsrichter der Bundesrepublik Deutschland entscheiden, ob die Regelung tatsächlich im Einklang mit dem Grundgesetz steht.

Tipp: Betroffene sollten daher den eigenen Schenkungsteuerbescheid mittels Einspruchs und Verweis auf das anhängige Verfahren beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe offenhalten. Nur so können sie ihre Rechte sichern, sofern doch noch ein Verstoß gegen das Grundgesetz festgestellt wird.

3. Für alle Steuerpflichtigen: Freiwillig gezahlte Beiträge an das wegen Lockdown geschlossene Fitnessstudio als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt?

Das Verfahren, von dem im Folgenden berichtet wird, wendet sich in erster Linie an Betreiber eines Fitnessstudios, denn es geht darum, ob freiwillig gezahlte Mitgliedsbeiträge an das Fitnessstudio, welches aufgrund des pandemiebedingten Lockdowns geschlossen ist bzw. war, tatsächlich der Umsatzsteuer unterliegen.

Zugegeben ist dies ein sehr spezieller Fall, jedoch geht es ebenfalls um die Kunden der Fitnessstudios, welche nämlich möglicherweise einen geringeren Beitrag zu zahlen hätten! Weiterhin, und dies auch ein Grund, warum der Fall behandelt wird, werden in der dazu ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung einige umsatzsteuerrechtliche Grundlagen dargelegt, die in einer Vielzahl von Fällen Bedeutung haben. Daher zunächst zur allgemeinen Einordnung:

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 1 Nummer 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Das Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten. Für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung, die steuerbar ist, sind nach der Rechtsprechung im Wesentlichen folgende gemeinschaftsrechtliche geklärte Grundsätze zu berücksichtigen.

Zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. So auch der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 21. März 2002 unter dem Aktenzeichen C-174/00. Dieser unmittelbare Zusammenhang muss sich aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergeben, in dessen Rahmen die Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet. Hierzu gibt es ebenfalls ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18.12.2008 unter dem Aktenzeichen V R 38/06. Dabei muss der Leistungsempfänger identifizierbar sein und einen Vorteil erhalten, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und damit zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. Bei einem gegenseitigen Vertrag sind die Voraussetzungen für eine entgeltliche Leistung regelmäßig erfüllt. Dann besteht nämlich zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang, und es steht der Leistungsempfänger aufgrund der vertraglichen Beziehungen fest. Bei Leistungen, zu deren Ausführungen sich die Vertragsparteien verpflichtet haben, liegt auch der erforderliche Leistungsverbrauch grundsätzlich vor. Dies auch schon zu entnehmen einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 18.1.2005 unter dem Aktenzeichen V R 17/02.

Unerheblich für die Annahme eines Leistungsaustausches ist, ob der Leistungsempfänger die bezogene Leistung tatsächlich verwendet oder gegebenenfalls zu welchem Zweck er dies tut. Ferner steht es einem Leistungsaustausch nicht entgegen, wenn der Unternehmer mit der Tätigkeit auch einen eigenen Zweck verwirklicht. Denn die wirtschaftliche Tätigkeit wird nicht durch eine gleichzeitig im eigenen Interesse durchgeführte Betätigung verdrängt. Ferner ist es für die Annahme eines Entgelts nicht notwendig, dass die Zahlung aufgrund einer zivilrechtlich wirksam Rechtspflicht erfolgt. Dabei ist es zwar möglich (nicht aber erforderlich) dass die Zahlung versehentlich oder in der irrigen Annahme einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Leistungspflicht bewirkt wurde. Auch bewusst freiwillige Zahlungen können eine Gegenleistung darstellen. Dementsprechend werden auch Zusatzzahlungen zum Entgelt gerechnet, die mit einer inneren Verknüpfung zu Leistung erbracht werden, aber gleichwohl freiwillig erfolgen und den vertraglich geschuldeten Betrag übersteigen. Dies hatte bereits der Bundesfinanzhof mit einem Urteil vom 17.2.1972 unter dem Aktenzeichen V R 118/71 bei Trinkgeldern entschieden. Und schließlich ist es für die Annahme eines Entgeltes nicht erheblich, ob das Entgelt dem Wert der Leistung entspricht oder nicht. Keine Leistung gegen Entgelt liegt dagegen vor, wenn ein Zuschuss lediglich der Förderung des Zahlungsempfängers im allgemeinen Interesse dient und nicht Gegenwert für eine steuerbare Leistung des Zahlungsempfängers an den Geldgeber sein soll.

Es bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, ob zwischen der Leistung des Unternehmers und der Bezahlung ein umsatzsteuerrechtlich relevanter Zusammenhang vorliegt. Ob die Voraussetzungen für ein Leistungsaustausch vorliegen, ist dabei nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen. Es stellt eine unionsrechtliche, unabhängig von der Beurteilung nach nationalem Recht zu entscheidende Frage dar, ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen erfolgt.

Nach Anwendung dieser Grundsätze kam das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 16.11.2022 unter dem Aktenzeichen 4 K 41/22 zu dem Schluss, dass bei der freiwilligen Fortzahlung von Beiträgen, die von Mitgliedern im Rahmen eines in der Vergangenheit gelebten und fortbestehenden Dauerschuldverhältnisses an ein Fitnessstudio erbracht werden, welches vorübergehend pandemiebedingt schließen musste und auf die Erbringung von Ersatzleistungen verwiesen ist, ein umsatzsteuerrechtlich relevanter Zusammenhang mit dem im Rahmen des Dauerschuldverhältnisses erbrachten Leistungen besteht. Dies umfasst einerseits die bereits vor der Schließung bezogene Leistung und andererseits die während der Schließzeit erbrachten Ersatzleistungen.

Der Monatsbeitrag, welchen die Mitglieder des Fitnessstudios leisten, stellt damit ein Entgelt im Sinne des § 10 UStG dar, obgleich das Fitnessstudio in den fraglichen Monaten aufgrund einer behördlichen Anordnung zur Eindämmung der Coronapandemie geschlossen und somit von seiner betraglich geschuldeten Primärleistung befreit ist. Dies regelt nämlich schon § 275 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die so freiwillig erbrachten Beiträge stellen keinen nicht steuerbaren echten Zuschuss dar.

Ob die erstinstanzlichen Richter aus Schleswig-Holstein damit jedoch richtig liegen, prüft aktuell noch der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen XI R 36/22.

4. Für Immobilieneigentümer: Unentgeltliche Überlassung an Angehörige als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken?

Im Bereich des privaten Veräußerungsgeschäftes werden entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Wirtschaftsgüter von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Der Begriff der „Nutzung zu Wohnzwecken“ umschreibt eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die eigene Gestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises. So hat es bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 1.3.2021 unter dem Aktenzeichen IX R 27/19 definiert. Den Begriff der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ hat der Bundesfinanzhof entsprechend dem Zweck der Ausnahmeregelung, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes zu vermeiden, weit ausgelegt. Danach setzt das Merkmal der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ voraus, dass die Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. So der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 28.05.2002 unter dem Aktenzeichen IX B 208/01. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen. Unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt. So der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 24.05.2022 unter dem Aktenzeichen IX R 28/21, so auch die Verwaltungsauffassung im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 5.10.2000.

Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt jedoch vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich einem Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Auch dies hat der Bundesfinanzhof bereits mehrfach festgestellt, so beispielsweise im Urteil vom 27.6.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 37/16 sowie auch im Urteil vom 1.3.2021 unter dem Aktenzeichen IX R 27/19.

Hingegen ist eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene zuzurechnen, weil es ihm Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtungen obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen. So auch der Bundesfinanzhof zuletzt mit Urteil vom 24.5.2022 unter dem Aktenzeichen IX R 28/21.

Überlässt der Steuerpflichtige die Wohnung nicht ausschließlich einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind (oder mehreren einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Kindern) unentgeltlich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten, liegt nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im vorgenannten Urteil keine begünstigte Nutzung des Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken vor.

Die Differenzierung zwischen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Kindern und Dritten, gegebenenfalls auch unterhaltsberechtigten Personen begründet der Bundesfinanzhof mit dem Vereinfachungsgedanken der steuerlichen Regelungen zur Berücksichtigung von Kindern sowie dem Zweck der Ausnahmevorschrift vom privaten Veräußerungsgeschäft.

Soweit die höchstrichterliche Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Begriff der eigenen Wohnzwecke tatbestandlich auf die Vorschrift des § 32 EStG abstellt, geschieht dies vor dem Hintergrund der Annahme, dass der Gesetzgeber bei den nach dieser Vorschrift zu berücksichtigenden Kindern typisierend eine Unterhaltspflicht und das Entstehen von Aufwendungen annimmt. Eine Ermittlung im Einzelfall, ob dem Kind Unterhalb zu gewähren ist oder gegebenenfalls wegen eigener Einkünfte des Kindes keine Unterhaltspflicht besteht, soll durch diese typisierende Bewertung vermieden werden. So bereits auch schon der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 26.1.1994 unter dem Aktenzeichen X R 94/91.

Bei der Auslegung des Gesetzes berücksichtigt der Bundesfinanzhof dabei die unterschiedliche Zweckrichtung der Tatbestände des Einkommensteuergesetzes und des damaligen Eigenheimzulagengesetzes. Zwar ist das Merkmal der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken beim privaten Veräußerungsgeschäft im Einkommensteuergesetz im Ausgangspunkt so zu verstehen wie beim Eigenheimzulagengesetz. Zweck der gesetzlichen Freistellung des privaten Veräußerungsgeschäftes ist aber nicht die Förderung des Erwerbs von Wohneigentum durch möglichst viele Bürger und damit die Förderung der Vermögensbildung, sondern die Vermeidung der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes und eine damit einhergehende Behinderung der beruflichen Mobilität. Vor diesem Hintergrund setzt die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestandes des privaten Veräußerungsgeschäftes entsprechend seiner Zweckrichtung dem Grunde nach voraus, dass eine Besteuerung der beruflichen Mobilität des Steuerpflichtigen entgegenstünde, was nach Auffassung des Bundesfinanzhofs regelmäßig dann der Fall sein soll, wenn der Unterhaltsberechtigte im Fall eines beruflichen Wohnsitzwechsel des Steuerpflichtigen mitgehen würde. Dies dürfte bei einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Kind regelmäßig der Fall sein.

Danach wird eine vom Steuerpflichtigen zu Unterhaltszwecken unentgeltlich bereitgestellte Wohnung dann nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken des Steuerpflichtigen genutzt, wenn die Immobilie neben einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Kind auch anderen Angehörigen überlassen wird, selbst wenn diese auch aufgrund bürgerlich-rechtlicher Vorschriften unterhaltsberechtigt sind. Vor diesem Hintergrund führt auch die Mitnutzung durch ein weiteres, wegen seines Alters nicht mehr einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindes dazu, dass die Wohnung insgesamt nicht mehr als zu eigenen Wohnzwecken des Steuerpflichtigen genutzt anzusehen ist.

Vor diesem Hintergrund kommt das Finanzgericht Düsseldorf in seiner aktuellen Entscheidung vom 2.3.2023 unter dem Aktenzeichen 14 K 1525/19 E, F zu dem Schluss, dass im Falle der unentgeltlichen Überlassung einer Eigentumswohnung an einen zivilrechtlich dem Grunde nach unterhaltsberechtigten Angehörigen (im Streitfall die Mutter des Klägers bzw. die Schwiegermutter des Klägers) nicht als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des privaten Veräußerungsgeschäftes einzuordnen ist. Der Verkauf innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung der Immobilie war damit steuerpflichtig.

Hinweis: Das letzte Wort ist damit jedoch noch nicht gesprochen, da die Kläger die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt haben. Das Finanzgericht Düsseldorf hat nämlich auch erkannt, dass die Revision zuzulassen war, weil die Rechtsfrage insgesamt grundsätzliche Bedeutung hat. Unter dem Aktenzeichen IX R 13/23 müssen daher die obersten Richter der Republik nun klären, ob auch die unentgeltliche Überlassung an zivilrechtlich unterhaltsberechtigte Angehörige (die nicht einkommensteuerrechtlich als Kind berücksichtigt werden) als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des privaten Veräußerungsgeschäftes gewertet werden kann.

Tipp: Auch wenn vermutlich die Erfolgsaussichten beim Bundesfinanzhof eher gering sind, sollten Betroffene sich durchaus an das Verfahren anhängen, denn nur so kann gegebenenfalls die Besteuerung eines hohen Veräußerungsgewinnes verhindert werden. Und wer weiß: Dass der Bundesfinanzhof eine andere Meinung vertritt, ist keineswegs ausgeschlossen.

5. Für (ehemalige) GmbH-Gesellschafter: Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns bei teilentgeltlicher Übertragung im § 17 EStG

Ausweislich der gesetzlichen Vorschrift in § 17 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens einem Prozent beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen gehalten hat. Veräußerungsgewinn ist dann der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.

Fraglich ist aktuell, wie der Veräußerungsgewinn ermittelt wird, wenn eine teilentgeltliche Übertragung gegeben ist. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist bei teilentgeltlicher Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft eine Aufteilung des Rechtsgeschäftes in eine voll entgeltliche Veräußerung und eine voll unentgeltliche Übertragung nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert der übertragenden Anteile vorzunehmen.

Ein Veräußerungsgewinn entsteht, wenn die vom Erwerber erhaltene Gegenleistung den der Entgeltlichkeitsquote entsprechenden Teil der gesamten Anschaffungskosten übersteigt. Diese Vorgehensweise wird auch als sogenannte strenge Trennungstheorie bezeichnet und wurde bereits vom Bundesfinanzhof mit Urteil vom 17.7.1980 unter dem Aktenzeichen IV R 15/76 bestätigt. Auch das erstinstanzliche Finanzgericht Rheinland-Pfalz hält mit seinem Urteil vom 22.3.2023 unter dem Aktenzeichen 2 K 1617/19 an dieser Rechtsauffassung fest.

Zwar ist in Rechtsprechung und Literatur für die teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften umstritten, in welcher Weise bei der Aufteilung des Vorgangs in ein voll unentgeltliches und ein voll entgeltliches Geschäft der Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts den beiden Teilen des Rechtsgeschäfts zuzuordnen ist. Nach der sogenannten strengen Trennungstheorie wird der Buchwert jedenfalls anteilig nach dem Verhältnis zwischen dem Teilentgelt und dem Verkehrswert (Entgeltlichkeitsquote) zwischen dem entgeltlichen und dem unentgeltlichen Teil aufgeteilt.

Dagegen wird nach der sogenannten modifizierten Trennungstheorie der Buchwert bis zur Höhe des Teilentgelts dem entgeltlichen Teil und im Übrigen dem unentgeltlichen Teil zugeordnet.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz sieht in der Modifizierung jedoch keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung zur teilentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 17 EStG abzuweichen. Die dem zuvor beschriebenen Meinungsstreit zugrunde liegenden Sachverhalte betreffen regelmäßig die teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften und sind mit dem Streitfall der teilentgeltlichen Übertragung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht vergleichbar.

Auch sonst wird in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für Zwecke der teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens die strenge Trennungstheorie vertreten. So sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Anschaffungskosten des Teils des entgeltlichen Erwerbs eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und die Anschaffungskosten bei einem privaten Veräußerungsgeschäft im Rahmen der sonstigen Einkünfte nach den Grundsätzen der strengen Trennungstheorie zu ermitteln. So beispielsweise bereits der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 19.3.2014 unter dem Aktenzeichen X R 28/12.

Die Anwendung der strengen Trennungstheorie führt bei der teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens zu sachgerechten Ergebnissen, so die Rechtsprechung. Ist das teilentgeltliche Rechtsgeschäft in eine unentgeltliche und eine entgeltliche Komponente aufzuteilen, ist es gesetzes- und steuersystematisch schlüssig, auch die Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts in gleicher Weise auf diese beiden Komponenten aufzuteilen. Denn dies wird dem wirtschaftlich Gewollten - teils entgeltliche Veräußerung, teils schenkweise Übertragung - gerecht. Dies hat auch bereits der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 27.10.2015 unter dem Aktenzeichen X R 28/12 so gesehen.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs mit Urteil vom 5.7.2018 unter dem Aktenzeichen II B 122/17 mit Blick auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Ermittlung des Werts der Bereicherung bei einer gemischten Schenkung durch Abzug der Gegenleistung vom Steuerwert. Aus der schenkungsteuerrechtlichen Beurteilung teilentgeltlicher Geschäfte lassen sich keine Rückschlüsse für die ertragsteuerliche Ermittlung des Veräußerungsgewinns ziehen. Tatsächlich sind diese Rechtsgebiete unterschiedlich und folgen jeweils eigenen Regeln und einer eigenen Teleologie, die nicht notwendig mit der Frage der ertragsteuerlichen Rechtsfolge einer Übertragung im Wege der gemischten Schenkung verknüpft sind.

Insoweit führt das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in der oben bereits zitierten Entscheidung deutlich aus, dass bei teilentgeltlicher Übertragung von im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteilen der Vorgang nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert der übertragenden Anteile in ein voll unentgeltliches und ein voll entgeltliches Geschäft aufzuteilen ist. Es muss also die sogenannte strenge Trennungstheorie angewendet werden.

Hinweis: Auch wenn dies die Meinung der bisherigen Rechtsprechung ist, hat der vorliegend streitende Steuerpflichtige die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Die obersten Richter der Republik werden sich daher mit der Frage beschäftigen müssen, ob die strenge Trennungstheorie anzuwenden ist oder gegebenenfalls auch die modifizierte Trennungstheorie Anwendung finden kann. Letztere würde für den Steuerpflichtigen sicherlich zu einer geringeren Ertragsbesteuerung führen.

Das Verfahren trägt das Aktenzeichen IX R 15/23 und betroffene Steuerpflichtige sollten es durchaus als Musterverfahren nutzen. Die Chancen sind zwar eher gering, aber häufig geht es auch um viel, sodass ein kleiner Einspruch mit dem Antrag auf Verfahrensruhe generell nicht schaden sollte.

6. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Kein Fahrtenbuch bei Schätzung der Benzinkosten

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führt die Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit in aller Regel zum Zufluss von Arbeitslohn. Denn der Arbeitnehmer ist um den Betrag bereichert, den er für eine vergleichbare Nutzung aufwenden müsste und den er sich durch die Überlassung des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart hat. So bereits der Bundesfinanzhof in einem Beschluss vom 19.4.2021 unter dem Aktenzeichen VI R 43/18.

Der Wert der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten und für die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte ist entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 1 Nummer 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mittels der Ein-Prozent-Regelung und der 0,03 %-Regelung zu ermitteln. Dieser Wert kann mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

Ausweislich des Gesetzeswortlauts ist die Fahrtenbuchmethode daher nicht schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. Erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn die gesetzliche Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt weiter voraus, dass zum einen der Wert der Privatnutzung als Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt wird und zum anderen, dass die durch Belege nachzuweisenden Kosten die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstandenen Aufwendungen umfassen. Die Fahrtenbuchmethode gründet damit auf dem Zusammenspiel der Gesamtfahrleistung durch die im Fahrtenbuch selbst vollständig dokumentierten Fahrtstrecken einerseits und einer vollständigen Bemessungsgrundlage dafür andererseits, nämlich dem Ansatz der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen mittels belegmäßiger Erfassung der durch das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen. So auch bereits zu entnehmen einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.3.2014 unter dem Aktenzeichen VI R 35/12.

Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode folglich aus. Diese Auffassung ist auch der einschlägigen Literatur und zahlreichen Gesetzeskommentaren zu entnehmen. Entgegen der Auffassung des vorliegend klagenden Steuerpflichtigen gilt dies selbst dann, wenn aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlage oder eines Sicherheitszuschlags bei der Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als tatsächlich entstanden sind.

Auf Basis dieser allgemein geltenden Grundsätze kommt vorliegend der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 15.12.2022 unter dem Aktenzeichen VI R 44/20 zu dem Schluss, dass eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen (im Urteilsfall ging es ganz konkret um die Benzinkosten) die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Bemessung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Fahrzeuges ausschließt. Für die Praxis kann dies nur bedeuten, dass pingelig darauf zu achten ist, dass sämtliche Benzinkosten (und auch sonst alle anfallenden Kosten des Fahrzeugs) auch belegmäßig nachgewiesen werden können.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken des hier klagenden Steuerpflichtigen in Bezug auf eine Übermaßbesteuerung in den Fällen, in denen der zu versteuernde Nutzungsvorteil wegen fehlender Belege nicht nach der Fahrtenbuchmethode bewertet werden kann, sondern zwingend nach Maßgabe der Ein-Prozent-Regelung einzusetzen ist, teilte der Bundesfinanzhof vorliegend nicht.

Vielmehr erkannte er die Regelung auch unter Berücksichtigung des Belegerfordernisses als verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Bundesfinanzhof hat insoweit bereits mehrfach entschieden, dass die Ein-Prozent-Regelung verfassungskonform ist, weil der Steuerpflichtige zwischen dieser grob typisierenden Regelung und der Fahrtenbuchmethode, nach der eine Bewertung des vom Arbeitgeber zugewandten Nutzungsvorteils nach Maßgabe der tatsächlich entstandenen Kosten erfolgt, wählen kann. Dieses Wahlrecht wird durch das geregelte Nachweisverlangen nicht beeinträchtigt. Vielmehr kann eine zutreffende Bewertung des Nutzungsvorteils anhand der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen nur gelingen, wenn diese auch belastbar erfasst werden. Dem trägt der Gesetzgeber Rechnung, wenn er hierfür einen Nachweis mittels belegmäßiger Erfassung anordnet. Dies erkennt der Bundesfinanzhof im Regelfall sowohl als möglich als auch als zumutbar an.

7. Für Unternehmer: Billigkeitserlass von Nachforderungszinsen bei unzutreffender zeitlicher Zuordnung von Umsätzen

Ausweislich der gesetzlichen Vorschrift in § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen auch Zinsansprüche gehören, ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles aus persönlichen oder sachlichen Gründen unbillig wäre. So bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 26.9.2019 unter dem Aktenzeichen V R 13/18.

Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 227 AO ist eine Ermessensentscheidung im Sinne von § 5 AO, die im finanzgerichtlichen Verfahren nur daraufhin überprüft werden kann, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer oder eines Zinsanspruchs, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber der Wertung des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass ihre Erhebung unbillig erscheint. Das ist der Fall, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage (wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte) im Sinne der begehrten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. So definiert seitens des Bundesfinanzhofs in einer Entscheidung vom 20.9.2012 unter dem Aktenzeichen IV R 29/10. Eine solche Entscheidung kann ihren Grund entweder in Gerechtigkeitsgesichtspunkten oder in einem Widerspruch zu dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Zweck haben. Allerdings dürfen Billigkeitsmaßnahmen nicht die einem gesetzlichen Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einen sich lediglich in einem Einzelfall zeigenden, ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestand abhelfen.

Auf Basis dieser Grundlagen ist die Festsetzung von Zinsen nach § 233a AO grundsätzlich rechtmäßig, wenn der Schuldner der Steuernachforderungen Liquiditätsvorteile gehabt hat. Aber (und dies ist für die Praxis besonders wichtig): Bei einer von den ursprünglichen Steuerfestsetzungen abweichenden zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes durch die Finanzbehörde, die gleichzeitig zu einer Steuernachforderungen und einer Steuererstattung führt, sollen durch § 233a AO keine Zinsvorteile abgeschöpft werden, die in Wirklichkeit nicht vorhanden sind.

Im Billigkeitsverfahren auf Erlass festgesetzter Zinsen hat es der Unternehmer daher nicht hinzunehmen, dass eine um einen Monat verspätete Steueranmeldung zu einem Zinslauf von acht Monaten führt, wenn der erlangte Liquiditätsvorteil durch eine spätere Anmeldung und die entsprechende Vorauszahlung vor Beginn des Zinslaufs wieder entfallen war. Es kann durch die Verzinsung der sich aus der verspäteten Steuerfestsetzung ergebenden Steuernachforderungen kein Vorteil ausgeglichen werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Steuerpflichtige durch die verspätete Steuerfestsetzung keinen Vorteil hatte. Daher sind bei einer von den ursprünglichen Steuerfestsetzungen abweichenden zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes, die gleichzeitig zu einer Steuernachforderungen und einer Steuererstattung führt, tatsächlich nicht vorhandene Zinsvorteile auch nicht abzuschöpfen. Somit kann im Erlassverfahren wegen Nachforderungszinsen nicht unberücksichtigt bleiben, dass zum Beispiel der Liquiditätsvorteil, der dem Steuerpflichtigen durch die verspätete Anmeldung des im Voranmeldungszeitraum Dezember 01 ausgeführten Umsatzes erwachsen war, bereits mit Zahlung der für den Voranmeldungszeitraum Januar 02 angemeldeten Steuer und damit vor Beginn des Zinslaufes wieder entfallen ist.

Auf Basis dieser Grundlagen legt daher der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 23.2.2023 unter dem Aktenzeichen V R 30/20 fest, dass unterjährige Zinsvorteile bei der Prüfung eines Liquiditätsvorteils im Rahmen des Billigkeitserlasses von Nachforderungszinsen zur Umsatzsteuer unbeachtlich sind. Dem Erlass von Nachzahlungszinsen zur Umsatzsteuer steht demnach auch nicht entgegen, dass es zu mehreren aufeinanderfolgenden jahresübergreifenden Umsatzverlagerungen kommt.

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