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Mandantenbrief 09/2024

 

Inhalt:

 

  1. Für alle Steuerpflichtigen: Nur zurückgezahlte Erstattungszinsen können negative Einkünfte aus Kapitalvermögen sein
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Keine außergewöhnlichen Belastungen bei Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft
  3. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Bindungswirkung von gesondert festgestellten Grundbesitzwerten auch bei späteren Erwerben
  4. Für alle Steuerpflichtigen: Zahlreiche Entscheidungen rund um die Regelung des privaten Veräußerungsgeschäftes
  5. Für Erben: Zum Umfang der Befreiung eines Familienheims
  6. Für Vermieter: Umsatzsteuer bei Vermietung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen
  7. Für Alleingesellschafter-Geschäftsführer: Verdeckte Gewinnausschüttungen durch private Nutzung von Firmenwagen
  8. Für Immobilienakteure: Zur Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs

 

1. Für alle Steuerpflichtigen: Nur zurückgezahlte Erstattungszinsen können negative Einkünfte aus Kapitalvermögen sein

In seinem Beschluss vom 1.8.2023 stellt der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 8/21 klar: Werden Erstattungszinsen zur Einkommensteuer im Sinne der Regelung des § 233a Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) zugunsten des Steuerpflichtigen festgesetzt und an ihn ausgezahlt, und zahlt der Steuerpflichtige diese Zinsen aufgrund einer erneuten Zinsfestsetzung an das Finanzamt zurück, kann die Rückzahlung zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen führen.

Allerdings gibt es dabei ein »Aber«: Die Entstehung negativer Einnahmen im Sinne der Einkünfte aus Kapitalvermögen setzt nämlich voraus, dass die vom Steuerpflichtigen aufgrund der erneuten Zinsfestsetzung zu zahlenden Zinsen auf denselben Unterschiedsbetrag und denselben Verzinsungszeitraum entfallen wie die aufgrund der früheren Zinsfestsetzung erhaltenen Erstattungszinsen.

Dementsprechend muss wie folgt unterschieden werden: Einerseits zwischen der Rückzahlung von zunächst vereinnahmten Erstattungszinsen, denn in diesem Fall handelt sich um negative Einnahmen aus Kapitalvermögen, welche steuermindernd angesetzt werden können. Andererseits ist die erstmalige Zahlung von Nachzahlungszinsen kein Fall der negativen Einnahmen, da diese bereits gemäß gesetzlicher Regelung in § 12 Nummer 3 Halbsatz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem steuerlich unbeachtlichen Bereich zugewiesen werden und nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden dürfen.

Zur weiteren ausführlichen Begründung sei an dieser Stelle auf den oben bereits genannten Beschluss des Bundesfinanzhofs verwiesen.

 

2. Für alle Steuerpflichtigen: Keine außergewöhnlichen Belastungen bei Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft

Mit Urteil vom 10.8.2023 hat der Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen VI R 29/21 entschieden, dass Aufwendungen eines gleichgeschlechtlichen (Ehe-)Paares im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sein sollen.

Die Kläger in diesem Fall sind zwei Männer, die im Jahr 2017 die Ehe geschlossen haben und zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Sie machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Hintergrund hierfür war, dass das Ersatzmutterschaftsverhältnis in den Vereinigten Staaten begründet und durchgeführt wurde und die Ersatzmutter eine dort lebende Frau war, die bereits zwei eigene Kinder hatte. Die Schwangerschaft der Ersatzmutter wurde durch eine künstliche Befruchtung herbeigeführt, die Eizelle stammte von einer anderen in den USA lebenden Frau und die Samenzellen stammten von einem der Kläger. Durch die künstliche Befruchtung trug die Ersatzmutter ein Kind aus, welches seitdem bei den Klägern als Eltern in Deutschland lebt.

Das Finanzamt lehnte den Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ab, da »die Behandlung einer Leihmutterschaft gem. § 1 Abs. 1 ESchG (Embryonenschutzgesetz) in Deutschland verboten« sei. Die Kläger erhoben daraufhin Sprungklage, welche das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 7.10.2021 unter dem Aktenzeichen 10 K 3172/19 E abwies. Die Revisionskläger rügten nun die Verletzung materiellen Rechts.

Auch die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs befanden, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Die Begründung hierfür ist, dass nach § 33 des Einkommensteuergesetz (EStG) Aufwendungen nur dann als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden können, wenn sie zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen übersteigen. Allerdings handelt es sich bei einer Ersatzmutterschaft um eine Leistung, die gegen gesetzliche Bestimmungen in Deutschland verstößt. So ist diese in Deutschland nach § 1 Abs. 1 ESchG verboten. Dieses Verbot kann nach Ansicht des Bundesfinanzhofes nicht dadurch umgangen werden, dass die Ersatzmutterschaft im Ausland durchgeführt wird.

Auch der verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes (GG) oder die Gleichberechtigung aller Menschen nach Artikel 3 GG führt nicht dazu, dass die Aufwendungen steuermindernd geltend gemacht werden können.

Insgesamt ist also festzuhalten, dass nach dem Urteil Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ersatzmutterschaft nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend gemacht werden können. Die Entscheidung basiert auf dem Verbot von Ersatzmutterschaften in Deutschland und auf der Ansicht des Bundesfinanzhofes, dass auch ein Verstoß gegen dieses Verbot nicht durch eine Durchführung im Ausland legalisiert werden kann.

 

3. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Bindungswirkung von gesondert festgestellten Grundbesitzwerten auch bei späteren Erwerben

Ein gesondert festgestellter Grundbesitzwert entfaltet Bindungswirkung für alle Schenkungsteuerbescheide, bei denen er in die steuerliche Bemessungsgrundlage einfließt. Dies betont der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 26.7.2023 unter dem Aktenzeichen II R 35/21.

Im Sachverhalt erwarb der Kläger zum 31.12.2012 von seinem Vater einen hälftigen Miteigentumsanteil an unbebauten Grundstücken. Dies war im Gesamtkontext der Vorerwerb. Die Grundbesitzwerte wurden mit Feststellungsbescheid aus dem Jahr 2016 auf insgesamt 87.392 Euro festgestellt, und die Schenkungsteuer wurde aufgrund des persönlichen Freibetrages zwischen Vater und Sohn mit 0 Euro festgesetzt.

Im Jahr 2017 erhielt der Kläger von seinem Vater unentgeltlich 400.000 Euro durch einen Forderungsverzicht geschenkt. Das Finanzamt setzte hierfür Schenkungsteuer in Höhe von 9.603 Euro fest, wobei der Vorerwerb mit 87.392 Euro berücksichtigt wurde. Der Kläger machte Einspruch geltend, dass der Grundbesitzwert unzutreffend festgestellt worden sei und der Vorerwerb mit dem richtigen Wert anzusetzen sei. Der Einspruch wurde abgelehnt und auch die Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos.

Der Bundesfinanzhof entschied, dass der Schenkungsteuerbescheid rechtmäßig ist und die festgestellten Grundbesitzwerte von 87.392 Euro zu Recht in die steuerliche Bemessungsgrundlage eingeflossen sind. Insoweit kommt dem Feststellungsbescheid eine Bindungswirkung zu.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile zusammengerechnet, wobei frühere Erwerbe mit ihrem früheren Wert angesetzt werden. Jeder Erwerb unterliegt für sich der Steuer. Die früheren Erwerbe werden dem letzten Erwerb mit ihrem damals festgesetzten Wert zugerechnet, was verhindern soll, dass durch Aufteilung in Teilübertragungen Steuervorteile erlangt werden.

Die Besteuerungsgrundlagen, wie vorliegend die Grundbesitzwerte, werden durch gesonderte Feststellungsbescheide festgestellt. Diese Bescheide sind dabei immer bindend für alle nachfolgenden Steuerbescheide, auch wenn sie nicht unanfechtbar sind. Ein nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) festgestellter Grundbesitzwert ist immer bindend für alle späteren Schenkungsteuerbescheide, auch für die Berücksichtigung als Vorerwerb bei späteren Erwerbsvorgängen innerhalb des Zehnjahreszeitraums. Wenn daher der Wert des Feststellungsbescheid nicht korrekt ist, muss er auch angegriffen werden, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch keine Steuer aus dem Erwerb oder hier dem Vorerwerb resultiert.

Die obersten Richter des Bundesfinanzhofes haben insoweit festgestellt, dass auch materiell-rechtlich unzutreffende Werte, die in einem Feststellungsbescheid festgesetzt wurden, für die Besteuerung des letzten Erwerbs innerhalb des Zehnjahreszeitraums zu berücksichtigen sind. Ein Steuerpflichtiger kann Einwendungen gegen diese Feststellungen nicht im Rahmen der Anfechtung des Schenkungsteuerbescheids, sondern nur gegen den Feststellungsbescheid selbst geltend machen. Dies ist von entscheidender Bedeutung.

Der Bundesfinanzhof betonte dabei, dass er auch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetztes sieht. Die unterschiedliche Behandlung von Werten, die gesondert festgestellt werden müssen, und solchen, die keiner gesonderten Feststellung unterliegen, führt nicht zu einer Ungleichbehandlung.

Die Entscheidung basiert im Endeffekt auf der rechtlichen Bindungswirkung von Feststellungsbescheiden nach § 182 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO), die für alle nachfolgenden Schenkungsteuerbescheide maßgeblich sind. Diese Bindungswirkung gilt unabhängig davon, ob der Wert materiell-rechtlich zutreffend oder unzutreffend festgesetzt wurde. Die Berücksichtigung des unzutreffend festgestellten Grundbesitzwerts als Vorerwerb im Rahmen der Schenkungsteuerfestsetzung für den nachfolgenden Erwerb ist daher rechtmäßig.

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes verdeutlicht die Bindungswirkung von gesonderten Feststellungsbescheiden für die Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften. Einwendungen gegen die festgestellten Werte müssen direkt gegen die Feststellungsbescheide erhoben werden, da diese für alle nachfolgenden Steuerfestsetzungen bindend sind.

 

4. Für alle Steuerpflichtigen: Zahlreiche Entscheidungen rund um die Regelung des privaten Veräußerungsgeschäftes

Im Wesentlichen sind private Veräußerungsgeschäfte dann gegeben, wenn bei Grundstücken eine Veräußerung innerhalb von zehn Jahren nach deren Anschaffung stattfindet. Ausgenommen sind dabei Immobilien, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Daneben gehören jedoch zu den Veräußerungsgeschäften auch andere Wirtschaftsgüter, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Wird aus der Nutzung dieser Wirtschaftsgüter zumindest in einem Jahr ein Einkommenstatbestand realisiert, erhöht sich auch hier der Zeitraum auf zehn Jahre.

Darüber hinaus liegen private Veräußerungsgeschäfte auch noch bei Veräußerungsgeschäften vor, bei den die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher als ihr Erwerb erfolgt. Dies ist aber sicherlich eher ein Exot für die meisten Steuerpflichtigen, weshalb es hier auch nicht in den Vordergrund treten soll.

Insgesamt gab es in der jüngsten Vergangenheit dennoch zahlreiche wichtige finanzgerichtliche Entscheidungen rund um die privaten Veräußerungsgeschäfte, weshalb im Folgenden einige davon genannt werden sollen.

 

Unter dem Aktenzeichen IX R 13/23 haben die obersten Finanzrichter der Republik am 14.11.2023 die Auffassung ihrer erstinstanzlichen Kollegen bestätigt, wonach die Steuerbarkeit der Veräußerung einer Eigentumswohnung nicht aufgrund der Befreiungsvorschriften für die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken entfällt, wenn die Wohnung zwischen Fertigstellung und Veräußerung unentgeltlich an die unterhaltsberechtigte Schwiegermutter des Veräußerers überlassen wird. Die den Bereich der Eigenheimförderung betreffende Regelung, wonach auch in der unentgeltlichen Überlassung an einen Angehörigen eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt, ist im Rahmen der Ausnahmetatbestände des privaten Veräußerungsgeschäftes bei der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken leider nicht entsprechend anwendbar.

Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Entscheidung zum Befreiungstatbestand bei Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ergangen, die in der Praxis unbedingt Beachtung finden müssen, damit es später kein böses Erwachen gibt.

 

So hat der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung am 24.5.2022 unter dem Aktenzeichen IX R 28/21 entschieden, dass eine Wohnung nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und somit ein Befreiungstatbestand nicht greift, wenn die Wohnung durch den Steuerpflichtigen unentgeltlich an leibliche Kinder überlassen wird, die im Zehnjahreszeitraum des privaten Veräußerungsgeschäftes nicht mehr nach § 32 des Einkommensteuergesetzes berücksichtigungsfähig sind. Bekommt man also weder Kindergeld noch den Kinderfreibetrag für die Kinder, liegt bei der Überlassung auch keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor.

 

Mit Datum vom 14.11.2023 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 10/22 weitergehend klargestellt, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne der Vorschrift des privaten Veräußerungsgeschäftes auch nicht vorliegt, wenn eine Nutzungsüberlassung auch (!) an den geschiedenen Ehegatten erfolgt. Damit hat der Bundesfinanzhof seine Entscheidung vom 14.2.2023 unter dem Aktenzeichen IX R 11/21 bestätigt.

 

In der vorgenannten Entscheidung vom 14.2.2023 ging es konkret darum, dass eine willentliche Veräußerung auch dann vorliegen kann, wenn der Ehegatte seinen Miteigentumsanteil an dem im Miteigentum beider Ehepartner stehenden Einfamilienhaus vor dem Hintergrund der drohenden Zwangsvollstreckung im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung innerhalb der Behaltefrist entgeltlich auf seinen geschiedenen Ehepartner überträgt. Der Ehegatte nutzt seinen Miteigentumsanteil nach dem Auszug aus dem Familienheim nämlich nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des privaten Veräußerungsgeschäftes, wenn der geschiedenen Ehepartner und das gemeinsame minderjährige Kind weiterhin dort wohnen.

 

Am 26.9.2023 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 14/22 klargestellt, dass der Verkauf eines Gartengrundstücks bei teils weiterhin bestehender Wohnnutzung im Übrigen nicht von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ausgenommen ist. Zwischen dem angeschafften bebauten Grundstück und dem veräußerten, durch Teilung erst entstandenen unbebauten Teilgrundstück besteht insoweit keine wirtschaftliche Identität. Die Besteuerungsausnahme erstreckt sich zwar nicht nur auf das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Gebäude, sondern auch auf den dazugehörigen Grund und Boden, allerdings nur, sofern ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen dem Gebäude und dem Grundstück besteht. Ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude und dem dazugehörenden Grund und Boden entfällt allerdings, soweit von dem bisher ungeteilten Wohngrundstück ein unbebauter Teil abgetrennt wird. Die beiden dadurch entstehenden Grundstücke sind in Bezug auf ihre Nutzung zu eigenen Wohnzwecken jeweils getrennt zu betrachten.

 

Mit Urteil vom 26.9.2023 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 13/22 entschieden, dass der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks führt. Diese Entscheidung stellt nicht nur eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung dar, sondern wendet sich auch ganz konkret gegen die Auffassung der Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14.3.2006.

 

Das erstinstanzliche Finanzgericht Münster hat in seiner Entscheidung vom 12.12.2023 unter dem Aktenzeichen 6 K 2489/22 G klargestellt, dass ein unentgeltlich eingeräumtes Nießbrauchsrecht ein Wirtschaftsgut im Sinne des privaten Veräußerungsgeschäftes ist, das auch einlage- und entnahmefähig ist. Der entgeltliche Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht stellt jedoch keine Veräußerung dar, sondern allenfalls einen veräußerungsähnlichen Vorgang. Solche veräußerungsähnlichen Vorgänge hingegen fallen nicht unter die Regelung des privaten Veräußerungsgeschäftes in § 23 EStG. Wie zu erwarten, ist die Finanzverwaltung über eine derart positive Entscheidung nicht glücklich, weshalb sich schließlich noch der Bundesfinanzhof zu Wort melden muss. Unter dem Aktenzeichen IX R 4/24 haben die obersten Richter der Republik zu klären, ob bei einem entgeltlichen Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht steuerbare Einkünfte im Sinne des privaten Veräußerungsgeschäftes gegeben sind.

 

Neben der zuvor genannten positiven erstinstanzlichen Entscheidung gibt es auch eine negative erstinstanzliche Entscheidung. Das Finanzgericht Hamburg hat nämlich am 19.10.2023 unter dem Aktenzeichen 1 K 97/22 klargestellt, dass die Kosten eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners keine Werbungskosten im Zusammenhang mit der Erzielung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter sind.

Abschließend wird jedoch auch hier der Bundesfinanzhof die Sachlage klären müssen. Unter dem Aktenzeichen IX R 29/23 muss er die Rechtsfrage beantworten, ob Aufwendungen eines Insolvenzverfahrens als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften abgezogen werden können, wenn die betreffenden Objekte im Rahmen des Insolvenzverfahrens verwertet wurden.

 

5. Für Erben: Zum Umfang der Befreiung eines Familienheims

Mit Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12.7.2023 hat dieses unter dem Aktenzeichen 3 K 14/23 zum Umfang der erbschaftsteuerlichen Befreiung eines Familienheims Stellung genommen. Danach gilt: Nur die Grundfläche des mit dem Familienheim bebauten Flurstücks, oder bei größeren Flurstücken: eine angemessene Zubehörfläche, unterfällt dem verfassungsrechtlichen Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraums und ist erbschaftsteuerlich begünstigt.

Ausweislich der Vorschrift in § 13 Abs. 1 Nummer 4 c des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) ist der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen bebauten Grundstücks im Sinne des § 181 Abs. 1 Nummer 1 bis 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) durch Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nummer 2 und der Kinder verstorbener Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nummer 2, steuerfrei. Voraussetzung:

  • Der Erblasser hat darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt oder war aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert,
  • der Erwerber nutzt die Wohnung unverzüglich selbst zu eigenen Wohnzwecken und
  • die Wohnfläche der Wohnung übersteigt nicht 200 Quadratmeter.

Eine nähere Bestimmung, so der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 23.2.2021 mit Aktenzeichen II R 29/19, in welchem Umfang der zu der Wohnung gehörende Grund und Boden an der Begünstigung teilhat, enthält die Vorschrift nicht. In Betracht kommt einerseits das Grundstück im zivilrechtlichen Sinne, dies bedeutet ein vermessener, im Liegenschaftskataster bezeichneter Teil der Erdoberfläche, oder andererseits die wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 2 Absatz 1 BewG.

In dem entschiedenen Fall hatte das Finanzamt für die nebeneinanderliegenden Grundstücke mit dem Wohnhaus einerseits und dem Gartengrundstück andererseits in getrennten Feststellungsbescheiden die Grundbesitzwerte festgestellt. Für diese Konstellation der fehlenden bewertungsrechtlichen Verbindung sollen, so der Bundesfinanzhof, die Feststellungsbescheide des Finanzamtes nicht nur hinsichtlich der Werte, sondern auch hinsichtlich des Umfangs der wirtschaftlichen Einheit als Grundlagenbescheide für den Erbschaftsteuerbescheid bindend sein. Zugleich hatte der Bundesfinanzhof ausdrücklich offengelassen, ob im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung für das Familienheim das Grundstück im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches oder im Sinne des Bewertungsgesetzes zu verstehen sei.

Dabei hat sich der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen leiten lassen:

Für die Bestimmung des Grundstücksbegriffs im Sinne der erbschaftsteuerlichen Befreiung nach zivilrechtlichen Grundsätzen spricht die bürgerlich-rechtliche Prägung des Erbschaftsteuergesetzes. Als Verkehrssteuer knüpft die Erbschaftsteuer grundsätzlich an bürgerlich-rechtliche Vorgänge an. Andererseits verweist die Befreiungsvorschrift auf bebaute Grundstücke im Sinne des Bewertungsgesetzes und gerade nicht im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Nach § 12 Abs. 3 ErbStG in Verbindung mit dem Bewertungsgesetz sind für Zwecke der Erbschaftsteuer für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens die Grundbesitzwerte gesondert festzustellen. Die Feststellung treffen die zuständigen Belegenheitsfinanzämter. Diese sind zwar nicht zur Entscheidung darüber befugt, ob eine Steuerbefreiung für das Familienheim zu gewähren ist. Ihnen obliegt neben der Wertfeststellung aber auch die verbindliche Feststellung über die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens.

Ausgehend von diesen Grundsätzen sei die Steuerbefreiung für das Familienheim im damaligen Streitfall nur für ein Grundstück, auf dem sich das Familienheim befand, zu gewähren, da dieses als eigene wirtschaftliche Einheit bewertet worden ist. Insoweit ist nach zivilrechtlichen Maßstäben abzugrenzen. Sei bewertungsrechtlich abzugrenzen, folgt dies aus den beiden getrennten Feststellungsbescheiden des Belegenheitsfinanzamtes für die beiden Grundstücke, die im vorliegenden Verfahren auch hinsichtlich der Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit bindend sind. Für die Fallgestaltung sind die Feststellungsbescheide nicht nur hinsichtlich der Werte, sondern auch hinsichtlich des Umfangs der wirtschaftlichen Einheit als Grundlagenbescheide für die Erbschaftsteuerbescheide bindend. Insoweit bedurfte es keiner Entscheidung, ob bei der Steuerbefreiung des Familienheims das Grundstück im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches oder des Bewertungsgesetzes zu verstehen ist.

Der Bundesfinanzhof hatte bisher für eine Gemengelage mit mehreren benachbarten Flurstücken nicht zu entscheiden, welche Flächen dem Grundstücksbegriff in der erbschaftsteuerlichen Befreiungsvorschrift zuzuordnen sind. Das könnten (a) die einzelnen Flurstücke, wie sie von der Katasterbehörde gebildet worden sind, (b) das Grundstück, wie es im Grundbuch eingetragen ist, auch wenn es auf Antrag des Eigentümers aus zahlreichen einzelnen benachbarten Flurstücken besteht, (c) die wirtschaftliche Einheit im Sinne des Bewertungsgesetzes, die nach den Anschauung des Verkehrs und der örtlichen Gewohnheit, der tatsächlichen Übung, der Zweckbestimmung oder der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit gebildet wird, oder schließlich (d) das speziell erbrechtlich zu begünstigende Grundstücke sein.

Die Varianten (a) und (b) bergen das Risiko in sich, dass der Grundstückseigentümer den Umfang des nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG begünstigten Immobilienvermögens durch Gestaltung über den gebotenen Schutz des Familienwohnheims hinaus zu erweitern sucht, denn sowohl die Größe und der Umfang der Flurstücke als auch der Grundstücke unterliegen ausschließlich der Gestaltungsfreiheit der Eigentümer. So können benachbarte Flurstücke im Sinne des Katasterrechts »verschmolzen« werden. So hätten hier alle Grundstücke vom Eigentümer durch einfache Erklärung gegenüber dem Katasteramt zu einem Flurstück mit einer neuen Flurstücksbezeichnung verschmolzen werden können. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch lässt es relativ leicht zu, Flurstücke durch Erklärung in einem Grundbuchblatt »zu vereinigen«. Solche Gestaltungen entsprächen nicht dem Zweck der streitigen Steuerbegünstigung. Aber auch die §§ 2, 181 BewG bieten mitunter keine angemessene Lösung. Nach den Anschauungen des Verkehrs und der örtlichen Gewohnheit bildeten die im Urteilsfall vorliegenden Grundstücke tatsächlich bewertungsrechtlich eine wirtschaftliche Einheit, ohne dass damit das zu begünstigende Familienheim im Sinne des § 13 ErbStG zutreffend erfasst wäre, denn es würde wohl das einheitlich genutzte Gartengrundstück bewertungsrechtlich dazugehören, obwohl es sich dabei um ein baurechtlich selbständig bebaubares Grundstück handelt.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Regelungen des § 13 Abs. 1 Nr. 4 a) bis c) ErbStG bei einer zu weiten Auslegung im Hinblick auf die Doppelbegünstigung der nahen Familienmitglieder durch hohe Freibeträge gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG und die Freibeträge nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 a) bis c) ErbStG, die nicht miteinander verrechnet werden, verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnen, was es rechtfertigt, die Rechtsnormen eng auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift nach der Gesetzesbegründung ausschließlich dem Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraums dienen soll. Ein selbständig parzelliertes unbebautes Grundstück dient indes diesem Zweck nicht, sondern ist selbständig verkehrsfähig und könnte von dem Erben umgehend veräußert werden. Bei der gebotenen verfassungskonformen restriktiven Auslegung der Befreiungsnorm des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ist deshalb nicht auf die bewertungsrechtliche wirtschaftliche Einheit, sondern die kleinere kastastermäßige Grundstücksfläche, wenn eine solche existiert, abzustellen. Ansonsten wäre eine Teilfläche zu bestimmen gewesen.

Wenn aber damit die Varianten (a), (b) und (c) keine den verfassungsrechtlichen Grundlagen entsprechende Lösung zur Verfügung stellen können, muss die Begünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG von dem für die Festsetzung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt selbständig bestimmt werden. Zugleich muss es dem zuständigen Finanzamt und nachgehend dem Gericht aus Gründen der Belastungsgleichheit möglich sein, selbst bei katasterrechtlich verschmolzenen Flurstücken nur einen Teil der Grundstücksfläche dem Familiengebrauchsvermögen zuzuordnen. Nur so lässt sich vermeiden, dass eine angrenzende, grundsätzlich selbständig bebaubare Fläche in die Begünstigung einbezogen werden muss.

Deshalb erscheint es sachgerecht, wenn das Belegenheitsfinanzamt die katastermäßig selbständigen Flächen zwar zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenfasst bzw. zusammenfassen muss, zugleich aber unter den »Nachrichtlichen Angaben« deutlich macht, dass eine Differenzierung im Hinblick auf die Zuordnung als Familienheim in Betracht kommt. Damit hat das Belegenheitsfinanzamt zugleich im Ergebnis zutreffend dokumentiert, dass die Flurstücke im Übrigen hinsichtlich der Steuerbefreiung abweichend vom Begriff der wirtschaftlichen Einheit im bewertungsrechtlichen Sinne zu berücksichtigen seien.

Abschließend wird sich daher der Bundesfinanzhof in der Revision unter dem Aktenzeichen II R 27/23 mit der Angelegenheit beschäftigen müssen. Die konkret hier anhängige Rechtsfrage: Welche Flächen sind in dem Zusammenhang mit der Steuerbegünstigung für das Familienheim als begünstigtes Vermögen zu berücksichtigen, insbesondere wenn es sich um eine Gemengelage von benachbarten Flurstücken handelt?

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden über diese Thematik erneut berichten, da entsprechende Sachverhalte nicht so selten sind, wie man meinen sollte.

 

6. Für Vermieter: Umsatzsteuer bei Vermietung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen

Mit Urteil vom 17.8.2023 hat der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen V R 7/23 klargestellt, dass es mit Blick auf die Umsatzsteuer kein Aufteilungsgebot bei Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen gibt. Mit dieser Entscheidung gibt der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung aus dem Senatsurteil vom 28.5.1998 unter dem Aktenzeichen V R 19/96 auf. Diese Meinungsänderung erfolgt jedoch keinesfalls freiwillig, da das aktuelle Urteil als Folgeentscheidung zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4.5.2023 unter dem Aktenzeichen C-516/21 angesehen werden muss. Aber zum Hintergrund:

Der Sachverhalt des Falls, der vom Bundesfinanzhof am 17.08.2023 entschieden wurde, bezieht sich auf die Verpachtung eines Stallgebäudes zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Diese Vorrichtungen waren speziell auf die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall abgestimmt. Sie umfassten Elemente wie Fütterungsanlagen, Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie Beleuchtungssysteme, die für die Aufzucht und das Wohlbefinden der Puten notwendig waren. Die Klage betraf die steuerliche Einordnung dieser Vermietung.

Das Finanzamt argumentierte, dass die Vermietung in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen sei. Es berief sich auf § 4 Nr. 12 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), der ein Aufteilungsgebot vorsieht. Das Finanzgericht hatte jedoch die Einheitlichkeit der Leistung bejaht und die Vermietung als eine Gesamtleistung betrachtet.

Der Bundesfinanzhof entschied, dass in diesem Fall kein Aufteilungsgebot gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG anzuwenden ist. Die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen ist keine eigenständige steuerpflichtige Leistung, wenn sie eine Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung eines Gebäudes als Hauptleistung darstellt. Dies führt zu einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung, die nicht aufgeteilt werden muss. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes basierte auf der Auslegung von Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, der die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen von der Steuerfreiheit ausschließt.

Insgesamt bedeutet die Entscheidung, dass die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken mit Betriebsvorrichtungen als eine umsatzsteuerliche Gesamtleistung betrachtet wird, wenn sich eine Nebenleistung zur Vermietung eines Gebäudes als eigentliche Hauptleistung darstellt. Es besteht kein Aufteilungsgebot, und die steuerliche Behandlung erfolgt im Rahmen der steuerfreien Vermietung gemäß den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und den EU-Richtlinien.

 

7. Für Alleingesellschafter-Geschäftsführer: Verdeckte Gewinnausschüttungen durch private Nutzung von Firmenwagen

Verdeckte Gewinnausschüttungen durch die private Nutzung von Firmenwagen können immer dann entstehen, wenn keine fremdübliche Überlassungs- oder Nutzungsvereinbarung vorliegt, eine Nutzung über eine solche Vereinbarung in der Realität hinausgeht oder gegen ein ausdrückliches Verbot zur Nutzung des Fahrzeuges verstoßen wird. Die Rechtsprechung des I. und VI. Senats des Bundesfinanzhofs ist in dieser Abgrenzung weitgehend übereinstimmend. Insbesondere wird betont, dass eine private Nutzung ohne entsprechende organisatorische Maßnahmen zur Ausschließung der Privatnutzung oder bei unbeschränkter Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafters als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden kann.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt dabei insbesondere auch vor, wenn die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil gewährt, den sie einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Die private Pkw-Nutzung kann als Arbeitslohn oder verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert werden, abhängig von der vertraglichen Situation und rechtlichen Besteuerungsvoraussetzungen. Die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn und verdeckter Gewinnausschüttung basiert dabei grundlegend auf der Fremdüblichkeit der Nutzungsvereinbarung und der gesellschaftlichen Veranlassung der Nutzung. Die Möglichkeit zur Privatnutzung genügt lohnsteuerrechtlich, während ertragsteuerlich eine tatsächliche private Nutzung erforderlich ist.

Der Nachweis einer privaten Nutzung eines betrieblichen Pkw ist in der Praxis hochproblematisch und streitanfällig. Der Anscheinsbeweis spielt eine wichtige Rolle, wobei bei fehlendem Fahrtenbuch, fehlenden organisatorischen Maßnahmen zur Ausschließung der Privatnutzung oder unbeschränkter Zugriffsmöglichkeit des Gesellschafters der Beweis des ersten Anscheins regelmäßig für eine private Nutzung spricht. Die Rechtsprechung differenziert je nach den rechtlichen Besteuerungsvoraussetzungen allerdings durchaus zwischen lohnsteuerlicher und ertragsteuerlicher Betrachtung der privaten Pkw-Nutzung.

Vor dieser grundlegenden Einordnung kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 28.4.2023 mit dem Aktenzeichen 10 K 1193/20 K, G, F zu dem Ergebnis, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins bereits dafür spricht, dass ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer einen ihm zur Verfügung stehenden betrieblichen Pkw unabhängig von einem mit der ebenfalls von ihm vertretenen Gesellschaft vereinbarten Nutzungsverbot auch für private Fahrten nutzt. Es ist nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichtes insoweit nicht zu erwarten, dass ein Verstoß gegen ein privates Nutzungsverbot aufgrund des fehlenden Interessensgrundsatzes eine irgendwie geartete gesellschaftsrechtliche bzw. arbeitsrechtliche Konsequenz nach sich ziehen würde. Insoweit schließen sich die Richter des Finanzgerichtes Münsters der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 23.1.2008 unter dem Aktenzeichen I R 8/06 an.

Die private Nutzung eines Fahrzeugs durch den Alleingesellschafter-Geschäftsführer trotz eines privaten Nutzungsverbots führt daher zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Diese ist nicht mit dem lohnsteuerrechtlichen Wert, sondern im Rahmen der Regelung zu den verdeckten Gewinnausschüttungen auf Ebene der Kapitalgesellschaft nach den Maßstäben des Fremdvergleichs unter Berücksichtigung des gemeinen Wertes und damit eines angemessenen Gewinnsaufschlag zu bewerten. Die private Nutzung eines Fahrzeugs im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung stellt aus Sicht der Gesellschaft keine betriebliche Nutzung dar, weshalb beispielsweise auch die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrages ausgeschlossen ist.

Gegen seine Entscheidung hat das Finanzgericht Münster die Revision zum Bundesfinanzhof wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. Es ist insoweit klärungsbedürftig, ob für den Fall eines Alleingesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH ein Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass er einen ihm überlassenen betrieblichen Pkw, für den er mit der von ihm vertretenen Gesellschaft ein privates Nutzungsverbot vereinbart hat, nicht ausschließlich dienstlich, sondern auch privat nutzt. Der Bundesfinanzhof wird sich unter dem Aktenzeichen I R 33/23 mit dieser Frage beschäftigen.

 

8. Für Immobilienakteure: Zur Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs

Hinter dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 21.6.2023 unter dem Aktenzeichen II R 2/21 verbirgt sich ein Fall, in dem die Klägerin im Wege der Verpflichtungsklage beantragt hat, dass das Finanzamt zur Aufhebung von Grunderwerbsteuerbescheiden verpflichtet wird.

Ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) kann insoweit durch den Veräußerer rückgängig gemacht werden, wenn er das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurückkauft, und zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang.

In diesem Fall wird gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Grunderwerbsteuer nicht festgesetzt oder eine bereits erfolgte Steuerfestsetzung aufgehoben. Unbedingt dabei zu beachten ist jedoch, dass dies nur dann der Fall ist, wenn der Erwerbsvorgang fristgerecht und in allen Teilen vollständig angezeigt wurde (§§ 18, 19 GrEStG). Wenn diese Anzeigepflicht nicht erfüllt wurde, kann die Steuer gemäß § 16 Abs. 5 GrEStG nicht aufgehoben werden.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft erworben und innerhalb von zwei Jahren an den Veräußerer zurückverkauft. Da der Rückkauf innerhalb der Frist stattfand, besteht ein Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung. Zur Wahrung der Grunderwerbsteuer-Anzeigepflicht des Steuerpflichtigen genügt die Anzeige des Notars.

Konkret urteilte der Bundesfinanzhof: § 16 Abs. 5 GrEStG steht einer Aufhebung der Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 2 GrEStG nicht entgegen, wenn der Notar den Erwerbsvorgang zwar nicht innerhalb der für ihn geltenden Frist des § 18 GrEStG anzeigt, seine Anzeige bei dem zuständigen Finanzamt aber noch innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden Frist des § 19 GrEStG eingeht.

 

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