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Mandantenbrief 11/2020

Inhalt:
  1. Für alle Steuerpflichtigen: "Privat"-Verkäufe über eBay
  2. Für Immobilienerwerber: Was unterliegt überhaupt alles der Grunderwerbsteuer?
  3. Für Vermieter: Sofortiger Werbungskostenabzug durch Umgehung der anschaffungsnahen Herstellungskosten
  4. Für Vermieter: Werbungskostenüberschüsse vor unentgeltlicher Immobilienübertragung auf den Mieter
  5. Für Erben: Der steueroptimierte Einsatz des Pflichtteilsanspruchs
  6. Für Besitzer einer Ferienwohnung: Ortsübliche Vermietungszeiten
  7. Für einbringende Steuerpflichtige: Gewinnausschüttung im Rückwirkungszeitraum

1. Für alle Steuerpflichtigen: "Privat"-Verkäufe über eBay

Immer wieder kommt mit der Finanzverwaltung Streit darüber auf, ob ein Handel über die Internetplattform eBay aus steuerlicher Sicht zu einem Gewerbebetrieb führt und dementsprechend auch Gewerbesteuer zu zahlen ist. Ebenso ist in solchen Sachverhalten regelmäßig streitbefangen, ob die Verkäufe über die Internetplattform auch der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind. Die steuerlichen Folgen können also durchaus enorm sein.

Eine erstinstanzliche Entscheidung gibt es hier vom Hessischen Finanzgericht mit Urteil vom 19.07.2018 unter dem Aktenzeichen 2 K 1835/16. Dort hatte ein Steuerpflichtiger über Jahre hinweg einen nachhaltig ausgeübten Handel mit Gebrauchsgegenständen auf der Internetplattform eBay betrieben, die er jeweils mit einem Mindestgebot von einem Euro eingestellt hatte. Die Gegenstände stammten dabei regelmäßig aus Entrümpelungen und Haushaltsauflösungen.

Insoweit stellte sich vorliegend die Frage, ob eine unternehmerische Betätigung gegeben ist oder ob es sich noch um eine Art Vermögensverwaltung handeln kann, sodass der Fiskus nicht die Hand aufhält.

Mit der oben genannten Entscheidung des Hessischen Finanzgerichtes stellten die Richter fest, dass im vorliegenden Fall der Gewinn aus dem Verkauf der Gegenstände sowohl der Einkommensteuer als auch der Gewerbesteuer zu unterwerfen ist. Zudem unterliegen die Veräußerungen auch der Umsatzsteuer. Dies begründen die erstinstanzlichen Richter wie folgt:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen. Ausweislich des Gesetzes ist ein Gewerbebetrieb eine selbstständige, nachhaltige Tätigkeit, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Zusätzlich im Gesetz ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist, dass die jeweilige Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet.

Für die Umsatzsteuer gilt: Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, unterliegen der Umsatzsteuer. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist dabei (unabhängig von den Regelungen im Einkommensteuergesetz) jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.

Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb bzw. Unternehmereigenschaft einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre andererseits ist unter Berücksichtigung und Abwägung der einzelnen Umstände auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen, wie bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 20.12.2000 unter dem Aktenzeichen X R 1/97 klargestellt hat. In Zweifelsfällen ist danach maßgebend, ob die Tätigkeit, sollte sie gewerblich sein, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist.

Bei der rechtlichen Entscheidung über die Frage, ob eine Vermögensverwaltung oder eine unternehmerische Betätigung vorliegt, ist eine Reihe verschiedener, nicht abschließend festgelegter Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedliche Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können.

Insbesondere sind dabei zu würdigen: die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Höhe der Entgelte, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze, das planmäßige Tätigwerden und die Vielzahl des Warenangebots. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, so beispielsweise im Urteil vom 27.01.2011 unter dem Aktenzeichen V R 21/09, dass der Umfang der Verkäufe für sich genommen nicht allein maßgeblich ist und die Zahl der Geschäftsvorfälle auch nur eines von mehreren zu würdigenden Kriterien ist. Eine Einzelfallbetrachtung ist daher immer geboten.

So die Grundkriterien, die der Bundesfinanzhof auch im vorliegenden Fall angewendet hat. Bei Würdigung der gesamten Umstände des vorliegenden Streitfalls kommt daher der Bundesfinanzhof zu dem Schluss, dass im Streitzeitraum mit den Verkäufen durch Auktionen bei eBay nicht lediglich privates Vermögen verwaltet und veräußert bzw. eine Hobbytätigkeit ausgeübt wurde, sondern eine wirtschaftliche, das soll heißen nachhaltige gewerbliche Tätigkeit, entfaltet wurde. Mit den zahlreichen Verkäufen ist der Steuerpflichtige also wie ein gewerblicher Händler aufgetreten.

Die Verkaufstätigkeit wurde über viele Jahre nachhaltig ausgeübt und war auch bezüglich der Anzahl der Verkäufe von beträchtlichem Umfang. Dabei erforderte diese Tätigkeit einen nicht unbeachtlichen administrativen Aufwand und machte eine Betriebsorganisation erforderlich, wie sie insbesondere bei Händlern üblich ist.

Stellt man auf das Gesamtbild der Verhältnisse, wie die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens der Kläger, die Höhe der erzielten Entgelte durch die eBay-Auktionen, die Beteiligung am Markt und die Anzahl der ausgeführten Umsätze ab, so war der Steuerpflichtige im vorliegenden Fall mit Gewinnerzielungsabsicht gewerblich tätig und trat auch als Unternehmer im Sinn des Umsatzsteuerrechts auf.

Zudem hat der Steuerpflichtige bei der Ausübung seiner Verkaufstätigkeit selbstständig gehandelt, da er auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko tätig wurde. Es war auch eine nachhaltige Betätigung gegeben. Eine solche ist immer dann anzunehmen, wenn die Betätigung von der Absicht getragen ist, sie bei passender Gelegenheit zu wiederholen und daraus eine selbstständige Erwerbsquelle zu machen.

Im Gegensatz zur nachhaltigen Betätigung steht der gelegentliche, privat motivierte, Verkauf einzelner Gegenstände, so dass die Anzahl der Verkaufsvorgänge ein gewichtiges Indiz für die Abgrenzung der gewerblichen von der privat motivierten Betätigung ist. Da es für die Beurteilung entscheidend auf die Absicht zur Wiederholung und Eröffnung einer Erwerbsquelle ankommt, ist es unerheblich, dass die verkauften Gegenstände bis zur Aufnahme der gewerblichen Betätigung Privatvermögen des Steuerpflichtigen gewesen sind. Auch der nachhaltige Verkauf von Privatvermögen kann zur Annahme einer gewerblichen Betätigung führen. Letzteres kann insbesondere dann problematisch sein, wenn beispielswiese eine Privatsammlung in etlichen Einzelschritten nach und nach verkauft wird.

Der Steuerpflichtige im vorliegenden Sachverhalt ist in der Gesamtbetrachtung seiner im Internet entfalteten Verkaufsaktivitäten so andauernd und wiederholt am Markt als Anbieter verschiedene Güter in Erscheinung getreten, dass er unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nicht mehr als privater Verkäufer, sondern als typischer Einzelhändler einzuordnen ist.

Demgegenüber kommt dem Umstand, dass der Kläger kein Ladenlokal unterhalten hat, angesichts der übrigen Umstände kein solches Gewicht zu, dass eine gewerbliche Betätigung und eine Unternehmereigenschaft zu verneinen wäre. Vielmehr ist das Fehlen eines Ladenlokals für den überregionalen Versandhandel, insbesondere den Internethandel, sogar eindeutig wesenstypisch.

Hinweis: Obwohl vorliegend das erstinstanzliche Gericht den Sachverhalt durchaus nachvollziehbar und gut erklärt und rechtlich eingeordnet hat, wurde die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Die Zulassung der Revision beruht darauf, dass die finanzgerichtliche Rechtsprechung den nachhaltigen Internethandel mit Gebrauchsgegenständen als gewerbliche Tätigkeit einstuft, wohingegen der nachhaltige An- und Verkauf von Wertpapieren auf eigene Rechnung nicht als gewerbliche Tätigkeit qualifiziert wird. Wegen dieser Diskrepanz wurde die Revision zugelassen.

Die Rechtsfrage beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen V R 19/20 lautet jedoch: Liegt bei einem über viele Jahre nachhaltig ausgeübte Handel einer Privatperson auf der Internetplattform eBay, der auch hinsichtlich der Anzahl der Verkäufe von beträchtlichem Umfang war, eine nachhaltige, wirtschaftliche Tätigkeit vor, sodass die Veräußerungen der Umsatzsteuer unterliegen?

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden wir uns in der Zukunft mit dieser Thematik noch häufiger beschäftigen müssen, insbesondere wenn man die Gründe für die Revisionszulassung bedenkt. Hier scheint sich in der Rechtsprechung noch Unangenehmes zusammenzubrauen!

2. Für Immobilienerwerber: Was unterliegt überhaupt alles der Grunderwerbsteuer?

Gerade im Hinblick auf die bundeslandspezifischen und teilweise hohen Steuersätze bei der Grunderwerbsteuer von bis zu 6,5 % (beispielsweise so in Nordrhein-Westfalen) handelt es sich insoweit bei der Grunderwerbsteuerbelastung nicht mehr um eine zu vernachlässigende Position bei den Anschaffungsnebenkosten einer Immobilie. Dementsprechend ist auch zu erklären, dass die Grunderwerbsteuer in jüngster Vergangenheit häufiger Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung geworden ist. Es geht schlicht darum, einen Kostenfaktor beim Erwerb einer Immobilie so gering wie möglich zu halten, und hier lohnt sich halt das Streiten häufiger als es früher der Fall war.

Aktuell hat sich der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang wieder mit einem Sachverhalt beschäftigen müssen, der leider am Ende entgegen den Steuerpflichtigen entschieden wurde und daher Grunderwerbsteuer festgesetzt wurde. Inhaltlich ging es in dem Verfahren darum, was denn überhaupt alles in die Bemessungsgrundlage zur Grunderwerbsteuer einfließt.

Dazu ist grundsätzlich einmal folgendes zu sagen: Ausweislich der Regelung im Grunderwerbsteuergesetz bemisst sich die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung. Selbstverständlich bestimmt das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) in § 9 GrEStG auch, was alles zu dieser Gegenleistung gehört bzw. gehören kann. Die gesetzliche Regelung enthält insoweit eine Legaldefinition des Begriffes, die im Ergebnis darauf abzielt, die Gegenleistung so umfassend wie möglich zu erfassen. Tatsächlich liegt dem Grunderwerbsteuergesetz ein eigenständiger, über das bürgerlich-rechtliche Verständnis hinausgehender Gegenleistungsbegriff zugrunde, wie bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 16.02.1977 unter dem Aktenzeichen II R 89/74 herausgearbeitet hat.

Ausweislich der gesetzlichen Regelung gilt als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Verkäufer übernommenen sonstigen Leistung und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzung. Nutzungen sind in diesem Zusammenhang unter anderem die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Grundsätzlich stehen diese Vorteile und Rechte nach der Übergabe der Sache dem Käufer zu. Wird hingegen im Kaufvertrag geregelt, dass der Grundstückskäufer dem Verkäufer Nutzungen über den Zeitpunkt der Übergabe der Immobilie hinaus genehmigt, liegt darin ein geldwerter Vorteil, den der Käufer für den Erwerb der Sache hingibt. Dies rechtfertigt die Einbeziehung der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzung in die Gegenleistung. Lediglich wenn der Grundstücksverkäufer die vorbehalten Nutzungen angemessen vergütet, liegt in der Nutzungsüberlassung keine Gegenleistung mehr für das Grundstück im grunderwerbsteuerlichen Sinne.

Dies hat bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 06.12.2017 unter dem Aktenzeichen II R 55/15 im Hinblick auf eine entgeltliche Mieterdienstbarkeit klargestellt. Die Entscheidung aus dem Jahr 2017 lautete: Verpflichtet sich der Grundstückskäufer im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag, dem Mieter eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gegen angemessenes Entgelt zu stellen, liegt darin keine Gegenleistung für das Grundstück im Sinne der grunderwerbsteuerlichen Regelungen.

Ebenso geht aus diesem Zusammenhang bereits hervor, dass für die Bestimmung der Gegenleistung es nicht maßgebend ist, was die Vertragsschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich tatsächlich verpflichtet haben. Ob sich insoweit der Verkäufer Nutzungen ohne angemessenes Entgelt vorbehalten hat, ist durch Auslegung des Kaufvertrages zu ermitteln.

Im vorliegenden Sachverhalt ging es nun um einen Immobilienkäufer, der ein Kulturdenkmal in Form eines parkähnlichen Geländes mit acht Gebäuden von einer Gemeinde erworben hat. Im Kaufvertrag räumte der Käufer der Verkäuferin das Recht ein, die bisherige Nutzung in bestimmten Gebäuden zunächst für 30 Jahre unentgeltlich fortzusetzen. Exakt darin erkannte das Finanzamt eine Gegenleistung und rechnete den Kapitalwert der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzleistung als Gegenleistung im Sinne der Grunderwerbsteuer an.

Der Leitsatz des Bundesfinanzhofs mit Urteil vom 05.12.2019 unter dem Aktenzeichen II R 37/18 lautet daher: Verpflichtet sich der Käufer beim Kauf eines Grundstücks, dieses dem Verkäufer ohne angemessenes Entgelt zur Nutzung zu überlassen, liegt darin eine Gegenleistung für das Grundstück. Es kostet also zusätzliche Grunderwerbsteuer.

Tipp: Insbesondere im Hinblick auf die recht hohen Steuersätze zur Grunderwerbsteuer sollte daher in der Praxis immer geprüft werden, ob nicht auch noch eine zunächst nicht erkannte Gegenleistung vorhanden ist und dementsprechend die Anschaffungsnebenkosten erhöhen würde.

3. Für Vermieter: Sofortiger Werbungskostenabzug durch Umgehung der anschaffungsnahen Herstellungskosten

Werbungskosten sind entsprechend der Definition des Einkommensteuergesetzes Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und auch Erhaltung der Einnahmen. So die grundlegende und über die Einkunftsarten hinaus anwendbare Definition.

Speziell bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen. Es bedarf also (wie bei anderen Einkunftsarten auch) einem sogenannten Veranlassungszusammenhang. Dieser liegt nach der einschlägigen und ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor, wenn nach objektiver Betrachtungsweise ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und in subjektiver Betrachtungsweise die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden.

Ausgehend von dieser Definition hat der Bundesfinanzhof beispielsweise mit Urteil vom 07.07.2005 unter dem Aktenzeichen IX R 38/03 klargestellt, dass beispielsweise Entschädigungen, die der Vermieter bei beabsichtigter Selbstnutzung an den Mieter für dessen vorzeitigen Auszug leistet, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesetzt werden können. Insoweit fehlt es schlicht sowohl an einem objektiven und subjektiven Zusammenhang zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Zu den Aufwendungen mit einem entsprechenden Veranlassungszusammenhang zur Vermietung gehören auch Aufwendungen zur Instandhaltung und Renovierung eines zu Vermietungszwecken genutzten Gebäudes. Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, sind allerdings dann nicht als Werbungskosten sofort abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall ist eine Berücksichtigung nur über die entsprechende Abschreibung des Gebäudes gegeben.

Demgegenüber sind jedoch die gesetzlich nicht definierten Erhaltungsaufwendungen grundsätzlich sofort in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar. Entsprechend der einhelligen Meinung gehören hierzu sämtliche Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen, die dazu dienen, die Verwendungs- und Nutzungsmöglichkeit eines Vermietungsobjektes in entsprechendem Zustand zu erhalten oder wieder herzustellen, auch dann, wenn einzelne Bestandteile durch zeitgemäße neue ersetzt werden.

Insbesondere weil jedoch die Erhaltungsaufwendungen nirgends gesetzlich definiert sind, kommt der Abgrenzung zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten entscheidende Bedeutung in diesem Zusammenhang zu. Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich für die Gewinn- und Überschusseinkünfte, dementsprechend auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, nach den handelsrechtlichen Regelungen in § 255 Handelsgesetzbuch (HGB).

Danach sind Anschaffungskosten Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, ferner die Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten. Da die Betriebsbereitschaft eines Gebäudes gegeben ist, wenn es entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann, zählen zu den Anschaffungskosten auch die Aufwendungen, die erforderlich sind, um das Gebäude bestimmungsgemäß nutzen zu können. Wird ein Wohngebäude ab dem Zeitpunkt des Erwerbs, das heißt ab Übergang von Nutzen und Lasten, vom Erwerber genutzt, kann es von ihm zum Zwecke dieser Nutzung nicht mehr in einen betriebsbereiten Zustand versetzt werden, da eine Nutzung stattfindet. Erwirbt der Steuerpflichtige hingegen ein zum Beispiel vermietetes Gebäude und tritt in das Mietverhältnis ein, dann ist es insoweit auch betriebsbereit.

Bei gebrauchten leerstehenden Immobilien sind Modernisierungsaufwendungen nur dann unter dem Gesichtspunkt der Betriebsbereitschaftskosten als Anschaffungskosten zu behandeln, wenn die Aufwendungen den Ausstattungsstandard in mindestens drei der vier funktionswesentlichen Bereiche anheben. Zu diesen funktionswesentlichen Bereichen gehör en die Bereiche Heizung, Sanitär, Elektro und Fenster.

Abgesehen davon führen Kosten für Baumaßnahmen im Anschluss an den Erwerb und vor der erstmaligen Nutzung eines Gebäudes auch dann zu Anschaffungskosten, wenn funktionsuntüchtige Teile des Gebäudes, die für seine Nutzung unerlässlich sind, wiederhergestellt werden. Soweit zu den Anschaffungskosten.

Auch die Qualifizierung von Aufwendungen als Herstellungskosten bestimmt sich jedoch nach dem Handelsgesetzbuch (HGB). Dies gilt auch für den Bereich der Vermietung und Verpachtung. Ausweislich der handelsrechtlichen Regelungen sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seiner Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Das Herstellen einer Wohnung ist dabei das Schaffen einer neuen, bisher nicht vorhandenen Wohnung. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn eine bereits bestehende Wohnung in mehrere kleine Wohnungen aufgeteilt wird, wie beispielsweise der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 17.09.2008 unter dem Aktenzeichen IX R 58/07 klargestellt hat.

Darüber hinaus kann es auch noch sein, dass Herstellungskosten aufgrund einer gesetzlichen Regelung fingiert werden. So ist es bei den anschaffungsnahen Herstellungskosten. Ausweislich der Regelung in § 6 Abs. 1 Nummer 1a EStG gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, zu den Herstellungskosten, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15% der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. In diesem Fall sind entsprechende Aufwendungen nicht sofort als Werbungskosten abziehbar. Vielmehr erhöhen sie lediglich die Abschreibungsbemessungsgrundlage, sodass eine Steuerauswirkung nur im Wege der Abschreibung erfolgt.

Insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut des Gesetzestextes zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten kommt das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 13.11.2019 unter dem Aktenzeichen 2 K 2304/17 zu dem Schluss, dass Aufwendungen, die vor dem Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums angefallen sind, nicht in den Dreijahreszeitraum für die Ermittlung der anschaffungsnahen Aufwendungen mit einzubeziehen sind. Zwar kann es sich dabei durchaus um Kosten für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen handeln, jedoch sind diese nicht innerhalb des Zeitraums von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt worden. Vielmehr sind die Baumaßnahmen bereits vor der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen worden.

Die einfache Schlussfolgerung des Gerichtes: Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die außerhalb des Zeitraums von drei Jahren nach der Anschaffung eines Gebäudes durchgeführt werden (also auch vor Beginn dieses Zeitraums) können keine anschaffungsnahen Herstellungskosten sein. Die für die Qualifikation von anschaffungsnahen Herstellungskosten maßgebliche Frist beginnt nach dem Gesetzeswortlaut erst mit dem wirtschaftlichen Übergang des Gebäudes auf den Erwerber zu laufen und endet nach Ablauf von drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Anschaffung. Diese Dreijahresfrist gilt dabei strikt und ist tagesgenau zu berechnen. Abzustellen ist dabei auf den Übergang von Nutzen und Lasten.

Auch wenn das erstinstanzliche Finanzgericht Rheinland-Pfalz die Revision nicht zugelassen hat, war klar, dass sich die Finanzverwaltung mit der vorstehenden Entscheidung nicht zufrieden geben wird. Insoweit wurde eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Besonders erfreulich (und sicherlich auch etwas verwunderlich) ist, dass der Bundesfinanzhof aktuell mit Beschluss vom 28.04.2020 die Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Aktenzeichen IX B 121/19 abgelehnt hat. Die obersten Finanzrichter der Republik sind schlichtweg der Meinung, dass die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage nicht geboten war.

Insoweit führen die Richter des Bundesfinanzhofs in ihren Gründen zur Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls auf, dass die Regelung des anschaffungsnahen Herstellungsaufwandes nach dem Gesetzeswortlaut nur für solche Aufwendungen gilt, die innerhalb von drei Jahren "nach" der Anschaffung vom Steuerpflichtigen getragen werden. Vor der Anschaffung des Grundstücks von Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen sind nach den allgemeinen handelsrechtlichen Abgrenzungskriterien als Anschaffungs-, Herstellungs- oder eben Erhaltungsaufwand steuerlich zu berücksichtigen. Sofern daher keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten gegeben sind, wird in aller Regel Erhaltungsaufwand vorliegen, welcher dann als sofort abzugsfähige Werbungskosten behandelt werden kann.

Tipp: In einschlägigen Fällen kann es sich daher anbieten, dass entsprechende Renovierungsmaßnahmen auf den Zeitpunkt vor Übergang von Nutzen und Lasten vorgezogen werden. Dabei ist sicherlich zu beachten, dass insbesondere zwischen fremden Dritten gesichert sein muss, dass der nachträgliche Übergang von Nutzen und Lasten auch tatsächlich stattfindet.

Werden die Aufwendungen dann vor Anschaffung der Immobilie getätigt und stellen sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand dar, dürfte es dem Regelfall entsprechen, dass der Steuerpflichtige dann noch ein Wahlrecht hat, die Aufwendungen entsprechend der Regelung in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung von zwei auf fünf Jahre abzuschreiben. In jedem Fall dürfte jedoch eine steuerliche Berücksichtigung ausschließlich über die allgemeine Gebäudeabschreibung nicht geboten sein.

Hinweis: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird das Gestaltungspotenzial aus der vorstehenden Entscheidung in der Praxis durchaus ausgenutzt werden. Mit ebenso an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird dies der Finanzverwaltung nicht schmecken. Dies bedeutet auch, dass wahrscheinlich in Zukunft weitere Fälle zu der Thematik anhängig werden. Wer daher wie im Urteilssachverhalt vorgehen möchte, muss sich in jedem Fall auf eine Auseinandersetzung mit der Finanzverwaltung einrichten. Dennoch sollte insoweit stur auf die vorliegende Rechtsprechung verwiesen werden. Dabei ist insbesondere auf die Ausführung des BFH in den Gründen zur Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde zu verweisen.

Leider wird jedoch auch damit zu rechnen sein, dass (insbesondere wenn diese Gestaltung Anklang findet) der Gesetzgeber früher oder später mit einem Nichtanwendungsgesetz reagieren und diese Möglichkeit streichen wird. Fraglich ist jedoch an dieser Stelle, wie dies funktionieren könnte. So oder so werden wir uns daher mit dieser Thematik in Zukunft sicherlich noch einmal zu beschäftigen haben.

4. Für Vermieter: Werbungskostenüberschüsse vor unentgeltlicher Immobilienübertragung auf den Mieter

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entsprechend der Regelung des § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Ohne diese sogenannte Überschusserzielungsabsicht können also keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG vorliegen. Dann spricht man von der sogenannten Liebhaberei.

Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften. Dies ist bereits seit geraumer Zeit die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und ist grundlegend auf sein Urteil vom 30.09.1997 unter dem Aktenzeichen IX R 80/94 zurückzuführen.

Diese Annahme setzt jedoch voraus, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst hat. An einer solchen endgültigen Entschlussfassung fehlt es, wenn der Steuerpflichtige das Grundstück kurzfristig wieder verkaufen will oder wenn er sich noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen will, wie der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 04.12.2001 unter dem Aktenzeichen IX R 70/98 herausgearbeitet hat.

Die Einkünfteerzielungsabsicht ist allerdings auch dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige nach dem Beginn seiner Vermietungstätigkeit das unbebaute Grundstück aufgrund eines neugefassten Entschlusses veräußert, wie der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 09.07.2003 unter dem Aktenzeichen IX R 102/00 erläuterte. Wer daher zunächst dauerhaft vermieten möchte und dann diese Entschlussfassung ändert und doch verkauft oder die Immobilie verschenkt, kann dennoch eine entsprechende Einnahmenüberschussabsicht gehabt haben, sodass Werbungskostenüberschüsse auch steuermindernd anzurechnenden sind.

Da die Entschlussfassung des Steuerpflichtigen jedoch immer als sogenannte innere Tatsache zu werten ist, bedarf es in der Praxis Indizien, die diese Entschlussfassung untermauern oder untergraben. Ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz liegt beispielsweise vor, wenn der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt. Dieser enge zeitliche Zusammenhang ist in der Regel gegeben, wenn fünf Jahre noch nicht abgelaufen sind. Grundsätzlich gilt dabei jedoch: Je kürzer der Abstand zwischen der Anschaffung oder der Errichtung des Objektes und der nachfolgenden Veräußerung ist, umso mehr spricht dies gegen eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit und für eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht. Diese vorgenannten Grundsätze sind ebenso anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des Fünfjahreszeitraumes zur Selbstnutzung übergeht oder das Mietobjekt unentgeltlich überträgt. In diesem Zusammenhang hat nämlich bereits das Finanzgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 10.10.2007 unter dem Aktenzeichen 7 K 2177/04 F klargestellt: Für die Indizierung des Fehlens der Einkunftserzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist es unerheblich, ob der Steuerpflichtige sich innerhalb von fünf Jahren nach Erwerb durch Verkauf oder durch unentgeltliche Übertragung an einen Angehörigen von einer bislang lediglich Verluste abwerfenden Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds trennt.

Ob im Einzelfall Indizien gegen oder für die Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung. Vor diesem Hintergrund hat das Niedersächsische Finanzgericht in einer Entscheidung vom 25.02.2020 unter dem Aktenzeichen 9 K 212/18 die Einkünfteerzielungsabsicht in einem individuellen Sachverhalt verneint. Darin hatte der Kläger innerhalb von fünf Jahren nach umfangreichen Umbau- und Erweiterungsarbeiten ein Einfamilienhaus auf seinen Sohn übertragen, der dieses auch zuvor als Mieter nutzte.

Insbesondere weil die Übertragung innerhalb von fünf Jahren nach den umfangreichen Umbau- und Erweiterungsarbeiten, welche auch noch nach Wünschen des Mieters teilweise durchgeführt wurden, stattfanden, hat das Finanzgericht die Einkünfteerzielungsabsicht im Hinblick auf die bisher erzielten Werbungskostenüberschüsse verworfen. Eine Einkünfteerzielungsabsicht kann in einem solchen Fall nicht standardisiert unterstellt werden.

Die Leitsätze der finanzgerichtlichen Entscheidung: Die von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unterstellte Überschusserzielungsabsicht bei auf Dauer angelegter Vermietung kommt dann nicht zum Tragen, wenn der Steuerpflichtige die vermietete Immobilie – nach Durchführung umfangreicher Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten – kurze Zeit nach tatsächlichem Mietbeginn unentgeltlich auf den Mieter (im Streitfall: der Sohn des Vermieters) übertragt und nicht festgestellt werden kann, dass die Übertragung auf einem neu gefassten Entschluss beruhte.

Neben diesen Grundsätzen zur Einkünfteerzielungsabsicht nimmt das erstinstanzliche Finanzgericht auch Stellung zur verfahrensrechtlichen Vorgehensweise bzw. zur verfahrensrechtlichen Änderung bereits bestehender Einkommensteuerbescheide: Wird dem Finanzamt nämlich die unentgeltliche Übertragung der Mietimmobilie erst später bei den Veranlagungsarbeiten des nachfolgenden Veranlagungszeitraums bekannt, können bereits bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheide der Vorjahre noch gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert werden. Die unentgeltliche Übertragung stellt insoweit eine sogenannte Hilfstatsache dar, die den sicheren Schluss auf eine innere Haupttatsache (hier: Überschusserzielungsabsicht) zulässt. Da die einzelne Hilfstatsache nur ein Beweisanzeichen (kein Beweismittel) und damit nicht selbst Tatsache i.S. des § 173 AO ist, kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung nicht an.

Tipp: Sofern daher in entsprechenden Sachverhalten der Werbungskostenabzug aus entsprechenden Umbaumaßnahmen noch "mitgenommen" werden soll, ist es dringend anzuraten, dass nach Abschluss der Arbeiten mindestens fünf Jahre abgewartet werden, bevor das Objekt veräußert, verschenkt oder privat genutzt wird. Dabei gilt: Je länger, desto besser. Fakt wird hingegen sein: Innerhalb von fünf Jahren wird die Einkünfteerzielungsabsicht wahrscheinlich nahezu immer verworfen werden.

5. Für Erben: Der steueroptimierte Einsatz des Pflichtteilsanspruchs

Zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten bei der Erbschaftsteuer gehören unter anderem auch Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilsansprüchen. Damit korrespondierend gilt der beim Pflichtteilsberechtigten entstandene Pflichtteilsanspruch auch als Erwerb von Todes wegen und muss versteuert werden, wenn er denn geltend gemacht wird.

Wohl gemerkt kommt dem bloßen Entstehen des Anspruchs auf ein Pflichtteil mit dem Erbfall aus rein erbschaftsteuerlicher Sicht noch keinerlei Bedeutung zu. Dies gilt sowohl für den Ansatz als Erwerb beim Berechtigten als auch für den Abzug als Nachweisverbindlichkeit beim Verpflichteten. Insoweit kommt der Geltendmachung eine entscheidende Bedeutung zu. Dieses zeitliche Hinausschieben der erbschaftsteuerrechtlichen Folgen eines Pflichtteilsanspruchs ist dabei im Interesse des Berechtigten zu sehen und soll ausschließen, dass bei ihm auch dann Erbschaftsteuer anfällt, wenn er seinen Anspruch zunächst oder gegebenenfalls sogar überhaupt nicht erhebt. Ohne Geltendmachung kann es auch nicht zu einer Besteuerung kommen.

Die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs besteht in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben. Der Berechtigte muss seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekunden. Ist dies geschehen, entsteht die Erbschaftsteuer für den Erwerb des Pflichtteilsanspruchs mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung.

Hinsichtlich des Abzugs des Pflichtteils als Nachlassverbindlichkeit wirkt hingegen dessen Geltendmachung auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gegenüber dem Erben, also auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers, zurück. Aus verfahrensrechtlicher Sicht liegt insoweit ein rückwirkendes Ereignis vor, sodass eine etwaige bereits bestehende Steuerfestsetzung danach geändert werden kann und die Nachlassverbindlichkeit noch Berücksichtigung findet.

Verstirbt nun der Pflichtteilsverpflichtete seinerseits, bevor der Pflichtteilsanspruch durch Erfüllung oder aus anderen Gründen erloschen ist, geht die Verbindlichkeit der zivilrechtlichen Betrachtungsweise auf dessen Erben über. Dabei ist vollkommen irrelevant, ob der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch zuvor bereits geltend gemacht hat.

Die Verpflichtung zur Zahlung des Pflichtteils stellt dabei abweichend vom Zivilrecht erbschaftsteuerrechtlich nur dann eine vom Pflichtteilsverpflichteten als Erblasser herrührende Schuld und somit eine abziehbare Nachlassverbindlichkeit dar, wenn der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteilsanspruch zu Lebzeiten des Verpflichteten geltend gemacht hatte oder ihn nach dessen Tod nunmehr geltend macht. Auch dann kann es noch zur Auszahlung des Pflichtteils kommen. Entscheidend ist jedoch aus steuerlicher Betrachtungsweise die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs.

Geschieht die Geltendmachung nämlich vor der Verjährung des Anspruchs, gilt der Pflichtteilsanspruch als Erwerb des Pflichtteilsberechtigten von Todes wegen vom ursprünglichen Erblasser, dessen persönliches Verhältnis zu den von der Erbfolge ausgeschlossenen Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteilsanspruch begründet hat. Der Erbe des verstorbenen Pflichtteilsverpflichteten kann dann die Verbindlichkeit aus dem geltend gemachten Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit abziehen.

Ausweislich des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 05.02.2020 unter dem Aktenzeichen II R 17/16 gilt dies selbst dann, wenn der ursprünglich Verpflichtete nicht damit rechnen musste, den Pflichtteilsanspruch zu Lebzeiten erfüllen zu müssen, und deshalb durch diesen zunächst nicht wirtschaftlich belastet war. Tatsächlich wirkt nämlich die Geltendmachung des Pflichtteils auf den Eintritt des ursprünglichen Erbfalls zurück.

Diese Grundsätze sind selbst dann anzuwenden, so die aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs, wenn ein Pflichtteilsberechtigter zugleich der Erbe des verstorbenen Pflichtteilsverpflichteten ist. Der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch ist in diesem Fall jedoch nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehbar, wenn er im Zeitpunkt der Geltendmachung zivilrechtlich verjährt ist. Im Umkehrschluss gilt dann jedoch auch, dass eine Abziehbarkeit gegeben ist, wenn noch keine Verjährung des Pflichtteilsanspruchs stattgefunden hat.

Auch geht der Pflichtteilsanspruch nicht durch die sogenannte Konfusion, also die Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person unter. Diese Auslegung ist zwar zivilrechtlich gegeben, jedoch kommt das Erbschaftsteuerrecht zu einem anderen Ergebnis. Im Erbschaftsteuerrecht gelten die infolge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung zivilrechtlich erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen. So bereits gesetzlich geregelt in § 10 Abs. 3 ErbStG.

Daher können in der Praxis folgende Steuergestaltungen funktionieren: Wenn Vater und Mutter ein Berliner Testament haben, kommt dies faktisch der Enterbung des Kindes nach dem Erstversterbenden gleich. Sofern jedoch keine Pflichtteilsstrafklausel besteht, wonach das Kind später überhaupt nichts mehr Erben kann, wenn es irgendwo seinen Pflichtteil geltend gemacht hat, ist es trotz Berliner Testament durchaus in der Lage, seinen Pflichtteil geltend zu machen.

Verstirbt daher innerhalb der Verjährungsfrist des Pflichtteilsanspruches nach dem ersten Elternteil schließlich auch das zweite Elternteil, kann das Kind noch seinen Pflichtteilsanspruch nach dem ersten Elternteil (wohl gemerkt auch noch nach dem Tod des zweiten Elternteils) geltend machen.

Dies führt wiederum dazu, dass der Pflichtteil bei dem Kind versteuert werden muss, jedoch der andere Elternteil den Pflichtteil als Nachlassverbindlichkeit steuermindernd abziehen kann. Schon allein dadurch können Vorteile durch Ausnutzung mehrerer Freibeträge gegeben sein, ebenso wie eventuelle Progressionsvorteile aufgrund anderer Steuersätze.

Im Weiteren muss das Kind dann die Erbschaft nach dem zuletzt versterbenden Elternteil versteuern und kann dort auch wiederum den eigenen Pflichtteilsanspruch als Nachlassverbindlichkeit geltend machen. Im Ergebnis kann der Pflichtteil so zweimal als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden, was regelmäßig zu entsprechenden Steuervorteilen führen dürfte. Vorausgesetzt ist dabei immer, dass der Pflichtteilsanspruch noch nicht verjährt ist oder aber der zuletzt versterbende Elternteil vor seinem Tod nachweisbar auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat.

6. Für Besitzer einer Ferienwohnung: Ortsübliche Vermietungszeiten

Mit Urteil vom 26.05.2020 hat der Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen IX R 33/19 zu den ortsüblichen Vermietungszeiten einer Ferienwohnung Stellung genommen. Unter anderem in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung führt er aus, dass zur Prüfung der Auslastung einer Ferienwohnung die individuellen Vermietungszeiten des jeweiligen Objekts an Feriengäste mit denen verglichen werden müssen, die bezogen auf den gesamten Ort im Durchschnitt erzielt werden.

Da sich insbesondere die Ausführungen in der Begründung der Entscheidung dazu eignen, auch in anderen Sachverhalten angewendet zu werden, wird hier ganz explizit auf die Urteilsbegründung eingegangen. Danach gilt: Vermietungseinkünfte im steuerlichen Sinne erzielt, wer ein Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung gilt dabei, dass bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend von der Absicht des Steuerpflichtigen auszugehen ist, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften. Dies gilt bei ausschließlich an Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnungen, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen nicht erheblich unterschreitet. Vermietungshindernisse werden dabei nicht mitgerechnet. Von einem nicht erheblichen Unterschreiten wird im Bereich von 25% ausgegangen.

Das Vermieten einer Ferienwohnung ist mit einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit nämlich nur dann vergleichbar, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr (bis auf ortsübliche Leerstandszeiten) an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Nur so zeigt sich in nachprüfbarer Weise, dass der Steuerpflichtige die Ferienwohnung in geeigneter Form am Markt angeboten und alle in Betracht kommenden Interessen berücksichtigt hat, wie der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 26.10.2004 unter dem Aktenzeichen IX R 57/02 klargestellt hat.

Zur Prüfung der Auslastung einer Ferienwohnung müssen die individuellen Vermietungszeiten des jeweiligen Objekts an Feriengäste mit denen verglichen werden, die bezogen auf den gesamten Ortsdurchschnitt erzielt werden, wie bereits eingangs dargestellt wurde. Dabei ist der "Ort" nicht identisch mit dem Gebiet einer Gemeinde. Er kann (je nach Struktur des lokalen Ferienwohnungsmarktes) das Gebiet einer oder mehrerer vergleichbarer Gemeinden oder auch lediglich Teile einer Gemeinde oder gar nur den Bereich des Ferienkomplexes umfassen. Auch zu dieser Thematik hatte sich bereits seinerzeit der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 02.07.2019 unter dem Aktenzeichen IX R 18/18 geäußert.

Die bei dem Auslastungsgrad heranzuziehenden durchschnittlichen Vermietungszeiten des jeweiligen Ortes müssen (soweit es überhaupt möglich ist) repräsentativ sein. Dementsprechend hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bei der Vermietung von Ferienwohnungen auf die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen abgestellt. Individuelle Vermietungszeiten einzelner anderer Vermieter von Ferienwohnungen im selben Ort genügen nicht.

Hinweis: Liegen die genannten zusätzlichen Voraussetzungen bei einer Ferienimmobilie nicht vor oder können ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt werden, ist die Vermietung an Feriengäste mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar. Das bedeutet nach Aussage des Bundesfinanzhofes, es fehlt in Ermangelung einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit die Basis, auf der das Gesetz die Einkünfteerzielungsabsicht typisiert. Die Einkünfteerzielungsabsicht muss dann durch eine Prognose überprüft werden.

7. Für einbringende Steuerpflichtige: Gewinnausschüttung im Rückwirkungszeitraum

Grundsätzlich unterliegen offene und verdeckte Gewinnausschüttung aus einer Kapitalgesellschaft der Kapitalertragsteuer. Im Streitfall vor dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VIII R 35/19 war die Sache jedoch etwas komplizierter.

Dort wurde ein Anteil an einer A-GmbH im Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens gehalten. Dieses Einzelunternehmen wurde am 29. August des Streitjahres rückwirkend zum 1. Januar des Streitjahres in eine B-GmbH eingebracht. Solche rückwirkenden Einbringungen sind dabei in der Praxis durchaus üblich. Vor Einbringung gab es jedoch noch aus der A-GmbH eine offene Gewinnausschüttung, welche am 24. August ausgezahlt wurde und einen Tag später am 25. August vom Bankkonto des Einzelunternehmens auf das Privatkonto des Einzelunternehmers (Herrn C) bzw. späteren Gesellschafters überwiesen wurde.

Fraglich ist nun, ob diese Gewinnausschüttung nach den Regeln für natürliche Personen zu behandeln ist oder ob der günstigere Weg möglich ist, wonach diese Gewinnausschüttung schon der Kapitalgesellschaft zufließt. Im Streitfall vertritt das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 11.10.2019 unter dem Aktenzeichen 10 K 2506/17 die Auffassung, dass es in der Folge der Gewinnausschüttung nicht zu einer der Kapitalertragsteuer unterliegenden weiteren offenen Gewinnausschüttung oder verdeckten Gewinnausschüttung der B-GmbH an Herrn C gekommen ist. Grund dafür ist die rückwirkende Einbringung.

Bevor es am 29. August des Streitjahres zur rückwirkenden Einbringung des Einzelunternehmens in die B-GmbH kam, waren die in Rede stehenden Vorgänge wie folgt zu beurteilen: Die Gewinnausschüttung der A-GmbH an Herrn C war als Betriebseinnahme des Einzelunternehmers zu erfassen, da sie sich im Betriebsvermögen befand. Eine Besteuerung findet daher nach dem Teileinkünfteverfahren zu 60% statt. Die am nächsten Tag vorgenommene Überweisung vom betrieblichen Bankkonto des Einzelunternehmens auf das private Bankkonto von Herrn C war eine Entnahme aus dem Einzelunternehmen. Durch die Überweisung wurden die entsprechenden Geldmittel schlicht vom betrieblichen in den privaten Bereich überführt, was im Rahmen eines Einzelunternehmens kein Problem ist.

Erst am 29. August des Streitjahres hat Herr C sein Einzelunternehmen mit steuerlicher Rückwirkung auf den 1. Januar in die B-GmbH eingebracht. Bei Konstellationen, in denen das eingebrachte Einzelunternehmen Anteile an einer Kapitalgesellschaft (A-GmbH) enthält und es im Rückwirkungszeitraum zu einer Gewinnausschüttung durch die A-GmbH kommt, ergibt sich in der Literatur folgendes Ergebnis:

Zunächst wird angenommen, dass aufgrund der steuerlichen Rückwirkung die Gewinnausschüttung nicht mehr dem Einbringenden, sondern der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen ist. Dies ist für die Besteuerung ein erheblicher Vorteil, da nun § 8b des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum Einsatz kommt und so grundsätzlich die Gewinnausschüttung zu 95% steuerfrei ist. Diese Auffassung wird einhellig in der Literatur vertreten.

Zu der Frage, welche Folgen sich im Verhältnis zwischen der übernehmenden Gesellschaft und den Einbringenden ergeben, werden allerdings dann unterschiedliche Meinungen geäußert. Zum Teil wird angenommen, dass die Gewinnausschüttungen zwar rückwirkend der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen ist, jedoch zugleich eine weitere Ausschüttung an den Einbringenden (Herrn C) anzunehmen sei, wenn bzw. soweit dieser die Ausschüttung endgültig behält. Da Herr C eine natürliche Person ist, unterliegt die weitere Ausschüttung dort der Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren. Eine Entnahme soll darin nicht gesehen werden.

Demgegenüber gibt es jedoch noch folgende Meinung: So wird angenommen, dass im Grundsatz und bei Fehlen anderslautender Vereinbarungen der Einbringende (Herr C) zivilrechtlich verpflichtet ist, den ausgeschütteten Betrag mit dem jeweils der Einbringung zugrunde liegenden Vorgang der übernehmenden Gesellschaft (B-GmbH) zu überlassen. Geschieht dies, sollen sich keine weiteren Folgen ergeben. Solange es noch nicht zu einer Überlassung des ausgeschütteten Betrages gekommen ist, soll in der Bilanz der übernehmenden Gesellschaft (B-GmbH) eine entsprechende Forderung gegen den Einbringenden angesetzt werden.

Wird hingegen vereinbart, dass der Einbringende (Herr C) den ausgeschütteten Betrag behalten darf, liegt insoweit die Gewährung eines anderen Wirtschaftsgutes neben der Gewährung der Gesellschaftsrechte vor. Dies hat weitreichende und unerwünschte Folgen. Bei einer solchen Beurteilung muss nämlich dann das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens mit dem gemeinen Wert der sonstigen Gegenleistung angesetzt und deren gemeiner Wert bei der Bemessung der Anschaffungskosten der gewährten Anteile abgezogen werden.

Nach Auffassung des Finanzgerichtes Münster gilt jedoch, dass die Gewinnausschüttung der A-GmbH aufgrund der rückwirkenden Einbringung nicht mehr dem Einzelunternehmen von Herrn C, sondern der B-GmbH zuzurechnen ist. Zu einer kapitalertragsteuerpflichtigen Weiterausschüttung der übernehmenden Kapitalgesellschaft (B-GmbH) an den Einbringenden Herrn C kommt es jedoch nicht, da von einer Entnahme und nicht von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen ist.

Hinweis: Leider hat das Finanzgericht Münster wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitfrage die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Unter dem Aktenzeichen VIII R 35/19 muss dieser nun klären, wie eine entsprechende Gewinnausschüttung im Rückwirkungszeitraum und deren Weiterleitung an den vormaligen Einzelunternehmer zu behandeln ist.

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