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Mandantenbrief 11/2023

Inhalt:

  1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Änderung von Antrags- und Wahlrechten
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Sind die Richtsatzsammlungen des Bundesfinanzministeriums eine geeignete Schätzungsgrundlage?
  3. Für Arbeitnehmer: Zur Beteiligung an den Kosten der Lebensführung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung
  4. Für alle Steuerpflichtigen: Verlustausgleichsbeschränkung und Abzugsbeschränkung bei Zins-Währungsswaps
  5. Für GmbH-Gesellschafter: Fremdübliche Verzinsung einer Darlehensforderung
  6. Für Unternehmer: Was gilt beim Investitionsabzugsbetrag? Steuerbilanzgewinn oder steuerlicher Gewinn, das ist hier die Frage!
  7. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Gebühr bei einer verbindlichen Auskunft
  8. Für Grundstücksunternehmen: Das Problem der Sondervergütungen bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung

1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Änderung von Antrags- und Wahlrechten

Ein in der Praxis sehr relevantes Wahlrecht verbirgt sich in § 34 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Danach kann die Steuer auf außerordentliche Einkünfte auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden.

Der Antrag ist grundsätzlich frei widerruflich, was umso bedeutender ist, da der Antrag auch nur einmal im Leben gestellt werden kann. Eine gesetzliche Frist für den Widerruf besteht insoweit nicht. Ob die geänderte Ausübung des Wahlrechts durch erstmaligen Antrag, durch Rücknahme eines Antrags oder durch abweichende Ausübung eines Antrags ihrerseits eine Änderung des Einkommensteuerbescheids rechtfertigt, ist jedoch eine hiervon getrennt zu treffende Frage, die auch nach Verfahrensrecht beantwortet werden muss. So kann insbesondere die Regelung des § 351 Abs. 1 AO und § 177 AO einer Änderung des Einkommensteuerbescheides entgegenstehen.

Die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs lässt zwar die Ausübung und Änderung von Antrags- oder Wahlrechten, die dem Grunde nach keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen, grundsätzlich so lange zu, wie der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist. So hat bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 27.10.2015 unter dem Aktenzeichen X R 44/13 klargestellt: Einkommensteuerrechtliche Antrags- oder Wahlrechte können auch nach Eintritt der Bestandskraft eines vorangegangenen Bescheides jedenfalls dann erstmalig ausgeübt oder geändert werden, wenn das Finanzamt einen steuererhöhenden Änderungsbescheid erlassen hat, mit dem ein weiterer steuererheblicher Sachverhalt erfasst worden ist, aufgrund dessen überhaupt erst die wirtschaftliche Notwendigkeit entstanden ist, sich mit der erstmaligen bzw. geänderten Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts zu befassen.

Im vorgenannten Urteil äußern sich die Richter jedoch auch schon dazu, dass die nachträgliche Antrags- oder Wahlrechtsausübung in zeitlicher Hinsicht durch die formelle Bestandskraft des Änderungsbescheides und in betragsmäßiger Hinsicht durch den Änderungsrahmen des § 351 Abs. 1 AO begrenzt wird.

Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts ist auch dann zuzulassen, wenn und soweit der Bescheid lediglich partiell noch nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Damit werden grundsätzlich auch diejenigen Fälle erfasst, in denen Änderungsbescheide auf der Grundlage einer selbstständigen Änderungsvorschrift die teilweise Durchbrechung der Bestandskraft bewirken.

Wird ein solcher Änderungsbescheid angefochten, so folgt jedoch aus § 351 Absatz 1 AO, dass die Änderung der Antrags- oder Wahlrechtsausübung nur dann möglich ist, wenn die dadurch zu erzielende Steueränderung den durch die partielle Durchbrechung der Bestandskraft gesetzten Rahmen nicht verlässt.

Ausweislich der Regelung in § 351 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) können Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung oder Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt. Die Vorschrift begrenzt die Anfechtbarkeit und damit auch die durch den Einspruch bewirkte Veränderbarkeit eines Änderungsbescheids auf den Umfang der Änderung und stellt damit unter anderem klar, dass es im Übrigen bei der zuvor eingetretenen Bestandskraft bleibt. Für Änderungen, die über diesen Rahmen hinausgehen und demnach im Wege eines Verpflichtungsbegehrens zu verfolgen wären, bedarf es folglich einer eigenen Änderungsvorschrift. Die Änderung eines Antrags- oder Wahlrechts stellt für sich genommen keine Änderungsvorschrift dar.

Dieselben Erwägungen gelten im Rahmen der Regelung des § 177 AO. Zwar kann die zulässige Ausübung eines Wahlrechts oder die zulässige Änderung eines solchen ein materieller Fehler im Sinne des § 177 Abs. 3 AO auslösen, wie beispielsweise dem Bundesfinanzhof mit Urteil vom 3.3.2011 unter dem Aktenzeichen IV R 85/09 zu entnehmen ist. Insoweit erhält der Steuerpflichtige die mit dem Eintritt der Bestandskraft verlorene Befugnis zurück, auf die Höhe des infrage stehenden Steueranspruchs einzuwirken. Dies gilt aber nur, „soweit die Änderung reicht“. Die Berichtigung muss sich daher im Rahmen der Durchbrechung der Bestandskraft halten. Dieser Berichtigungsrahmen darf weder überschritten noch unterschritten werden, wie der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 14.10.2009 unter dem Aktenzeichen X R 14/08 herausgearbeitet hat. Die Berichtigung darf demnach bei einer Änderung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen die bisherige Steuer nicht unterschreiten und auch nicht zu einer höheren Steuer führen, als sie sich aufgrund der Änderung ergibt. Bei einer Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen darf sie die bisherige Steuer nicht übersteigen und auch nicht zu einer niedrigeren Steuer führen, als die Änderung zur Folge hat.

Auf Basis dieser Grundlagen kommt daher der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung vom 20.4.2023 unter dem Aktenzeichen III R 25/22 zu dem Schluss, dass die Änderung des Wahlrechts auf Inanspruchnahme der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 3 EStG im Fall einer partiellen Durchbrechung der Bestandskraft nur in Betracht kommt, wenn die damit verbundenen steuerlichen Folgen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO und § 177 AO gesetzten Rahmen hinausgehen. Dies gilt auch dann, wenn die partielle Durchbrechung der Bestandskraft des Folgebescheids durch ein den Veräußerungsgewinn geänderten Grundlagenbescheid ausgelöst wird. Die Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 AO durchbricht die Bestandskraft nur insoweit, als ein Folgebescheid an den Grundlagenbescheid anzupassen ist.

Insoweit konnte im vorliegenden Fall der Antrag nach § 34 Abs. 3 EStG nicht mehr zurückgenommen werden. Im Urteilsfall hatte der Steuerpflichtige zunächst mit Blick auf einen Veräußerungsgewinn aus seiner Beteiligung die ermäßigte Besteuerung beantragt. Aufgrund einer Betriebsprüfung reduzierte sich jedoch der Veräußerungsgewinn, weshalb es auch zu einer Änderung im Folgebescheid kam. Gerade weil der Steuerpflichtige die ermäßigte Besteuerung nur einmal im Leben beanspruchen darf, wollte der Kläger für den zunächst vorgesehenen und nun verminderten Veräußerungsgewinn keine ermäßigte Besteuerung mehr in Anspruch nehmen, sondern sich diese vielmehr für einen späteren (höheren) Veräußerungsgewinn vorbehalten. Dies lehnt nun im Endeffekt der Bundesfinanzhof ab, da eine entsprechende Änderung des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG entsprechend der oben dargestellten Argumentation nicht mehr möglich gewesen ist.

Hinweis: Am Rande stellte der Bundesfinanzhof in der vorgenannten Entscheidung ebenfalls klar, dass die Rücknahme des Antrags nach § 34 Abs. 3 EStG kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO darstellt. Damit grenzte der Bundesfinanzhof lediglich ab, dass auch diese mögliche Änderungsvorschrift in einem entsprechenden Fall nicht einschlägig ist.

2. Für alle Steuerpflichtigen: Sind die Richtsatzsammlungen des Bundesfinanzministeriums eine geeignete Schätzungsgrundlage?

Unter dem Aktenzeichen X R 19/21 klärt der Bundesfinanzhof, unter welchen Voraussetzungen ein äußerer Betriebsvergleich in Gestalt einer Richtsatzschätzung anhand der Richtsätze des Bundesfinanzministeriums zulässig ist. Mit Beschluss vom 14.12.2022 hat der Bundesfinanzhof nun das Bundesfinanzministerium zum Verfahrensbeitritt aufgefordert. Insoweit erläutern die obersten Finanzrichter der Republik wie folgt:

Entsprechend der gesetzlichen Vorschrift in § 162 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Ausweislich der Finanzgerichtsordnung hat auch das Finanzgericht eine entsprechende Schätzungsbefugnis. Zu schätzen ist unter anderem,

  • wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder

  • seine Mitwirkungspflicht verletzt.

Gleiches gilt insbesondere,

  • wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann,

  • wenn die Buchführung oder die Aufzeichnung der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden oder

  • wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögenswährungen bestehen.

Formelle Buchführungsmängel berechtigten nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln.

Entsprechend der gesetzlichen Vorschrift in § 162 AO sind bei der Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen, die von Bedeutung sind. Die Schätzungsergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. So insbesondere zu entnehmen einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 17.6.2020 unter dem Aktenzeichen X R 26/18.

Insgesamt ist durch die Rechtsprechung bereits geklärt, dass das Finanzamt und in der Folge auch das Finanzgericht in der Wahl seiner Schätzungsmethode frei ist. Es ist Sache der Tatsacheninstanz zu entscheiden, welcher Schätzungsmethode sie sich bedienen möchte, wenn diese geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen. Der Steuerpflichtige selbst hingegen hat keinen Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten Schätzungsmethode. Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht sind grundsätzlich verpflichtet, das aufgrund einer Schätzungsmethode gewonnene Ergebnis noch durch die Anwendung einer weiteren Schätzungsmethode zu überprüfen oder zu untermauern.

Allerdings ergibt sich aus dem ermessenhaften Vorgehen der Finanzverwaltung in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Wahlfreiheit von Finanzamt und Finanzgericht bei der Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Schätzungsmethode eingeschränkt ist und dabei auch Verhältnismäßigkeitserwägungen zu betrachten sind. Jede Schätzung hat zum Ziel, Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Tatsachenfeststellung trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich ist. Ermessensleitend ist deshalb das Ziel, die Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen so zu bestimmen, dass sie der Wirklichkeit möglichst nahekommen. Kommt eine bestimmte Schätzungsmethode diesem Ziel voraussichtlich näher als eine andere, ist die erstgenannte unter Ermessensgesichtspunkten vorzugswürdig.

Nach Maßgabe dieser vorgenannten Grundsätze hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen durch einen äußeren Betriebsvergleich anhand der aus der amtlichen Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums zu entnehmenden Richtsätze bislang als grundsätzlich anerkannte Schätzungsmethode bewertet. Allerdings hat der Bundesfinanzhof auch zum wiederholten Male klargestellt, dass die amtlichen Richtsätze keine Rechtsnorm sind. Tatsächlich sind es nur anerkannte Hilfsmittel der Verprobung und Schätzung der Umsätze und Gewinne.

Ebenso ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass Schätzungsgrundlagen in einem Streitfall von der Finanzbehörde so dargelegt werden müssen, dass ihre Nachprüfung und insbesondere eine Schlüssigkeitsprüfung der zahlenmäßigen Ergebnisse der Schätzung möglich ist. Hierzu müssen sowohl die Kalkulationsgrundlage (und damit auch die spezifischen Daten, auf denen die Schätzung basiert) als auch die Ergebnisse der Kalkulation sowie die Ermittlungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, offengelegt werden.

Ungeachtet dessen hat sich der Bundesfinanzhof jedoch bislang in keiner Entscheidung mehr damit auseinandergesetzt, auf welchen Grundlagen und Parametern die Richtsätze des Bundesfinanzministeriums beruhen, wie sie zustande kommen und welche Auswirkung sich hieraus auf die Tauglichkeit eines äußeren Betriebsvergleichs anhand der Richtsatzsammlung ergeben.

In Anbetracht der insbesondere für die steuerrechtliche, aber auch für die strafrechtliche Praxis erhebliche Bedeutung der Verprobung und Schätzung von Besteuerungsgrundlagen anhand der amtlichen Richtsatzsammlung erscheint es dem Bundesfinanzhof als sachgerecht, dass das Bundesfinanzministerium zum Revisionsverfahren hinzugezogen wird. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf dessen Herausgeberschaft der Richtsatzsammlung sowie im Hinblick darauf, dass weiterhin Klärungsbedarf über das Zustandekommen der einzelnen Richtsätze besteht und statistische Unzulänglichkeiten eingewandt werden.

Unklar erscheint dem Gericht vorliegend insbesondere, welche Einzeldaten mit welchem Gewicht in die Ermittlung der Richtsätze der jeweiligen Gewerbeklasse einfließen, wie die Repräsentativität der Daten sichergestellt wird und ob es Einzeldaten gibt, die von vornherein ausgeschlossen werden.

Weiterhin ist nicht geklärt, ob die regional zum Teil erheblich unterschiedliche Höhe fixer Betriebskosten (insbesondere Raum- und Personalkosten) der Festlegung bundeseinheitlicher Richtsätze entgegensteht. Ebenso offen ist, weshalb die Ergebnisse von Außenprüfungen bei sogenannten Verlustbetrieben unberücksichtigt bleiben, obwohl auch solche Betriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen. Abschließend geht es dem Bundesfinanzhof auch darum, ob ganz oder teilweise erfolgreiche Rechtsbehelfe des Steuerpflichtigen gegen die auf eine Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide Eingang in die Richtsatzsammlung finden.

Zudem stellt sich die Frage, wie dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden kann, das Ergebnis einer Schätzung auf der Grundlage der amtlichen Richtsatzsammlung -insbesondere auch im Hinblick auf die spezifischen Daten, die dieser Sammlung zugrunde liegen - nachzuvollziehen und zu überprüfen.

Hinweis: Wie auch immer das anhängige Revisionsverfahren ausgeht, eins ist sicherlich jetzt schon klar: Wir werden weiter dazu berichten. Bis dahin können betroffene Steuerpflichtige sich an das Musterverfahren anhängen und den eigenen Steuerfall offenhalten. Schon in dem Beschluss über die Hinzuziehung hat der Bundesfinanzhof zahlreiche offene Fragen zu den Richtsätzen aufgeworfen, die einen Einspruch im eigenen Fall allemal rechtfertigen.

3. Für Arbeitnehmer: Zur Beteiligung an den Kosten der Lebensführung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung

Ausweislich der Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflichen veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine solche doppelte Haushaltsführung liegt jedoch nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der Tätigkeitsstätte wohnt. Seit dem Veranlagungszeitraum 2014 gelten weitere Voraussetzungen. So setzt das Vorliegen eines eigenen Haushalts außerhalb des Orts der ersten Tätigkeitsstätte das „Innehaben einer Wohnung“ und eine „finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung“ des Haupthaushaltes voraus.

Das Tatbestandsmerkmal „Innehaben einer Wohnung“ bewirkt keine substanzielle verschärfende Wirkung gegenüber der alten Rechtslage. Erforderlich ist insoweit, dass der Arbeitnehmer die Wohnung aus eigenem Recht nutzt. Dies kann etwa Eigentum, Miete oder eine sonstige Nutzungsregelung sein. Entgeltliche, fremdüblichen Nutzungsverhältnisse werden hingegen nicht gefordert. Ausreichend sind insoweit bereits abgeleitete Nutzungsbefugnisse.

Ein wesentliches Mitbestimmen der Haushaltsführung ist bei Arbeitnehmern, die wirtschaftlich selbstständig und berufstätig sind, zu unterstellen. Die Rechtsprechung spricht hier von der sogenannten Regelvermutung. Neben einer nicht zwingenden Beteiligung an den Wohnungs- und Hauskosten ist auch eine alleinige Beteiligung an den übrigen Lebensführungskosten ausreichend.

Unter diesen Lebensführungskosten im Sinne der Regelung zur doppelten Haushaltsführung sind nur diejenigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens zu verstehen, die einen Haushaltsbezug aufweisen. Im Wesentlichen werden dies Miet- und Hauskosten, Verbrauchs- und sonstige Nebenkosten, Aufwendungen für die Anschaffung und Reparatur von Haushaltsgeräten und Haushaltsgegenständen, Kosten für Lebensmittel oder Kosten für Telekommunikation sein.

Mangels eines Haushaltsbezugs zählen Kosten für Urlaub, Pkw, Freizeitgestaltung, Gesundheitsförderung sowie Kleidung und ähnliches nicht hierzu.

Insgesamt hat der Arbeitnehmer in jedem Jahr diese Kosten der Lebensführung beim Finanzamt darzulegen. Ihn trifft insoweit zwar grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. Wegen einer im Regelfall jedoch anzunehmenden Unzumutbarkeit ist aber regelmäßig auch eine Schätzung möglich. Es ist insoweit nicht zu beanstanden, wenn eine solche Schätzung der Lebensführungskosten des Haupthaushaltes anhand der jährlichen Angaben des Statistischen Bundesamtes für den jeweiligen Haushaltstypus erfolgt.

Die finanzielle Beteiligung selbst an den Lebensführungskosten des Haupthaushaltes kann in direkter Form, also beispielsweise bar oder unbar, aber auch indirekt (etwa durch Anschaffung von Haushaltsgegenständen, Tragen von Reparatur- oder Renovierungskosten bzw. der Beteiligung an den Erwerbs- oder Baukosten) erfolgen. Lediglich ideelle Beiträge oder Dienstleistungen, wie beispielsweise die Übernahme von Arbeiten rund ums Haus, die Mithilfe beim Umbau oder bei Renovierungen und ähnliches fallen nicht unter den Begriff der „finanziellen Beteiligung“.

Eine regelmäßige Beteiligung an den laufenden Wohnungs- und Verbrauchskosten fordert die gesetzliche Regelung hingegen nicht, da weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien hierauf hindeuten. Dementsprechend stellt das Finanzgericht aus Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 18.9.2019 unter dem Aktenzeichen 9 K 209/18 klar, dass auch unregelmäßige Zahlungen oder nur Einmalzahlungen als finanzielle Beteiligung angesehen werden können.

Auch kommt es insoweit nicht auf den Zeitpunkt der Zahlung oder Zahlungen an. Diese Zahlungen können Anfang, Mitte oder Ende des Jahres getätigt werden. Auch am Ende des Jahres geleistete finanzielle Beiträge können ausreichend sein. Selbst eine Einbeziehung von Zahlungen außerhalb des Streitjahres hält das Niedersächsische Finanzgericht für denkbar, sofern die Zahlungen ihre wirtschaftliche Verursachung im jeweiligen Streitjahr haben. Dies kann beispielsweise durch Beteiligung an den Nebenkosten nach Vorlage der Nebenkostenabrechnung im Folgejahr der Fall sein. Ganz ausdrücklich haben die erstinstanzlichen Richter aus Niedersachsen festgelegt, dass das Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG hier nicht einschlägig ist.

Lediglich die finanzielle Beteiligung an den Lebensführungskosten des Haupthaushaltes darf nicht erkennbar unzureichend sein. Dies war aktuell streitgegenständlich in einem Sachverhalt des Bundesfinanzhofs unter dem Aktenzeichen VI R 39/19. Die erstinstanzlichen Richter aus Niedersachsen definieren insoweit das Erfordernis des Überschreitens einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 % als sachgerecht.

Vor diesem Hintergrund hat daher auch der Bundesfinanzhof mit Entscheidung vom 12.1.2023 unter dem zuvor genannten Aktenzeichen Aufwendungen zum Werbungskostenabzug im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung zugelassen. Im Streitfall wohnte ein lediger Arbeitnehmer, der in der Woche in einer angemieteten Wohnung am Arbeitsort lebte, an den Wochenenden und in seiner übrigen Freizeit zusammen mit seinem Bruder und seinen Eltern in einem Mehrgenerationenhaushalt. Weil er sich an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten dieses Haushaltes mehr als nur unwesentlich beteiligte, konnte er die wöchentlichen Familienheimfahrten sowie die Mietaufwendungen für die Zweitwohnung am Beschäftigungsort als Kosten der doppelten Haushaltsführung steuermindernd ansetzen. Konkret war es dabei im Urteilsfall so, dass der Arbeitnehmer erst am Ende des Jahres, sprich im Dezember, eine Kostenbeteiligung für laufende Kosten und Erneuerungsmaßnahmen an seine Eltern überwies. Zudem konnte er nachweisen, dass er Ausgaben für Lebensmitteleinkäufe am Ort des Haupthausstandes getätigt hatte. Insoweit war eine ausreichende finanzielle Beteiligung gegeben und auch der Bundesfinanzhof sah es nicht als schädlich an, dass diese erst am Ende des Jahres stattfand.

4. Für alle Steuerpflichtigen: Verlustausgleichsbeschränkung und Abzugsbeschränkung bei Zins-Währungsswaps

Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9.2.2023 unter dem Aktenzeichen IV R 34/19 betrifft die steuerliche Behandlung von Verlusten aus Zins-Währungsswaps, die von einer Personengesellschaft abgeschlossen wurden. Das Urteil des Bundesfinanzhofs hat dabei Bedeutung für alle Steuerpflichtigen, die Zins-Währungsswaps oder andere Termingeschäfte abschließen oder an Personengesellschaften beteiligt sind, die solche Geschäfte tätigen.

Vorliegend waren die Kläger Gesellschafter einer GmbH & Co. KG, die solche Swaps zur Absicherung von Fremdwährungskrediten eingesetzt hatte. Die Swaps führten in den Streitjahren zu erheblichen Verlusten, die die Kläger als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend machten.

Das Finanzamt erkannte die Verluste jedoch nicht an und berief sich auf die Verlustausgleichsbeschränkungen und Verlustabzugsbeschränkung für Termingeschäfte entsprechend der Regelung in § 15 Abs. 4 Sätze 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Danach können Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus solchen Geschäften ausgeglichen oder abgezogen werden. Der Fiskus vertrat die Auffassung, dass Zins-Währungsswaps Termingeschäfte seien und dass die Verluste nicht mit anderen Einkünften der Kläger verrechnet werden könnten.

Dagegen wehrten sich die Kläger durch Klageerhebung beim zuständigen Finanzgericht Baden-Württemberg, das ihnen zumindest teilweise Recht gab. Das erstinstanzliche Finanzgericht entschied, dass Zins-Währungsswaps zwar Termingeschäfte seien, aber dass die Verlustausgleichsbeschränkung und Verlustabzugsbeschränkung nur für solche Geschäfte gelten, die der Spekulation dienten. Da die Swaps einigen Gesellschaftern tatsächlich jedoch der Absicherung von Fremdwährungskrediten dienten, seien ihre Verluste nicht beschränkt. Die Gesellschafter, die keine Fremdwährungskredite hatten, seien hingegen von der Beschränkung betroffen.

Das Finanzamt wollte sich damit jedoch nicht zufriedengeben und legte Revision beim Bundesfinanzhof in München ein, der das erstinstanzliche Urteil aufhob und die Klage abwies. Der Bundesfinanzhof begründete seine Entscheidung damit, dass die Verlustausgleichsbeschränkung und Verlustabzugsbeschränkung für Termingeschäfte unabhängig von der Motivation für den Abschluss der Geschäfte gelten. Es sei nicht erforderlich, dass die Geschäfte spekulativ seien, um unter die Beschränkung zu fallen. Der Bundesfinanzhof stellte zudem klar, dass die Beschränkung personenbezogen anzuwenden sei, das heißt, dass jeder Gesellschafter einer Personengesellschaft seine eigenen Verluste aus Termingeschäften nur mit seinen eigenen Gewinnen aus solchen Geschäften verrechnen könne.

Hinweis: Der Bundesfinanzhof wies auch darauf hin, dass die Verlustausgleichsbeschränkung und Verlustabzugsbeschränkung für Termingeschäfte nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Er verwies auf seine frühere Rechtsprechung, wonach eine solche Beschränkung sachlich gerechtfertigt sei, um eine steuerliche Ungleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten aus Termingeschäften zu vermeiden.

5. Für GmbH-Gesellschafter: Fremdübliche Verzinsung einer Darlehensforderung

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) mindern verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht. Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Gewinns auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. In der Regel wird dabei eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Konkret gesagt es wird in der Praxis regelmäßig der sogenannte Fremdvergleich herangezogen.

Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang bei Geschäften zwischen einer Kapitalgesellschaft und deren beherrschendem Gesellschafter die tatsächlich vereinbarten Preise von denjenigen abweichen, die zwischen fremden Dritten vereinbart worden wären, ist eine tatsächliche Frage, deren Beantwortung im gerichtlichen Verfahren in erster Linie dem (erstinstanzlichen) Finanzgericht obliegt.

Das Finanzgericht muss den maßgeblichen Fremdvergleich unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls ermitteln, was im Regelfall eine Schätzung notwendig macht. Die Entscheidung darüber, wie der Fremdvergleich im Einzelfall durchzuführen ist, obliegt dabei grundsätzlich dem Finanzgericht. Dieses muss bei der Ermittlung des fremdüblichen Preises allerdings beachten, dass es häufig für die betreffende Leistung nicht „den“ Fremdvergleichspreis, sondern eine Bandbreite von Preisen geben wird. In einem solchen Fall ist bei der Berechnung der verdeckten Gewinnausschüttung von dem für den Steuerpflichtigen günstigsten Vergleichspreis auszugehen.

Bei der Beurteilung von Darlehensgeschäften zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter hat die Rechtsprechung daher folgende allgemeine Grundsätze aufgestellt:

Gewährt die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter ein Darlehen, kommt der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung insoweit in Betracht, als der Kredit zinslos oder zu einem unangemessen niedrigen Zins gewährt wird. Davon kann insbesondere auszugehen sein, wenn die Gesellschaft für den bei ihr angestellten Gesellschafter ein unangemessen verzinstes Verrechnungskonto führt, dass ein Saldo zugunsten der Gesellschaft ausweist.

Zur Bestimmung des angemessenen, fremdüblichen Zinses ist vorrangig die Preisvergleichsmethode anzuwenden, weil diese Methode unmittelbar zur Feststellung des Vergleichspreises führt und sie daher als die Grundmethode zur Bestimmung angemessener Verrechnungspreise anzusehen ist. Fremdpreis ist der Zins, zu dem Fremde unter vergleichbaren Bedingungen den Kredit am Geld- oder Kapitalmarkt gewährt hätten.

Für Fälle, in denen eine Gesellschaft für den bei ihr angestellten Gesellschafter ein unangemessen verzinstes Verrechnungskonto führt, hat die Rechtsprechung zur Bemessung des angemessenen Zinssatzes den sogenannten „Margenteilungsgrundsatz“ als sachgerechten Erfahrungssatz anerkannt. Danach gilt:

Bei Kreditgeschäften zwischen einer Kapitalgesellschaft, die selbst keine Bankgeschäfte betreibt und als privater Darlehensgeber agiert, und ihrem Gesellschafter als privatem Darlehensnehmer berechnet sich die für den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung erforderliche verhinderte Vermögensmehrung nach den in Rechnung gestellten Soll-Zinsen, wenn und soweit davon ausgegangen werden kann, dass der dem Gesellschafter zinslos überlassene Darlehensbetrag andernfalls zur Kreditrückzahlung verwendet worden wäre. Hat die Gesellschaft selbst keinen Kredit aufgenommen, so bilden die banküblichen Haben-Zinsen die Untergrenze und die banküblichen Soll-Zinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung.

Der im Einzelfall maßgeblich Betrag innerhalb der genannten Marge ist durch Schätzung zu ermitteln, wobei dem Risiko, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt werden kann, besondere Bedeutung zukommt. In der Regel ist der Ansatz der Soll-Zinsen jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesellschaft keine Bankgeschäfte betreibt und deshalb auch nicht den damit verbundenen Aufwand hat. Sind keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, ist es nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und Darlehensnehmer die bankübliche Marge zwischen Soll-Zinsen und Haben-Zinsen teilen.

Ungeachtet der zuweilen geäußerten Kritik an diesen Grundsätzen hält jedoch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 22.2.2023 unter dem Aktenzeichen I R 27/20 daran fest.

Hinweis: Einen Widerspruch zur oben bereits näher beschriebenen Bandbreiten-Rechtsprechung, wonach der richtige Fremdvergleichspreis keinen Punktwert darstellt, sondern aus einer Bandbreite von allesamt fremdüblichen Preisen besteht, liegt nach Auffassung des erkennenden I. Senates des Bundesfinanzhofs nicht vor.

Denn der sich aus der Margenteilung ergebende Mittelwert ist aus Fremdvergleichen abgeleitet und überdies nur dann einzusetzen, wenn anderweitige tatsächliche Anhaltspunkte für die Schätzung fehlen. Die Teilung der Marge selbst beruht auf einer Beobachtung des Wirtschaftslebens und damit auf einem Erfahrungssatz, den der Senat als fremdübliches Verhalten auch für das Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter annimmt. Es besteht auch kein zwingender Grund, sich in der Kreditvergabesituation allein an dem vom Kreditgeber alternativ erzielbaren Habenzins als Vergleichsmaßstab und in der Kreditaufnahmesituation allein an dem vom Kreditnehmer alternativ hinzunehmenden Sollzins zu orientieren. Denn mit einem solchermaßen gespaltenen Ansatz können bei der Beurteilung eines einheitlichen Rechtsverhältnisses unterschiedliche Fremdvergleichspreise hervorgehen, was in der Sache und aus Praktikabilitätsgründen nicht überzeugt.

Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht schließlich auch kein Widerspruch zwischen dem Margenteilungsgrundsatz und neueren Entscheidungen des Senats zu Darlehensgewährungen im Konzern. Vorliegend geht es um die gänzlich anders gelagerte Situation einer privaten Gelegenheit zur Kreditvergabe durch eine juristische Person an ihren beherrschenden Gesellschafter. Nur insoweit ist der Margenteilungsgrundsatz als praktikables Hilfsmittel für den Fall anzuerkennen, das keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar sind.

Sind daher keine anderen Anhaltspunkte für die regelmäßig gebotene Schätzung der fremdüblichen Zinsen erkennbar, ist es nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und Darlehensnehmer die bankübliche Marge zwischen Soll-Zinsen und Haben-Zinsen teilen.

Sollte die vorstehender Auffassung des Bundesfinanzhofs daher auch in aller Konsequenz seitens der Finanzverwaltung umgesetzt werden, könnte dies zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Immerhin ist der angemessene Zinssatz dann nicht mehr im Rahmen einer Bandbreite zu finden, sondern muss (abgestellt auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages) mit einem konkreten Punkt ermittelt werden. Es bleibt daher zu hoffen, dass die Finanzverwaltung hier das nötige Fingerspitzengefühl hat und die Sache im Wesentlichen etwas großzügiger betrachtet.

6. Für Unternehmer: Was gilt beim Investitionsabzugsbetrag? Steuerbilanzgewinn oder steuerlicher Gewinn, das ist hier die Frage!

Im hier behandelten Streitfall geht es um die Frage, ob der Steuerpflichtige Investitionsabzugsbeträge in Anspruch nehmen darf. Entsprechend der gesetzlichen Regelung können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden, bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffung- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abziehen. Man spricht dabei vom sogenannten Investitionsabzugsbetrag.

Dieser kann jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gewinn, der nach § 4 oder § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt wird, im Wirtschaftsjahr, in dem die Abzüge vorgenommen werden sollen, ohne Berücksichtigung der Investitionsabzugsbeträge und der Hinzurechnungen nach § 7g Abs. 2 EStG 200.000 Euro nicht überschreitet.

Im Verfahren beim Finanzgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen 10 K 1873/22 war nun strittig, was im Zusammenhang mit den Investitionsabzugsbeträgen denn unter Gewinn zu verstehen ist. Infrage kommt insoweit der Steuerbilanzgewinn oder auch der Gewinn, der tatsächlich später als steuerlicher Gewinn besteuert wird. Letzterer differiert insbesondere vom Steuerbilanzgewinn durch außerbilanzielle Hinzurechnung oder Kürzungen von nicht abziehbaren Betriebsausgaben.

Nach Auffassung des Finanzgerichtes Baden-Württemberg ist unter dem Wort „Gewinn“ im Zusammenhang mit der Vorschrift des Investitionsabzugsbetrages der Steuerbilanzgewinn und nicht der steuerliche Gewinn im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 EStG zu verstehen. Eine Korrektur um außerbilanzielle Positionen wie nicht abziehbare Betriebsausgaben oder einkommenssteuerfreie Einnahmen findet nicht statt. Dies ist auch die einhellige Meinung der Literatur.

Eine eigenständige Definition des Begriffs „Gewinn“ findet im Zusammenhang mit der Regelung des Investitionsabzugsbetrages nicht statt. Es ist zwar bestimmt, dass der Gewinn nach § 4 oder § 5 EStG zu ermitteln und damit grundsätzlich an den nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinn und nicht an den handelsbilanziellen Jahresüberschuss anzuknüpfen ist. Nicht geregelt ist jedoch, ob der Gewinn um nicht abziehbare Betriebsausgaben zu erhöhen bzw. um steuerfreie Betriebsvermögensmehrungen zu mindern ist. Insoweit ist nicht geregelt, dass der steuerliche Gewinn im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 EStG für die Bestimmung der Gewinngrenze beim Investitionsabzugsbetrag ausschlaggebend sein soll.

Vielmehr deutet der Wortlaut der Vorschrift auf eine Maßgeblichkeit des nicht korrigierten Gewinns hin. Das Gesetz stellt auf den nach § 4 beziehungsweise § 5 EStG „ermittelten“ Gewinn ab. Dies lässt nach Meinung der Richter aus Baden-Württemberg darauf schließen, dass Erhöhungen und Minderungen, die sich außerhalb der Gewinnermittlung vollziehen, bei der Bestimmung des Höchstbetrags von 200.000 Euro unberücksichtigt bleiben sollen.

Zwar könnte auch ein nach § 4 EStG ermittelter Gewinn die Korrekturen nach § 4 Abs. 5 EStG und damit die nicht abziehbaren Betriebsausgaben, die nicht abziehbare Gewerbesteuer nach § 4 Absatz 5b EStG und nach § 4 Absatz 4a EStG die nicht abziehbaren Schuldzinsen beinhalten. Damit ist aber nach Auffassung der Richter nicht erklärt, weshalb auch andere (nicht in § 4 EStG normierte) Korrekturen in die Gewinngrenze einzubeziehen wären. Dazu können beispielsweise das Teilabzugsverbot oder das Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nummer 40 EStG gehören. Zudem spricht ausweislich des Urteils der Richter des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 2.5.2023 mehr dafür, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung zum Ausdruck bringen wollte, nicht nur die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Absatz 1 Satz 1 EStG, sondern ebenso diejenige durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG als für Zwecke des § 7g EStG zulässige Gewinnermittlung zu bestimmen. Insgesamt lassen daher die Richter aus Baden-Württemberg keinen Zweifel daran, dass der Steuerbilanzgewinn und nicht der steuerliche Gewinn für die Prüfung der Höchstgrenze von 200.000 Euro beim Investitionsabzugsbetrag maßgebend ist.

Tipp: Betroffenen sei insoweit geraten, sich die ausführliche Urteilsbegründung vorzunehmen, da dort auch noch zahlreiche weitere Argumente zu finden sind. Auch wenn insoweit die Entscheidung aus Baden-Württemberg durchaus nachvollziehbar und sehr gut begründet ist, musste wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage und zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen werden. Insbesondere weil die Entscheidung gegen das Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 15.6.2022 gerichtet ist, verwundert es nicht, dass die Finanzverwaltung die Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt hat. Unter dem Aktenzeichen X R 14/23 muss dieser nun klären, welcher Gewinn tatsächlich zur Prüfung der Gewinngrenze bei Investitionsabzugsbeträgen anzuwenden ist.

7. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Gebühr bei einer verbindlichen Auskunft

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 89 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzämter und das Bundeszentralamt für Steuern auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht.

Die Zahl der Anträge hängt dabei zum einen von der Zahl der zum Gegenstand der Auskunft gemachten „Sachverhalte“ ab. Insoweit liegt immer ein Sachverhalt vor, wenn er sich auf einen Steuerpflichtigen bezieht. Zum anderen hängt daher die Zahl der Anträge gegebenenfalls auch von der Zahl der antragstellenden Steuerpflichtigen ab. Ein einheitlicher (einziger) Sachverhalt kann somit auch in mehreren Anfragen zu stellen sein, weil er mehrere Steuerpflichtige betrifft.

Vor diesem Hintergrund haben im vorliegenden Sachverhalt acht Steuerpflichtige wegen einer geplanten Einlage von Anteilen in eine neu zu gründende GmbH & Co. KG und anschließendem Wechsel dieser KG in eine GmbH jeweils eine verbindliche Auskunft beantragt, da die steuerlichen Folgen der vorgenannten Umstrukturierungsmaßnahmen durchaus komplex und nicht überschaubar waren. Die Steuerpflichtigen beantragten die verbindliche Auskunft gemeinsam beim Finanzamt.

In § 89 Abs. 3 Satz 1 und 2 AO ist insoweit geregelt, dass für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft eine Gebühr erhoben wird. Wird eine verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt, ist nur eine Gebühr zu erheben und die Antragsteller werden in diesem Fall zu Gesamtschuldnern der Gebühr.

Im vorliegenden Streitfall erteilte das Finanzamt jedoch acht inhaltsgleiche verbindliche Auskünfte hinsichtlich der Umstrukturierungsmaßnahmen und es setzte gegenüber jedem der Antragsteller eine Gebühr fest. Hiergegen wehrten sich die Steuerpflichtigen, da die verbindliche Auskunft gegenüber allen Klägern nur einheitlich hätte erteilt werden können.

Erfreulicherweise hat hier in erster Instanz nun das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 8.2.2023 unter dem Aktenzeichen 6 K 1330/20 AO gegen das Finanzamt entschieden, dass bei der Erteilung acht inhaltsgleicher verbindlicher Auskünfte wegen einer mehrstufigen Umstrukturierungsmaßnahme wie vorliegend eine einheitliche Auskunftserteilung gegeben ist, für die auch ein gemeinsamer Gebührenbescheid zu erlassen ist. Dies hat zur Folge, dass unter dem Strich eine wahrscheinlich deutlich geringere Gebühr anfällt.

Auch wenn insoweit die erstinstanzliche Entscheidung nicht nur zu begrüßen ist, sondern auch durchaus logisch und nachvollziehbar ist, wurde die Revision zugelassen. Die Frage, wann eine einheitliche Auskunftserteilung vorliegt, ist bisher nämlich noch nicht höchstrichterlich geklärt. Tatsächlich sind insoweit bereit Revisionsverfahren unter den Aktenzeichen I R 30/22 sowie II R 37/22, II R 39/22 und II R 40/22 beim Bundesfinanzhof anhängig. Im vorliegenden Verfahren ist bisher noch nicht bekannt, ob das Finanzamt auch hier Revision eingelegt hat, jedoch wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen sein.

Tipp: Betroffene sollten sich jedoch dann auch an die Musterverfahren anhängen, denn es erscheint nur denklogisch, dass die Finanzverwaltung bei identischer Auskunft für mehrere Steuerpflichtige auch insoweit nur eine Gebühr berechnen kann, welche dann auf die Steuerpflichtigen aufzuteilen ist.

8. Für Grundstücksunternehmen: Das Problem der Sondervergütungen bei der erweiterten Gewerbesteuerkürzung

Entsprechend der Kürzungsregelungen im Gewerbesteuergesetz ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes zu kürzen, der zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehört

Anstelle dieser Kürzung tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Entsprechend der weitergehenden gesetzlichen Regelungen, konkret in § 9 Nummer 1 Satz 5 Nummer 1a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), gilt die erweiterte Gewerbesteuerkürzung allerdings nicht, soweit der Gewerbeertrag Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) enthält, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat.

Vorstehende Regelung ist mit dem Jahressteuergesetz 2009 eingefügt worden, um steuerliche Gestaltungen im Zusammenhang mit der erweiterten Kürzung für Grundstücksunternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft zu verhindern. Es geht dabei um Gestaltungen, nach denen Erträge, die die Gesellschaft gewerbesteuerpflichtigen Dritten für erbrachte Leistung zahlt, in den Kürzungsumfang einbezogen werden, weil der Dritte Gesellschafter der Gesellschaft ist.

Um dies zu vermeiden, sieht die Regelung vor, dass Sondervergütungen eines Gesellschafters von der erweiterten Kürzung ausgeschlossen werden, wenn sie bei der Gesellschaft mit Gewerbesteuer belastet werden. Von diesem Grundsatz nimmt das Gesetz lediglich Sondervergütungen für die Überlassung von Grundbesitz an die Gesellschaft aus, da sie die Kerntätigkeit der Gesellschaft umfassen. Hinsichtlich solcher Vergütungen bleibt es bei dem Grundsatz, dass sie in die erweiterte Kürzung einbezogen werden und somit im Ergebnis nicht mit Gewerbesteuer belastet werden. Dazu heißt es in der seinerzeitigen Gesetzesbegründung: „Hierzu wird die erweiterte Kürzung auf Ebene der grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft in Bezug auf Sondervergütungen des Mitunternehmers dahingehend eingeschränkt, dass nur die Sondervergütungen in die erweiterte Kürzung einzubeziehen sind, die auf die Überlassung von Grundbesitz an die Gesellschaft entfallen, d.h. die die Kerntätigkeit der Gesellschaft umfassen. Soweit der Mitunternehmer der Gesellschaft Darlehen überlässt oder andere Leistungen wie zum Beispiel Beratungsleistungen erbringt, wird die erweiterte Kürzung ausgeschlossen“

Umstritten ist bei der Regelung jedoch, ob sie auch dann zur Anwendung gelangt, wenn der Vergütungsempfänger selbst nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Nach der wohl überwiegenden Literaturmeinung ist die Norm in diesem Fall aufgrund ihres überschießenden Charakters teleologisch zu reduzieren. In der Minderheitsmeinung der Literatur ist die Vorschrift hingegen keiner teleologischen Reduktion zugänglich, da ihr Wortlaut eindeutig ist. Auf die Seite der Minderheitsmeinung hat sich nun auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 9.3.2023 unter dem Aktenzeichen IV R 25/20 geschlagen. Der erkennende Senat hält die Regelung in § 9 Nummer 1 Satz 5 Nummer 1 a GewStG auch dann für einschlägig, wenn der Vergütungsempfänger selbst nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Insoweit wird die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags bei einer Grundstücks-Personengesellschaft auch hinsichtlich der von einem nicht gewerbesteuerpflichtigen Gesellschafter als Sondervergütung bezogenen Darlehenszinsen ausgeschlossen. Im Ergebnis ist die Entscheidung des Bundesfinanzhofs daher unter dem Motto einzuordnen: Ist das Urteil noch so schlecht, der Bundesfinanzhof hat immer recht.

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