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Mandantenbrief 12/2021

Inhalt:
  1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Frage des Vorliegens einer Lieferung bei dezentral verbrauchtem Strom
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Abzugsfähigkeit von Beerdigungskosten als Erbfallkosten
  3. Für Arbeitnehmer: Rechtsanwaltskosten für die Vertretung in Disziplinarverfahren als Werbungskosten
  4. Für Anleger: Zuteilung von Aktien im Rahmen eines ausländischen „Spin-Off"
  5. Für Personengesellschaften: Abfärberegelung bei Fotovoltaikanlagen und funktionierendes Ausgliederungsmodell
  6. Für Unternehmer: Zum Bilanzierungswahlrecht für aktive Rechnungsabgrenzungsposten von geringer Bedeutung
  7. Für Unternehmer: Rechtswidrige Aufforderung zur Überlassung eines Datenträgers zur Betriebsprüfung
  8. Für Unternehmer: Zum Zeitpunkt der Rückstellung nach Betriebsprüfungen

1. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Frage des Vorliegens einer Lieferung bei dezentral verbrauchtem Strom

Aktuell hat der Bundesfinanzhof in München unter dem Aktenzeichen V R 22/21 die Frage zu beantworten, ob eine umsatzsteuerliche Lieferung von in einem Blockheizkraftwerk erzeugtem und dezentral verbrauchtem Strom an den Netzbetreiber gegeben ist, wenn eine Verpflichtung des Netzbetreibers zur Zahlung des KWK Zuschlags bestand und diese auch in Anspruch genommen wurde.

Erfreulicherweise hatte das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 16.6.2021 unter dem Aktenzeichen 9 K 2943/16 festgestellt, dass durch die Erzeugung von Strom im Blockheizkraftwerk und dem dezentralen Verbrauch beim Steuerpflichtigen keine Lieferung von Strom an den Netzbetreiber erfolgt.

Da die Finanzverwaltung dies ausweislich der Revision zum Bundesfinanzhof leider noch anders sieht, kann die Begründung des erstinstanzlichen Finanzgerichtes Köln zur Begründung im eigenen Streitfall herhalten. Insoweit lohnt es sich, hier einen genaueren Blick drauf zu werfen. Danach gilt im Wesentlichen Folgendes:

Lieferungen sind ausweislich der Regelung in § 3 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Leistungen, durch die ein Unternehmer oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch regelmäßig von dem Verschaffen der Verfügungsmacht. Die Regelung wird über die Mehrwertsteuersystemrichtlinie in nationales Recht umgesetzt, weshalb es für die Lieferung auf die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, ankommt.

Hiervon ist bei der Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag auszugehen, was auch häufig mit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentum verbunden ist. So auch bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 24.10.2013 unter dem Aktenzeichen V R 17/13.

Ob die Verfügungsmacht in diesem Sinne übertragen wird, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls. Dies bedeutet, dass man regelmäßig auf die konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächliche Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten schauen muss. Auch dies hatte bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 9.9.2015 unter dem Aktenzeichen XI R 21/13 herausgearbeitet.

Wendet man diese Grundsätze nun auf eine Übertragung der Verfügungsmacht an den Netzbetreiber an, kann nicht von einer Lieferung ausgegangen werden. So ist Strom zwar grundsätzlich ein Gegenstand, der geliefert werden kann, denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs werden mit dem Wortgegenstand sowohl Sachen, also körperliche Gegenstände, als auch Wirtschaftsgüter erfasst, die im Verkehr wie körperliche Sachen behandelt werden. Dazu gehört beispielsweise der elektrische Strom oder die Wasserkraft oder auch etwa ein Firmenwert.

Auch steht einer Verschaffung der Verfügungsmacht nicht die fehlende physische Verbindung zum Netzbetreiber entgegen, da die Kundenanlage der Klägerin an das Netz des Netzbetreibers angeschlossen war. Außerdem besteht zwischen dem Betreiber eines Blockheizkraftwerks und dem Netzbetreiber ein sich aus dem KWKG ergebendes gesetzliches Schuldverhältnis.

Allerdings wurde der im Blockheizkraftwerk erzeugte Strom im entschiedenen Urteilsfall gerade nicht in das Netz des Netzbetreibers eingespeist. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und konnte anhand der in der mündlichen Verhandlung näher erläuterten Differenz zwischen minimaler Grundlast der Klägerin und der gleichzeitig im Blockheizkraftwerk erzeugten Strommenge nachvollziehbar dargelegt werden. Die fehlende Einspeisung des Stroms stimmt zudem mit der Systematik der vorliegend zur Anwendung gelangten Regelung im KWGK über ein.

Infolge der fehlenden Einspeisung des Stroms in das allgemeine Stromnetz werden weder Substanz noch Wert und Ertrag des im Blockheizkraftwerk erzeugten und dezentral verbrauchten Stroms auf den Netzbetreiber übertragen. Weder die bloße Möglichkeit, dass im Blockheizkraftwerk erzeugter Strom infolge des Netzanschlusses eingespeist werden könnte, noch die Verpflichtung des Netzbetreibers zur Zahlung des KWK-Zuschlags ändern hieran etwas. Denn auch diese Umstände begründen keine Übertragung von Substanz, Wert oder Ertrag. Der Netzbetreiber erhält weder aufgrund des Netzanschlusses noch aufgrund seiner Verpflichtung zur Zahlung des Zuschlags die Befähigung, wie ein Eigentümer über den dezentral verbrauchten Strom verfügen zu können.

Schließlich ist auch unter dem Aspekt der sogenannten Vertragseinspeisung, die es in der Stromwirtschaft neben der physikalischen Einspeisung gibt, vorliegend keine Verschaffung der Verfügungsmacht am dezentral verbrauchten Strom anzunehmen. Bei der sogenannten Vertragseinspeisung übernimmt der Netzbetreiber die Elektrizität lediglich nominell, obwohl der in der KWK-Anlage erzeugte Strom selbst verbraucht oder Dritten zur Verfügung gestellt wird und damit ein messbarer Lastfluss an der Verbindung von Anschlussleitung und Netz der allgemeinen Versorgung gerade nicht stattfindet. In einer Art Kompensationsgeschäft ging man von einer Rücklieferung der Vertriebsschwester des Netzbetreibers aus. Diese Konstruktion der Vertragseinspeisung versuchte man im Zusammenhang mit dem KWKG fruchtbar zu machen, um Zuschläge zahlen zu können. Allerdings wurde dies aufgrund der fehlenden Einspeisung als Umgehungsfall angesehen. Zuschläge sollten nicht gezahlt werden dürfen. Seit Einführung der Zuschlagsregelung in § 4 Absatz 3a KWKG 2009 kommt es daher auf diese Wertung nicht mehr an.

Letztendlich lässt sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unter dem Aktenzeichen Rs. C-219/12 keine Lieferung herleiten. In diesem Fall nahm der Europäische Gerichtshof zwar eine Lieferung zwischen Anlagenbetreiber und Netzbetreiber an, obwohl der eigene Strombedarf des Anlagenbetreibers größer war als die Menge des selbsterzeugten Stroms. Allerdings handelte es sich um eine sogenannte netzgeführte Stromerzeugungsanlage (im entschiedenen Fall eine Photovoltaikanlage), bei der der produzierte Strom tatsächlich in das Netz eingespeist wurde und der verbrauchte Strom vom Betreiber des Netzes gekauft wurde.

Schließlich ändert auch die Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 14.03.2011 sowie in Abschnitt 2.5 Abs. 7 Satz 3 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE), wonach bei dezentralem Verbrauch von KWK-Strom generell eine Lieferung des Stroms vom Anlagenbetreiber an den Netzbetreiber (und dann in der Folge eine Rücklieferung des Netzbetreibers an den Anlagenbetreiber) erfolgt, nichts an diesem Ergebnis.

Da der erkennende Senat des hier erstinstanzlichen Finanzgerichts Köln nicht an die Auffassung der Finanzverwaltung gebunden ist, ändert sich ausweislich der ausdrücklichen Aussage des Senats nichts an der materiellen Auslegung der zugrunde zu legenden Rechtsnorm.

Hinweis: Auch der Bundesfinanzhof ist nicht an die Verwaltungsanweisung der Finanzverwaltung gebunden, weshalb insoweit anzunehmen ist, dass die obersten Finanzrichter der Republik der erstinstanzlichen Meinung ihrer Kölner Kollegen folgen werden. De facto hat das Finanzgericht nämlich gut herausgearbeitet, warum in entsprechenden Fällen eben gerade keine umsatzsteuerliche Lieferung gegeben ist.

2. Für alle Steuerpflichtigen: Zur Abzugsfähigkeit von Beerdigungskosten als Erbfallkosten

In zwei Entscheidungen hat das Finanzgericht Münster mit Urteilen vom 19.8.2021 unter den Aktenzeichen 3 K 1551/20 Erb und 3 K 2552/20 Erb entschieden, dass Beerdigungskosten, soweit sie durch eine von der Erblasserin abgeschlossenen Sterbegeldversicherung geleistet werden, nicht als Erbfallkosten abzugsfähig sind, wenn der Versicherungsanspruch an ein Bestattungsunternehmen abgetreten wurde.

Zum Hintergrund des Streitfalls: Die Kläger der beiden Verfahren sind Geschwister, die gemeinsam Erben ihrer verstorbenen Tante geworden sind. Von den Beerdigungskosten wurde ein Teilbetrag in Höhe von ca. 6.800 Euro von einer von der Tante abgeschlossenen Sterbegeldversicherung übernommen. Die Tante hatte dabei den Auszahlungsanspruch bereits zu Lebzeiten an das Bestattungsunternehmen abgetreten.

Das Finanzamt bezog den Anspruch der Tante gegen die Sterbegeldversicherung im Rahmen der Erbschaftssteuerveranlagung in den steuerpflichtigen Erwerb ein und zog auf der anderen Seite für Erbfallschulden den Pauschbetrag in Höhe von 10.300 Euro ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 5 Nummer 3 Satz 2 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) ab. Die Kläger machten demgegenüber höhere Erbfallkosten von etwa 15.000 Euro geltend, wobei sie den von der Versicherung übernommen Betrag in die Erbfallschulden einberechneten.

Entsprechend der oben genannten Entscheidungen des Finanzgerichtes Münster hatten die Klagen der Geschwister jedoch keinen Erfolg. Das erstinstanzliche Finanzgericht argumentierte dabei wie folgt: Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 5 Nummer 2 Satz 1 ErbStG sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Wie bereits zuvor genannt, kann für diese Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 Euro ohne Nachweis abgezogen werden, wobei diese Pauschale pro Erbfall nur einmal zu gewähren ist, und zwar unabhängig davon, wie vielen Personen dem Grunde nach Erbfallkosten entstanden sind. Dies hatte bereits der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 24.2.2010 unter dem Aktenzeichen II R 31/08 festgestellt, sodass unabhängig von der Anzahl der Erwerber der Pauschbetrag in Höhe von 10.300 Euro nur einmal abgezogen werden kann.

Damit man den Pauschbetrag in Anspruch nehmen kann, ist es jedoch lediglich Voraussetzung, dass auf Erwerberseite (dem Grunde nach) berücksichtigungsfähige Kosten entstanden sind. So auch bereits der Bundesfinanzhof in seinem Beschluss vom 21.1.2005 unter dem Aktenzeichen II B 6/04. Ganz ähnlich hat auch in jüngster Vergangenheit das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 24.10.2019 unter dem Aktenzeichen 3 K 3549/17 Erb entschieden. Im Urteilsfall ging es um die Erbfallkostenpauschale beim Nacherben. Die Richter waren im entschiedenen Sachverhalt der Meinung, dass die Erbfallkostenpauschale in Höhe von 10.300 Euro auch einem Nacherben zu gewähren ist, der zwar nicht die Kosten der Beerdigung des Erblassers getragen hat, aber andere mit der Abwicklung des Erbfalls entstandene Aufwendungen. Im Urteilsfall war es dabei sogar so, dass der Nacherbe lediglich die Kosten für die Erteilung des Erbscheins getragen hatte und dennoch in den Genuss der Erbfallkostenpauschale in Höhe von 10.300 Euro kam. Die Tatsache, dass die getragenen Kosten unterhalb des Pauschbetrags verbleiben oder sogar sehr gering sind, ist irrelevant.

Den Fall, dass die tatsächlichen Erbfallkosten die Erbfallkostenpauschale nicht übersteigen, erkannte das Finanzgericht auch im vorliegenden Sachverhalt. Daher war auch ein Betrag von mehr als 10.300 Euro für Nachlassverbindlichkeiten nicht in Abzug zu bringen. Denn die tatsächlich angefallenen Kosten überstiegen die Erbfallkostenpauschale nicht. Soweit nämlich die Beerdigungskosten von der Sterbegeldkasse gegenüber dem Bestattungsinstitut beglichen wurden, liegen für die Erben keine Kosten im Sinne der Regelung des § 10 Abs. 5 Nummer 3 Satz 1 ErbStG vor.

Gemäß dem Zweck der Norm sind Erbfallverbindlichkeiten zum Abzug zuzulassen, die durch den Erbfall ausgelöst werden. Nur solche Kosten, die dem Erben nach dem Tod des Erblassers für die genannten Zwecke auch tatsächlich entstanden sind, gehören daher dazu. Im vorliegenden Streitfall sind die Erben durch die Zahlung der Sterbegeldgasse in dieser Höhe zu keinem Zeitpunkt mit Kosten für die Bestattung belastet worden. Der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung gehörte insoweit nicht zur Erbmasse, da bereits die Erblasserin diesen Anspruch noch zu Lebzeiten an das Bestattungshaus abgetreten hatte. Die Begleichung der Bestattungsrechnung durch Auszahlung der Versicherungsleistung an das Bestattungshaus hat deshalb auch nicht zu Aufwendungen aus der Erbmasse geführt, die abzugsfähig sein könnten. Auch der Umstand, dass der aus dem Bestattungsvertrag resultierende Anspruch auf Bestattungsleistungen gegenüber dem Bestattungshaus, der als Bestandteil des Vermögensanfalls auf die Erben übergegangen war, durch Erfüllung erloschen ist, führt nicht dazu, dass auf Seiten der Erben Erbfallverbindlichkeiten entstanden sind. Denn das Bestattungshaus hat, indem es die Bestattung vorgenommen hat, eine wertgleiche Gegenleistung für den Anspruch erbracht. Da bereits die Erblasserin das Entgelt für die Entstehung des Anspruchs auf Bestattungsleistungen durch Abtretung eines Zahlungsanspruchs geleistet hatte, konnten den Erben nicht noch einmal Kosten in derselben Höhe für die Erbringung der Leistung entstehen. Der Erstattungsanspruch hat letztlich weder den Wert des Nachlasses noch den des sonstigen Vermögens der Erben gemindert.

Tatsächlich wird diese Auffassung auch an zahlreichen Stellen in der Literatur vertreten. Dies gilt immer in den Fällen, in denen der Erblasser bereits zu Lebzeiten seine Bestattungskosten bezahlt hat, insbesondere durch die Abtretung von Ansprüchen aus einer Sterbegeldversicherung. Dem Erben können insofern unterm Strich keine abzugsfähigen Kosten mehr entstehen.

Hinweis: Auch wenn diese Entscheidung mehr als logisch erscheint und auch gut durch das Gericht subsummiert wurde ist festzuhalten, dass die Revision zugelassen wurde. Tatsächlich ist nämlich noch nicht explizit geklärt worden, ob seitens des Erblassers bereits entrichtete Bestattungskosten nicht doch abziehbare Kosten des Erbfalls sein können. Soweit ersichtlich, ist jedoch die Revision zum Bundesfinanzhof nicht eingelegt worden. Sollte sich diesbezüglich etwas ändern, werden wir mit Sicherheit wieder über die Thematik berichten.

3. Für Arbeitnehmer: Rechtsanwaltskosten für die Vertretung in Disziplinarverfahren als Werbungskosten

Werbungskosten im Sinne der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und bei derjenigen Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Hierzu gehören über den Wortlaut der Norm hinaus alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von Einnahmen veranlasst sind. Damit lehnt sich die Definition der Werbungskosten auch an die Definition der Betriebsausgaben an. Eine entsprechende Veranlassung liegt immer dann vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden.

Insoweit hat bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 9.2.2012 unter dem Aktenzeichen VI R 23/10 dargelegt, dass eine Vermutung regelmäßig dafürspricht, dass Aufwendungen für aus dem Arbeitsverhältnis folgende zivil- und arbeitsgerichtliche Streitigkeiten einen den Werbungskostenabzug rechtfertigenden hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften aufweisen. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über solche streitigen Ansprüche im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs einigen.

Werbungskosten müssen von den Kosten der Lebenshaltung, die ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 12 Nummer 1 EStG nicht abzugsfähig sind, abgegrenzt werden. Ein bloßer abstrakter Kausalzusammenhang rechtfertigt daher nicht eine einkommensteuerliche Zuordnung von Aufwendungen zur Erwerbssphäre. Aufwendungen sind vielmehr erst dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgebend dafür ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. In diesem Zusammenhang hat beispielsweise der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 6.5.2010 unter dem Aktenzeichen VI R 25/99 entschieden, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Antragverfahren nach § 7a SGB IV, also dem sogenannten Statusfeststellungsverfahren, durch das Arbeitsumfeld veranlasst sind und deshalb als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.

Insoweit sind Kosten für eine Rechtsverfolgung, also Beratungskosten, Vertretungskosten oder auch Prozesskosten, Werbungskosten, wenn der Gegenstand des Prozesses nicht lediglich nach den Vorstellungen des Steuerpflichtigen mit der Einkunftsart zusammenhängt, in deren Rahmen die Aufwendungen geltend gemacht werden.

Demgegenüber hat der Bundesfinanzhof auch bereits mit Urteil vom 14.4.2016 unter dem Aktenzeichen VI R 61/13 klargestellt: Rechtsberatungs- und Prozesskosten als Folgekosten einer ausschließlich privat motivierten Straftat mit dem Ziel, eine zeitnahe Berichterstattung der Medien über eine begangene Straftat zu unterbinden bzw. entsprechende Artikel aus dem Internet zu löschen, sind weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit noch als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Rechtsverfolgungskosten aus bürgerlich-rechtlichen oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, die ein Arbeitsverhältnis und die Ansprüche daraus betreffen, stehen im Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Sinne von § 19 EstG. Dies geht bereits zurück auf eine Entscheidung des obersten Finanzgerichts der Republik vom 6.12.1983 unter dem Aktenzeichen VIII R 102/79. Der Leitsatz dieser Entscheidung lautet: Hängt ein Zivilprozess mit einer Einkunftsart zusammen und entsteht daraus ein weiterer Prozess mit dem Rechtsanwalt über die aus diesem Rechtsstreit herrührenden Anwaltskosten, sind die Aufwendungen Folgekosten, die das rechtliche Schicksal der Kosten in der Hauptsache teilen. Sind diese Kosten also Werbungskosten, sind auch die Anwaltskosten Werbungskosten.

Ausnahmsweise können sogar auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen. Aufwendungen, die durch strafbare Handlungen ausgelöst werden, sind nicht ohne Weiteres der privaten Lebensführung zuzuordnen. Dieses Ergebnis folgt nicht nur aus dem objektiven Nettoprinzip, sondern ergibt sich auch aus § 40 der Abgabenordnung (AO), wonach es für die Besteuerung unerheblich ist, ob ein steuerlich tatbestandsmäßiges Verhalten gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Entsprechend wurde bereits am 9.12.2003 durch den Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 35/96 geurteilt, dass Zahlungen aufgrund einer Haftung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung Dritter bei einem GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer zu Erwerbsaufwendungen führen können.

Für Strafverteidigungskosten und die sich aus einer strafbaren Handlung ergebenden Schadensersatzzahlungen führt dies dazu, dass die Rechtsprechung sie einheitlich nur in solchen Fällen als Werbungskosten anerkennt, in denen der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, eindeutig durch sein berufliches Verhalten veranlasst ist. Die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat muss in Ausübung – und nicht nur bei Gelegenheit – der beruflichen Tätigkeit begangen worden und ausschließlich und unmittelbar aus der beruflichen Aufgabenerfüllung heraus erklärbar sein.

Vor diesem Hintergrund kommt das Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 17.6.2021 unter dem Aktenzeichen 14 K 997/20 zu folgendem Schluss:

Rechtsverfolgungskosten aus bürgerlich-rechtlichen oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, die ein Arbeitsverhältnis und die Ansprüche daraus betreffen, stehen im Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Auch Rechtsanwaltskosten eines Berufssoldaten für seine Vertretung in einem Wehrdisziplinarverfahren stellen daher abzugsfähige Werbungskosten dar.

Weil auf Grund der Tätigkeit eines Soldaten sein privates Verhalten durch die soldatenrechtlichen Vorschriften berufliche Relevanz erlangt, wird dessen außerdienstliches Verhalten zu einer dienstlichen Pflicht erhoben. Regelkonformes Verhalten ist hingegen grundsätzlich keine Tatbestandsvoraussetzung für den Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug.

Da die in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG genannten Aufwendungen als Betriebsausgaben bzw. in § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG als Werbungskosten qualifiziert sind, müssen Kosten aus berufsrechtlichen Verfahren in Folge von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten erst recht Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellen.

Gegen die Entscheidung ist jedoch noch die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 16/21 anhängig.

4. Für Anleger: Zuteilung von Aktien im Rahmen eines ausländischen „Spin-Off"

Das Finanzgericht Köln hat in seiner Entscheidung vom 11.3.2020 unter dem Aktenzeichen 9 K 596/18 entschieden, dass bei der Zuweisung von PayPal Aktien durch eBay im Rahmen eines „Spin-Offs” es sich um eine nach § 22 Absatz 4a Satz 7 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu behandelnde Abspaltung mit der Folge handelt, dass steuerliche Folgen nicht im Jahr des Bezugs der Aktien, sondern erst im Jahr der Veräußerung der Aktien zu ziehen sind.

Diese Auffassung ist durchaus zu begrüßen, da eine Besteuerungsfolge nach Auffassung der Rechtsprechung erst dann eintritt, wenn dem Steuerpflichtigen auch tatsächlich etwas zufließt. Ebay-Aktionäre müssen für die Zuteilung von PayPal-Aktien keine Einkommensteuern zahlen. Dies hat der 9. Senat des Finanzgerichts Köln mit seinem Urteil vom 11.03.2020 entschieden (9 K 596/18).

Zum Sachverhalt: Der Kläger hielt 2015 ebay-Aktien. Durch die Unternehmens-Ausgliederung (Spin-Off) des ebay-Bezahlsystems PayPal erhielten die Aktionäre für jede ebay-Aktie eine PayPal-Aktie. So wurden auch dem Depot des Klägers in 2015 PayPal-Aktien zu einem Kurs von 36 Euro je Aktie gutgeschrieben.

Das Finanzamt behandelte die Gutschrift als steuerpflichtige Sachausschüttung und forderte hierfür Einkommensteuern. Mit der hiergegen erhobenen Klage machte der Kläger geltend, dass er durch die Ausgliederung von PayPal keinen Vermögenszuwachs erfahren habe. Der bisherige Unternehmenswert sei lediglich auf zwei Aktien aufgeteilt worden.

Das Finanzgericht Köln gab der Klage statt und hob die Einkommensteuerfestsetzung 2015 insoweit auf. Die Zuteilung von Aktien im Rahmen eines sog. Spin-Offs sei im Jahr des Aktienbezugs kein steuerpflichtiger Vorgang. Es handele sich nicht um eine Sachdividende, sondern um eine Abspaltung nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG. Deren steuerliche Folgen seien erst im Jahr der Veräußerung der Aktien zu ziehen. Aber selbst, wenn eine solche Abspaltung nicht festgestellt werden könnte, sei der Kapitalertrag lediglich mit 0 Euro anzusetzen. Die Ermittlung des wirtschaftlichen Werts der Zuteilung sei nämlich nicht möglich, weil der Aktionär keine Gegenleistung zu erbringen hatte.

Die Finanzverwaltung hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Erfreulicherweise ist jedoch auch der Bundesfinanzhof der Meinung seiner erstinstanzlichen Kollegen aus Köln. Mit Urteil vom 1.7.2021 hat dieser nämlich die Revision der Finanzverwaltung unter dem Aktenzeichen VIII R 15/20 als unbegründet verworfen. Anzumerken sei dabei, dass die Entscheidung des Bundesfinanzhofs sehr schnell erfolgte.

In seinen Leitsätzen richtet er sich deutlich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung und formulierte seine höchstrichterliche Meinung wie folgt: Teilt eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft inländischen Anteilseignern im Wege eines sog. „Spin-Off“ Aktien ihrer US-amerikanischen Tochtergesellschaft zu, kann dies grundsätzlich zu Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führen, soweit keine Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG vorliegt.

Die Aktienzuteilung im Rahmen eines US-amerikanischen „Spin-Off“ ist nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG steuerneutral, wenn die „wesentlichen Strukturmerkmale“ einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG erfüllt sind. Die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV gebietet eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch auf ausländische Vorgänge.

Der Begriff der „Abspaltung“ i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist typusorientiert auszulegen. Danach ist in Drittstaatenfällen ein gesetzlicher Vermögensübergang durch partielle Gesamtrechtsnachfolge nicht erforderlich. Diesbezüglich entscheidet der Bundesfinanzhof ausdrücklich gegen ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 18.1.2016, welches in Rz. 115 und in Verbindung mit dem Schreiben des Bundesfinanzministerium vom 11.11.2011 in Rz. 01.36 eine andere Auffassung vertritt.

Entscheidend bei einer „Abspaltung“ i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen „zeitlichen und sachlichen Zusammenhang“ mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt.

5. Für Personengesellschaften: Abfärberegelung bei Fotovoltaikanlagen und funktionierendes Ausgliederungsmodell

Unter dem Aktenzeichen IV R 42/19 muss sich der Bundesfinanzhof in München mit der Frage beschäftigen, ob eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus der Vermietung eines Grundstücks entsprechend der sogenannten Abfärbetheorie in § 15 Abs. 3 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt, weil auf dem Dach des Vermietungsobjektes eine Fotovoltaikanlage betrieben wird, aus der andauernd negative Einkünfte erzielt werden. Insoweit ist daher der höchstrichterliche Streit noch in vollem Gange. Dennoch lohnt bereits ein Blick auf die erstinstanzliche Entscheidung, da man aus dieser für vergleichbare Sachverhalte schon eine Menge lernen kann.

Das erstinstanzliche Finanzgericht München hat insoweit mit seiner Entscheidung vom 26.6.2018 unter dem Aktenzeichen 2 K 2245/16 dem Finanzamt Recht gegeben und geht davon aus, dass die sogenannte Abfärbetheorie zutrifft. Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 15 Abs. 3 Nummer 1 EStG gilt als Gewerbebetrieb nämlich in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer offenen Handelsgesellschaft (OHG), einer Kommanditgesellschaft (KG) oder einer anderen Personengesellschaft (wie beispielsweise einer GbR), wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nummer 1 EStG (also eine gewerbliche Tätigkeit) ausübt oder gewerbliche Einkünfte bezieht.

Zur Vermeidung dieser sogenannten Abfärbetheorie hat die Rechtsprechung grundsätzlich eine Ausgliederung einer Unternehmenstätigkeit auf eine zweite, neu gegründete Gesellschaft zugelassen. Damit soll eine gleichheitswidrige Belastung von Gesellschaftern einer Personengesellschaft gegenüber Einzelunternehmern (bei denen es die sogenannte Abfärberegelung nicht gibt) verhindert werden.

Ob jedoch sowohl im Streitfall vor dem Finanzgericht München als auch in allen anderen Fällen tatsächlich eine Ausgliederung der schädlichen gewerblichen Tätigkeit stattgefunden hat, hängt wesentlich von drei Kriterien ab. Zunächst einmal muss der Rechtsfolgewille der Gesellschafter auf die Begründung von zwei Gesellschaftsverhältnis mit unterschiedlichen Zwecken gerichtet sein. Weiterhin müssen diese zwei Personengesellschaften auch unterschiedliches Gesellschaftsvermögen bilden und eine voneinander abgrenzbare Tätigkeit entfalten. Zu guter Letzt ist noch entscheidend, dass auch nach außen eine Aufteilung der Tätigkeitsbereiche auf zwei Personengesellschaften erkennbar geworden ist. Entscheidend sind dabei grundsätzlich die Gesamtumstände des Einzelfalles, wobei jedoch die Erkennbarkeit nach außen eine unabdingbare Voraussetzung ist. Dies hat bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 19.2.1998 unter dem Aktenzeichen IV R 11/97 herausgearbeitet.

Nach den vorgenannten Maßstäben kommt es nicht darauf an, wie das Finanzamt den Sachverhalt in den Vorjahren beurteilt hat. Selbst wenn der Fiskus in den Vorjahren keine Abfärbung erkannt hat, liegt diese im ersten verfahrensrechtlichen Jahr dennoch vor. Es kommt auch nicht darauf an, ob sich der Tätigkeitsbereich „Vermietung“ und der Tätigkeitsbereich „Betrieb einer Fotovoltaikanlage“ gegenseitig bedingen oder sonst in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen, da bei einer solchen sachlich untrennbaren Verflechtung von vornherein von einer originär einheitlichen gewerblichen Tätigkeit auszugehen wäre. So beispielsweise zu entnehmen einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 27.8.2014 unter dem Aktenzeichen VIII R 6/12.

Dass sich die unabdingbare „Erkennbarkeit nach außen“ im Wesentlichen nur an wenigen Handlungen in der Gründung erschöpft, schließt nicht aus, diese zur Grundlage der Beurteilung zu machen, zumal der Umfang des nach außen erkennbaren Auftretens als zweite/ getrennte Gesellschaft in der Hand der Gesellschafter liegt. Dies kann beispielsweise durch die Abfassung eines schriftlichen Gesellschaftsvertrags gelingen, sowie auch durch die Wahl eines unterschiedlichen Namens für die Gesellschaft oder die Verwendung von unterschiedlichem Briefpapier oder anderer Unterscheidungskriterien zwischen zwei personenidentischen Gesellschaften.

Darüber hinaus kommt dem Auftreten nach außen als nach außen erkennbaren und damit feststellbaren Umständen im Fall der konkludenten Gründung einer zweiten Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwingend maßgebliche Bedeutung zu. Insoweit kann nicht schlicht behauptet werden, dass durch die Aufnahme der weiteren (gewerblichen) Tätigkeit (vorliegend durch den Betrieb einer Fotovoltaikanlage) schon rein konkludent eine zweite Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet wurde.

Im durch das Finanzgericht München entschiedenen Sachverhalt haben die Richter nicht einmal die nach den zwei Tätigkeitsbereichen getrennten Gewinnermittlungen als Indiz für die Gründung einer zweiten Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt. Der Grund: Die verschiedenen Gewinnermittlungen sind im Anschluss zu einer einzigen Gewinnermittlung zusammengefasst worden, die sowohl die Vermietung als auch den Betrieb der Fotovoltaikanlage umfasste. Ebenso ist im Weiteren diese bereits zusammengefasste Gewinnermittlung dann in eine einzige Feststellungserklärung eingeflossen. Zudem ist gerade in der Gewinnermittlung für die Vermietungseinkünfte die Fotovoltaikanlage als Anlagevermögen enthalten sowie das Darlehen zur Anschaffung der Fotovoltaikanlage im Kontennachweis erfasst. Weiter spricht gegen die Anwendung des Ausgliederungsmodells, dass die Einnahmen aus dem Betrieb der Fotovoltaikanlage noch in den Vorjahren als „sonstige betriebliche Erträge” bei den Einkünften der Klägerin erfasst worden sind, sowie von Anfang an (damit ist gemeint: ohne Einflussnahme des Finanzamtes) unter der Steuernummer der Klägerin Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen abgegeben worden sind, in denen auch die Umsätze aus dem Betrieb der Fotovoltaikanlage erklärt sind.

Neben diesen Punkten lagen im Streitfall sogar noch weitere Kriterien vor, die gegen die konkludente Gründung einer weiteren GbR sprechen. So wurden sämtliche Verträge, insbesondere die Anschaffungs- und Montageverträge der Fotovoltaikanlage sowie der Abschluss der Darlehensverträge zu deren Finanzierung, im Namen der ursprünglichen Vermietung-GbR abgeschlossen. Gleiches gilt für die Anmeldung bei der Bundesnetzagentur sowie für den Abschluss des Einspeisevertrags und für den Versicherungsvertrag im Zusammenhang mit der Elektronikversicherung. Insoweit sprachen im vorliegend entschiedenen Fall schon alle Umstände des Einzelfalls dafür, dass keine zweite Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Ausgliederung der gewerblichen Einkünfte aus der Fotovoltaikanlage gegründet wurde.

Da auf diese Weise nicht argumentiert werden konnte, dass eine Abfärberegelung nicht zutrifft, wurde alternativ argumentiert, dass die originären Einkünfte aus dem Betrieb der Fotovoltaikanlage derart gering waren, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Abfärberegelung aufgrund einer Bagatellgrenze schlicht ausschließt.

Dabei gilt: Eine gewerbliche Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß liegt immer nur dann vor, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der gesamten Nettoumsatzerlöse der Gesellschaft und kumulativ dazu zugleich den Betrag von 24.500 Euro im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen. Diese Bagatellgrenze für die Nichtanwendung der Abfärberegelung hatte der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 27.8.2014 unter dem Aktenzeichen VIII R 6/12 ins Leben gerufen.

Das im Regelfall ohne Schwierigkeiten zu ermittelnde Verhältnis der Nettoumsätze der gewerblichen Tätigkeit zu den Gesamtnettoumsätzen ist als geeigneter Vergleichsmaßstab heranzuziehen (relative Grenze). Denn die erwirtschafteten Umsätze erlauben bei typisierender Betrachtung Rückschlüsse auf den auf die verschiedenen Tätigkeiten entfallenden zeitlichen und finanziellen Aufwand der Gesellschaft und damit darauf, ob der gewerblichen Tätigkeit eine völlig untergeordnete Bedeutung zukommt.

Zur Vermeidung einer Privilegierung von Personengesellschaften mit besonders hohen nicht-gewerblichen Umsätzen, die damit in größerem Umfang gewerblich tätig sein könnten, ist es außerdem zum Schutz des Gewerbesteueraufkommens erforderlich, den Betrag der gewerblichen Nettoumsatzerlöse, bei dem noch von einem äußerst geringfügigen Umfang ausgegangen werden kann, auf einen Höchstbetrag in Höhe von 24.500 EUR zu begrenzen. Denn es droht jedenfalls dann kein Ausfall von Gewerbesteuer, wenn bereits die gewerblichen Umsätze unter dem gewinnbezogenen Freibetrag in Höhe von 24.500 EUR liegen (absolute Grenze). Hingegen kann der Freibetrag des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) (= Gewinn aus Gewerbebetrieb bis zu 24.500 EUR) selbst nicht als Bagatellgrenze im Rahmen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG herangezogen werden, da dies dem vorrangigen Normzweck der Abfärberegelung, der in der vereinfachten, weil einheitlichen, Einkünfteermittlung liegt, zuwiderliefe.

Im Streitfall war jedoch bereits die 3 %-Grenze überschritten, weshalb sowohl Finanzamt als auch das erstinstanzliches Finanzgericht die Abfärbung auch nach diesen Maßstäben anwenden wollten.

Hinweis: Das letzte Argument der Kläger ging schließlich dahingehend, dass bei der Abfärberegelung zwischen aktiven und passiven Tätigkeiten zu unterscheiden sei. Tatsächlich ist dem Gesetz jedoch eine solche Unterscheidung nicht zu entnehmen. Vielmehr würde eine solche Unterscheidung in aktive und passive Tätigkeiten zu neuen Definitions- und Abgrenzungsschwierigkeiten führen, die wiederum in Widerspruch zum Normzweck der Vereinfachung der Abfärberegelung stehen.

Im Urteilsfall haben die Kläger daher nur noch die Chance, dass der Bundesfinanzhof die Auffassung seiner erstinstanzlichen Kollegen nicht teilt. De facto muss jedoch auch angeführt werden, dass das Finanzgericht München die Entscheidung sehr gut begründet und sehr gut subsummiert hat.

Tipp: Wer daher rechtssicher nicht mit der Abfärberegelung konfrontiert werden möchte, sollte von vornherein das Ausgliederungsmodell so gestalten, dass nicht nur konkludent, sondern nachweisbar und an mehreren Kriterien ersichtlich tatsächlich eine Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit stattgefunden hat. Nur so kann rechtssicher die Abfärbung der gewerblichen Einkünfte auf die ansonsten vermögensverwaltenden Einkünfte verhindert werden. Worauf es dabei ankommt, ist aus der Begründung des erstinstanzlichen Gerichts sehr gut zu erkennen.

6. Für Unternehmer: Zum Bilanzierungswahlrecht für aktive Rechnungsabgrenzungsposten von geringer Bedeutung

Mit Urteil vom 8.11.2019 hatte seinerzeit das Finanzgericht Baden-Württemberg unter dem Aktenzeichen 5 K 1626/19 entschieden, dass die Bilanzierungsgrundsätze der Vollständigkeit und Wahrheit durch den Grundsatz der Wesentlichkeit eingeschränkt werden. Aus diesem Grund kann in Fällen von geringer Bedeutung daher auf einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten auch aus Gründen der Bilanzklarheit verzichtet werden. Bei der Frage, wann ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt, wollte das Finanzgericht Baden-Württemberg auf die Grenzen der geringwertigen Wirtschaftsgüter abstellen.

Mit dieser Einschätzung befand sich das erstinstanzliche Finanzgericht dabei nicht in schlechter Gesellschaft. Denn bereits mit Beschluss vom 18.3.2010 hatte der Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen X R 20/09 den Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens in Fällen von geringer Bedeutung für verzichtbar gehalten. Der damalige Leitsatz: Auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten darf nach Maßgabe des Grundsatzes der Wesentlichkeit verzichtet werden, wenn die abzugrenzenden Beträge nur von untergeordneter Bedeutung sind und eine unterlassene Abgrenzung das Jahresergebnis nur unwesentlich beeinflussen würde. Ebenso wie ausweislich der Regelung in § 6 Absatz Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei geringwertigen Wirtschaftsgütern auf eine planmäßige Abschreibung nach Maßgabe der voraussichtlichen Nutzungsdauer verzichtet werden kann, kann nach Aussage des Bundesfinanzhofs auch in Fällen, in denen der Wert des einzelnen Abzugspostens die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter nicht übersteigt, auf eine Abgrenzung verzichtet werden.

Vorliegend sieht der Bundesfinanzhof dies nun doch wieder anders und urteilt mit Entscheidung vom 16.3.2021 unter dem Aktenzeichen X R 34/19, dass aktive Rechnungsabgrenzungsposten auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden sind. Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann der Bundesfinanzhof aktuell eine Einschränkung der Pflicht auf wesentliche Fälle entnehmen. Vielmehr subsummiert das oberste Finanzgericht in seinen Urteilsgründen wie folgt:

Die Voraussetzungen für die Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten ergeben sich aus § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Erforderlich sind Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, die Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten dient dazu, Einnahmen und Ausgaben periodengerecht in dem Jahr auszuweisen, dem sie wirtschaftlich zuzuordnen sind.

Dem Aktivierungsgebot unterfallen insoweit nur solche Aufwendungen, die zunächst als laufende Betriebsausgaben abziehbar sind, weil sie vor dem Bilanzstichtag gezahlt sind, aber als Gegenleistung für die Zeit nach dem Bilanzstichtag dienen. So bereits die seinerzeitige Definition der aktiven Rechnungsabgrenzungsposten im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29.10.1969 unter dem Aktenzeichen I 93/64. § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG statuiert mit der Definition aktiver Rechnungsabgrenzungsposten für die Steuerbilanz ein (abschließendes) Aktivierungsgebot für Ausgaben.

Insoweit führt der Bundesfinanzhof weiter aus, dass weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Einschränkung der Pflicht zum Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten auf wesentliche Fälle zu entnehmen ist. Damit stellt der Bundesfinanzhof ebenso heraus, dass es an einer rechtlichen Grundlage für ein Wahlrecht zur Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Fällen von geringer Bedeutung gibt.

Tatsächlich steht aber auch die Existenz des Grundsatzes der Wesentlichkeit außer Frage. Insoweit erkennt auch der Bundesfinanzhof an, dass auch ausweislich des Handelsgesetzbuches (HGB) erkennbar ist, dass in bestimmten Fällen aus unterschiedlichen Gründen auf den Ausweis unwesentlicher Positionen verzichtet werden kann. Für ein Wahlrecht hätte es aber einer gesetzlichen Regelung bedurft, wonach dem Steuerpflichtigen erlaubt ist, in Fällen von geringer Bedeutung auf eine genaue Abgrenzung zu verzichten. Die gesetzgeberischen Überlegungen bei der Behandlung von geringwertigen Wirtschaftsgütern können nicht auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten übertragen werden. Hiergegen spricht, dass diese nicht als Wirtschaftsgüter zu qualifizieren sind und dass mit der Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter gesetzlich auch der Zweck der Verbesserung der Selbstfinanzierung der Unternehmen verfolgt wird. Eine analoge Anwendung ist insoweit nicht zu vertreten.

Ebenso führt der Bundesfinanzhof an, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Pflicht zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten ebenfalls nicht auf wesentliche Fälle einschränkt. Definitiv gilt dieser Grundsatz auch im Steuerrecht. Danach müssen Mittel und Zweck in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Durch den Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann jedoch nach Meinung des Bundesfinanzhofs eine solche unverhältnismäßige Folge indes nicht herbeigeführt werden. Der Ansatz bewirkt ausschließlich, dass sich der Gewinn in genau der Größenordnung des gebildeten Postens erhöht.

Darüber hinaus kann (oder will) der Senat nicht erkennen, dass bei der Rechnungsabgrenzung in Fällen von geringer Bedeutung ein Aufwand erforderlich wäre, der in keinem Verhältnis zur Verbesserung des Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens steht bzw. der zu der Annahme führt, die periodengerechte Ermittlung des Aufwands würde im Interesse einer Vereinfachung der Buchführung übertrieben werden.

Dementsprechend gilt ausweislich der vorliegenden Entscheidung: Stehen die Werte der Rechnungsabgrenzungsposten eindeutig fest, sind sie auch in der Bilanz aufzunehmen, selbst, wenn sie einen verhältnismäßig geringen Betrag aufweist.

Hinweis: Für Praktiker ist die vorliegende Entscheidung keineswegs zu begrüßen, da es wünschenswert wäre, dass man insbesondere auf kleine aktive Rechnungsabgrenzungsposten verzichten kann. Auch wenn der Senat es nicht erkennen kann (oder eben nicht erkennen will), ist es im Rahmen der Erstellung eines Jahresabschlusses durchaus mit Aufwand verbunden, zahlreiche aktive Rechnungsabgrenzungsposten zu ermitteln und die korrekte Rechnungsabgrenzung auch zu errechnen. Häufig handelt es sich dabei um eine zeitintensive Tätigkeit, bei der es lediglich um ein paar hundert Euro geht.

Definitiv ist jedoch der vorliegenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs Folge zu leisten, auch wenn die obersten Finanzrichter der Republik zuvor etwas anderes geäußert haben. Eine Vorlage an den Großen Senat des Bundesfinanzhofs ist insoweit nämlich nicht erforderlich, weil der Senat in der Rechtsfrage nicht von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweicht, sondern vielmehr eine eigene frühere Entscheidung abgeändert hat.

7. Für Unternehmer: Rechtswidrige Aufforderung zur Überlassung eines Datenträgers zur Betriebsprüfung

Erfreulicherweise hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 7.6.2021 unter dem Aktenzeichen VIII R 24/18 klargestellt, dass die Aufforderung der Finanzverwaltung an einen Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, zu Beginn einer Außenprüfung einen Datenträger „nach GdPdU“ zur Verfügung zu stellen, rechtswidrig ist. Auf gleicher Linie hatte bereits das erstinstanzliche Finanzgericht München in seiner Entscheidung vom 27.6.2018 unter dem Aktenzeichen 1 K 2318/17 geurteilt.

Grundsätzlich kann die Argumentation wie folgt zusammengefasst werden:

Sind Unterlagen nach § 147 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen. So auch bereits geregelt in § 147 Abs. 6 Satz 1 AO. Unterlagen in diesem Sinne sind insbesondere Buchhaltungsunterlagen und alle sonstigen Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Die Finanzbehörde hat im Rahmen einer Außenprüfung unter Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens auch das Recht, die Überlassung der gespeicherten Anlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zu verlangen. Diese Befugnisse stehen der Finanzbehörde auch bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung steht diesem Datenzugriff grundsätzlich nicht entgegen. Der freiberuflich tätige Steuerpflichtige bleibt ungeachtet seiner Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses auf der Grundlage des § 200 Abs. 1 Satz 2 AO zur Mitwirkung verpflichtet. So auch bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 16.12.2014 unter dem Aktenzeichen VIII R 52/12.

Allerdings darf eine Mitwirkung des Steuerpflichtigen nur verlangt werden, soweit sie zur Feststellung des steuererheblichen Sachverhalts notwendig, verhältnismäßig, erfüllbar und zumutbar ist. Dies hat auch bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 28.10.2009 unter dem Aktenzeichen VIII R 78/05 klargestellt. Der Umfang der Ermittlungspflicht des Finanzamtes wie auch der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bestimmt sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls.

Der generell zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es allerdings, dass die Finanzverwaltung in Ausübung ihres legitimen Interesses an einer Überlassung digitalisierter Daten im Rahmen einer Außenprüfung nicht übermäßig in Rechte des Steuerpflichtigen eingreift und deshalb ihre Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO nur in dem durch die Zwecke der Außenprüfung gebotenen zeitlichen und sachlichem Umfang unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Steuerpflichtigen am Schutz ihrer persönlichen Daten ausübt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen wurde im Streitfall der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend beachtet. Begründet wurde dies anhand der folgenden Aufzählung:

  • Die Aufforderung des Finanzamtes, einen Datenträger nach GDPdU zu Beginn der Prüfung zu überlassen, lässt nicht erkennen, wo der Datenzugriff und die Auswertung erfolgen soll, etwa nur bei der Klägerin oder auch im Finanzamt.

  • Die Aufforderung enthält auch keine Regelung darüber, ob, wo, und wie lange die durch die Überlassung des angeforderten Datenträgers erhaltenen Daten gespeichert werden sollen.

  • Der Verweis auf die GDPdU in dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt vermag die Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit hinsichtlich Verwertung und Speicherung von Daten der Klägerin in zeitlicher und örtlicher Hinsicht nicht ausreichend zu begründen.

Hinweis: Insoweit zeigt es sich, dass die Finanzverwaltung nicht unbedingt alles anfordern darf, was sie tatsächlich anfordert. Für den Praktiker muss natürlich dahingestellt bleiben, dass schon eine Diskussion über die Frage, ob die Unterlagen bereitgestellt werden oder nicht, auch direkt die Stimmung insgesamt vermiesen kann. Im Einzelfall sollte dies abgewogen werden.

8. Für Unternehmer: Zum Zeitpunkt der Rückstellung nach Betriebsprüfungen

Betriebsprüfungen führen leider regelmäßig zu Steuernachforderungen seitens der Finanzverwaltung. Ebenso entstehen mit der Betriebsprüfung regelmäßig auch weitere Aufwendungen, wie beispielsweise die Kosten für die Beratung und Betreuung der Betriebsprüfung durch einen Steuerberater. Aktuell streitbefangen ist nun die Frage, zu welchem Zeitpunkt sowohl für etwaige Steuernachforderungen aus der Betriebsprüfung als auch für damit in Zusammenhang stehende Steuerberatungskosten Rückstellungen gebildet werden dürfen.

Dazu hat in einer aktuellen Entscheidung das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 24.6.2021 unter dem Aktenzeichen 10 K 2084/18 K, G Stellung genommen. Aufgrund dieser erstinstanzlichen Entscheidung ist zunächst einmal folgendes festzuhalten: Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entweder das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer eventuell zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen Verbindlichkeit. Zu weiteren Hintergründen dieser Einordnung kann beispielsweise auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 27.1.2010 unter dem Aktenzeichen I R 103/208 verwiesen werden.

Ebenso ist der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 30.1.2002 unter dem Aktenzeichen I R 68/00 zu entnehmen, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen sind. Der Kaufmann muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen. In diesem Zusammenhang hat bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 19.10.1993 unter dem Aktenzeichen VIII R 14/92 zu den Voraussetzungen der Bildung einer Rückstellung geurteilt, dass eine solche (im abgeurteilten Fall zur Beseitigung von Umweltschäden) erst gebildet werden darf, wenn die die Verpflichtung begründenden Tatsachen der zuständigen Fachbehörde bekannt geworden sind oder dies unmittelbar bevorsteht.

Für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten ist des Weiteren ein wirtschaftlicher Bezug der möglicherweise entstehenden Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich, wie nicht zuletzt aus einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 27.6.2001 unter dem Aktenzeichen I R 45/97 zu entnehmen ist.

Unter Heranziehung dieser Grundsätze kommt das erstinstanzliche Finanzgericht Münster in seiner oben bereits zitierten Entscheidung zu dem Schluss, dass eine Rückstellung für Steuern aufgrund einer Betriebsprüfung sowie eine Rückstellung für Steuerberatungskosten wegen der Betriebsprüfung nicht im Steuerentstehungsjahr gewinnmindernd berücksichtigt werden kann. Der Grund: Das auslösende Ereignis für die hier in Rede stehenden Aufwendungen ist insoweit die Durchführung der Betriebsprüfung beim Kläger. So auch zu entnehmen einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 24.8.1972 unter dem Aktenzeichen III R 21/69. Dieses auslösende Ereignis ist nach Auffassung der erstinstanzlichen Richter noch nicht im Prüfungszeitraum eingetreten. Denn die Prüfungsanordnung für die Betriebsprüfung wird regelmäßig erst Jahre später an die Kläger erlassen und erst danach die Prüfung durchgeführt.

Bis zu diesem Zeitpunkt können bzw. müssen die Steuerpflichtigen auch nicht mit einer späteren Betriebsprüfung für diesen Veranlagungszeitraum rechnen. Dies gilt zumindest für Kleinbetriebe und für Kleinstbetriebe im Sinne der BpO. Bei Großbetrieben kann durchaus ein anderer Maßstab angesetzt werden, wie der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 6.6.2012 unter dem Aktenzeichen I R 99/10 zu entnehmen ist. Danach können nämlich in der Steuerbilanz eines Großbetriebs im Sinne der Regelung von § 3 der BpO (BpO) Rückstellungen für die im Zusammenhang mit einer Außenprüfung bestehenden Mitwirkungspflichten schon gebildet werden, soweit diese die am jeweiligen Bilanzstichtag bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahre (also die späteren Prüfungsjahre) betreffen, eine Prüfungsanordnung jedoch nicht bzw. noch nicht erlassen worden ist. Dies liegt schlicht daran, dass Großbetriebe regelmäßig mit entsprechenden Anschlussprüfungen rechnen müssen. Für Kleinbetriebe oder Kleinstbetriebe gilt dies jedoch nicht. Allein der Umstand, dass die Steuerbescheide der Streitjahre unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, reicht ohne dass Hinzutreten weiteren Umstände nicht aus, um von einer Prüfung ausgehen zu müssen.

Im Ergebnis hat daher das erstinstanzliche Finanzgericht Münster entschieden: Für die Bildung einer Rückstellung für Steuerberatungskosten genügt bei einem Klein- bzw. Kleinstbetrieb ohne das Hinzutreten weiterer Umstände weder eine erst Jahre nach dem Bilanzstichtag durchgeführte Betriebsprüfung als das die Aufwendungen „auslösende” Ereignis noch der Umstand, dass die Steuerbescheide der Streitjahre unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen.

Hinweis: Da die Frage, ob eine Rückstellung für die Nachforderung nicht hinterzogener Steuerbeträge aufgrund einer Betriebsprüfung sowie der damit in Zusammenhang stehenden Steuerberatungskosten im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung oder in dem Jahr zu bilden ist, in denen der Sachverhalt von der Betriebsprüfung aufgegriffen wird, bislang nicht abschließend geklärt zu sein scheint, hat das Finanzgericht Münster die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Erfreulicherweise hat der Kläger im vorliegenden Fall auch den Revisionszug zum Bundesfinanzhof nach München bestiegen.

Unter dem Aktenzeichen XI R 19/21 müssen daher die obersten Finanzrichter der Republik nun klären, ob eine Rückstellung für die Nachforderung nicht hinterzogener Steuerbeträge und für Steuerberatungskosten aufgrund einer Betriebsprüfung im Jahr der wirtschaftlichen Veranlassung oder in dem Jahr zu bilden ist, in dem der Sachverhalt von der Betriebsprüfung aufgegriffen wird.

Tipp: Tatsächlich sind wir der Auffassung, dass die Entscheidung des Finanzgerichtes Münster durchaus gut begründet ist. Dennoch gilt hier wie immer: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Wer daher eine entsprechende steuergünstigere Auswirkung bei einem anderen Zeitpunkt der Rückstellungsbildung hat, sollte sich gegebenenfalls auf das anhängige Musterverfahren beziehen.

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