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Mandantenbrief 12/2023

Inhalt:

  1. Für alle Steuerpflichtigen: Aufwendungen für ein Hausnotrufsystem bringen keine Steuerermäßigung
  2. Für alle Steuerpflichtigen: Umfang der erbschaftsteuerlichen Befreiung eines Familienheims
  3. Für alle Steuerpflichtigen: Privates Veräußerungsgeschäft nach trennungsbedingtem Auszug eines Ehepartners
  4. Für alle Steuerpflichtigen: Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen bei Verletzung des subjektiven Nettoprinzips
  5. Für alle Steuerpflichtigen: Erbfallkostenpauschale auch für den Nacherben!
  6. Für Unternehmer: Geleistete Anzahlung als Verwaltungsvermögen
  7. Für Vermieter: Umsatzsteuerliche Behandlung der Vermietung eines Grundstücks samt Betriebsvorrichtungen
  8. Für Unternehmer: Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer als Betriebseinnahmen

1. Für alle Steuerpflichtigen: Aufwendungen für ein Hausnotrufsystem bringen keine Steuerermäßigung

Wer bei vorgenannter Überschrift meint, dass diese Aussage falsch ist, muss leider genau hinschauen. Tatsächlich hat der Bundesfinanzhof zwar mit Urteil vom 3.9.2015 unter dem Aktenzeichen VI R 18/14 für ein mit einer Betreuungspauschale abgegoltenes Notrufsystem, das innerhalb einer Wohnung im Rahmen des „Betreuten Wohnens“ Hilfeleistungen rund um die Uhr sicherstellte, die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen gewährt. Leider ging es in dem Urteilsfall jedoch nicht um ein klassisches Hausnotrufsystem, sondern um ein Notrufsystem innerhalb eines betreuten Wohnens und damit um einen Fall, bei dem auch die erforderliche Notfall-Soforthilfe mit übernommen wurde. Hier sieht die deutsche Steuerrechtsprechung eine entscheidende Abgrenzung.

Für ein Notrufsystem, das im Notfall lediglich den Kontakt zu einer 24-Stunden-Servicezentrale herstellt, die (soweit erforderlich) Dritte verständigt, kann die Steuerermäßigung nämlich nicht in Anspruch genommen werden. So leider eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15.2.2023 unter dem Aktenzeichen VI R 7/21.

Im Folgenden daher zur genauen Einordnung der Thematik: Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 35a Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20%, höchstens 4.000 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen. Entsprechend der Vorschrift muss die Dienstleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden.

Der Begriff „haushaltsnahe Dienstleistung“ ist gesetzlich leider nicht näher bestimmt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs müssen die Leistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen bzw. damit in einem Zusammenhang stehen. Dazu gehören hauswirtschaftliche Verrichtungen, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechende Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen. So bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 13.7.2011 unter dem Aktenzeichen VI R 61/10.

Dabei kann nach dem räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff auch die Inanspruchnahme von Diensten, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund geleistet werden, als haushaltsnahe Dienstleistung begünstigt sein. Es muss sich hierbei allerdings auch insoweit um Tätigkeiten handeln, die ansonsten üblicherweise von Familienmitgliedern erbracht und in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen. Das Paradebeispiel hierzu ist die Schneeräumung oder Laubräumung des öffentlichen Bürgersteigs.

Nach dem eindeutigen Wortlaut in § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG sind Leistungen, die außerhalb des Haushalts erbracht werden, nicht begünstigt, auch wenn sie für den Haushalts erbracht werden. Insoweit kommt es auf die tatsächliche Erbringung der Leistung an.

Ob der Leistungserfolg im Haushalt erzielt wird, ist daher grundsätzlich unerheblich. Auf den zivilrechtlichen Leistungsort kommt es insoweit deshalb ebenfalls nicht an. Ein bloßes Abstellen auf den Leistungserfolg würde zu einer rein funktionalen Betrachtungsweise führen, die vom Wortlaut des Gesetzes nicht mehr gedeckt ist und auch nicht dem räumlich-funktionalen Verständnis des Bundesfinanzhofs entspricht. Die räumlich-funktionale Verbindung zum Haushalt kann nicht allein dadurch begründet werden, dass sich die Leistung auf einen Haushaltsgegenstand bezieht.

Auf Basis dieser Grundsätze hat der Bundesfinanzhof aktuell entschieden, dass die Aufwendungen für ein Hausnotrufsystem nicht für eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Betracht kommen. Zwar liegt den Aufwendungen für das Hausnotrufsystem eine haushaltsnahe Dienstleistung zugrunde. Grundsätzlich wird durch das Hausnotrufsystem sichergestellt, dass der Steuerpflichtige, wenn er sich im räumlichen Bereich seines Haushalts aufhält, im Bedarfsfall Hilfe rufen kann. Eine solche Rufbereitschaft leisten typischerweise in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenlebende Familien- oder sonstige Haushaltsangehörige. Insoweit war der Fall nicht strittig.

Tatsächlich liegen jedoch keine Leistungen vor, die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Vorliegend zahlte der Kläger nicht nur für die Bereitstellung der erforderlichen Technik, mittels der der Kontakt zu der Einsatzzentrale ausgelöst wird, sondern im Wesentlichen für das Bereithalten des Personals und für die Entgegennahme eines eventuellen Notrufs und anschließender Kontaktierung von Angehörigen, Nachbarn, eines vorhandenen Bereitschaftsdienstes, des Hausarztes, Pflege- oder Rettungsdienstes. Die wesentliche Dienstleistung ist mithin die Bearbeitung von eingehenden Alarmen und die Verständigung von Bezugspersonen.

Insoweit hat nach Auffassung des Bundesfinanzhofs das Finanzamt zu Recht ausgeführt, dass diese maßgebende Dienstleistung nicht in der Wohnung des Steuerpflichtigen und damit nicht in dessen Haushalts erbracht wird. Bei einem reinen Hausnotrufsystem im privaten Haushalt wird auch keine unmittelbare direkte Hilfe in Form eines Sofort-Helfer-Einsatzes in der Wohnung des Steuerpflichtigen geschuldet, sondern gegebenenfalls als eigenständige Leistung Dritter vermittelt. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt auch von dem des betreuten Wohnens. Dort hatten im Bereich des betreuten Wohnens beschäftigte Pfleger jeweils ein technisches Gerät bei sich, welches den Notruf sofort an sie weiterleitete. Geschuldet war dort entsprechend auch die Notfall-Soforthilfe im Haushalt durch das auf diese Weise verständigte Pflegepersonal.

Weil dies gerade beim typischen Hausnotrufsystem nicht der Fall ist, scheidet auch eine Steuerermäßigung nach Auffassung des Bundesfinanzhofes mangels Leistungserbringung im Haushalt des Steuerpflichtigen aus.

2. Für alle Steuerpflichtigen: Umfang der erbschaftsteuerlichen Befreiung eines Familienheims

Unter dem Aktenzeichen II R 27/23 muss sich der Bundesfinanzhof mit der Frage beschäftigen, welche Flächen im Zusammenhang mit der Steuerbegünstigung für das Familienheim als begünstigtes Vermögen zu berücksichtigen sind. Die Frage zielt insbesondere darauf ab, was geschieht, wenn es sich um eine Gemengelage von benachbarten Flurstücken handelt. Das erstinstanzliche Niedersächsische Finanzgericht hat insoweit mit Urteil vom 12.7.2023 unter dem Aktenzeichen 3 K 14/23 klargestellt, dass nur die Grundfläche des mit dem Familienheim bebauten Grundstücks oder bei größeren Flurstücken eine angemessene Zubehörfläche dem verfassungsrechtlichen Schutz des gemeinsamen familiären Lebensraums unterfällt und dementsprechend erbschaftsteuerrechtlich begünstigt ist.

Da die Streitfrage in relativ vielen Sachverhalten vorkommt, sollen hier die Hintergründe der Befreiung etwas näher beleuchtet werden: Entsprechend der gesetzlichen Regelung im Erbschaftsteuergesetz ist der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegenen Grundstück durch Kinder oder Ehegatten oder Kinder verstorbener Kinder steuerfrei, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war. Weiterhin muss das Objekt beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sein. Im Falle der Erbschaft durch Kinder ist weiterhin Voraussetzung, dass die Wohnfläche der Wohnung 200 Quadratmeter nicht übersteigt.

Eine nähere Bestimmung, in welchem Umfang der zu der Wohnung gehörende Grund und Boden an der Begünstigung teilhat, enthält die Vorschrift jedoch nicht. Dies ist exakt das streitgegenständliche Problem, denn in Betracht kommt einerseits das Grundstück im zivilrechtlichen Sinne, dies bedeutet ein vermessener, im Liegenschaftskataster bezeichneter Teil der Erdoberfläche, oder andererseits die wirtschaftliche Einheit.

Die erstinstanzlichen Richter aus Niedersachsen kommen zu dem Schluss, dass die Steuerbefreiung wegen der primären Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an das Zivilrecht im Streitfall nur für das mit dem Familienheim bebaute Grundstück gewährt werden kann. Definitiv erfordert jedoch die Frage eine höchstrichterliche Entscheidung darüber, welche Flächen neben dem Gebäude als begünstigtes Vermögen des Familienheims zu berücksichtigen sind. Insoweit hat das erstinstanzliche Gericht auch die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Unter dem bereits oben genannten Aktenzeichen II R 27/23 prüft daher aktuell der Bundesfinanzhof die Rechtslage. Betroffene sollten sich an das Verfahren anhängen, da so immerhin die Chance besteht, auch entsprechende Nachbarparzellen noch in die Steuerbegünstigung einbeziehen zu können.

3. Für alle Steuerpflichtigen: Privates Veräußerungsgeschäft nach trennungsbedingtem Auszug eines Ehepartners

Vor dem Bundesfinanzhof war streitig, ob der trennungsbedingte Verkauf einer Immobilie noch unter einen Befreiungstatbestand des privaten Veräußerungsgeschäftes fällt. Im Sachverhalt erwarben die Eheleute im Jahr 2008 ein Objekt im hälftigen Miteigentum. Im Jahr 2015 zog der Ehemann aus. Im Folgejahr kam es zur Ehescheidung und die Ex-Frau drohte ihrem Ex-Mann mit einer Zwangsversteigerung, falls er seinen hälftigen Miteigentumsanteil nicht (und zwar wahrscheinlich sofort) an sie verkaufen würde. Die Ehefrau lebte weiter in dem Objekt mit den gemeinsamen Kindern.

Ein privates Veräußerungsgeschäft ist gegeben, wenn bei einer Immobilie der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ausgenommen sind insoweit lediglich Objekte, die entweder in ihrem Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden. In einer weiteren Alternative sind zudem Immobilien von der Besteuerung im privaten Veräußerungsgeschäft ausgenommen, wenn sie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

Wie der Bundesfinanzhof nun in seiner Entscheidung vom 14.2.2023 unter dem Aktenzeichen IX R 11/21 klarstellt, liegt im dargestellten Sachverhalt ein Befreiungstatbestand vom privaten Veräußerungsgeschäft nicht vor. Insoweit ist schlicht keine der beiden Alternativen einschlägig, was durchaus unbestreitbar ist.

Fraglich ist daher allenfalls, ob ein privates Veräußerungsgeschäft deshalb nicht gegeben sein kann, weil der Ex-Mann das Objekt nur aufgrund der angedrohten Zwangsversteigerung veräußert hat und insoweit eine Veräußerung aufgrund von Zwang stattgefunden hat. Das erstinstanzliche Finanzgericht hatte insoweit eine Zwangslage mit der Erwägung abgelehnt, der Kläger habe die Scheidungsfolgenvereinbarung nach Einholung steuerlicher Beratung selbst abgeschlossen. Da er durch die Veräußerung einen angemessenen Preis habe erzielen und einen mit der Zwangsversteigerung einhergehenden wirtschaftlichen Schaden habe abwenden wollen, liegt darin eine wirtschaftliche Betätigung, welche auch zur Besteuerung eines privaten Veräußerungsgeschäftes führen kann.

Die Frage, ob ein vom Steuerpflichtigen tatsächlich verwirklichtes privates Veräußerungsgeschäft in dem Sinne unter Zwang abgeschlossen wurde, ist im Wesentlichen eine Tatfrage. Die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Finanzgerichtes sind insoweit vom Bundesfinanzhof nur darauf zu prüfen, ob das Finanzgericht im Rahmen der Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen und dabei nicht gegen Gesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Vor diesem Hintergrund hält die Annahme des erstinstanzlichen Finanzgerichts, dass vorliegend bei der Veräußerung kein Zwang gegeben war, der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Insoweit entscheidet der Bundesfinanzhof in seinem oben bereits zitierten Urteil: Eine willentliche Veräußerung im Sinne des privaten Veräußerungsgeschäftes kann auch dann vorliegen, wenn der Ehegatte seinen Miteigentumsanteil an dem im Eigentum beider Ehepartner stehenden Einfamilienhaus vor dem Hintergrund der drohenden Zwangsvollstreckung im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung entgeltlich innerhalb der zehnjährigen Behaltefrist auf seinen geschiedenen Ehepartner überträgt.

Hinweis: Auch wenn die Entscheidung des Bundesfinanzhofs als vollkommen korrekt eingeordnet werden muss, ist sie schon tragisch. Immerhin hätte der Steuerpflichtige vorliegend nur einige Monate mit der Veräußerung warten müssen. Insoweit sollte stets geprüft werden, ob man nicht mit anderen Mitteln diese Monate auch noch abwarten kann und so eine Steuerfreiheit erzielt. Im schlimmsten Fall bleibt zu überlegen, ob dem erwerbenden Ex-Partner insoweit nicht gegebenenfalls ein Preisnachlass eingeräumt wird, um sich den Steuervorteil zu teilen.

4. Für alle Steuerpflichtigen: Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen bei Verletzung des subjektiven Nettoprinzips

Sachliche Billigkeitsgründe, die zu einer abweichenden (also meist geringeren) Steuerfestsetzung führen können, liegen vor, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage, wenn er sie denn geregelt hätte, im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte.

Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Steuergesetzen kann eine Grundrechtsverletzung unter Festhaltung einer sogenannten Typengerechtigkeit im Allgemeinen zu verneinen und gleichwohl im Einzelfall die Anwendung eines generell verfassungsmäßigen Gesetzes unbillig sein.

Dies hat das Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 26.4.2023 unter dem Aktenzeichen 5 K 1403/21 insbesondere im Hinblick auf Glattstellungsgeschäfte im Rahmen von Stillhaltergeschäften mit erheblichen Verlusten so gesehen.

Wenn sich im Einzelfall in ein und demselben Veranlagungszeitraum ergibt, dass der Steuerpflichtige dergestalt hohe Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften erlitten hat, dass durch die Gesamtsteuerbelastung aus Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag das Existenzminimum tangiert wird, liegt eine Grundrechtsverletzung in Form der Verletzung des subjektiven Nettoprinzips vor und das Ermessen der Finanzbehörde ist im Hinblick auf eine Billigkeitsmaßnahme, also auf eine geringere Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen, auf Null reduziert.

Die Rechtsgemeinschaft muss es jedenfalls dann, wenn sie die Gewinne hochspekulativer Tätigkeiten mit Wettcharakter besteuert, auch ertragen, sich zumindest insoweit an den Verlusten des Steuerpflichtigen zu „beteiligen”, als diesem aus seiner steuerrelevanten Tätigkeit noch das Existenzminimum im jeweiligen Veranlagungszeitraum steuerfrei verbleibt.

Obwohl man meinen dürfte, dass diese Entscheidung aus Köln nicht nur gerecht, sondern auch denklogisch ist, hat die Finanzverwaltung Revision eingelegt.

Unter dem Aktenzeichen IX R 18/23 müssen daher die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs klären, ob für die Frage der Freistellung des Existenzminimums nur auf das betreffende Veranlagungsjahr eine Betrachtung vorzunehmen ist oder vielmehr eine Gesamtbetrachtung über mehrere Jahre greifen kann. Da die Einkommensteuer jedoch grundsätzlich einen Veranlagungszeitraum betrifft, ist es schwer vorzustellen, dass nun hier vom Veranlagungszeitraum abgewichen wird. Das letzte Wort wird jedoch der Bundesfinanzhof in München haben.

5. Für alle Steuerpflichtigen: Erbfallkostenpauschale auch für den Nacherben!

Sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe verwirklichen den Besteuerungstatbestand für einen Erwerb von Todes wegen. Der Anfall der Nacherbschaft gilt grundsätzlich als Erwerb vom Vorerben. Während zivilrechtlich der Vorerbe und der Nacherbe zwar nacheinander, aber beide vom ursprünglichen Erblasser erben, gilt erbschaftsteuerrechtlich der Vorerbe als Erbe. Sein Erwerb unterliegt in vollem Umfang und ohne Berücksichtigung der Beschränkungen durch das Nacherbenrecht der Erbschaftsteuer. Beim Eintritt der Nacherbfolge haben diejenigen, auf die das Vermögen übergeht, den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern. Die Vorschrift im Erbschaftsteuerrecht fingiert für erbschaftsteuerrechtliche Zwecke, dass der Nacherbe Erbe des Vorerben wird. Tritt der Nacherbfall durch den Tod des Vorerben ein und wird der Nacherbe zugleich Erbe nach dem Vorerben, liegen zwar zivilrechtlich zwei Erbfälle vor, erbschaftsteuerrechtlich jedoch nur ein einheitlicher Erwerb vom Vorerben.

Für jeden der Erwerber gilt als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung unterliegt, die abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden.

Als Nachlassverbindlichkeiten sind abzugsfähig, soweit sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt, die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Der Begriff der Nachlassregelungskosten ist grundsätzlich weit auszulegen und umfasst unter anderem die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses sowie alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen.

Beim Erwerb des Nacherben schließt die Ermittlung der Nachlassverbindlichkeiten auch den Pauschbetrag nach § 10 Abs. 5 Nummer 3 Satz 2 ErbStG ein. Nach dieser Vorschrift wird für bestimmte Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 Euro ohne Nachweis abgezogen. Der Betrag ist für jeden Erbfall nur einmal zu gewähren, namentlich für mehrere Miterben nur einmal. Die Erbfolge von Vor- und Nacherbfall stellt jedoch erbschaftsteuerrechtlich nicht einen Erbfall mit mehreren Erben dar. Vielmehr sind die beiden Vorgänge als zwei getrennte Erbfälle zu behandeln. Es entspricht dieser Systematik, im Rahmen der Ermittlung der Bereicherung auch den Pauschbetrag zweimal anzusetzen.

Der Umstand, dass bei Vor- und Nacherbschaften bezogen auf den ursprünglichen Erblasser nur ein Todesfall zu verzeichnen ist, verlangt nicht nach einer teleologischen Reduktion der Vorschrift, so der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 1.2.2023 unter dem Aktenzeichen II R 3/20. Es mag zutreffen, dass der Pauschbetrag auch die Beerdigungskosten erfassen soll und ursprünglich der Höhe nach auch daran ausgerichtet war. Richtig ist somit, dass bei zweimaliger Gewährung der Pauschale auch die Beerdigungskosten zweimal typisierend berücksichtigt werden, obwohl sie nicht zweimal anfallen. Der Pauschbetrag umfasst aber nicht nur Beerdigungskosten, sondern dient außerdem dazu, Nachlassregelungskosten im weiteren Sinne abzugelten. Nachlassregelungskosten können jedoch ohne weiteres zweimal in jeweils unbegrenzter Höhe anfallen. Sie fallen in unterschiedlicher Höhe typischerweise auch in einem Nacherbfall an. Der Ansatz der Kostenpauschale dient der Vereinfachung der Steuerfestsetzung. Dies gilt auch im Nacherbfall, und zwar unabhängig davon, ob der Nacherbe auch zivilrechtlich Erbe des Vorerben wird.

Der Abzug des Pauschbetrages setzt zudem nicht den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind, die der Pauschbetrag erfasst. Das Gesetz geht zutreffend davon aus, dass mit dem Erbfall typischerweise entsprechende Kosten entstehen. Der Abzug der Pauschale ist nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich ohne Nachweis möglich. Ein Nachweis darüber, dass Kosten dem Grunde nach entstanden sind, würde dem Vereinfachungszweck entgegenstehen. Anderenfalls müsste der Erwerber zunächst nachweisen, dass Kosten entstanden sind, um anschließend die Kosten in Höhe des Pauschbetrages geltend machen zu können.

Insoweit bestätigt der Bundesfinanzhof mit vorgenanntem Urteil die erste Instanz in Form des Finanzgerichtes Münster, welches mit Urteil vom 4.10.2019 unter dem Aktenzeichen 3 K 3549/17 (wir berichteten bereits dazu) schon entschieden hatte, dass die Erbfallkostenpauschale auch einem Nacherben zu gewähren ist, der zwar nicht die Kosten der Beerdigung des Erblassers, aber andere mit der Abwicklung des Erbfalls entstandenen Aufwendungen getragen hat. Dies galt im vorliegenden Fall selbst dann, wenn der Nacherbe lediglich Kosten in Höhe von 40 Euro getragen hatte. Auch in diesem Fall kann eine Erbfallkostenpauschale in Höhe von 10.300 Euro ansetzen.

Hinweis: Insgesamt setzt der Abzug des Pauschbetrages nicht den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind. Ganz ausdrücklich ändert der Bundesfinanzhof damit seine Rechtsprechung zugunsten der Steuerpflichtigen. Soweit also der Bundesfinanzhof in Beschlüssen vom 28.11.1990 unter dem Aktenzeichen II S 10/90 oder in der Entscheidung vom 21.1.2005 unter dem Aktenzeichen II B 6/04 eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, hält er ganz ausdrücklich nicht mehr an dieser fest.

6. Für Unternehmer: Geleistete Anzahlung als Verwaltungsvermögen

Sowohl die schenkweise Übertragung von Betriebsvermögen als auch die Übertragung von Todes wegen kann im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer begünstigt sein. Zunächst einmal ist dabei zu prüfen, ob überhaupt begünstigungsfähiges Betriebsvermögen vorliegt. Dies ist insbesondere Land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen, Beteiligungen an Mitunternehmerschaften und Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung mehr als 25% am Nennkapital der Gesellschaft beträgt.

Liegt begünstigungsfähiges Betriebsvermögen vor, muss im nächsten Schritt ermittelt werden, ob dieses auch qualifiziert begünstigungsfähig ist. Dabei wird von dem sogenannten 90%-Test zur Verwaltungsvermögensquote gesprochen. Beträgt das Verwaltungsvermögen 90% oder mehr, erfolgt keine Begünstigung. Lediglich wenn das Verwaltungsvermögen weniger als 90% des Unternehmenswerts beträgt, kann überhaupt eine begünstigte Besteuerung greifen.

Bei Betriebsvermögen bis zu 26 Millionen Euro hat der Steuerpflichtige im Weiteren ein Wahlrecht. Bei der sogenannten Regelverschonung sind 85% steuerfrei, bei der sogenannten Optionsverschonung sogar 100%, jedoch muss unter weiteren Voraussetzungen auch geprüft werden, ob das sogenannte erlaubte Verwaltungsvermögen lediglich bis zu 20% beträgt.

Zum Verwaltungsvermögen gehört unter anderem der nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibende Bestand an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen, soweit er 20% des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt.

Die Auslegung des Begriffs der „anderen Forderungen“ im Sinne dieser Vorschrift ist dabei bisher sehr umstritten. In Teilen des Schrifttums werden darunter dem Grunde nach sämtliche Sachleistungsansprüche verstanden, die jedoch teleologisch reduziert werden auf solche, die bei Erfüllung wiederum Verwaltungsvermögen begründen. Demgegenüber wird jedoch auch vertreten, dass der Gesetzgeber geldbezogen ausgestaltet habe und daher mit „anderen Forderungen“ sonstige auf Geld gerichtete Forderung gemeint hat. Nicht einzubeziehen seien deswegen Sachleistungsansprüche, wie seinerzeit bereits auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 25.10.2017 unter dem Aktenzeichen 2 K 2201/15 entschieden hat.

Mit Urteil vom 1.2.2023 hat der Bundesfinanzhof diese Streitfrage unter dem Aktenzeichen II R 36/20 entschieden. Nach Auffassung des erkennenden Senates sind mit „anderen Forderungen“ im Sinne der Vorschrift des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nummer 4 a des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) in erster Linie Forderungen gemeint, die auf Zahlungsmittel gerichtet sind. Die Vorschrift erfasst insoweit Sachleistungsansprüche jedenfalls dann nicht, wenn diese Ansprüche auf Wirtschaftsgüter gerichtet sind, die ihrerseits, wären sie bereits zum Stichtag aktiviert, kein Verwaltungsvermögen wären.

Anzumerken ist an dieser Stelle noch, dass der Bundesfinanzhof die Entscheidung zu einer bereits vergangenen Rechtslage getroffen hat. Da die Problematik jedoch auch in der aktuellen Rechtslage durchaus gegeben ist, besteht aus unserer Sicht kein Grund, dass diese Auffassung nicht auch auf die neue Rechtslage anzuwenden ist.

Weiterhin hat sich der Bundesfinanzhof auch zu den geleisteten Anzahlungen geäußert. Die als „geleistete Anzahlung“ bilanzierten Aktivwerte sind insoweit keine „anderen Forderungen“ und können diesen auch nicht gleichgestellt werden.

Hinter der Aktivierung der geleisteten Anzahlung verbirgt sich zwar der Anspruch auf die Gegenleistung oder bei Nichterfüllung durch den anderen Vertragsteil der Anspruch auf Rückzahlung. Das bedeutet jedoch gerade nicht, dass die geleisteten Anzahlungen selbst eine Forderung sind. Die Bilanzposition „geleistete Anzahlungen“ bezweckt vielmehr, die hinter ihr stehenden Ansprüche nicht zu bilanzieren, weswegen sie nicht mit diesen Ansprüchen gleichgesetzt werden dürfen. Schon deshalb erübrigt sich eine Differenzierung zwischen Abschlags- und Vorauszahlungen im Hinblick auf die vermeintlich durch die betreffende Aktivierung repräsentierten Forderungen.

Selbst wenn man auf die hinter der Bilanzpositionen stehenden zivilrechtlichen Ansprüche abstellt und insoweit das Bilanzierungsverbot im vorliegenden Zusammenhang für unbeachtlich halten wollte, gilt im Ergebnis nichts anderes. Zwar ersetzen geleistete Anzahlungen die Bilanzierung sowohl des Gegenleistungsanspruchs als auch des etwaigen Rückzahlungsanspruchs. In einem schwebenden Vertragsverhältnis ist aber der Gegenleistungsanspruch vorrangig. Dieser zählt wiederum zu den Sachleistungsansprüchen, die entsprechend den obigen Ausführungen zu den geleisteten Anzahlungen grundsätzlich nicht zum Verwaltungsvermögen gehören.

Der Rückzahlungsanspruch setzt hingegen das Hinzutreten eines zusätzlichen Ereignisses voraus, aufgrund dessen das Vertragsverhältnis abgewickelt und die geleistete Anzahlung durch die Aktivierung einer Forderung auf Rückgewähr oder Schadensersatz ersetzt werden muss. Allein die abstrakte Möglichkeit aber, dass es zu solchen Ereignissen kommen könnte, rechtfertigt es nicht, bereits die Bilanzposition „geleistete Anzahlung“ als Zahlungsanspruch zu verstehen.

Nach diesen Grundsätzen hat das erstinstanzliche Finanzgericht durch Hinzufügung auch weiterer Argumente seitens des Bundesfinanzhofs im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die „geleisteten Anzahlungen“ zu Unrecht als Verwaltungsvermögen berücksichtigt wurden. Es ist nach den Feststellungen nicht ersichtlich, dass die geleisteten Anzahlungen sich bereits in einen Rückgewähr- oder Schadensersatzanspruch verwandelt hätten.

Hinweis: Ob im Ergebnis etwas anderes gelten würde, wenn die Anzahlung für den Erwerb von Gegenständen des Verwaltungsvermögens erbracht worden wären, brauchte vorliegend nicht entschieden zu werden, da die Anzahlung hier nach den Feststellungen des Finanzgerichtes im Zusammenhang mit der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes und im Zusammenhang mit der laufenden Geschäftstätigkeit des Steuerpflichtigen ersichtlich nicht auf den Erwerb von Verwaltungsvermögen gerichtet war.

7. Für Vermieter: Umsatzsteuerliche Behandlung der Vermietung eines Grundstücks samt Betriebsvorrichtungen

Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 4 Nummer 12 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken von der Umsatzsteuer befreit. Dies ist die Grundregel.

Ausweislich § 4 Nummer 12 Satz 2 UStG ist hingegen die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (man spricht von sogenannten Betriebsvorrichtungen) auch dann nicht von der Umsatzsteuer befreit, wenn es sich um wesentliche Bestandteile des Grundstücks handelt.

Auf Basis dieser nationalen Gesetzesvorschriften hatte nun das Niedersächsische Finanzgericht zu entscheiden, ob die Vermietung von Grundstück inklusive Betriebsvorrichtungen in einen steuerfreien und steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden muss oder ob es sich um Hauptleistungen und Nebenleistungen handelt. Wenn man nämlich in der Vermietung des Grundstücks die Hauptleistung sieht und in der einheitlich damit stattfindenden Vermietung der Betriebsvorrichtungen die Nebenleistungen erkennt, dann teilt die Nebenleistung das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung. Soll heißen: Die Umsatzsteuerbefreiung für die Vermietung des Grundstücks als Hauptleistung kann ebenso für die davon nicht zu trennende Vermietung der Betriebsvorrichtungen angewendet werden.

Zu diesem Schluss kam auch das Niedersächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 11.6.2020 unter dem Aktenzeichen 11 K 24/19 und entschied, dass die Umsatzsteuerpflicht der Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen nicht gilt, wenn Einrichtungsgegenstände mit verpachtet werden, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der jeweiligen Immobilie erforderlich sind und diese erst betriebs- und benutzungsfähig machen.

Insoweit kommt es also auf den individuellen Einzelfall an, ob eine einheitliche Leistung oder zwei unterschiedliche Leistungen gegeben sind. Für die darauffolgende Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängenden Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, gelten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes mit Urteil vom 11.6.2009 unter dem Aktenzeichen Rs. C-572/07 folgende Grundsätze (vorab sei jedoch noch erwähnt, dass sich der Bundesfinanzhof dieser Rechtsprechung mit Urteil vom 25.6.2009 unter dem Aktenzeichen V R 24/07 angeschlossen hat):

Insgesamt gilt also: Jeder Umsatz ist in der Regel als eigenständige, selbstständige Leistung zu betrachten. Allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbstständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist.

Eine einheitliche Leistung liegt danach insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistung sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Das gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

Eine gesonderte Entgeltvereinbarung kann beispielsweise ein Indiz für das Vorliegen selbstständiger Leistungen sein. Eine entscheidende Bedeutung kommt der gesonderten Rechnungsstellung und eigenständigen Bildung des Leistungspreises für das Vorliegen selbstständiger Leistungen hingegen nicht zu. Auch, dass für Mieter oder Pächter gegebenenfalls die Möglichkeit besteht, Inventar von Dritten zu mieten oder zu pachten, spricht nicht entscheidend gegen eine einheitliche Leistung.

Bildet hingegen ein zur Miete angebotenes Gebäude mit begleitenden Leistungen in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv eine Gesamtheit, kann davon ausgegangen werden, dass diese Leistungen mit der Vermietung eine einheitliche Leistung bilden.

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich im Streitfall bei der Überlassung der Betriebsvorrichtungen um eine Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung. Die mit verpachteten Betriebsvorrichtungen bestanden insoweit in speziell abgestimmten Ausstattungselementen, die dazu dienten, die vertragsgemäße Nutzung der Immobilie (vorliegend ein Putenstall) unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Folglich gewährte seinerzeit das erstinstanzliche Niedersächsische Finanzgericht die Umsatzsteuerbefreiung auch für die Überlassung der Betriebsvorrichtungen.

Damit war jedoch die Finanzverwaltung offensichtlich nicht zufrieden und hat Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Dieser hat die Frage mit Beschluss vom 26.5.2021 unter dem Aktenzeichen V R 22/20 schließlich dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Konkret stellte er seinen europarechtlichen Kollegen folgende Frage: Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch die Vermietung und Verpachtung derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) steuerfrei ist?

Zum europarechtlichen Hintergrund muss dabei gesagt werden, dass die Regelung in Art. 135 Abs. 1 Buchstabe l der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ebenfalls bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung von der Steuer befreien dürfen. Gemäß Art. 135 Abs. 2 Buchstabe c der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ist die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen davon jedoch ausgeschlossen. Insoweit sind die nationalen Vorschriften in der Bundesrepublik identisch.

Der Europäische Gerichtshof kommt jedoch ebenso zu dem Schluss, dass die Versagung der Steuerfreiheit auf die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen keine Anwendung findet, wenn diese Vermietung eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen steuerbefreiten Pachtvertrages erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftliche einheitliche Leistung bilden.

Hinweis: Insoweit hat der Europäische Gerichtshof die Auffassung des erstinstanzlichen Finanzgerichtes bestätigt. Ob tatsächlich jedoch einheitliche Leistungen vorliegen, ist vom Einzelfall abhängig. Insoweit weist der Europäische Gerichtshof ganz ausdrücklich darauf hin: Es ist ebenfalls Sache des nationalen Gerichtes, zu bestimmen, ob es sich bei den Leistungen, die eine solche wirtschaftliche einheitliche Leistung bilden, um eine Hauptleistung oder eine Nebenleistung handelt. Für die Praxis ist daher entscheidend, dass man das erkennende erstinstanzliche Finanzgericht davon überzeugen kann, dass eine einheitliche Leistung gegeben ist.

8. Für Unternehmer: Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer als Betriebseinnahmen

Mit Urteil vom 4.5.2023 hat das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 9 K 1987/21 G, F entschieden, dass Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer steuerpflichtige Betriebseinnahmen sind.

Die Gewerbesteuer als ertragsorientierte Objektsteuer knüpft unabhängig von den persönlichen Verhältnissen des Betriebsinhabers an den Gewerbebetrieb als Steuerobjekt an und berührt nicht die Privatsphäre des Steuersubjekts und auch nicht diejenige der Gesellschafter, wenn Betriebsinhaberin eine Gesellschaft ist. Die Zahlung von Gewerbesteuer ist demgemäß stets betrieblich veranlasst. Wird überzahlte Gewerbesteuer erstattet, liegt der Grund hierfür ebenfalls in der betrieblichen Sphäre und auf die Erstattung vom Finanzamt gezahlte Zinsen sind betrieblich veranlasst. Hiernach sind Gewerbesteuererstattungszinsen Betriebseinnahmen. Die erforderliche betriebliche Veranlassung hinsichtlich der Erzielung der Zinserträge ist gegeben.

Etwas anderes soll sich auch nicht aus der Berücksichtigung der Regelung in § 4 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergeben. Danach sind die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen keine Betriebsausgaben.

Vom Wortlaut der Vorschrift, die das Gericht als verunglückt bezeichnet, sind jedoch die Erstattungszinsen nicht erfasst, weil es nicht um bezahlte Gewerbesteuer oder darauf entfallenden Nachzahlungszinsen als Betriebsausgaben geht, sondern um vereinnahmte Gewerbesteuererstattungszinsen. Die Regelung des § 4 Absatz 5b EStG könnte daher nur eine Auswirkung haben, wenn die Vorschrift die Gewerbesteuer ganz grundsätzlich dem nicht steuerbaren Bereich zuordnen würde oder jedenfalls dazu führen würde, dass wegen der angeordneten Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe die auf Gewerbesteuererstattungen entfallenden Nebenleistungen sämtlich nicht als Betriebseinnahmen zu erfassen wären. Da dies jedoch nicht der Fall ist, sind Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer auch als gewinnerhöhende Betriebseinnahmen zu erfassen.

So die erstinstanzliche Entscheidung aus Düsseldorf. Nur soweit Erstattungszinsen im Zusammenhang mit gegenläufigen, zuvor nicht als Betriebsausgabe erfassten Nachforderungszinsen stehen, ist eine entsprechende Gewinnkürzung aus Billigkeitsgründen geboten. So auch die Auffassung der Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 16.3.2021.

Hinweis: Das Finanzgericht Düsseldorf hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitfrage die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Unter dem Aktenzeichen IV R 16/23 wird daher nun abschließend geklärt, ob es sich bei Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer um steuerpflichtige Betriebseinnahmen handelt. Spätestens dann, wenn erhebliche Erstattungszinsen vorhanden sind, sollte man sich an das Musterverfahren anhängen.

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